Fiat Freemont Test – Der Italiener mit Format

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Ein Amerikaner im Dress eines Italieners? Irgendwie klingelt es doch bei dieser Paarung. Ach ja, richtig: Der Italowestern. Es war in den 1960ern als berühmte, amerikanische Filmstars unter der Leitung italienischer Regisseure einen Kassenerfolg nach dem anderen generierten. Aber kann eine solche Konstellation auch in der heutigen Zeit anziehend wirken? Fiat buhlt mit dem Freemont im Wettstreit gegen die direkte Konkurrenz á la VW Sharan, Seat Alhambra, Ford Galaxy und Konsorten um die Gunst von Großfamilien. Wir haben den Test gemacht und nahmen die erste Kreation aus dem Hause Fiat/Chrysler, nämlich den Journey … pardon Freemont einmal genauer unter die Lupe.

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Fiat will mit dem Freemont gleich drei ausgelaufene Produkte ersetzen: die beiden Minivans Multipla und Ulysee, sowie den vanartigen Kombi Croma. Keine leichte Aufgabe, aber was ist der Freemont nun eigentlich? Ist er ein SUV, ein Van oder gar doch eine Großraumlimousine? Mit der genauen Bezeichnung, was hier vor einem steht, tut man sich unweigerlich etwas schwer. In jeden Fall ist das „klein und wendig“ nicht mehr zwangsläufig ein Identifikationsmerkmal der Italiener. Heutzutage sind es Adjektive wie „imposant, bullig und geräumig“, mit denen Fiat in Zusammenhang gesetzt werden darf. Äußerlich gleicht er seinem Ahnen, wie ein Ei dem anderen, aber die Überraschung liegt etwas tiefer verborgen. Die Italiener spendierten ihm einen neuen Motor, serienmäßige sieben Sitze, ein schickes Interieur und Gott sei Dank: ein an europäische Verhältnisse angepasstes Fahrwerk.

Design

Der Fiat bietet von allem VIEL – viel Platz, viel Variabilität, viel Flexibilität und viele verschiedene Konfigurationsmöglichkeiten. Beim ersten Aufeinandertreffen erkennt man sofort, welche Designer das Kleid für den Freemont entwarfen, nämlich die amerikanischen. Fiat bediente sich im Regal von Chrysler – seinem Kooperationspartner –  und nahm den Journey wieder ins Portfolio auf.

Daher lässt sich der Ersteindruck des Fahrzeuges am Treffendsten mit dem Wort „bullig“ beschreiben. Der riesige, senkrechte Kühlergrill, gefolgt von der hohen Motorhaube, in Verbindung mit den ausgestellten Radhäusern und einem massigen Passagierabteil unterstützen diese These. Gerade in Zeit, in denen das Design des Automobils immer wichtiger wird, sticht der Fiat Freemont wohltuend aus der Masse heraus.

Er verkneift sich gewöhnliche Rundungen und wirkt fast schon klotzig, was definitiv nicht als Kritik zu verstehen ist. Er ist der Holzfäller unter den familientauglichen Fahrzeugen und lehnt den Design-Einheitsbrei bewussst ab. Dieser Eindruck zieht sich wie ein roter Faden durch das gesamte Exterieur-Design: Nicht nur die Front, auch die Seitenansicht und die Heckpartie, verschreiben sich der stämmigen Geradlinigkeit. So spendiert Fiat hinten neue LED-Leuchten und differenziert somit den Freemont vom Journey. Ansonsten blieb von außen alles beim Alten – natürlich abgesehen vom Fiat-Schriftzug auf der Stirn.

NewCarz-Fiat-Freemont-Fahrbericht-776Im Innenraum wich der triste und spartanische US-Stil. Hier stechen vor allem die Armaturen hervor, die man nun nach europäischer Ästhetik nachempfand. Hinzu kommen die Verwendung von Materialien, die nicht nur fürs Auge, sondern auch für die Hände schmeichelhaft sind sowie der große Zentralbildschirm, der auch ohne Navigations-Option verfügbar ist, sodass man den Eindruck eines edel anmutenden Armaturenbretts erhält. Feine Chromrahmen und Applikationen in Aluminiumoptik lockern das Interieur auf.

