Mit dem VW Touareg R geben die Wolfsburger nun auch mit ihrem größten Derivat das R als Modellzusatz.
Voraussetzung ist dafür immer, dass es sich um die leistungsstärkste Variante des Modells handelt.
Exotisch ist hier allerdings der Fakt, dass sich hier ein Hybridantrieb unter der Haube versteckt. Ein potenter V8? Fehlanzeige – Hier werkelt ein V6 gemeinsam mit einem Elektromotor und letztgenannter Protagonist bedarf einer entsprechenden Batterie, was wiederum mehr Gewicht bedeutet.
Einige Fragezeichen also, die man bei diesem R-Modell vor sich sieht. Dieser Fahrbericht wird zu diesen entsprechende Antworten liefern.
- Das Exterieur
- Der Innenraum
- Motor und Fahreigenschaften
- Verbrauch, Aufladen, Reichweite
- Ausstattung, Komfort, Sicherheit
- Der Preisvergleich
- Fazit
- Pro & Contra
- Technische Daten
Exterieur – Auf der Suche nach den Unterschieden
Unser Testfahrzeug rollte in einem sehr tiefgründigen Lapiz Blue Metallic vor, einer Farbe, die man auch an anderen R-Modellen wie beispielsweise dem aktuellen Golf R sehen kann. Insider können aufgrund dessen gegebenenfalls sogleich Rückschlüsse auf das Modell ziehen.
Denn auf den ersten Blick gibt sich der R gar nicht als solcher zu erkennen. Erst wenn man ihm näherkommt, erspäht man die R-Symbole in dem bei diesem Modell stets in tiefschwarz gehaltenem Frontgrill und in den seitlich verlaufenden Spangen der vorderen Kotflügel sowie an der Heckklappe.
Die Seitenperspektive offenbart 22 Zoll große Räder – das Maximum für dieses SUV und zugegeben, sie passen wie angegossen, wirken nicht mal ansatzweise zu groß. Ein weiteres Erkennungsmerkmal zumindest für den hybridisierten Antrieb ist die zusätzliche Tankklappe auf der linken Seite des hinteren Kotflügels sowie der Hinweis als „eHybrid“-Plakette am Heck.
Da angekommen, sieht der Touareg dann wieder ganz klassisch aus – mit Ausnahme der besagten Modellbezeichnungen. Die Endrohre bleiben glücklicherweise auch hier in das Abgassystem integriert und werden nicht nur als Blenden gezeigt.
Der Innenraum – Alles wie gehabt
Im Interieur des großen VW gibt es den gleichen Luxus, den wir schon aus den Modellen mit V6-Benziner, V6-Diesel und V8-Diesel kennen.
Zusätzlich wurde hier das R auf die Kopfstützen geprägt und am Lenkrad als Intarsie verewigt. Dazu setzen blaue Kontrastnähte die entsprechenden R-Akzente – was wir unter anderem aus dem stärksten Golf kennen.
Auch platztechnisch muss sich hier niemand einschränken – vorn wie hinten gibt es mehr als ausreichend Raum für Entfaltung in XXL und selbst lange Touren zu viert oder gar zu fünft dürfen eher mit Wellness, denn mit Reisestrapazen verglichen werden.
Der Kofferraum büßt in Standardkonfiguration auch nichts von seinem Volumen ein. Allerdings verschwindet der Platz unterhalb des Laderaumbodens nahezu gänzlich, hier gibt es nur noch kleine Ablagefächern. 200 Liter fielen hier insgesamt der Hybridbatterie zum Opfer.
Motor und Fahreigenschaften – Feuer frei, aber ohne R
Als Antrieb werkelt im stärksten Touareg ein cleveres Hybrid-System, welches aus einem 3.0-Liter-V6 – der gleiche Motor wie im Touareg V6 TSI – und einem E-Motor besteht, die in Kooperation eine Systemleistung von 462 PS und 700 Newtonmeter hervorbringen. Damit ist der Touareg das aktuell stärkste Modell der Baureihe und hat das R verdient. Hat er das?
