Im Jahr 2012 hielt erstmals ein aufgeladener Achtzylinder Einzug im bis dato ausschließlich mit W12 bestückten Continental.
Der 507 PS starke Bentley Continental GT V8 bildete fortan das Einstiegsmodell. Zwei Jahre später folgte eine zweite Leistungsstufe des V8.
Um nunmehr auch eine jüngere Klientel anzusprechen, wurde der Continental etwas dynamischer akzentuiert und erhielt einen elektronisch überarbeiteten Achtzylinder mit Biturbo-Aufladung. Wir haben den Bentley Continental GT V8 S einem Alltagstest unterzogen. Fahrbericht.
Exterieur – Englischer Sportsgeist
Ein Bentley ist niemals weniger als ein leuchtendes Symbol höchster Qualität und britischem Understatement. Und so macht auch der Continental V8 S hier keine Ausnahme. Sein Antlitz wurde einem dezenten Lifting unterzogen, alles wirkt etwas straffer und eine Nuance jünger.
In puncto Stil büßt das 528 PS starke Achtzylinder-Coupé derweil kein bisschen ein, wenngleich die Farbe Azure Purple einen beträchtlichen Teil zu besagtem jugendlichen Charme beiträgt.
Was dem geneigten Betrachter zuerst ins Auge fällt, sind der dominante, rechteckige Grill samt
feinem Gitter, die rund schraffierte Lichtsignatur des Tagfahrlichtes und die enorm breit ausgestellte Hüfte, welche das Heck in Szene setzt und so den Blick an der abfallenden Dachlinie entlang leitet und im gleichen Zuge verlässlich daran fesselt.
Die sehr üppig dimensionierten 21-Zoll-Felgen samt der glänzenden Speichen untermauern indes die Stellung des Luxusboliden innerhalb der Oberliga der automobilen Zunft.
Details wie das einzigartige Design der schmal gezeichneten, in der Mitte verjüngten Auspuffendrohre sind charakterprägend, denn ihr chromglänzendes Finish schmeichelt dem Eleganz und Understatement liebenden Auge und ist weit mehr als eine potenzielle Protzattitüde. In Anbetracht einer Maxime der Harmonie der Linien ist die Architektur des Auspuffs eine Spiegelung des Designs der Hecksignatur, die sich als schmale, rot glühende Ellipse offenbart.
Bis auf einen markanten Falz, der den Abschluss des Kofferraumes formt, zeigt der Bentley Continental GT V8 S ein recht dezentes Heckdesign, welches seine Präsenz von den Ellipsen und den potent-breiten Radhäusern nährt.
Eine Sparsamkeit beim Gebrauch von Chrom kann den Designern aus Crewe jedenfalls nicht nachgesagt werden. Die glänzende Leiste umspielt die Rückleuchten, die Scheiben sowie die Türabschlüsse und als fortgeführte Linie auch das gesamte Heck, um vorne im Glanze des Grills ihren krönenden Abschluss zu finden.
Wir stellen fest, dass auch die potentere S-Version ihre sportlichen Ambitionen nicht jedermann kundtut. Fast kann man dem V8 S nachsagen, er würde seine Potenz und seine Leistung verheimlichen – sich hinter einer der Tradition verpflichteten Formensprache verstecken. Bis auf die recht üppigen Lufteinlässe verrät wenig die knapp 530 Pferdestärken, die sich dahinter verbergen. Auch sonst wird nicht viel offengelegt – keine Spoilerlippen in atemberaubenden Dimensionen, kein übermäßiges Plakatieren mit Performancematerialien wie Carbon, keine Aerodynamikkrater, welche die Luftmassen durchs gesamte Auto jagen.
Nein, nichts von alledem. In stoischem Traditionsbewusstsein werden all diese progressiven Entwicklungen ignoriert, um weiterhin exponiert stehen zu können. Insofern verwundert es nicht, dass die Front nur wenige schmale Sicken zeigt, während die Motorhaube von zwei tiefen Kanten betont wird, die ebenfalls im Grill münden.
Die bereits angesprochene Lackfarbe unseres Testwagens trägt den Namen Azure Purple und offeriert dem Betrachter einen mitreißenden Violett-Ton samt kühler Frische und jugendlichem Charme. Dieses tiefe, dunkle Violett zeigt einen starken Anklang von Preußisch Blau und Ultramarinblaunuancen, deren Ton besonders am Heck fasziniert.
