Jaguar F-Type Coupé Test – Die Katze hat die Krallen ausgefahren

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Es ist wieder einer dieser Tage: Man wacht mit einem leicht ängstlichen Gefühl auf, hat aber dennoch ein Grinsen auf den Lippen. Grund dafür ist die anstehende Ausfahrt im Jaguar F-Type Coupé. Die atemberaubend schöne Katze mit den britischen Wurzeln raubt einem auf den ersten Blick den Atem, doch was nach dem Drücken des Startknopfs geschieht ist Emotion pur. Bis zum ersten Gasstoß…

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Design

Natürlich – es kann nicht anders sein – muss an dieser Stelle die Parallele zum legendären E-Type gezogen werden. Allein der Name erinnert schon an die Design-Ikone mit dem zeitlosen Charakter. Diesen hat auch das aktuelle Coupé von seinem Urahn geerbt: Fließende Linien, vorsichtig modelierte Partien und eine gestreckte Silhouette – mehr braucht es für einen eleganten Sportwagen nicht. Erst recht nicht, wenn er von Ian Callum gezeichnet wurde.

Der Schotte, der schon für die Linienführung des Vorgängers XK verantwortlich zeichnete, wird nicht müde zu betonen, dass es für ein dynamisches Äußeres nur dreier Pinselstriche bedarf. Zum einen wäre da die Linie, die vom Frontspoiler, über das Dach, hin zur Abrisskante am Heck reicht. Die Zweite charakterisiert die Fensterlinie und endet in einem fast schon erotischen Hüftschwung mit Handschmeichler-Charakter. Die letzte dieser drei Linien gibt der Seitenansicht eine gewisse Skulpturhaftigkeit, indem sie den Seitenschweller unterstreicht, sich über ihr die Türen verjüngen und sie am Heck erneut in einer scharfen Kante endet.

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Callum mag Recht haben, diese drei Linien geben den Umriss des F-Type wieder; doch um das Design komplett zu machen, bedarf es mehrerer Stilelemente. Es sind – wie immer – Details, die den Look vervollständigen: Die mandelförmigen Scheinwerfer mit dem stilisierten Jaguar-J als Tagfahrlicht, der traditionell-ovale Grill mit dem Katzen-Signet, die seitlichen Lufteinlässe, die aus den Vollen gefräst wurden oder aber die grimmigen Heckleuchten-Bänder, die mit ihrem runden Bereich wie zugespitzte Augen wirken.

Dieses Coupé ist aufs Neue eine Ikone des britischen Automobil-Designs: Es gefällt aus jedem Winkel. Mitverantwortlich dafür sind allerdings auch die Gene: Eine lange Motorhaube, eine kleine Passagier-Kanzel und die beiden mittigen Auspuff-Töpfe der S-Version nehmen direkten Bezug zum E-Type. Doch Jaguar versäumte es nicht, dieses klassische Design mit zeitgenössischen Zutaten, etwa den elektrisch ausfahrbaren Türgriffen, den dezenten Lufteinlässen oder aber den großen Rädern, ins Hier und Jetzt zu bringen.

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Interieur

Sie erinnern sich, dass anfänglich von Angst gesprochen wurde? Diese bezog sich unter anderem auf den Innenraum. Passt ein großgewachsener, stattlicher Mann in ein Jaguar F-Type Coupé? Ja, er passt – erstaunlich komfortabel sogar. Der Innenraum passt wie ein Anzug des legendären James Bond-Schneiders Anthony Sinclair: Er ist sportlich eng, aber es zwickt nirgends wirklich. Über dem Scheitel ist stets eine Handbreit Luft und selbst die langen Beine der hübschen Begleitung finden ohne Hindernisse Platz. Was dann noch bleibt, ist die Mixtur aus dem wohligen Geruch des dicken Leders und dem sportlich-kühlen Look.

Nichts erinnert an Großserienteile, alles wurde eigens für den F-Type entworfen und hergestellt. Die beim Betätigen der Zündung elektrisch ausfahrenden mittleren Luftausströmer dürfen sich dabei ebenso als Blinkfang verstehen, wie die orangefarbenen Schaltwippen oder die innovativ gestylte Klimaautomatik.

