Lexus RC F Test – Die können auch unvernünftig

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Kann zu viel Political Correctness dem Image schaden? Wenn ja, dann hat der Toyota-Konzern genau das richtige Gegenmittel. Die Edel-Tochter Lexus bringt das Modell RC F an den Start. Es ist stark, laut und hemmungslos unvernünftig.

Ab Januar 2015 wird das Coupé ausgeliefert. Auch in Deutschland haben eine Handvoll Kunden den extravagant gestylten Zweitürer bereits bestellt, ohne je einen Meter damit gefahren zu sein. Sie scheint vor allem eines an dem Wagen zu elektrisieren: der Verzicht auf alles, was Sportwagen angeblich zeitgeist-verträglich macht. Es gibt kein Downsizing, keinen Turbolader, keine Direkteinspritzung – statt dessen einen schnörkellos ehrlichen V8-Saugmotor mit fünf Litern Hubraum. Ja, fünf Liter.

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Das scheint anachronistisch, aber der Gedanke, Lexus könne ein Auto anbieten, für das es keinen Markt gibt, ist noch abwegiger. Stattdessen weisen Bauart und Volumen des Motors dorthin, wo solche Aggregate noch immer hohes Ansehen genießen – in die USA. Die Vereinigten Staaten sind quasi der Heimatmarkt der Toyota-Tochter, viele Amerikaner halten Lexus noch immer für ein US-Erzeugnis. Rund 800 000 Autos konnte die Marke dort im vergangenen Jahr absetzen. Die oft gescholtene, aber heimlich nie versiegte Liebe zum amerikanischsten aller Motoren, dazu Spritpreise mit fallender Tendenz, all das lässt einen RC F doch wieder plausibel aussehen.

Ausgerechnet Lexus, wo man sich mit Hybrid-Antrieben in SUV und Limousinen gern als Öko-Avantgarde feiern ließ, verblüfft nun mit einem neuen Vertreter der Abteilung Attacke. Der im Sommer eingestellte Viertürer IS F bot die Blaupause für das mit zornigem Blick und scharf geschnittenen Kanten versehene Modell. Auch er schöpfte aus fünf Litern Hubraum, wuchtete 423 PS an die Hinterachse. Der zweitürige Nachfolger legt noch eine Schippe drauf: 351 kW / 477 PS stehen zu Buche, die Durchzugskraft beträgt 530 Newtonmeter. Der Sprint von 0 auf 100 km/h soll in viereinhalb Sekunden erledigt sein.

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Gegen den RC F sah die Limousine bieder und brav aus. Die angriffslustig gestaltete Frontpartie könnte manchem übertrieben zerklüftet vorkommen, ohne Zweifel bringt sie aber jene Aggressivität zum Ausdruck, mit der sich der japanische Herausforderer den arrivierten deutschen Platzhirschen vom Schlage eines BMW M4 oder eines Audi RS 5 stellt. An deren Häufigkeit in den Garagen hierzulande wird der RC F nur wenig ändern können, denn der Exotenstatus ist der Marke Lexus trotz wachsender Akzeptanz erhalten geblieben. Obwohl qualitativ und technisch durchaus auf Augenhöhe mit den Einheimischen, wurden zwischen Flensburg und Garmisch bis Ende November 2014 nur knapp 1200 Exemplare neu zugelassen.

Wer sich dennoch darauf einlässt, kann druckvolle Kraftentfaltung ebenso erleben wie geschmeidig-komfortables Reisen. Die Gestaltung der sportlich geschnittenen Kabine ist auf Motorsport-Flair getrimmt. Dafür sorgen schon die ebenso bequemen wie seitenstabilen Rennschalen. Sitze in der zweiten Reihe gibt es auch, die aber zu mehr als Notfall-Beförderung nicht genutzt werden sollten. Zu knapp sind Bein- und Kopffreiheit bemessen, als dass sie als ernst zu nehmende Passagierplätze anzusehen wären.

 

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Die Cockpit-Architektur ist edel, könnte aber ein mehr Harmonie und weniger Effektverliebtheit vertragen. Die Anordnung der Elemente und die Gestaltung der Oberflächen legen den Verdacht nahe, als hätten zwei konkurrierende Designer um die Vorherrschaft auf Armaturenbrett und Konsole gerungen und ihr Boss den Kampf schließlich „Unentschieden“ gewertet. Genarbtes Leder wechselt sich mit Alcantara ab, glatte Kunststoffe mit Einlegern in Karbon-Optik. Dass es technisch wenig anspruchsvoll zuginge, lässt sich freilich nicht behaupten, die Temperatur der Klimaanlage etwa kann durch leichtes Wischen auf einer Touch-Leiste verändert werden. Wer Abwechslung zum fetten Motorsound sucht, kann sie in der 835-Watt-Soundanlage von Mark Levinson finden.

