Toyota Land Cruiser V8 Test – Das große Krabbeln

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Groß ist er. Sehr groß. So groß, dass sage und schreibe VIER Kameras verbaut sind, damit der Trumm überhaupt im engen Geläuf zu manövrieren ist. So groß, dass drei Sitzreihen in ihm Platz finden. So groß, dass ein knapp 4,5-Liter großer V8-Diesel mit mehr als 270PS und 650Nm den Antrieb übernimmt. Wie das Ganze miteinander harmoniert, klärt der ausführliche Fahrbericht.

Winter. Ein verschneiter und vereister Parkplatz mit einer 90°-Kurve: Wo sonst normalerweise die Fahrerhände anfangen würden schweißnass zu werden, zieht der Land Cruiser V8 unbeirrt seine Bahn. Es ist schon erstaunlich wie mühelos sich der „aventurin mica“ grüne Koloss bewegen lässt, zumal seine etwa 2,6 Tonnen Leergewicht nicht gerade von Pappe sind.

Karosserie

Doch da zeigt sich auch schon das erste Problem: Die Ausmaße des Allradlers sind so enorm, dass die Ausfahrt vom Parkplatz zum Zirkelspiel wird. Die Schranke schwingt hoch, der rechte Fuß betätigt sachte das Gas und der linke Zeigefinger sucht nach der Taste, um die Außenspiegel anzuklappen. Die Durchfahrt gelingt dann doch aber man freut sich, dass Wochenende ist und man das fiese Schrankenmonster für zwei Tage hinter sich lassen kann. Doch die nächste Herausforderung lässt nicht lange auf sich warten: Der Stadtverkehr. Man tritt genüsslich das rechte Pedal durch, stellt mit Erschrecken fest, dass einen der große Diesel in einen Geschwindigkeitsbereich mit längerer Straßenverkehrs-Abstinenz gedrückt hat und fragt sich, ob die linke Spur wohl breit genug ist, um den immer größer werdenden Bus zu überholen. Also heißt es abbremsen, abschätzen und … Ja, Vorsicht ist besser als Nachsicht, also hinter dem Bus einzuordnen. Da das relativ schnell langweilig wird, suchen wir uns also einen Parkplatz und sehen uns den SUV genauer an.

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Rundungen sind nicht unbedingt das Thema des Land Cruiser. Es wirkt, als wäre das Design mit Hammer und Meißel vollzogen worden. Ecken und Kanten, scharfe Lichtkanten, Trittbretter, große bauchige Radkästen. Alles Attribute, die den Japaner hervorragend charakterisieren und auch perfekt nach außen hin zeigen, was er sein soll: Ein talentierter Geländegänger. Leider zeigt sich diese Größe nur bedingt im Innenraum.

Interieur

Platzgenommen auf den ausladenden Ledersesseln. Die Einstellung des vorderen Gestühls erfolgt elektrisch und vor allem blind, da die Verstelltasten außerhalb des Sichtbereichs am Sitz angebracht sind. Trotzdem gelingt die recht intuitiv. Andererseits wundert man sich über den kleinen Verstellbereich: Bei einem Auto dieses Ausmaßes fragt man sich schon, warum die Vordersitze nicht weit genug nach hinten fahren und man als Großgewachsener in Froschhaltung hinterm Steuer sitzt. Auch der Seitenhalt der rutschigen Leder-Foteuils lässt zu Wünschen übrig.
Also schnell in die zweite Sitzreiche gewechselt. Bleibt der Fahrersitz in der hintersten Position sind die Platzverhältnisse im Fond auch nicht unbedingt fürstlich. Erschwerend kommt hinzu, dass die Rücksitzbank recht niedrig montiert ist, wodurch die Beine stark angewinkelt werden müssen und die Oberschenkel kaum Auflage finden. Lobenswert ist hingegen, dass sich die Hintensitzenden über sinnvoll platzierte Luftausströmer (u.a. im Dachhimmel) und eine links und rechts getrennt regelbare Klimaautomatik freuen können. Auch der Blick hinaus stellt kein Problem dar, da große Fenster ein weitläufiges Panorama eröffnen.