Einzig die vielen, raffinierten Stauräume, Getränkehalterungen und die geräumigen Fächer unter dem Polster des Beifahrersitzes sowie im Fußraum des Fonds, blieben von den amerikanischen Ur-Genen über – im Alltag durchaus praktisch. Schon in der Grundausstattung weiß der Freemont zu überzeugen: sechs Airbags, Drei-Zonen-Klimaautomatik, ESP, Keyless-Go und eine Anfahrhilfe am Berg plus ein Tempomat sind nur einige Merkmale der reichhaltigen Serienausstattung. Nicht zu vergessen natürlich das Infotainment-System, dass sich durchaus intuitiv bedienen lässt. Es verzichtet auf viele Tasten und Knöpfchen, stellt dafür aber einen übersichtlichen Touchscreen bereit, der wenig Rätsel aufgibt.

NewCarz-Fiat-Freemont-Fahrbericht-763Dass der Freemont auf Familien abzielt, ist spätestens beim Betrachten der Fondsitze jedem klar. Die Polster der mittleren Reihe lassen sich per Laschenzug zu Kindersitzen hochstellen. Eine weitere Lasche bei den äußeren Sitzen – sie lässt sich übrigens ebenso spielend mit einem einfachen Handgriff betätigen – ebnet den Weg ins Achtern. Hat man allerdings noch nicht für genügend Nachwuchs gesorgt und auch sonst keine weitere Verwendung für die letzte Sitzreihe, kann man durch Umklappen das Ladevolumen auf 758 Liter anheben. Im Fall der Fälle lässt sich das Volumen, mit zusätzlichem Umklappen der zweiten Reihe und des Beifahrersitzes, auf 1.461 Liter maximieren. Kleiner Wermutstropfen: Die etwas hohe Ladekante, die es erstmal zu überwinden gilt.

Doch wie gestaltet sich das Wohlbefinden in der ersten Reihe? Man ahnt es fast: Der Italiener ist – nach amerikanischer Manier – sehr bequem. Auf den Vordersitzen stellt sich sofort ein gewisses Chill-Out-Feeling ein, sodass jeglicher Stress außerhalb des Autos bleibt. Zwar geizt das Gestühl etwas mit Seitenhalt, aber wer den Freemont zum Kurvenräubern nutzt, hat den Sinn und Charakter dieses Crossovers weder verstanden noch verdient. Gemütlichkeit ist seine Devise.

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Fahrwerk

Hier haben sich die italienischen Ingenieure glücklicherweise nicht an die Vorarbeit der Amerikaner gehalten. Das weiche und unterdämpfte Fahrverhalten eines altertümlichen Straßenkreuzers wurde ihm ausgetrieben und statdessen ein europäisches Fahrgefühl implementiert. So federt der Freemont zwar immer noch sehr kommod, aber nicht vollkommen entkoppelt über die heimischen Straßen. Wellen werden gut geschluckt und bewirken kein lästiges Nachfedern. Dennoch erlaubt die Feder-Dämpfer-Abstimmung ein ausreichendes Feedback, sodass auch schnelle Autobahnkurven keine Schweißausbrüche hervorrufen. Schnelle Kurven sind dennoch nicht zwingend Seins. Lenkbefehle werden ohne großen Kraftaufwand umgesetzt, während die Übersetzung allerdings etwas indirekt ausfällt, was der Zielgenauigkeit und vor allem dem Geradeauslauf jedoch keinen Abbruch tut.

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Eine leicht untersteuernde Note gibt dem Ganzen den Abschluss, aber elektronische Helfer wie ESP oder ASR sind mit an Bord und sorgen für die nötige Sicherheit. Auch die Wahl zum Allradantrieb schlägt sich positiv auf die Fahrsicherheit nieder: Bei nasser oder rutschiger Fahrbahn kam der Freemont stets gut aus den Startblöcken und erzeugte damit ein gutes Gefühl. Prinzipiell ist man im Vorderradmodus unterwegs; sobald die Elektronik allerdings Schlupf registriert, leitet sie in Bruchteilen einer Sekunde die Kraft zusätzlich auch auf die hinteren Räder weiter. Dabei hielt sich der Verbrauch in Grenzen: Wir erreichten im Test rund 7,5 Liter auf 100 km. Fiat selbst gibt einen Verbrauch von etwa 1 Liter weniger an. Man bedenke jedoch, dass das Fahrzeug knappe 2 Tonnen wiegt und die NEFZ-Werte unter perfekten Bedingungen entstehen.

