Seat Leon Cupra Test – Der Stier, der mit den Hufen scharrt

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Es ist wieder einer dieser Tage: Es regnet in Strömen, es ist kühl und alles ist grau, grau, grau. Alles? Wirklich alles?

Nein, denn draußen im Nassen wartet der brandneue Seat Leon Cupra mit 280 PS im aufreizenden Farbton „Emocion Rot“. Der bislang stärkste Seat aller Zeiten wartet darauf, dass ihm die Sporen gegeben werden und zwar so, wie es auch bei der Rekordfahrt auf dem Nürburgring der Fall war: 7:58,4 Minuten sind ein Wort. Doch was kann der Stier im Alltag?

 

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Rudolph Carraciola und Michael Schumacher hätten bei diesem Wetter ihre wahre Freude: Es gießt, wie aus Eimern. Man könnte fast schlechte Laune bekommen, wäre da nicht der feurig-spanische Bulle im roten Gewand, der förmlich darauf wartet, vom Fahrer getriezt zu werden. Wir ließen uns natürlich nicht zwei Mal bitten und bewegten den Cupra möglichst artgerecht.

 

Design – Eng mit den zivileren Varianten verwandt

Artgerecht auch die Optik des Spaniers: Aggressiv dreinblickende Scheinwerfer im Dreiecksformat bestimmen den Look an der Frontpartie. Unterstrichen wird die eckige Form zusätzlich durch das LED-Tagfahrlicht und die LED-Hauptscheinwerfer. Eckig geht es auch unterhalb der Augen weiter: Drei große Kühlluftöffnungen signalisieren, dass hier ein Sportler unterwegs ist. Die beiden äußeren kanalisieren dabei die heranströmende Luft zu den Bremsen und ermöglichen so eine hervorragende Bremsperformance. Der breite mittlere Lufteinlass wirkt dabei, als könnte er die Straße aufsaugen. Natürlich ist dies nicht der Fall, aber er ist dafür zuständig, dass der Kompaktsportler genügend Luft für den Ladeluftkühler und die Verbrennung bekommt.

Was an der Front noch auffällt, sind die fünf kleinen Luftöffnungen zwischen Grill und unterem Lufteinlass. Sie sind ein klares Signet der Cupra-Modelle und zeigen dezent, dass hier etwas mehr Leistung unter der kantigen Haube sitzt, als bei den zivileren Versionen. Dennoch hebt sich das Topmodell Seat Leon Cupra nur geringfügig von seinen leistungsschwächeren Brüdern ab, wenn man einmal das „FR“-Modell zum Vergleich heranzieht. Auch hier warten große Lufteinlässe und eine grimmige Optik – besonders in Verbindung mit den Voll-LED-Scheinwerfern.

 

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Seitlich kennzeichnen den Seat Leon Cupra – genau wie alle anderen Leon-Varianten – zwei scharfe Bügelfalten. Sie modellieren die Seitenlinie und lassen die Karosserie sehr gestreckt wirken. Besonders die vom vorderen Radlauf herrührende Linie erzeugt eine angenehme optische Länge. Ansonsten findet sich an der Seite kein Unterscheid zu den anderen Leon – die formschönen 19-Zoll-Alufelgen einmal ausgenommen.

Auch rückseitig hält sich der starke Stier mit übertrieben Sport-Attributen zurück: Ein Dachspoiler, der zwar auffällt, aber die Linienführung harmonisch ergänzt, ein angedeuteter Diffusor, sowie eine Duplex-Abgasanlage zeugen von Sportlichkeit. Seat vermeidet es aber aus dem Leon Cupra eine „Krawallbude“ á la „Boca negra“ zu machen. Leider fehlt aber auch etwas Eigenständigkeit – gerade gegenüber der zahmeren „FR“-Variante, die auch mit den kleinen Standard-Motorisierungen zu haben ist. Würde man die Cupra-Schriftzüge entfernen, müsste man schon sehr genau hinsehen, um diesen klar zu identifizieren.

 

Bildergalerie: Der Cupra-Check

Interieur – Weniger ist mehr

Reduziert, dem Fahrer zugewandt und vor allem eines: Dunkel. So lässt sich in aller Kürze der Innenraum des wilden Iberers beschreiben. Dass diese dunkle Höhle Sportlichkeit suggerieren soll, dürfte unserer Meinung nach aber auch anderweitig gezeigt werden. Zwar wurde das Infotainment-System mit Klavierlack umrandet, dennoch fehlt es etwas an sportlichen Besonderheiten. Einem dynamischen Topmodell würden ein paar Carbon-Applikationen, gerade im Bereich der Klimaautomatik oder der darunterliegenden Ablagefachs guttun.