Warum wirkt diese Farbe so anziehend und warum fällt sie am Tage so stark auf, während die Dunkelheit der Nacht in ihr regelrecht zu versinken scheint? Als Mischung aus dem warmen Rot und einem kühlen Blau übernimmt Violett die Wirkung beider Farben und wirkt entsprechend ambivalent. Es kombiniert die Tiefe und Kälte des Blaus mit der lodernden Energie sowie dem feurigen Charakter des Rots.
Interieur – In bester Gesellschaft
Traditionen müssen aufrecht erhalten werden – dies scheint im Hause Bentley von zentraler Bedeutung zu sein, sodass die Designer auch im Innenraum des Bentley Continental GT V8 S keine erheblichen Änderungen vorgenommen haben. Der gleiche Hang zum Althergebrachten und Gediegenen zeigt sich im Loungeambiente des Interieurs, wo nur noch ein Kamin und ein guter Bourbon zum vollendeten Glück fehlen.
Es mutet ein wenig wie in einer anderen Welt an, wenn man den Blick in einem Moment der Faszination durch den Innenraum schweifen lässt. Man entdeckt Elemente, die vielleicht nicht mehr dem Zeitgeschmack, wohl aber dem Heritage-Gedanken eines stilechten Briten in vollem Maße entsprechen.
Die bequemen Ledersitze warten mit einer Massagefunktion auf und tragen auf den Kopfstützen das legendäre „Flying B“ samt darunter gestepptem V8S-Schriftzug. Doch nicht nur der Komfort, sondern auch der Seitenhalt der partiell rautengesteppten Sessel ist in der Praxis auch bei schneller Kurvenfahrt allemal ausreichend.
Der Bentley Continental GT V8 S ist wohl eines der wenigen Coupés, in denen selbst auf den hinteren Sitzen ohne Bedenken Platz genommen werden kann. Zwar ist die Kopffreiheit nicht auf Limousinen-Niveau, dennoch müssen Passagiere bis circa 1,80 Meter keine Embryonalstellung einnehmen, wenn es mal zu viert auf Reisen geht.
Apropos Reisen: Das Kofferraumvolumen beträgt 358 Liter, die immerhin für zwei oder drei Weekender ausreichen. Für diejenigen, die den Stauraum ganzheitlich nutzen wollen, bietet Bentley maßgefertigtes Reisegepäck an.
Das beheizte Lederlenkrad liegt gut in der Hand und überfrachtet den Fahrer nicht mit unnötig vielen Knöpfen. Hier ist nur das Wesentliche platziert, die Kunden wissen es zu schätzen.
Anstelle von Klavierlack trägt die Mittelkonsole unseres Testwagens feinen Kohlefaserverbundstoff, der sich in vielen kleinen Details, wie dem elegant umrandeten Sonnenbrillenetui wiederfindet. Der dosierte Einsatz von Karbon im Innenraum des Bentley Continental GT V8 S soll keinesfalls als Stilbruch gewertet werden, sondern vielmehr mit der offensichtlichen Präsentation des hochwertigen Materials den Performancegedanken in den Fokus rücken.
Technik & Assistenz – Behutsam geschärft
Wie auch bei dem bereits von uns getesteten Continental GTC W12 bietet der V8 S eine Fülle an Komfort-Features, die insbesondere den vorderen Passagieren zugute kommen. So profitieren diese unter anderem von dem einst angesprochenen Ledergestühl inklusive Sitzmassage. Selbstredend sind die vorderen Sitze beheizt und gekühlt.
Auch in puncto Entertainment bekommen die Insassen im Bentley einiges geboten. Neben einer optionalen TV-Funktion können Musiktitel auf der 30 GB großen Festplatte gespeichert und nach Bedarf wiedergegeben werden. Das Soundsystem aus dem Hause Naim wartet derweil mit 900 Watt und elf Lautsprechern auf und sorgt für musikalische Untermalung auf standesgemäßem Niveau. Die Klangqualität kommt zwar nicht ganz an aktuelle Anlagen von Bowers & Wilkins heran, dennoch breitet sich im Innenraum des Briten eine voluminöse Fülle an Klängen aus, die insbesondere durch die ausgeprägte Feindynamik manche Musikstücke überaus lebendig wirken lässt.
Ebenfalls an Bord ist auf Wunsch zudem ein WLAN-Hotspot sowie eine Bluetooth Freisprecheinrichtung inklusive einem Privacy Handset genannten Telefonhörer.