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Im Zuge der ersten Euphorie fällt dem Betrachter nur beiläufig auf, dass die belederte Strebe, die dem Beifahrer mit Fug und Recht als Haltemöglichkeit dient, dem Cockpit einen gewissen Monocoque-Charakter gibt. Man fühlt sich, wie es sich gehört, wie in einem Rennwagen. Diese Ausprägung versäumte der Vorgänger noch und gefiel im Innenraum zwar mit einem opulenten Holzeinsatz, dafür aber mit wenig sportlicher Attitüde. Passend zum mittlerweile eingezogenen Sportsgeist passen auch das hinreichend kleine Sportlenkrad, die attraktive Gestaltung der Instrumente, sowie die dicken Edelstahl-Pedale.

Überhaupt passt in diesem Jaguar alles wie angegossen: Die rechte Hand landet fast automatisch auf dem knackig-kurzen Automatik-Wahlhebel, das Lenkrad lädt zur Rennsport erprobten „Zehn und zwei Uhr“- Haltung ein und die je nach Modell optionalen Sportsitze geben den passenden Halt. Jetzt noch schnell den Timer für den Rennstrecken-Einsatz im leicht zu bedienenden Infotainment-System aktiviert und schon kann es auf die Rundstrecke gehen. Doch Moment, etwas stört: Die Jacke. Doch wohin damit, in den Kofferraum? Ausgestiegen, den Heckdeckel elektrisch öffnen lassen und siehe da: Ein mehr als nur Wochenend-Trip tauglicher Laderaum erstreckt sich unter der eleganten Heckklappe – nur, falls sich jemand tatsächlich bei einem solchen Gefährt für den Laderaum interessieren sollte.

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Fahrgefühl

Endlich kann es losgehen: Bremse treten, Startknopf drücken und… Gänsehaut! Vom Scheitel bis zur Fußsohle stellen sich sämtliche Härchen auf, wenn der sportliche Brite zum Anlassen aus den Endrohren bellt. Ganz gleich, ob F-Type, F-Type S oder F-Type R: Solange die Taste für die Auspuffklappen-Steuerung aktiviert ist, faucht das Kätzchen beim Start, sodass jeder Bescheid weiß; Wo dieser Klang herkommt, gibt es Leistung satt. Ein kurzer Gas-Stoß im Leerlauf und die Nackenhaare geben erneut den Takt der Kolben wieder.

Doch der F-Type lebt nicht nur vom Sound, sondern vom Fahren: Also den Wahlhebel auf D gerückt und das Gaspedal vorsichtig betätigt, um nicht sofort einen Kavalier-Start abzuliefern. Siehe da, der Brite benimmt sich lammfromm. Sehr zivilisiert geht es vorwärts: Eine Abstimmung, die wie für den Alltag gemacht ist. Doch wehe, das rechte Pedal rückt in die Nähe des Bodenblechs. Die ZF-Achtgang-Automatik schaltet blitzschnell in den passenden Gang und ein wahres Beschleunigungsfeuerwerk wird abgebrannt. Noch ehe dieser Druck verdaut ist, naht auch schon die erste Kurve: Nun heißt es hart ankern. Die Bremsen packen zu, als wäre man gegen eine unsichtbare Wand gefahren und verlieren auch nach hartem Einsatz nichts von Ihrer Bissigkeit. Der Druckpunkt bleibt stets stabil und präzise zu treffen.

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Einlenken in die erste Kurve: Am Lenkrad wird ein tolles Feedback wiedergegeben. Satte Rückstellkräfte, mit denen aber auch zarte Oberarme zurecht kommen sollten, zeigen dem Fahrer exakt, was an der Vorderachse geschieht. Dabei ist die Lenkung nicht übertrieben spitz ausgelegt, sondern sehr rund abgestimmt: Punktgenaues Einlenken ohne Nervosität oder Zickigkeit, bei einer gleichzeitig präzisen Rückmeldung erfreuen auf Anhieb.