Nun, erst einmal muss der stärkste Touareg dank permanentem Allradantrieb auch hier keine Kompromisse in Sachen Traktion eingehen. Aber: Das Fahrwerk ist überraschend auffallend auf Komfort getrimmt, was in fast allen Lebenslagen deutlich wird. Und genau hier wird’s mit dem Touareg R etwas paradox:
Zwar stellt er die „sportliche“ Speerspitze der Modelle dar, kann dieses R-Versprechen aber in Sachen Sportlichkeit nicht wirklich halten. Das liegt zum einen an ebendieser komfortorientierten Abstimmung und zum anderen am Verzicht auf die Wankstabilisierung und die Vierradlenkung, was wohl unumgänglich war, da der notwendige Platz von dem Hybrid-Akku eingenommen wird. Dazu kommt noch sein höheres Gewicht – immerhin wiegt er rund 160 Kilogramm mehr als der V8 TDI und sogar fast 450 Kilogramm mehr als der V6 TSI.
Keine Frage, wenn man den Touareg R rannimmt, geht die Post ordentlich ab. Doch sobald es in das Metier der schnellen Lastwechsel und kurvigen Gefilde geht – das Hauptaktionsgebiet eines jeden Sportlers, also auch eines R-Modells – erkennt man ebendiese Defizite sehr genau.
Der VW Touareg R neigt sich selbst im aktiven Sportmodus deutlich stärker zum kurvenäußeren Bereich als die anderen Modelle bei gleicher Geschwindigkeit und mit den genannten Fahrwerksgehilfen. Als Resultat ist der Grenzbereich deutlich eher erreicht, bei dem der Bolide sauber über alle Viere der Fliehkraft nachgeben möchte. Die fehlende Allradlenkung lässt beim R auch die sonst wirklich erstaunliche Handlichkeit und Wendigkeit vermissen.
Wechselt man dann noch schnell die Richtung, sind sogar übersteuernde Reaktionen zu provozieren. Alles in allem sind diese aber sehr leicht wieder zu korrigieren und das ESP macht dabei eine recht gute, nicht zu grobmotorische Figur und zügelt das Temperament im Fall der Fälle. Zusammenfassend gesehen, ist dieses Fahrverhalten extrem komfortabel und eine Wonne für ausschweifende Touren oder Fernreisen, doch einem R ist dies nicht wirklich würdig.
Im direkten Vergleich mit dem verblichenen, aber in Gedanken noch sehr präsenten Touareg V8 TDI, gab sich dieser wesentlich souveräner und sparsamer. Zudem waren unter Zuhilfenahme der Wankstabilisierung problemlos hohe Kurvengeschwindigkeiten möglich. Dennoch zeigte sich auch der Selbstzünder eher von seiner komfortablen Seite – so richtig sportlich wollte bisher kein Touareg sein.
Die Bremsen zeigten sich während des Testzeitraums unauffällig. Standfestigkeit und Dosierbarkeit können als tadellos bezeichnet werden. Auch der Wechsel zwischen Bremsen und Rekuperieren geschah weitestgehend unbemerkt.
Verbrauch, Aufladen, Reichweite
Der Verbrauch des VW Touareg R lag im Schnitt bei 8,6 Litern auf 100 Kilometer mit leerem Akku. Bei permanenter Vollgasfahrt über nächtliche freigegebene Autobahnen laufen hier sogar 16,9 Liter durch die sechs Gurgeln des Benzinmotors.
Die Sparrunde durchfuhr der Bolide mit ansehnlichen 5,9 Litern pro 100 Kilometer – ebenfalls mit leerem Akku gefahren. Zum Vergleich sparte der 421 PS starke und 900 Newtonmeter mächtige Turbodiesel im Touareg V8 im Drittelmix einen knappen Liter, auf der Sparrunde einen halben Liter und bei Vollgas über drei Liter gegenüber diesem R ein und war unterm Strich sogar schneller.
Auf der Langstrecke war der Diesel daher besonders sparsam – selbst bei hohen Geschwindigkeiten. Wir trauern an dieser Stelle noch immer dem Achtender hinterher und raten jedem, der so ein Prachtexemplar sein Eigen nennt, diesen auch bis zum Exitus zu fahren.
Beim Aufladen der Akkus mit nutzbaren 14,4 Kilowattstunden muss man mit dem bordeigenen 7,2-kW-Loader gut zweieinhalb Stunden einkalkulieren, bis der Akku wieder gefüllt ist. Eine Schnellladefunktion besitzt der Touareg R leider nicht und man muss sich mit dem Typ-2-Anschluss begnügen. Ein DC-Anschluss wie zum Beispiel CHAdeMO hätte ihm zumindest beim Ladevorgang einen großen Geschwindigkeitsbonus beschert.
