Nissan GT Test –R Nismo – Schwer in Fahrt

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Er ist der Usain Bolt der Supersportwagenwelt. Kaum einer sprintet so schnell wie er, ist dabei so fahrsicher, hat Ecken und Kanten.

Dennoch haben sich bei ihm die Pfunde angesammelt – pure Muskeln zwar – aber auch die wollen bewegt werden. Wir trafen den japanischen Dynamiker im englischen Silverstone und baten zum Tanz.

2015 – pünktlich zum 30. Geburtstag des Werkstuners Nismo – macht sich Nissan selbst ein Geschenk und stellt den GT-R Nismo auf die Beine. Er ist die vorerst letzte Ausbaustufe des in aller Welt geliebten und gefeierten GT-R und wirft einige technische Schmankerl ins sprichwörtliche Rennen.

 

Design – der Stealth-Bomber

Er ist auf den ersten Blick unverkennbar ein GT-R. Zwar mit etwas Modellpflege-Schminke und Kriegsbemalung, doch ist der normale GT-R auch nicht gerade für seine Zurückhaltung bekannt – allein schon aufgrund seiner Seltenheit.

Die kantige Front hebt sich vor allem durch die roten Farbakzente von den Geschwistern ohne Nismo-Namenszusatz ab. Die Karbon-Frontspoiler-Lippe trägt ebenso einen roten Anstrich, wie die beiden Luftkanäle im Frontgrill. Ein Highlight des auf 200 Exemplare limitierten Sondermodells sind sicherlich die Voll-LED-Scheinwerfer, die den 2015 GT-R etwas frischer dastehen lassen.

 

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Auch an der Seitenansicht sticht der rote Nadelstreifen hervor, der sich über den ebenfalls aus Karbon gefertigten Seitenschweller zieht. Ansonsten änderte sich aus optischen Gesichtspunkten nichts, die besonders leichten Leichtmetallräder mit Nismo-Schriftzug einmal außen vor gelassen. Sie ähneln in ihrem Design denen des 350Z und beherbergen die Bremsscheiben im Familienpizza-Größe mitsamt ihren auffälligen kupferfarbenen Sätteln.

 

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Am Heck zieht sich der sprichwörtliche rote Faden entlang: Der gibt zwar die Richtung vor, gibt der gesamten Linienführung aber auch eine gewisse Dramatik. Zusammen mit dem in Höhe und Winkel verstellbaren Heckspoiler und der neuen vierflutigen Auspuffanlage entsteht pure Dynamik mit Rennsport-Charakter. Ob sich diese Attribute auch im Interieur wiederfinden?

 

Interieur – Sportler mit Playstation

In erster Linie ist der Nismo natürlich ein GT-R, wie alle anderen auch. Der große zentrale Bildschirm ist auch dem Sondermodell erhalten geblieben und lässt sich mit allerhand Anzeigen und Informationen versehen. Darunter befinden sich – nett in Karbonoptik angerichtet – die Bedienelemente für Radio, Navi und Klimaautomatik. Eine weitere Etage tiefer liegen die – für einen GT-R – wichtigsten Elemente: Die Fahrdynamik-Regler. Fahrwerk, die Eingriffs-Schwellen der Regel-Elektronik sowie die Schlupf-Regelung lassen sich in den Stufen, „OFF“, „Normal“ und „R“ einstellen. Doch das ist keine Neuerung gegenüber dem normalen GT-R; was also zeichnet den Nismo aus?

 

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In erster Linie sind es die Recaro-Schalensitze, die zwar angenehm gepolstert sind, sich aber nicht optimal justieren lassen. Eine Höhenverstellung? Fehlanzeige. Besonders große Fahrer stoßen so schnell an die Grenzen des Nissan – und an den Dachhimmel. Zwar gefallen die Sessel mit ihren Sitzschalen aus karbonfaserverstärktem Kunststoff, doch auch an Halt mangelt es ihnen ein wenig: Besonders in schnellen Kurven, eine der Stärken des japanischen Keils, gewähren sie nicht den Halt, den man sich von ihnen wünschen würde.