Die bärige Kraft des Motors wird von einer achtstufigen Automatik portioniert. Lieferant für die Schaltbox ist die japanische Firma Aisin, die auch für die Porsche-Modelle Cayenne und Panamera die Acht-Gang-Getriebe liefert. Allerdings wird beim RC F auf die Start-Stopp-Automatik verzichtet, obwohl die Auswahl der Fahrmodi die Stufe „Eco“ vorsieht. Unter günstigsten Umständen, also auf dem Rollenprüfstand, kann ein durchschnittlicher Verbrauchswert von 10,8 Litern je 100 Kilometer erreicht werden, was für natürlich beatmete fünf Liter Hubraum durchaus respektabel ist. Bewegt man den RC F allerdings so, wie die Anfangsbuchstaben von „Race Car“ es nahe legen, ist man schnell bei 16 oder 18 Litern.

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Außer dem Eco- und einem Normalmodus stehen noch ein „Sport S“ und ein „Sport S +“-Modus zur Verfügung. Wenn möglich, sollte man sie am besten auf der Rundstrecke ausprobieren. Es werden die Kennlinien von Gasannahme und Lenkung verändert, was mehr Rückmeldung und Spontaneität bringen soll. Die elektrische Servolenkung leistet dabei gute Arbeit, muss man doch in Rechnung stellen, dass allein der Motor mit rund 230 Kilo Gewicht auf der Vorderachse liegt und nur etwas mehr als 46 Prozent des Fahrzeuggewichts auf der Hinterachse. Auch die Schaltzeiten des Getriebes werden verkürzt, was bei beherztem Bremsen mit einem zusätzlichen Verzögerungsmoment wahrgenommen wird.

Jenseits des Rennparcours wird die Leistungsentfaltung allerdings nicht als so explosiv erlebt, wie die beeindruckende Soundkulisse aus vier Endrohren es suggeriert. Zum Beispiel bei fixen Überholmanövern auf der Landstraße ist noch Luft nach oben für mehr Bissigkeit im Ansprechverhalten. Für die Modellpflege könnte man sich vorstellen, dass auch die Fahrwerksabstimmung von den Änderungen der Fahrmodi erfasst wird und Sport S+ einen insgesamt trockeneren und steifen Dämpfereinsatz auslöst.

 

NewCarz-Lexus-RCF-Fahrbericht-70Die Stärke des RC F ist sicherlich seine Ausgewogenheit und leichte Beherrschbarkeit, denn selbst Versuche mit abgeschalteten Traktionshilfen und Stabilitätsprogrammen werden nicht mit überraschenden Eigenmächtigkeiten geahndet, sondern der Wagen folgt willig den Lenkbefehlen. Zusätzliche Hilfe in Kurven ist vom Torque-Vectoring-System (4350 Euro Aufpreis) zu erwarten, das mittels Hinterachs-Differenzial Drehmoment aufs äußere Antriebsrad verlagern kann. Bestellt man es gleichzeitig mit der Carbon-Ausführung für Motorhaube und Kabinendach, hat man den Schwerpunkt des Coupés signifikant nach unten verlagert.

Sich der vielerorts üblichen 250 km/h-Regel anzuschließen, als es um die Festlegung der Höchstgeschwindigkeit ging, erschien den japanischen Ingenieuren wohl als Verrat an der Rennsport-Idee. Die technisch zweifellos möglichen 300 km/h wohl zu gewagt. So tritt der elektronische Begrenzer bei 270 km/h in Aktion. Wer es gern noch flotter hat, kann sich einen echten Rennwagen auf Basis des RC F kaufen. Der für die GT3-Serie homologierte Bolide hat dann 540 PS und soll nächstes Jahr zu seinen ersten Rennen starten. (ampnet/afb)

Text: Axel F. Busse / Fotos: Mickael Laujin / Lexus

Datenblatt Lexus RC F

Länge x Breite x Höhe (in m): 4,71 x 1,85 x 1,39
Radstand (m): 2,73
Motor: V8-Zyl.-DOHC-Motor, 4969 ccm,
Leistung: 351 kW / 477 PS bei 7100 U/min
Max. Drehmoment: 530 Nm von 4800 bis 5600 U/min
Höchstgeschwindigkeit: 270 km/h (abgeregelt)
Beschleunigung 0 auf 100 km/h: 4,5 Sek.
Luftwiderstandsbeiwert: 0,33
Tankinhalt: 66 Liter
ECE-Durchschnittsverbrauch: 10,8 Liter
CO2-Emissionen: 251 g/km (Euro 6)
Leergewicht / Zuladung: min. 1765 kg / max. 485 kg
Kofferraumvolumen: 366 Liter
Bereifung: vorn 255/35 ZR 19; hinten 275/35 ZR 19
Preis: ab 74.900 Euro

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