Der Abstandsregeltempomat ACC leistete sich in unserem Test keine Schwächen und harmoniert hervorragend mit der sanft schaltenden Achtgang-Automatik. Gesteuert wird dieses System kinderleicht über das Lenkrad.
Selbstredend wird auch der Bentley Continental GT V8 S serienmäßig mit Bi-Xenon-Scheinwerfern inklusive LED-Tagfahrlicht ausgeliefert. Das Fernlicht wird zudem von einer LED-Leiste unterhalb der Projektionslinsen unterstützt, um sowohl die Ausbeute des Fernlichtes zu erhöhen als auch um bei der Funktion der Lichthupe bei ausgeschaltetem Abblendlicht die Xenonbrenner zu schonen. Die Ausleuchtung bietet einen ausreichend breiten Lichtteppich, der auch hohe Geschwindigkeiten bei Nacht nicht zum Sicherheitsrisiko werden lässt.
Motorisierung & Fahreigenschaften – S für Superior
Angetrieben wird der Bentley Continental GT V8 S von einem 4,0-Liter-V8 mit 528 PS. Das maximale Drehmoment liegt bei 680 Newtonmeter und steht bereits bei 1.700 Umdrehungen zur Verfügung. Die Beschleunigung von Null auf 100 km/h absolviert der britische Gleiter in glatt 4,5 Sekunden, der Vortrieb endet erst bei 309 km/h.
Die Kraftübertragung übernimmt eine Achtgang-Automatik aus dem Hause ZF. Diese wurde vor Einbau scheinbar zu einem Knigge-Kurs geschickt, denn sie sortiert die Gänge sänftenartig und völlig ruckfrei. Gleiches gilt für die ebenfalls von ZF stammende, geschwindigkeitsabhängige Lenkung, die ihren Dienst stets souverän und gänzlich ohne Spiel erledigte.
Auf den ersten Metern durch die Stadt im Sportmodus fällt dann die etwas straffere Federung auf. Dank eines Sportfahrwerkes, welches den Bentley zehn Millimeter tiefer legt, kommt tatsächlich ein Hauch sportives Flair auf, wenngleich das Fahrzeug niemals unkomfortabel wirkt.
Erst auf der Landstraße lässt sich das ganze Potential des Fahrzeugs erkennen. In den richtigen Händen sind kurvige Streckenabschnitte eine helle Freude für sportlich ambitionierte Fahrer. Im direkten Vergleich zum W12 verschiebt sich der Grenzbereich um ein ganzes Stück, kündigt seine Ankunft dann recht gutmütig an und verkündet mit quietschenden Reifen und tänzelndem Heck seine Präsenz.
Dem neuen Setup und der direkten Lenkung geschuldet, greift man gerne selbst zu den haptisch hervorragend geriffelten Schaltwippen, um die Gänge manuell zu sortieren. Das ist zwar per se so gar nicht british, aber auf den kurvigen Passagen im niedersächsischen Hinterland gibt es zum Testzeitpunkt keine Beobachter. Bei flotter Kurvenfahrt fällt uns der recht sportlich ausgelegte Allradantrieb auf, welcher 60 Prozent der Leistung an die Hinterachse leitet und demnach leichtes Übersteuern erlaubt.
Untermalt wird dieser Fahrspaß zudem von rauchig-bassigen Achtzylinder-Klängen, die durchaus nach etwas mehr als den tatsächlichen vier Litern Hubraum klingen. Dies ist vor allem der Sportabgasanlage geschuldet, die man im Bentley Continental GT V8 S ohne schlechtes Gewissen dazu bestellen darf.
Das wahre Talent eines Gran Turismo liegt jedoch auf der Langstrecke, was uns nun auf die Autobahn führt. Zurück im komfortablen Modus säuselt der Motor leise vor sich hin und wir lauschen den angenehmen Klängen der Naim-Anlage.
Bei 130 km/h liegen im achten Gang unter 2.000 Umdrehungen an, die Federung steckt sämtliche Fahrbahnunebenheiten weg und Gespräche können selbst bei jenseits der 200 km/h fortgesetzt werden.
Auch bei der Höchstgeschwindigkeit von 309 km/h – der Tacho zeigte uns sogar 314 km/h an – liegt der Bentley Continental GT V8 S gut auf der Straße, lässt sich auf gerader Strecke keine Anstrengung anmerken und tut auch in langgezogenen Kurven alles in seiner Macht stehende, um Souveränität und Komfort aufrechtzuerhalten, was ihm dank seiner strafferen Abstimmung auch gut gelingt.
