Alfa Romeo MiTo QV Test – Das Zwei(t)-Stadt-Auto

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Als ich noch ein „kleiner“ Junge war, gab mir mein Vater eine wichtige Weisheit mit auf den automobilen Weg: „Kaufe dir keinen Alfa, denn dann kannst du die Lloyd-Schuhe vergessen.“

Einige wenige Jahre danach sitze ich am Lenkrad eines Alfa Romeo Mito 1.4 TB 16V Quadrifoglio Verde. Ja, so viel Zeit für das Ausschreiben des Modellnamens muss sein und das „g“ in Quadrifoglio möchte ich beim Lesen dieser italienischen Worte möglichst auch nicht gehört haben. Gehör dürfte die einstige Weisheit auch nicht mehr finden – die einst so schmalen, eng aneinander platzierten Pedale gehören im Hause Alfa Romeo der Vergangenheit an – auch wer auf großem Fuß lebt, sollte also keine Probleme bekommen.

Mito – das heißt im italienischen nicht nur Mythos, sondern ist auch eine Kombination der beiden Kennzeichen-Initialen der beiden Städte Mailand („Milano“) und Turin („Torino“).  Ist dies also schon das klare Bekenntnis von Alfa, uns hier ein reines Stadtauto geliefert zu haben?

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Von außen mehr die rassige Knutschkugel

„Ciao“ sagt der Alfa, wenn er vor einem steht – kein „Buongiorno“, „Buonasera“, oder sonstige ausschweifende italienische Begrüßungsformel – der Mito muss nicht durch herausragende Umgangsformen auffallen, denn das erledigt er – auch im Vergleich zu den Kollegen seiner Fahrzeugklasse – ganz allein durch seine polarisierende Form. Die Einen finden ihn durch die nur wenigen auffallenden Kanten und Sicken langweilig und schwulstig, die anderen gerade wegen der rundlich-dicken Formen süß und knuffig. Eine Zuordnung der jeweiligen Meinung zu einem bestimmten Geschlecht ist an dieser Stelle jedoch gar nicht möglich – Männer mögen es eben auch mal rund. Trotz der für Alfa Romeo eigentlich typischen langgezogenen, kantigen Optik schaffen es die Italiener, den Wiedererkennungswert der Alfa-Familie auch dem Mito zu verpassen – nicht zuletzt aufgrund der Anlehnung an das Sondermodell Alfa Romeo 8C Competizione.

Besonders gefallen hat mir die tief gezogene Frontpartie, die durch die aggressive Einfassung des Lufteinlasses auffällt. Für hohe Bordsteinkanten, huckelige Pisten oder sonstige Höhenunterschiede kann diese geringe Bodenhöhe allerdings auch schnell zum Problem werden. So signalisiert das grüne Kleeblatt-Logo auf beiden vorderen Kotflügeln natürlich auch nicht die besondere Naturverbundenheit oder eben Geländetauglichkeit des etwas über 4m langen Flitzers, sondern erinnert an die Rennsport-Geschichte der Marke Alfa Romeo in den 20er Jahren des letzten Jahrhunderts. Heute tragen das Symbol daher nur die stärksten Modelle der Marke, welche durch ihre besondere Sportlichkeit und Fahrdynamik auffallen.

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Von innen mehr der Serienwagen mit Sport-Upgrade

Im Inneren der kleinen Rennkiste empfängt einen Schwarz. Komplettes Schwarz. Im ersten Moment etwas bedrückend, gewöhnt man sich schnell an die dunkle Innenausstattung und lernt die Einheit zu schätzen – jeglicher graue Dachhimmel hätte die dezente Sportlichkeit, die man vom Einstieg an spürt, zunichte gemacht. Lediglich der silberne Kunststoffrahmen des in unserem Testwagen verbauten, nicht berührungsempfindlichen Navigationssystems (1.100€), wertet die Mittelkonsole etwas ab.