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Weiter in Sitzreihe drei. Die beiden Sitze müssen erst vom Kofferraum aus installiert werden: Klapp, drück, zieh und schon stehen sie. Doch der übrig bleibende Kofferraum hat diesen Namen nur noch entfernt verdient. Einen ausgewachsenen Hartschalenkoffer hineinlegen? Fehlanzeige! Zwei kleine Sporttaschen sind das höchste der Gefühle, was in den vormals bankettsaalähnlichen Stauraum passt. Also platzgenommen auf den hintersten Plätzen: Die zweiteilige Laderaumklappe schließen, um das Heck herum in Richtung zweiter Sitzreihe gestiefelt, diese vorklappen und sich mit großen Verrenkungen auf die gerade aufgestellten Sitze geworfen. Kopffreiheit? Naja. Beinraum? Sagen wir es so: Lässt man die zweite Sitzreihe vorgeklappt ist davon reichlich vorhanden, tut man das nicht muss man die Knie bis an die Ohren heranziehen und verbringt eine hoffentlich kurze Fahrt in Origami-Falttechnik im Kofferraum.

Der beste Platz ist also doch vorne links, deshalb Kommando zurück, die Kofferraumklappe geöffnet und die Sitze beiseite geklappt. Hatte der Autor zuvor erwähnt, dass hier ein ganzer Tanzsaal zur Verfügung steht? Das ist grundsätzlich richtig, nur stören die links und rechts zusammengefalteten Notsitze beim Beladen und schränken die eigentlich vorhandene Breite ein. Man kann sich das Ankreuzen dieser Option also getrost sparen.

NewCarz-Toyota-LandCruiser-V8-Fahrbericht-Test-236 Vorn angekommen fällt der Blick auf ein sauber verarbeitetes Cockpit. Alles wirkt solide, routiniert verbaut und erweckt den Eindruck zigtausende Kilometer strapaziert werden zu können. Wirft man aber einen genaueren Blick auf die verbauten Materialien, muss man Abstriche hinnehmen: Hartplastik findet sich nicht nur im uneinsehbaren Bereich. Verschiedene Materialmixe erwarten die Passagiere ebenso, wie Kunststoff in Holzoptik. Ob das der anvisierten Kundschaft schmecken wird bleibt abzuwarten.

Wenig auszusetzten gibt es jedoch am Infotainment-System. Die Bedienung gelingt auf Anhieb und die Funktionen sind zahlreich: Die eingangs erwähnten Kamerasbilder werden hier ebenso angezeigt, wie die Karten des gut arbeitenden Navigationssystems. Auch die Anbindung externer Geräte klappt prompt und einfach. Letztlich ist es der Sound des JBL-Systems, der nicht vollends überzeugt: Insgesamt wirkt das Klangbild etwas gedämpft. Bässe kommen zwar satt, Mitten und Höhen dafür aber etwas flach zum Ohr. Doch, wie es bei solchen Empfindungen immer ist, kann über solche Themen gestritten werden.

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Fahrdynamik

Was erwartet man von einem solchen SUV? Komfortabel soll es sein. Und dieser Maxime hat sich auch der Land Criuser V8 verschrieben. In der Normalstellung des adaptiven Fahrwerks kommen ab und an Unzulänglichkeiten des Straßenbaus zu den Insassen durch, allerdings nie in dem Maße, dass sie als störend oder gar poltrig empfunden werden könnten. Wählt man am Rädchen die Stellung Comfort, gleitet man wie auf Federn gebettet über den Untergrund. Sauber filtert der Offroader selbst grobe Verwerfungen glatt, ohne dabei aber schaukelig zu werden oder ins Wanken zu geraten. Auch eine Nachschwing-Tendenz konnten wir nicht feststellen. „Sport“ hingegen straffte die Dampfer merklich an, wirkte aber auch nicht steif oder hart. Wobei wir gerne auf dieses Stellung verzichteten, da wir für ein Auto diesen Ausmaßes die Sinnhaftigkeit eines Sportmoduses in Frage zu stellen wagen. Festzuhalten ist aber, dass die drei Modi tatsächlich unterschieden werden können; das Popometer konnte die jeweilige Abstimmung differenzieren.