Ebenso faszinierend ist die kostspielige, aber mit diesem Modell hervorragend harmonierende Karbon-Keramik-Bremse. Wir können nur jedem Interessenten raten, den Mehrpreis in Kauf zu nehmen, sofern man das Potential des V8 S auch wirklich nutzen möchte.
Im Übrigen verfügt der Bentley Continental GT V8 S über eine Zylinderabschaltung, bei der vier der acht Zylinder im Teillastbereich abgeschaltet werden.
Nicht zuletzt dank dieser Technik hielt sich der Verbrauch während unserer Testfahrten in Grenzen. Zwar erreichten wir nicht die angegebenen 10,7 Liter, die durchschnittlich geflossenen 13,1 Liter pro 100 Kilometer sind in Anbetracht des verhältnismäßig hohen Gewichts und der beachtlichen Leistung keineswegs ausufernd, sodass man guten Gewissens behaupten kann, dass sich dieses Aggregat nach wie vor als absolut zeitgemäß behauptet.
Fazit – Stilvoller Sportsfreund
Der Bentley Continental GT V8 S erwies sich in unserem Test als ausgewogenes Fahrzeug mit weitaus mehr Potential als man ihm zutraut. Besonders faszinierend sind dabei seine Agilität und seine Kurvengier, die trotz des verhältnismäßig hohen Gewichts adäquat zur Geltung kommen.
Das S hat hierbei eine ganz besondere Bedeutung. Es steht gleichermaßen für subtil wie auch für sportlich. Aus unserer Sicht ist es ein Zusammenspiel aus mehreren Faktoren, quasi die superiore Note in Form eines dezent geschärften Charakters und einer minimal angepassten Optik, die ihm gewissermaßen eine Sonderstellung in der Riege der gediegenen Luxus-Coupés einräumt.
Hier wird eine jüngere, aber nicht weniger stilbewusste Klientel angesprochen, die um das Erbe und die Tradition eines Bentley weiß, aber keine Abstriche in puncto Fahrdynamik machen möchte.
Auch wenn das neue Modell bereits auf dem Weg zu den Händlern ist, stellt der V8 S noch immer eine zeitgemäße Alternative dar. Mit kleinen Abstrichen im Bereich Assistenz und Infotainment erhält der Kunde einen zeitlosen Begleiter mit vehementem Achtzylinder, erhabenem Luxus und einem Höchstmaß an Noblesse.
Der Aufpreis zum klassischen V8 relativiert sich beim Blick auf den Preis des W12-Modells. Die Mehr-PS des Bentley Continental GT V8 S werden von seinen künftigen Eignern sicher nicht in jeder Lebenslage zum Dienst berufen, sie stehen aber dennoch jederzeit bereit, um seinem Besitzer wieder und wieder einen Grund zu geben, weshalb er sich für einen V8 mit S entschieden hat.
Text / Fotos: NewCarz
Kamera: Canon EOS 6D
Konkurrenz: Aston Martin DB11, McLaren 570GT, Mercedes-AMG S63 Coupé
Technische Daten: Bentley Continental GT V8 S
Länge x Breite x Höhe (m): 4,81 x 1,94 x 1,40
Motor: Achtzylinder-V-Motor mit Twin-Turbo-Aufladung
Leistung: 389 kW (528 PS)
Hubraum: 3.993 ccm
Max. Drehmoment: 680 Nm
Getriebe: 8-Gang-Automatikgetriebe von ZF
Antrieb: Allradantrieb
Durchschnittsverbrauch (NEFZ-Norm): 10,7 L/100 km
Durchschnittsverbrauch (NewCarz): 13,1 L/100 km
CO2-Emissionen: 250 g/km
Abgasnorm: Euro 6
Höchstgeschwindigkeit: 309 km/h
Beschleunigung von 0 auf 100 km/h: 4,5 Sekunden
Leergewicht: 2.295 kg
Kofferraumvolumen: ca. 358 l
Kraftstofftank: ca. 90 Liter
Sorgt seit 2015 stets für den „Nachschub“ an automobilen Neuigkeiten, ob als Modellpremieren, Modellpflege oder strategische Neuausrichtung von Herstellern – um nur einige zu nennen. Sein enger Draht zu den Herstellern ist ein Garant für brandneue Informationen und Autonews aus erster Hand. Seine automobile Vorliebe gehört vor allem den gut motorisierten Cabrios und Coupés dieser Welt.
One thought on “Bentley Continental GT V8 S Test – Zeitlose Noblesse”