Der Griff zum Lenkrad ist zwar aufgrund des klobig wirkenden Pralltopfes, also dem Mittel- oder auch „Hupen“-Teil des Steuers, wahrlich keine Augenfreude. Die Hände dürfen sich jedoch des geschmeidigen, festen Leders durchweg erfreuen. Ebenso guten Griff beziehungsweise eher Halt bieten die sportlichen Sitze des Mito – man wird regelrecht eingefasst. Leider muss ich an dieser Stelle hervorheben, dass von der serienmäßig verbauten Lendenwirbelstütze nichts zu spüren war und größere Menschen schon nach recht kurzer Fahrt Probleme mit dem Rücken bekommen können. Ob diese größeren Menschen mit Rückenproblemen jedoch die Hauptzielgruppe des neuen Mito sind, bleibt hier offen.

Bei der Bedienung der Instrumente fallen keine großen Besonderheiten auf. Viele Knöpfe und Regler sind es nicht, über die der Fahrer sich die Übersicht verschaffen muss. Lediglich das Einschalten des Fernlichts bedarf einer einmaligen, kurzen Suche. Nicht, wie bei anderen Marken üblich, von sich weg muss man den Blinker-Hebel drücken, sondern zu sich heran ziehen und halten, will man mehr als nur ein kurzes Aufblenden erreichen. Dafür ist dieser Hebel etwas überempfindlich und so passiert es schon einmal, dass man beim Spurwechsel auf der Autobahn nicht nur den Blinker betätigt, sondern auch aus Versehen den Vordermann mit einer kurzen Lichthupe wohlmöglich verwirrt. Alles jedoch eine Frage der Gewöhnung.

Das Design der Innenverkleidung versprüht ein regelrechtes Möchtegern-Sportwagen-Ambiente. Armaturenbrett und Türinnenverkleidung sind mit einer Kunststoffhaut bezogen, die zwar nach Carbon aussieht, sich aber unangenehm anfasst. Ebenso erkennt man an Türöffnern, Griffen und Lüftungsdüsen noch die Basis des kleinen Sportlers; er ist und bleibt ein Kleinwagen mit Sport-Upgrade. Die Verarbeitung dieser Materialien ist jedoch einwandfrei. Es fallen keine scharfen Kanten, Wellen oder misslungenen Linienführungen auf.

Das Platzangebot ist aufgrund der Größe des „Kleinen“, die – im Vergleich zu seinen Kontrahenten – einige Zentimeter mehr Länge aufweist, mehr als ausreichend. Zwei mittelgroße Mitfahrer passen mühelos auch hintereinander, wobei es auf der Rückbank lediglich mit der Kopfhöhe etwas eng werden kann. Der Kofferraum hingegen verliert den Vergleich mit dem Innenraum. Hier warten eine hohe Ladekante, eine kleine Kofferraumklappe und wenig Stauraum auf. Das Ganze wird gekrönt von einer Nylonschlaufe als Zuzieh-Hilfe, die ihre Funktion leicht verfehlt hat. Sie ist so glatt, sodass sie einem beim Runterziehen mehrmals aus der Hand rutschte und so eng, als dass man auch nicht mit einer Hand schnell die Finger in die Schlaufe bekäme.  Mit Gepäck und vier Hünen im Anhang sollte man eben auch kein italienisches Auto fahren.

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Beim Fahren mehr ein Überraschungs-Ei

Nach dem ersten Dreh des Zündschlüssels überlegt man noch kurz: „Benziner. Doch, das ist ein…nein, die haben einen Diesel… nein, aahhh… da steht ‚Benzina‘ (italienisch für Benzin)“. Das ungewöhnliche Brummen des Motors erinnert doch stark an die Geräusche eines Dieselmotors. Generell ist der Sound recht gewöhnungsbedürftig. Auf unserer Testfahrt erlebte ich nur einen Augenblick, indem der Wagen nach dem Herunterschalten in den dritten Gang ein Fauchen an den Tag legte, dass mich stark an den Tritt in den Hintern einer mittelgroßen Raubkatze erinnerte. Was oder wer die 170 Pferdchen, die in diesem Wagen unter der Haube munter traben, an dieser Stelle geritten hat, bleibt mir rätselhaft. Spannend wird der Sound ansonsten nur ab zweieinhalbtausend Touren, die man aber auch nur dann erreichen sollte, wenn einem der Verbrauch nicht allzu wichtig erscheint und man den Herstellerangaben in puncto Verbräuche eh keinen Glauben schenkt.

