Ein direkter Einstieg ist nicht selten schwer zu finden – nicht so bei diesem Fahrzeug aus dem Hause Honda. Denn eins fällt sofort auf und polarisiert: Das Design.
Und das zu Recht, entweder man mag es auf Anhieb, oder man sollte die Finger vom neusten Civic aus der japanischen Autoschmiede lassen.
Abseits des ausgefallenen Heckdesigns gibt sich der Honda hingegen zahmer – verleugnet dabei aber dennoch nicht seinen designtechnischen Markenkern.
Exterieur – Anders
Bekannte Pfade beschreiten? Ausgetretene Wege gehen? Nicht mit uns, dachten sich wohl die Designer dieser doch recht außergewöhnlichen Außenhülle.
Immerhin kann man nicht behaupten, Formen, Anordnungen oder Materialwahl würden langweilen, denn eine Überraschung ist immer wieder vorprogrammiert.
An der Front bläst der Kleine ganz schön die Backen auf und wirkt damit ein wenig breiter, als er in Wirklichkeit ist. Hier muss man das außergewöhnliche Design nicht lange suchen, es findet sich in dem Grau lackierten Bereich zwischen Kühlergrill und Kennzeichen wieder.
Der Honda sieht so nicht nur nach einem Schnauzbartträger aus, sondern guckt auch noch ganz besonders finster unter seiner beinahe rund endenden Motorhaube hervor. Bei unserem Testwagen wird dieser Eindruck besonders durch den Kontrast zwischen der Wagenfarbe und dem grauen Bereich in der Mitte betont.
Die Motorhaube verläuft recht steil, was zwar zu einer geduckten, aggressiven Optik beiträgt, dem Fahrer aber beim einparken jegliches Gefühl für die Länge des Fahrzeugs nimmt. Gut, dass Honda dem Civic auch an der Front Abstandswarner spendiert hat.
Als nächstes fällt die sehr flache Frontscheibe auf – noch ein paar Grad mehr und es käme Lamborghini-Feeling auf. In der Praxis sorgt diese Bauweise für eine eingeschränkte Kopffreiheit, denn die Dachlinie verläuft entsprechend niedrig.
Die Radkästen des Civic enden zum Rad in grauem Plastik, was zwar eine gute Methode zur Abwehr kleinerer Kratzer ist, andererseits aber auch einen etwas altbackenen Eindruck hinterlässt.
Das Design der hinteren Türöffner des von uns getesteten 4-Türers hingegen ist ein echter Hingucker, denn diese fügen sich nahtlos in das Design der Seitenlinie ein. Wer nicht weiß wo der Hand hinzugreifen hat, mag durchaus einige Sekunden mit der Suche nach dem Mechanismus der Türöffnung suchen.
Das Heck des Civic ist – diplomatisch ausgedrückt – extravagant. Die hohe Hecklinie, die durch eine ungewöhnliche Positionierung der Heckscheinwerfer erreicht wird, erinnert an den BMW X6. Der Honda besitzt ebenfalls eine extrem flache Heckscheibe, die allerdings noch unter der der Rückleuchte fortgesetzt wird und somit in zwei Teile gespalten ist. Überflüssig zu erwähnen, dass die Sicht nach hinten ein Graus ist und die Auswahl einer Rückfahrkamera zur Pflichtübung wird.
Das Resultat spricht den Geschmack des europäischen Durchschnittskäufers wahrscheinlich eher weniger an, zumal der untere Bereich des Hecks durch die nun fehlenden Rückleuchten etwas leer und karg wirkt.
Immerhin verbergen sich unter der Heckklappe satte 477 Liter Kofferraumvolumen und damit knapp 100 Liter mehr als bei einem Golf VII. Damit wird der Wocheneinkauf auch für eine größere Familie zu einer leichten Übung. Klappt man de Sitze um, sind es sogar 1.378 Liter.
Interieur – spacig und robust
Das Innere sollte wie das Äußere eher in der Dunkelheit der Nach betrachtet werden, allerdings aus vollkommen unterschiedlichen Gründen.
Alleine das Öffnen der Türen bereitet hier nämlich Freude. Es erwarten den Fahrer sowohl ein blau ausgeleuchteter „Civic“-Schriftzug in der Einstiegsleiste als auch eine blaue Beleuchtung der Fußräume – wirklich schick und beinahe schon futuristisch.
Die moderne, anscheinend einer Mischung aus Raumfahrt- und Jetfighter-Ambiente nachempfundene Beleuchtung spricht dabei wahrscheinlich besonders junge Leute an.