Sehr schön ist die Tatsache, dass der Akku auch während der Fahrt mittels Verbrennungsmotor aufgeladen werden kann. Ebenso ist das Reservieren der vorhandenen Akkuladung möglich, um diese zu einem späteren Zeitpunkt zu nutzen.
Unterm Strich – und dies möchten wir betonen – ist der VW Touareg R bei PHEV-freundlicher Umgangsweise – also regelmäßiges Aufladen vorausgesetzt – recht effizient zu bewegen. Das heißt, mit vollem Akku sind auch im Winter locker über 30 Kilometer rein elektrisches Fahren möglich und dieses geht überaus geschmeidig vonstatten. Behutsames Cruisen ermöglichte im Test eine maximale E-Reichweite von 41 Kilometern, sechs weniger als am Start mit vollem Akku prophezeit wurde und elf weniger als die Herstellerangabe verlautet.
Der Kraftstofftank wurde aus Platzgründen von 90 auf 76 Liter reduziert und somit kommt der VW Touareg R bei einmalig vollgeladenem und betanktem Fahrzeug auf rund 920 Kilometer Gesamtreichweite.
Ausstattung, Komfort, Technik
Auch in diesem Kapitel greift der große Wolfsburger auf das ganze Repertoire der Optionen zurück, die wir bereits aus den anderen Versionen kennen. Mehr geht allerdings auch hier und das in großer Bandbreite: Die Optionen sind zahlreich und die Aufpreisliste lang.
Besonders hervorzuheben ist wieder einmal das famose IQ.Light, welches in keinem Test auch nur ansatzweise etwaige Defizite offenbarte – im Gegenteil, es kann immer noch als Benchmark gelten.
Das Keyless Paket für knapp 1.500 Euro empfehlen wir wie auch die Softclose-Funktion für 600 Euro, beides sind sinnvolle Investitionen.
Die Nachtsichtunterstützung kostet satte 1.820 Euro und offeriert neben einem Nachtsichtgerät inklusive farblicher Markierungen der Gefährdungsobjekte auch kleine Gefahrenspots, die bei drohender Kollision mit einem Tier oder Mensch das entsprechende Individuum dreimal kurz anblitzen. Wer nächtliche Fahrten zum festen Bestandteil seiner Vorhaben zählt, sollte hier das Kreuz an entsprechender Stelle der Optionsliste machen.
Auch das Head-up Display ist recht preisintensiv und liegt mit 1.300 Euro im oberen Bereich für diese Assistenzsysteme. Allerdings ist die Informationsdichte auch vorzüglich und selbst bei heftiger Sonneneinstrahlung lassen sich die projizierten Dinge bestens ablesen.
Die ergoComfort Massagesitze für vorne sind auch eine überlegenswerte Option, kosten fast genauso viel wie das Head-up Display und verwöhnen mit diversen Massageprogrammen samt geräuschtechnisch zurückhaltender Sitzbelüftung.
Für jeden Musikliebhaber und akustischen Gourmet sollte auf jeden Fall das Soundsystem aus dem Hause Dynaudio mit an Bord des Touareg R gehören, das zwar nicht gänzlich im High-End-Bereich mitspielt, aber ein massives Update zur Standard-Anlage darstellt und mit rund 1.600 Euro dabei auch preislich fair bleibt.
Der Preis des VW Touareg R
Mit knapp 91.000 Euro Grundpreis seit diesem Modelljahr verfügt der R bereits über eine sehr umfangreiche Serienausstattung, die sich jedoch nach Belieben erweitern lässt. Unser sehr gut ausgestatteter Testwagen kostete im letzten Jahr noch ab 86.850 Euro und brachte es inklusive Sonderausstattung auf rund 112.000 Euro.
Ein heutiges R-Modell ist voll ausgestattet für rund 110.000 Euro zu haben, ohne Zubehör und Garantieerweiterungen.
Fazit – Der stärkste Touareg ohne R-Affinität
Der VW Touareg R erwies sich im Test als bärenstarker und zugleich sanfter Riese mit grünen Charakterzügen. Richtig behandelt, kann man mit dem Hybriden in puncto Verbrauch reichlich sparen und im elektrifizierten Pendlerbetrieb bleibt das Benzin wohl recht lange im Tank erhalten.