Kurvenausgangs heißt es dann Obacht: Immerhin wird hier ein kraftvoller Hecktriebler bewegt, den man nur ungern im nächsten Kiesbett versenken möchte, weil man zu früh auf das Gaspedal stieg. Doch der Jag bleibt sehr gutmütig, das deaktivierbare ESP lässt ihn im eingeschalteten Modus an der langen Leine, fängt ihn aber jederzeit sicher wieder ein – sofern es überhaupt eingreifen muss. Die Kontrollleuchte flackert nur auf, wenn man das Coupé sprichwörtlich überfährt, also zu ruckartig einlenkt und es dabei mit der Gaspedal-Stellung zu gut meint. Die Folge ist ein kleiner Ausfallschritt des Hecks, das jederzeit sicher wieder eingebremst wird.

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Wir drehen unsere Runde zu Ende und fahren zurück in die Boxengasse. Das Angstgefühl ist verschwunden, das Grinsen im Gesicht ist dafür förmlich festgenagelt. Der gefahrene F-Type S ist mit seinen 380PS mehr als nur ordentlich motorisiert, bietet er doch mit 4,9 Sekunden für den Standard-Sprint auf 100 km/h und 275km/h Topspeed beeindruckende Werte. Dazu kommt der atemberaubende Klang des V6-Kompressor, der seinen Lader-Einsatz klangtechnisch kaum verrät. Es kommt die Frage auf, was die „R“-Variante noch besser können sollte?

Leider steht die Rennstrecke nicht mehr zur Verfügung, als wir den 550PS starken V8 entern. Aber Schwamm drüber: Eine Ausfahrt auf öffentlichen Straßen spiegelt schließlich das Haupteinsatzgebiet dieses Boliden wider. Es heißt erneut: Startknopf drücken und sich den Rücken vom basslastigen Sound des Achtenders massieren lassen. Doch dieses Mal stehen nicht nur die Nackenhaare: Die Hand fährt automatisch zum offen stehenden Mund, um das hysterische Lachen zu verstecken. Dieses Klangspektakel ist mit Worten nicht wiederzugeben. Fahrstufe D und Abfahrt!

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Mittlerweile befinden sich beide Hände wieder am Volant, der offene Mund ist nicht abzustellen. Die 550 Pferde unter der Haube scheinen vollständig versammelt zu sein und katapultieren das weiße Coupé mehr als nur vehement gen Horizont. Doch beim „R“ ist besondere Vorsicht geboten: Die abendlichen Straßen haben einen gewissen Feuchtigkeitsgrad erreicht  und sind der Haftung des Hecks nicht gerade zuträglich. Die Stellung des rechten Fußes will besonnen gewählt werden, da auch hier das ESP die Zügel locker hält und leichte Heckschwenks erlaubt sind, ehe der Wagen davon schießt. Wer darauf nicht eingestellt ist erntet schneller Herzrasen als er zwinkern kann. Für den Könner ist dies ein Heidenspaß, für den Amateur wird diese Abstimmung schnell anstrengend, da man mit diesem Gefährt nicht einfach gedankenlos cruisen kann, sondern sich permanent auf die schiere Leistung des Sportlers konzentrieren muss.

Dabei ist das Cruisen eine Disziplin, die der britische Beau mit links aus dem Ärmel schütteln könnte. Das adaptive Fahrwerk ist zwar sportlich abgestimmt, stempelt aber nicht jedes auf der Straße liegende Laubblatt in die Bandscheiben der Insassen. Zwar dringen Fahrbahnunebenheiten durch, aber stets in dem Maße, dass man sich auch durchaus eine Langstrecke mit dem F-Type vorstellen könnte.

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Doch zurück zur Performance des „R“: Vorausgesetzt die Straßenverhältnisse sind endsprechend trocken, beschleunigt der Racer in nur 4,2 s auf 100km/h und lässt es erst bei 300 Spitze bewenden. Werte die eigentlich für sich sprechen, doch die Realität ist noch weitaus brutaler. Wenn man sich nicht permanent zusammen reißt, ist man mit Geschwindigkeiten jenseits von Gut und Böse unterwegs. Der Staatsgewalt dürfte ein „R“-Fahrer, der dem Sportsgeist dieses Autos frönt, sehr willkommen sein – wird er sicherlich die Staatskassen reichhaltig füllen.