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Nichtsdestotrotz, und das dürfte jedem klar sein, ist ein SUV kein Auto, dass zum sportlichen Kurvenfahren gebaut wurde – so auch der Land Criuser V8. Die Karrosserie neigt sich zwar nicht sehr stark zur Seite, aber das hohe Gewicht und der hohe Aufbau sind natürlich kontraproduktive Faktoren. Lenkt man in Kurven zügig ein und lupft das Gas, erlaubt das Heck allerdings einen kleinen Eindrehimpuls, bevor das ESP sanft eingreift. Das gefiel der Redaktion nicht nur, sondern überraschte auch, da man aus dieser Fahrzeuggattung eher Untersteuerer gewohnt ist.
Doch nun zum tatsächlichen Einsatzgebiet des Toyota, dem Gleiten. Der V8 dreht sahnig hoch, klingt – gerade auch für einen Diesel – sehr sonor, drück die Insassen mit Bestimmtheit in die Sitze und erlaubt damit eine entspannte Fahrweise. Gerade auf Landstraßen oder auf Fernreisen, erweist sich der Land Cruiser damit als optimales Gefährt. Weniger überzeugend fiel die Lenkung auf. Bei niedrigen bis mittleren Geschwindigkeiten noch recht sämig und ausreichend mitteilsam, fehlte das Gefühl bei Autobahngeschwindigkeiten in einem nicht zu verachtenden Maße. Ständige Kurs-Korrekturen – der Vergleich mit einem Luxus-Kreuzer ist nicht zufällig gewählt – sind vonnöten.

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Sollte man sich mit dem großen Geländewagen doch einmal in unwegsames Geläuf wagen, ist man gut gerüstet: Eine geländeabhängige Geschwindigkeitsregelung, eine Berganfahrkontrolle, verschiedenste Offroad-Setups, Sperren und Untersetzungen stehen bereit. Hinzu gesellen sich Eigenschaften, wie eine Wattiefe von 70cm, eine Mindest-Bodenfreiheit von 22,5cm, ein Steigwinkel von 45° und mehr. All das macht den Allradler zum echten Kraxler, vorausgesetzt, man hat die Bedienungsanleitung studiert und weiß die vielfältigen Einstellmöglichkeiten zu bedienen und zu koordinieren.

Ausstattung

Long story short: Es ist alles an Board beim Land Cruiser V8 in der Executive-Ausstattung. 20 Zoll Alufelgen, Navi, Xenon, was das Herz begehrt. Selbst Ledersitze mit Sitzheizung und sogar Belüftung müssen nicht extra geordert werden. Die einzigen beiden Sonderposten sind mit der Metallic-Lackierung und der unserer Meinung nach nicht empfehlenswerten dritten Sitzreihe schnell genannt. Der entsprechende Gegenwert für den selbstbewussten Kaufpreis ist also gegeben und kann auch im Konkurrenzumfeld überzeugen.

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Fazit

Luxusherz, was willst Du mehr? Tatsächlich, gibt es nicht viel, das harsch zu kritisieren ist. Es sind wie immer Details, die auffallen. Der geringe Verstellbereich der Vordersitze ist da, zusammen mit dem nicht gerade geringen Durst des Achtenders, noch einer der größten Punkte. Kleinigkeiten fallen erst nach einigen Testkilometern auf, wie die umständliche Bedienung des Tempomats oder der Sound des Audiosystems. All das ist Nörgelei auf höchstem Niveau. Letztendlich ist der Land Criuser V8 aber genau das, was man von ihm erwartet: Ein sattes, schweres Nobel-SUV, das seine Verbreitung vor allem in den Golfstaaten gefunden hat. Salam aleikum großer Gleiter. Der Nachfolger steht bereits in den Startlöchern.

Bilder: Mikhail Bievetskiy / NewCarz

Fahrzeugschein: Toyota Land Cruiser V8 Executive

Motor: 8-Zylinder-Diesel

Getriebe: Sechs-Gang-Automatik

Hubraum: 4.461 ccm

Leistung in kW/PS: 272 PS (200 kW)

Max. Drehmoment: 650 Nm zwischen 1.600 und 2.800 U/min

Länge/Breite/Höhe: 4.950/1.970/1.910 in mm

Radstand: 2.850 in mm

Leergewicht: 2.585 kg

Zul. Gesamtgewicht: 3.350 kg

Kofferraumvolumen: 655 – 2.320 l

Tankinhalt: 93 Liter

Beschleunigung von 0-100 km/h: 8.9 Sekunden

Höchstgeschwindigkeit: 210 km/h

Kraftstoffverbrauch kombiniert laut Werksangabe: 9.5 l auf 100 km

Testverbrauch: 14,8 Liter

Preis: 88 500 Euro

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