Auf der Langstrecke verflüchtigt sich dieser Vorteil aber recht schnell und der Hybrid konsumiert signifikant mehr als der reine Verbrenner mit TSI-Antrieb und nochmals mehr als die Selbstzünder-Versionen. Hinzu kommt, dass er dem sportlichen Anspruch eines echten „R“ schlicht und einfach nicht gerecht wird.
Dazu fehlen ihm viele der sportlichen Eigenschaften, die andere Touaregs dank entsprechender Technologien und dem Gewichtsvorteil der ohnehin dickbackigen SUVs vorweisen können – und das ohne R als Modellzusatz.
Wer sich an diesen Tatsachen nicht stört und die zweifellos hinreißende Optik betörend findet sowie den PHEV als solchen behandelt, dürfte mit dem R seinen idealen Begleiter gefunden haben. Wer die über 460 PS Systemleistung nicht zwingend benötigt, bekommt den Toaureg auch als leistungstechnisch „kleineren“ eHybrid mit gleichen Komponenten. Dieser ist aufgrund seines geringeren Preises dann sogar förderfähig.
Ob sich jemand, der in der 100.000-Euro-Klasse nach einem fahrbaren Untersatz sucht, auch mit weniger unter der Haube zufrieden gibt, darf sicherlich in Frage gestellt werden.
Kamera: Canon EOS 5D Mark III
Pro und Contra
Pro:
- überaus komfortables Fahrverhalten
- sehr kräftiger Antrieb
- opulente Platzverhältnisse
- hervorragend funktionierende Assistenzsysteme
Contra:
Technische Daten: VW Touareg R eHybrid
- Farbe: Lapiz Blue Metallic
- Länge x Breite x Höhe (m): 4,88 x 1,98 (2,19 mit Außenspiegeln) x 172
- Radstand (mm): 2.904
- Antrieb: V6 Bi-Turbo-Ottomotor plus Elektromotor
- Hybridart: Plug-in Hybrid
- Systemleistung: 340 kW (462 PS) bei 5.300 rpm
- max. Drehmoment (Nm): 700 bei 1.340 rpm
- Hubraum: 2.995 ccm
- Getriebe: 8-Gang-Automatik
- Antriebsart: Allrad permanent (4Motion)
- Durchschnittsverbrauch (WLTP): 2,1 l/100 km
- Durchschnittsverbrauch (NewCarz): 8,6 l/100 km (mit leerem Akku)
- CO2-Emissionen (Werksangabe): 49 g/km
- Abgasnorm: Euro 6d-ISC-FCM
- Höchstgeschwindigkeit: 250 km/h
- Höchstgeschwindigkeit elektrisch: 130 km/h
- Beschleunigung von 0 auf 100 km/h (sec): 5,1
- max. Bodenfreiheit (mm): k.A.
- Wendekreis (m): 12,2
- Hybrid-Akku: Lithium-Ionen
- Hybrid-Akkukapazität brutto/netto (kWh): 17,9/14,3
- Ladeanschluss: Typ 2 einphasig/zweiphasig; 3,6 kW/7,2 kW
- Ladezeiten AC Schuko/AC 3,6 kW/AC 7,2 kW (min): 510/310/150
- max. Reichweite elektrisch Werksangabe/gemessen (km): 52/41
- Kofferraumvolumen (l): 665 bis 1.675
- Leergewicht (kg): 2.468
- Zuladung (kg): 552
- Anhängelast ungebremst/gebremst (kg): 750/3.500
- max. Stützlast (kg): 140
- max. Dachlast (kg): 75
- Tankinhalt (l): 76
- Kraftstoffart: Benzin E5/E10 mind. 95 Oktan
- Neupreis des Testwagens: 112.041 Euro (Basispreis R: 90.995 Euro)
Unser Chefredakteur erstellt seit 2015 schwerpunktmäßig Fahrberichte und testet alle Fahrzeuge akribisch – mit Liebe zum Detail – auf Herz und Nieren. Dabei entgeht ihm nichts. Seine Objektivität bewahrt er dabei kompromisslos. Robertos Spezialgebiete sind neben SUVs und Kombis die alternativen Antriebskonzepte. Sein Herz schlägt aber auch gern im V8-Takt.