Der Verarbeitungsqualität tut diese Schlichtheit dabei freilich keinen Abbruch, da alle Elemente sauber eingepasst sind, nichts klappert und Fugen akkurat verlaufen. Dass im Bereich unterhalb des Infotainments Hartplastik Verwendung findet stört nicht weiter, da zum einen auch hier die Verarbeitung stimmt und zum anderen der Blick meistens auf das griffige, unten abgeflachte Lenkrad, sowie die grau hinterlegten Rundinstrumente fällt. Sie glänzen mit einer guten Ablesbarkeit, was auch notwendig erscheint, da man mit dem starken Spanier leicht zu schnell unterwegs ist.

 

 

Die Platzverhältnisse im Innenraum dürfen insgesamt als befriedigend beschrieben werden. Vorn nimmt man auf vorzüglichen Sportsitzen Platz, die einen mehr als nur gelungenen Kompromiss aus Langstreckenkomfort und packendem Halt gewähren. Sie geben in schnellen Kurven guten Halt, vermeiden es aber zu zwicken. Die Passform gefällt sowohl schlanken, wie auch beleibteren Naturen. Hinzu kommt, dass der Verstellbereich auf ganzer „Schiene“ überzeugt.

Hinten wird es indes etwas intimer – sprich: Enger. Rücken die vorderen Passagiere etwas nach vorn, können es zwei Hinterbänkler auch auf langen Reisen aushalten. Wohlfühlambiente, wie in Reihe eins, kehrt aber nicht ein. Mitunter ein Effekt des dunklen Dachhimmels und der gesamt dunklen Gestaltung.

 

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Und nun zu einem besonders wichtigen Thema, wenn man über einen Sportwagen berichtet: Der Kofferraum. Ja, er ist vorhanden. Ja, er schluckt auch den Wochenendeinkauf und das Urlaubsgepäck seiner Passagiere weg. Aber interessieren wir uns wirklich für die hohe Ladekante und die bescheidene Variabilität bei einem Cupra? Also: Klappe zu, Engine start!

 

Fahrdynamik – Rock and Roll

Nach einem kurzen Schlüsseldreh erwacht der 2.0 TSI zum Leben, fällt in einen ruhigen Lauf und ist auch sonst eher leise. War da nicht eine große zweiflutige Auspuffanlage am Heck? Ja, ganz recht, damit der heiße Spanier aber auch im Innenraum nach einem Sportmodell klingt, bedarf es des Drückens der „Cupra“-Taste und der Auswahl des „Cupra“-Fahrmodus. Erst dann kommt über eine Art Sound-Kanal auch der sportliche Klang bis in den Innenraum.

Jetzt heißt es den Wahlhebel in Stellung „D“ zu rücken und das Schauspiel zu genießen. Schon beim ersten vorsichtigen Tritt aufs Gaspedal gefällt das Aggregat mit einem schnellen Ansprechverhalten und einer äußerst satten Leistungsentfaltung – seine 280 PS nimmt man ihm sofort ab. Vehement prescht der Leon nach vorne, als gäbe es kein Morgen und drückt die Passagiere dabei in die tollen Sportsitze. Die erste Kurve kommt: Anbremsen, das stabile Pedalgefühl genießen und mit der sensiblen Lenkung die Linie sezieren. Dies ist die Paradedisziplin des Leon: Seine Lenkung lässt sich in drei Stufen einstellen – Normal, Sport, Cupra – und verfügt in der dynamischsten Einstellung über satte Rückstellkräfte, die es ermöglichen ein überragendes Feedback zu bekommen. Dies ist auch nötig, da die Räder bei Nässe ein freigiebiges Eigenleben führen. Gibt man dem Spanier die Sporen, sollten schon beide Hände am Lenkrad sein, um auf Kurs zu bleiben. Die elektronische Quersperre XDS hat also ihre liebe Not, den starken Schlupf in Vortrieb umzumünzen. Wählt man die Normal-Einstellung der Lenkung, gibt sich diese wesentlich weicher und lässt die gesteigerten Rückstellkräfte beiseite – für schmale Arme sicherlich ein guter Alltagskompromiss, für den Fahrspaß aber ein Verlust.