Ebenfalls ab der magischen Drehzahl von 2.500 pro Minute erreicht der Alfa sein höchstes Drehmoment von 250 Newtonmeter, aber auch nur, wenn der Fahrmodus „Dynamic“ gewählt ist – man dem Motor somit eh die Absolution zur Unvernünftigkeit erteilt hat. Beim Beschleunigen in jeglichem der drei Modi fällt einem jedoch die starke Verzögerung auf. Bis der verbaute Turbolader seinen Druck von 1,5 bar nämlich vollständig aufgebaut hat, vergeht gefühlt eine halbe Ewigkeit. Jeder Golf-Diesel ist da längst ein paar Meter weiter vorn.

Die Federung ist straff abgestimmt – für manche Kopfsteinpflaster-Straße zu straff. Für den Alltag wäre an dieser Stelle etwas mehr Komfort schön gewesen. In Verbindung mit dem für die Fahrzeugklasse natürlich typischen, kurzen Radstand, entstehen gerade auch bei höheren Geschwindigkeiten unangenehme Fahrsituationen, in denen mehrere kurze Fahrbahnwellen den Mito mehr zum Grashüpfer werden lassen, als zum Kleeblatt-Renner.

Ansonsten verhält sich der Italiener eben, wie sich ein Kleinwagen mit 1,2to Leergewicht und 170 Pferdestärken so verhält; agil, wendig und wenn man möchte auch recht spritzig. Analog zum Innenraum bleibt auch hier zu sagen, dass der Mito QV ein Kleinwagen mit Sport-Upgrade ist, aber eben kein voll ausgewachsener Sportwagen.

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Fazit

Am wohlsten fühlt er sich auf der Landstraße – der kleine Mito ist eben das freundliche Zweit- oder Stadtauto, welches man auch gerne mal nimmt, um den Sportplatz aufzusuchen, die Kinder aus der Nachbargemeinde abzuholen oder einen eintägigen Shoppingtrip in die nächste Stadt (man beachte hier noch einmal den Kofferraum) zu machen.

Auch aufgrund des Endpreises von rund 27.000€, die unser Testwagen kostete, bleibt der Alfa Romeo MiTo 1.4 TB 16V Quadrifoglio Verde den Käufern vorbehalten, die über die Lust und das nötige Kleingeld verfügen, sich einen Kleinwagen mit Sport-Upgrade für mehr Spaß bei der Fahrt zur Arbeit und Fahrfreude bei freizeitlichen Regionalstrecken anzuschaffen.

Für alle Liebhaber des Designs des Alfa Romeo MiTo, die auch gern auf den Sportcharakter verzichten können, bleibt nur zu sagen, dass der MiTo in „normaler“ Ausstattung bereits ab 13.950€ zu haben ist, was zwar noch immer kein Schnäppchen ist, aber die Einstellung der Italiener wiederspiegelt. Für etwas Gutaussehendes bezahlt man eben gern.

Gerne würden wir noch auf den Fahrbericht von Fabian Mechtel zum selben Auto verweisen. Bei Daniel vom Automobil-Blog gibt es einen interessanten Vergleich zwischen einem doppelten Espressio und dem Alfa Romeo MiTo (nicht QV). Sebastian hingegen beleuchtet die techschnie Seite des MiTo. Die Kollegen aus Bielefeld haben sich das Schwestermodell „Giuletta“ in rot angesehen. Hier geht es zum Fahrbericht von Jan. Und hier der Fahrbericht dazu von Jens.

 

Technische Daten

Motor: 1,4-Liter-Vierzylinder-Turbobenziner

Leistung: 125 kW/170 PS

max Drehmoment: 250 Nm bei 2.500 U/min

Länge x Breite x Höhe: 4,06m x 1,72 m x 1,45m

Radstand 2,51 m

0 – 100 km/h: 7,5 Sekunden,

Vmax 219 km/h,

Normverbrauch kombiniert: 6,0 l/100 km,

Co2 Emission: 139 g CO2/km,

Testverbrauch: 6,7 – 7,8 l/100km

Preis 20.950 Euro (Testwagen ca. 27.000€)

Text: Markus Engelke / Bilder: Mikhail Bievetskiy

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