Bei Tageslicht verliert das Interieur zwar den Flair eines Raumschiffs, macht aber trotzdem weiterhin eine rundum solide Figur. Obwohl das Material der Flächen nicht zur Oberklasse gehört, wird durch eine geschickte Unterteilung in viele kleinere Bereiche der Eindruck einer Plastikwüste vermieden. Die Verarbeitung befindet sich zwar nicht auf Top-Niveau, ist aber keineswegs unansehnlich oder billig.
Die Sitze des Civic sind zwar kein optisches Highlight, erfüllen aber ihren Zweck und bringen den Fahrer bequem an den Zielort. Große Menschen hier jedoch aufgepasst: Der Fahrersitz lässt sich nicht tief genug stellen, bereits mit einer Körpergröße von 1,90 Metern ist kaum noch Kopffreiheit vorhanden. Hier muss Honda, wie einige andere Hersteller auch, dringend nachbessern.
Im Fond finden zwei weitere Mitfahrer bequem Platz, Bein- und Kopffreiheit sollten auch auf längeren Strecken keine Probleme bereiten.
Sowohl Aussehen als auch Handhabung des Lenkrads sind gefällig, das Ruder liegt angenehm in der Hand und ist in unserem Testwagen zudem mit Leder bespannt und mit einigen Multifunktionstasten ausgestattet.
Hierbei steuern die rechts angeordneten Tasten hauptsächlich den Tempomat, während die linken Elemente zur Steuerung des Infotainment und des Bordcomputers eingesetzt werden können.
Die Mittelkonsole, die Steuerung der Lüftung und den Touchscreen des Infotainment-Systems beherbergt ist leicht zum Fahrer geneigt und geht in Sachen Aufgeräumtheit mit gutem Beispiel voran.
Hinter dem Lenkrad befand sich in unserem Testfahrzeug eine Aussparung für einen Start-Stopp-Knopf, obwohl unser Testwagen mit einem manuellen Zündschloss ausgeliefert wurde. Hier wird der Sparwille deutlich, den Honda an den Tag legt.
Einen Hauch Extravaganz verspürt der Fahrer auch bei der Anordnung der Instrumente. Während Umdrehungszahlmesser, Öltemperatur und Tankanzeige analog gehalten sind und in klassischen Rundinstrumenten platziert wurden, befinden sich der digitale Tacho und ein Multifunktionsdisplay etwas zurückgesetzt im Armaturenbrett, in dem während der Fahrt die Einzelheiten zum Verbrauch, aber auch die Anweisungen des Navigationssystems angezeigt werden. Auch hier gilt: Man muss es mögen.
Insgesamt können wir dem Innenraum eine gute Note ausstellen, auch wenn das Gesamtbild für ein Fahrzeug, das in der Preisklasse eines VW Golf spielt, noch einen Tick besser ausfallen könnte. Dafür macht der Innenraum besonders nachts eine ausgesprochen gute Figur.
Infotainment – Solide
Das Infotainment-System des Honda Civic hält keine bösen Überraschungen für den Fahrer bereit. Es wird hauptsächlich über den verbauten Touchscreen gesteuert, der in unserem Test schnell und präzise reagierte. Er lässt sich erfreulicherweise vom Fahrer in Helligkeit und Farbschema den Tageszeiten anpassen. So wird verhindert, dass der Fahrer bei Sonneneinstrahlung nichts erkennt oder bei Nacht geblendet wird.
Die wichtigsten Menüpunkte werden im Civic über Hardware-Tasten erreicht. Dies erlaubt einen schnellen und unkomplizierten Wechsel zur gewünschten Funktion. Die Orientierung in den Obermenüs ist ebenfalls kein Problem, einzig einige Einstellungen sind ein wenig versteckt.
Die Navigationsfunktion erledigte ihre Aufgabe zu unserer vollen Zufriedenheit. Die Anweisungen waren zu jeder Zeit klar und die vorgeschlagenen Routen sinnvoll.
Auch bei der Musikwiedergabe erlaubt sich der Honda keine Schwächen: Über verschiedenste Quellen wie Radio, USB, Bluetooth und AUX gelangt ein ordentlicher, wenn auch nicht überragender Sound an das Ohr des Fahrers.
Motor, Fahreindruck und Verbrauch – Hier liegen die Stärken
In den bisher unter die Lupen genommenen Kategorien konnte sich der Honda Civic von Punkt zu Punkt steigern. Das Fahrgefühl, das wohl das eigentliche Highlight am Civic ist, macht hier keine Ausnahme.