Ein weiterer Unterschied zum unlimitierten GT-R stellt das griffige Sportlenkrad mit Alcantara-Bezug dar. Es liegt, nicht zuletzt dank des Bezugs, optimal in der Hand und weiß auch mit seiner Größe zu überzeugen. Damit der Fahrer jederzeit über die Position der Vorderräder im Klaren ist, verfügt es zusätzlich über eine rote Markierung auf 12 Uhr. Doch ist diese Markierung tatsächlich nötig? Sollte der Fahrer nicht spüren, was an der Vorderachse geschieht? Doch kommen wir dazu im Fahrdynamik-Kapitel.

Eine Besonderheit des Nismo ist sicherlich die herausnehmbare Rücksitzanlage. Wer nicht oft zu viert in diesem Supersportler unterwegs ist – die Wenigsten dürften den GT-R, besonders als Nismo, als Taxi misbrauchen – sollte von dieser Option tatsächlich Gebrauch machen. Zum einen reduziert sich das Gewicht und zum anderen ist der Platz im Fond nicht wirklich für die Passagierförderung gedacht. Zumal auch ohne Rückbank die Gepäckablagemöglichkeit bleibt.

 

Fahrdynamik – Die Last der Physik

Um die Frage mit der Lenkradmarkierung aufzugreifen: Nein, an sich benötigt der GT-R Nismo die Markierung nicht. Egal welcher Kurvenradius, die nötigen Lenkeinschläge sind recht gering, sodass man, vor allem wenn beide Hände am Lenkrad bleiben, immer weiß, was die Vorderräder gerade tun. Leider gibt die Lenkung relativ wenig Feedback und entkoppelt den Piloten vom Fahrgeschehen. Die tatsächliche Lenkperformance lässt den Nismo zwar sehr handlich wirken, bedenkt man vor allem das relativ hohe Gewicht, gibt sich aber vom Gefühl her recht synthetisch. Was fehlt sind Rückstellkräfte, die den Eindruck der realen Geschwindigkeit und Last reproduzieren.

 

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Dies ändert allerdings nichts daran, dass der Nismo enorm kurvenwillig ist. Man kann sogar aggressiv in Kurven hineinbremsen, ohne den Sportler aus dem Konzept zu bringen, da er mit einer starken Linientreue überzeugt. Vorausgesetzt allerdings, man weiß, wie man mit ihm umgehen muss: Nimmt man das Gas weg und lässt ihn rollen, schmiert der große Japaner leicht und jederzeit berechenbar über alle vier Räder zum Kurvenaußenrand. Das Untersteuern verhindert man, indem sachte das Gas gehalten wird und der Allradantrieb seinen vollen Vorteil ausschöpfen kann. So zieht dieser Nissan mit viel Schwung auch aus engen Radien wieder raus.

Aufpassen sollte man nur, dass man dabei nicht zu schnell ist, da man durch den geringen Geräuschpegel und vor allem durch die brutale Leistung sehr leicht das Gefühl für die Geschwindigkeit verliert. Schuld daran ist nicht allein die etwas zu leise Auspuffanlage, die ruhig selbstbewusster klingen dürfte – immerhin ist der GT-R Nismo ein waschechter Supersportler – sondern auch das Rauschen des Turbos, sowie das Pfeifen des Laders unter Last. Ein Sound-Phänomen, das auch seine Liebhaber hat.

Schuld am unbändigen Schub der 600 bärigen PS aber haben mehrere Faktoren: Die Ingenieure des Nismo-Teams verpassten diesem GT-R den Turbolader der GT3-Version, installierten eine stärkere Benzinpumpe und justieren das Motor-Management neu. Das Resultat fühlt sich an, als säße man in einem gerade gelösten Katapult: Der Beschleunigungsdruck, der auf den Körper wirkt, will gar nicht aufhören. Selbst bei Halbgas schießt der 1,8-Tonner gen Horizont, dass einem Hören und Sehen vergeht – ein phänomenales Erlebnis.