Genug der Aufregung: Der Tag nähert sich dem Ende und der schnelle Jaguar hat sich seinen Feierabend sprichwörtlich verdient. Am nächsten Tag steht ein Jaguar F-Type mit der Einstiegs-Motorisierung bereit: 340 PS klingen plötzlich nach Verzicht.

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Doch Hochmut kommt vor dem Fall: Auch diese Variante hat es faustdick hinter den aerodynamischen Ohren. Auch in dieser Ausführung ist man stets einer der schnellsten Verkehrsteilnehmer und muss sich vor kaum einem Gegner hüten. Der Unterschied von immerhin 40 PS  gegenüber dem „S“ stellt sich im Alltag als geringer dar, als angenommen. Die Kurven-Performance gleicht de facto derer der mittleren Version, lediglich auf der Geraden kann sich der „S“ absetzen. Der entscheidende Vorteil der beiden V6 gegenüber der Top-Version ist ihre Entspanntheit: Mann kann jederzeit fast jeden Verkehrsteilnehmer zur Immobilie werden lassen, muss aber nicht verkrampft über den Leistungsüberschuss nachdenken.

Fazit

Der F-Type ist ein großer Wurf geworden. Das Design betört, die Motoren sprechen mit ihrem Sound und ihrer Kraft die Sinne an und das Interieur verwöhnt mit einer sportlich noblen Clubraum-Atmosphäre. Dieses Coupé wird all diejenigen nicht ansprechen, die Ihren Rasen mit der Nagelschere bearbeiten und ihre Unterwäsche auf Kante bügeln. Das Coupé ist ein Automobil, das nicht nur Charakter hat, sondern Emotionen weckt. Wer kühle Leistung und Technokratie von einem Sportwagen verlangt, wird anderweitig vielleicht glücklicher; wer einen Sportwagen aber aus der puren Freude heraus, aus der Lust am gesamten Spektakel wählt, wird mit diesem Jaguar lange glücklich. Unserer Meinung nach reicht für dieses Glück die mittlere Version F-Type „S“. Sie bietet mehr als ausreichend Leistung, gefällt mit einem tollen Klang, bietet eine reichhaltigere Ausstattung als die Basis und überfordert ihren Fahrer nicht im Alltag. Wer sein F-Type Coupé stets auf der letzten Rille bewegen will, sollte den „R“ nehmen, frei nach Jaguars Motto: „It´s good to be bad!“

Ein weiterer Test findet sich bei Auto-im-Test.

Bilder: Mikhail Bievetskiy mit Canon 1Dx und 24-70 ƒ2.8 Ver. II für NewCarz

Fahrzeugschein: F-Type Coupe R

Länge x Breite x Höhe (m): 4,47 x 2,04 x 1,30

Motor: V8 Otto-Motor

Leistung: 405 KW (550 PS) bei 6.500 U/min

Hubraum: 5.000 ccm

Max. Drehmoment:  680 bei 2.500 – 5.500 U/min

Getriebe: 8-Gang Automatik (ZF)

Durchschnittsverbrauch (NEFZ-Norm):  11,1 L/100 km

CO2-Emissionen: 259 g/km

Höchstgeschwindigkeit: 300 km/h

Beschleunigung von 0 auf 100 km/h: 4,2 s

Leergewicht / Zuladung:  1650 / 400 kg

Kofferraumvolumen: 320 L

Wendekreis: 10,6 m

Preis: 103.700€  – „R“ 

5 thoughts on “Jaguar F-Type Coupé Test – Die Katze hat die Krallen ausgefahren

  1. Das war ein echt schön geschriebener Beitrag zum Jaguar F Type Coupe. Schade das Sie so weit weg wohnen, sonst hätten Sie mal einen Maserati von uns fahren können. Liebe Grüße Alexander

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