Der in unserem Testwagen verbaute 1,6 Liter i-DTEC Dieselmotor leistet ganze Arbeit und macht es zu einer wirklichen Freude, den Honda im Verkehr zu bewegen. Er zeichnet sich durch Laufruhe, Leistungsstärke und einen niedrigen Verbrauch aus.
Die Faktenlage besagt Folgendes: Aus den 1,6 Diesel-Litern des Motors holt Honda 120 PS und 300 Nm. Das reicht für den Sprint von 0 auf 100 km/h in 10,2 Sekunden. Der Vortrieb endet bei 207 km/h, was erfreulicherweise auch – so gewünscht – zügigeres Vorankommen auf der Autobahn sorgt.
In unserem Test erwies sich der Diesel als gleichermaßen kultiviert und durchzugsstark. Ein störendes Nageln des Triebwerks ist nur selten zu vernehmen, auch bei einem Kaltstart bleibt die Geräuschkulisse angenehm zurückhaltend.
Dass Dieselmotoren im unteren Drehzahlbereich besser durchziehen ist hinreichend bekannt – doch dieser Diesel entfacht im ersten und zweiten Gang ein regelrechtes Feuerwerk, das den rund 1.400 kg schweren Honda regelrecht nach vorne schießen lässt. Zwar lässt die Beschleunigung schon im 3. Gang deutlich nach, dennoch ist auch im Stadtverkehr bei niedrigen Drehzahlen eine zügige Beschleunigung problemlos umsetzbar.
Das Getriebe des Honda weiß in unserem Test zu gefallen. Die Gänge lassen sich schnell und präzise wechseln, die Kupplung ist angenehm weich abgestimmt und bei den typischen Geschwindigkeiten liegen vernünftige Drehzahlen an.
Passend zum feurigen Charakter des Motors ist das Fahrwerk straff, aber nicht unkomfortabel abgestimmt. Hier sind sowohl Bodenwellen als auch etwas schneller gefahrene Kurven kein Problem.
Ein echtes Highlight sind die Verbrauchswerte des Honda Civic. In unserem Testwagen fuhren wir ohne jegliche Anstrengung bei einem Verbrauch von 5,0 Litern durch die Stadt, jederzeit in dem Bewusstsein, dass eine aktiv spritsparende Fahrweise den Verbrauch noch einmal senken kann. Wir fuhren hierbei ohne besonders auf den Verbrauch zu achten, sodass auch einige kurze Zwischensprints in den Verbrauch mit eingingen. Die Herstellerangabe von kombiniert 3,6 Litern auf 100 km erreichten wir so zwar nicht, ein Verbrauch von 4,0 Litern liegt aber bei einem angepassten Fahrstil in Reichweite.
Fazit
Der Honda macht eigentlich einen rundum soliden Eindruck, das Interieur ist gefällig und besonders der Motor sticht hervor. Beim Design der Außenhülle sind die Designer jedoch sehr eigene Wege gegangen und haben besonders am Heck zu Elementen gegriffen, die wohl nicht jedem Autokäufer behagen. Dies ist gleichwohl schade, da der Honda sonst ein wirklich gutes Gesamtbild hätte abgeben können.
Der Civic wird in der von uns getesteten Motorisierung ab einem Preis von 20.450 Euro angeboten. Für diesen Preis gibt es zwar bereits auch einen VW Golf mit ähnlicher Motorisierung, dieser liegt aber bei den Verbrauchswerten und der Serienausstattung deutlich hinter dem Civic.
Der Honda ist außerdem in den Varianten S, Comfort, Sport, Lifestyle und Executive verfügbar, die alle über verschiedene Motorisierungsoptionen und eine jeweils höhere Grundausstattung verfügen. Bei einigen Modellen lässt sich außerdem eine 5-Gang-Automatik wählen.
Auch Autogefühl fuhr dieses Fahrzeug; hier geht es zu ihrem Fahrbericht.
Technische Daten Honda Civic
Hubraum: 1.597 cm3
Max. Leistung: 120 PS
Max. Drehmoment: 300 Nm
Abgasnorm: Euro 5
Kraftstoffart: Diesel
Verbrauch
Innerorts: 4,0 Liter
Außerorts: 3,3 Liter
Kombiniert: 3,6 Liter
Höchstgeschwindigkeit: 207 km/h
Beschleunigung 0-100 km/h: 10,2 s
Bilder: Mikhail Bievetskiy / Canon 1D-X / 24-70 Ver. II
Auch Lars ist der Passion „Automobil“ verfallen und schreibt für NewCarz über neue technische Entwicklungen und Autos.
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