 

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Auch das Fahrwerk reagiert auf die drei Modi: Hier gefiel uns das „Sport“- Programm am besten. Der Leon federt, wie man es von einem Sportler erwartet, stramm und stempelt die ein oder andere Unwegsamkeit bis in den Innenraum durch. Jedoch geschieht dies genau in dem Maß, dass man sich weder eine straffere, noch eine weichere Abstimmung wünscht, da absolut genügend Restkomfort vorhanden bleibt. In der „Cupra“-Abstimmung fällt zunächst keine großartige Änderung auf: Natürlich ist auch dieses Setup knackig, aber bei niedrigen Geschwindigkeiten zu verdauen. Hat man es aber eilig und lässt den Spanier laufen, schlägt das Fahrwerk unerbittlich in den Rücken. Man hat das Gefühl, dass der Wagen bei Tempo 200+ schon bei kleinen Bodenwellen versetzt und wechselt lieber wieder in den softeren Modus. Selbstverständlich ist die straffeste Abstimmung zu keinem Zeitpunkt gefährlich, gibt dem Fahrer aber nicht das Gefühl der absoluten Sicherheit.

Letztendlich ist es der Motor, in Verbindung mit dem tadellosen DSG, der den Leon vollends zum Freudenspender macht. Egal in welcher Lebenslage, das Getriebe mit den zwei Kupplungen hat stets den richtigen Gang parat, sodass das Aggregat seine Leistung in einen immensen Vortrieb umwandeln kann. Seine 350 Nm liegen in einem enorm breiten Bereich von knapp über 1.500 U/min bis über 5.500 U/min an und produzieren jederzeit Schub. Erst bei knapp 220km/h lässt der Vortrieb leicht nach, seine Höchstgeschwindigkeit von abgeriegelten 250km/h erreicht der Leon dennoch zügig.

 

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Dabei kann man ihm noch nicht einmal überbordende Trinksitten nachsagen: Enorm sportlich bewegt erzielten wir einen Wert von gut 10Liter/100km. Bei normalen Alltagsfahren sollten Verbräuche um etwas mehr als sieben Litern kein Problem darstellen, bei eifrigem Sparwillen sogar der Bereich mit einer Sechs vor dem Komma. Der Sportler versteht sich also auch als Asket bei gleichzeitig starker Performance.

 

Fazit – Das Ende der Fahnenstange?

Frontantrieb und eine hohe Motorleistung ohne Reue? Die Antwort ist ein klares: Es kommt darauf an. Bewegt man den Leon „Cupra“ im Trockenen, muss man sich über die Kraftübertragung keine Gedanken machen, da  die Abstimmung aus Motor, Getriebe und Regelelektronik über jeden Zweifel erhaben ist und prächtig funktioniert. Wenn jedoch widrige Wetterverhältnisse hinzukommen, sollte man dem Stier am besten bei beiden Hörnern packen, damit man ihn kontrollieren kann.

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Lässt man das rote Tuch bei Regen aber zu Hause und zügelt sein Temperament, bekommt man ein rundum gelungenes sportliches Automobil, das in keinerlei Hinsicht große Abstriche erfordert. Die Platzverhältnisse sind ausreichend, der Langstreckenkomfort vollkommen in Ordnung und die Performance gefällt. Wir sind schon sehr gespannt ob und wie ein möglicher „Cupra R“ kommen wird und welche Eckdaten er ins Spiel bringen würde. Wir sind uns jedoch sicher, dass ihm bei mehr Leistung ein Allradantrieb gut zu Gesicht stünde.

 

 

Ein weiterer Fahrbericht findet sich bei Motoreport und Autogefühl.

 

 

Technische Daten: Seat Leon Cupra

Motor: Reihen-4-Zylinder, Turbo, Direkteinspritzung

Hubraum: 1.984 ccm

Emissionsklasse: EU6

Leistung: 206 KW / 280PS bei 5.600 – 6.500U/min

Drehmoment: 350 Nm bei 1.700 – 5.600U/min

Getriebe: 6-Gang Doppelkupplungsgetriebe

Antrieb: Vorderrad, Sperrdifferential

L / B / H: 4.271 / 1.810 / 1.423 mm

Radstand: 2.631 mm

Leergewicht / Zuladung: 1.379 / 531 KG

Kofferraumvolumen: 380 – 1210 Liter

Beschleunigung 0 – 100 km/h: 5,7 Sekunden

Höchstgeschwindigkeit: 250 km/h (abgeriegelt)

EU-Verbrauch kombiniert: 6,6 L

CO2-Emission: 154 g/km

Preis: ab 32.230 € (ohne DSG)

Bilder: Mikhail Bievetskiy Photography

2 thoughts on “Seat Leon Cupra Test – Der Stier, der mit den Hufen scharrt

  1. Bei der Diff-Sperre handelt es sich nicht um das XDS sonder um eine mechanische Lamellenkupplung wie im GTI 7 Performance. Sie hat eine Sperrwirkung von bis zu 100%.
    Sonst super Bericht, besonders die Bilder sind ein Augenschmaus.

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