 

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Doch wer schnell sein ist, will auch gebremst werden. Also heißt es am Ende der langen Geraden in Silverstone hart zu ankern. Die Bremsleistung ist immens: Selbst wenn man mit Gewalt versucht den Kopf an die Kopfstütze zu drücken, verursacht starkes Bremsen immer ein Kopfnicken. Gut so, denn die Masse des Sportler muss auch gebremst werden – und zwar auf den Punkt. Dies fällt auf Anhieb jedoch nicht leicht: Das Bremspedal lässt nur wenig Gefühl zu und ist recht etwas weich. Auf den ersten paar Millimetern Pedalweg geschieht herzlich wenig um dann auf einmal an einen Punkt zu gelangen, der viel Gefühl vom den Zehen des Fahrers abverlangt. Schade auch, dass die Bremsanlage der Nismo recht hitzeanfällig zu sein scheint: Nach zwei Runden auf dem kleinen Kurs benötigt sie eine Abkühlrunde sowie einen kurzen Boxenstopp zum Erkalten.

Kühl ist auch das Fahrwerk: Er wirkt nahezu unterfordert mit den Anforderungen, die gestellt werden. Starkes Anbremsen vor Kurven? Kein Problem, eine Einsink-Tendenz an der Vorderachse ist nicht im Entferntesten zu erahnen. Seitenneigung? Fehlanzeige! Es ist fast egal mit welcher Geschwindigkeit man den fernöstlichen Sportler ins Kurven wirft, das Fahrwerk ist jederzeit bereit und gibt eine enorme Stabilität, fernab jeder Giftigkeit. Mit verantwortlich dafür ist auch der geänderter Stabi, der nicht nur zu einer Reduktion der Seitenneigung sondern auch noch Gewicht spart.

Die Bilstein-Dämpfer glänzen, trotz des dynamischen Talents der Abstimmung, mit einem feinen Ansprechverhalten und sind in drei Stufen einstellbar. Insgesamt ist das Setup weniger straff, als bei den ersten Generationen des Sportlers, was ihn feinnerviger macht und für ein Plus an Traktion sorgt. Diesen Vorteil bietet natürlich auch der Allradantrieb: Die Normalverteilung gibt 100 % der Kraft auf die Hinterräder, wenn nötig werden aber bis zu 50 % Vorderachse geleitet, um den GT-R wie an der Schnur gezogen durch Kurven zu leiten.

Dabei spielt das Doppelkupplungsgetriebe keine unentscheidende Rolle: Die Schaltzeiten sind enorm kurz und ermöglichen, auf Schaltwippenzug, das äußerst präzise Herunterschalten vor Kurven. Allerdings könnten sich die Gangwechsel weicher vollziehen. Auch die Reaktion auf spontanes Gasgeben im Kurvenausgang könnte kürzer ausfallen. Ansonsten aber gefällt das Getriebe mit seiner Flinkheit und Effizienz.

 

Fazit – Ein klassischer GT

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Eine Zeit auf der Nordschleife von beeindruckenden 07:08,679 Minuten: Das ist die Angabe für die schnellste Runde eines Großserienautos, dem Nissan GT-R. Doch er kann nicht nur auf der Rennstrecke schnell sein. Auch im Alltag weiß der weiße Riese mit seinem äußerst harmonischen Fahrwerk zu überzeugen. Wir stellen ihn uns als überaus schnellen Langstrecken-Bewältiger vor, der Fahrten von Hamburg nach Wien in kurzer Zeit runterreißt, ohne den Fahrer ins Schwitzen zu bringen. Was wir aber vermissen, ist etwas mehr Emotion, bei dieser geballten Sportlichkeit.

 

 

Technische Daten: Nissan GT-R Nismo

Motor: V-Motor 6 Zylinder, Bi-Turbo

Hubraum: 3.800 ccm

Leistung: 600 PS

Drehmoment: 650 NM

Getriebe: Doppelkupplungsgetriebe

Antrieb: Allrad, permanent

Leergewicht (vollgetankt): 1.700 KG

Beschleunigung 0 – 100 km/h: 2,7 Sekunden

Höchstgeschwindigkeit: > 315 km/h

Preis: ab 149.990 €

Fotos: Nissan für NewCarz

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