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Motor

Ein Zweiliter-Multijet-Dieselaggregat und ein gleichgroßer Benziner stehen zur Auswahl. Die Diesel mit Sechs-Gang-Schaltung leisten in den zwei unterschiedlichen Leistungsstufen 140 PS und 170 PS. Auch aus dem Benziner entspringen in Verbindung mit einem Automatikgetriebe 170 PS. Falls man als Kunde auf die Vorteile eines Allradantriebs nicht verzichten mag, sorgen ein Dieselmotor mit 170PS, bzw. ein Benziner mit sogar 280PS für Vortrieb. Wir durften die 170 PS Version mit Sechsgang-Automatik testen und wurden positiv überrascht.

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Die Geräuschkulisse, die das Triebwerk erzeugt, ist akzeptabel. Im Innenraum herrscht im Vergleich zum Dodge Journey Ruhe wie in einem Kloster. Weiterhin bietet der Motor eine ruhige und saubere Kraftentfaltung mit befriedigender Fahrleistung. Sicherlich ist der Freemont kein Beschleunigungswunder, immerhin schleppt er einigen Ballast mit sich herum, aber mit 350 Newtonmetern ist er auch nicht untermotorisiert. In Verbindung mit diesem Drehmoment kann man eigentlich davon ausgehen, dass er mit Anhänger keine Probleme haben sollte. Dies trifft jedoch nur bedingt zu, da die maximale Anhängelast bei eher mageren 1100 kg liegt.

Gewöhnung erfordert auch die Schaltung: Zwar schaltet der Automat butterweich, doch teilweise werden die Gänge ungewöhnlich lange gehalten, was nicht gerade diesel-typisch ist. Punkten kann der Freemont wiederum bei der Tankgröße gewinnen: 78 Liter sollten auch lange Reisen ohne häufige Tankstopps erträglich machen. Insgesamt passt das Aggregat aber gut zum Charakter dieses Fiat: Er wirkt sehr entspannt und erzeugt keinerlei Hektik, gibt dem Fahrer aber das Gefühl, jederzeit ausreichend Reserven parat zu haben, um auf der Landstraße überholen zu können. Natürlich gibt es schnellere Zeitgenossen, aber der Freemont ist schließlich auch kein Sportwagen.

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Fazit

Es gelang uns letztendlich nicht mit eindeutiger Sicherheit zu klären, was der Freemont nun eigentlich ist. Im Endeffekt waren wir uns hingegen alle einig geworden: Vor uns steht eine bullig aussehende, siebensitzige Familienkutsche mit üppiger Grundausstattung, einer Vielzahl von pfiffigen Ablagefächern, einem variablen Sitzkonzept, sauberem Fahrwerk und kultiviertem Motor. Dieses Gesamtpaket wird zu einem Kampfpreis von unter 27.200 Euro angeboten. Möglicherweise eine echte Alternative zur etablierten heimischen Konkurrenz, die allgegenwärtig unterwegs ist. Warum also nicht mal einen Blick über den Tellerrand wagen?

Bilder: Mikhail Bievetskiy Photography

Fahrzeugschein: Fiat Freemont 2.0 16V Multijet

Länge x Breite x Höhe (m): 4,89 x 1,88 x 1,69

Motor: Vierzylinder-Diesel

Hubraum: 1956 ccm

Leistung: 125 kW / 170 PS bei 4000 U/min

Max. Drehmoment: 350 Nm bei 1.750 bis 2.000 U/min

Leergewicht: 1.874 kg

Verbrauch (EU-Norm): 6,4 Liter

CO2-Emissionen: 169 g/km,

Schadstoffnorm: Euro 5

Höchstgeschwindigkeit: 195 km/h

Beschleunigung 0-100 km/h: 11 Sekunden

Laderaumvolumen: 136 l – 1461 l

Max. Anhängelast: 1100 kg

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