Renault Twingo Test – Wer bin ich?

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Heckmotor und Heckantrieb? Das klingt verdächtig nach dem Klassiker Porsche 911. Doch diese Kombination sitzt neuerdings in einem Kleinwagen, von dem man so etwas nicht erwartet hätte: dem neuen Renault Twingo. Jedoch ist die neue Generation kein reinrassiger Franzose, sondern – ganz modern – ein Patchwork-Objekt: Die Franzosen kooperieren mit Mercedes-Benz, besser gesagt mit Smart, und teilen sich die Plattform mit dem Stuttgarter City-Floh. Doch wieviel französischer Charme bleibt erhalten?

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Design – Ja Kugelblitz!

Knuffig und knuddelig war sie, die erste Generation des Twingo. Damit fand sie bevorzugt bei der weiblichen Klientel Zuspruch und zwar nicht zu knapp: In langen vierzehn Jahren Bauzeit verkaufte sich der kleine Franzose über 2,4 Millionen Mal. An diesen Erfolg konnte die zweite Generation mit über 800.000 Einheiten nicht anknüpfen, was wohl auch an seinem Design lag, das gewöhnlicher und beliebiger geworden war. Generation Nummer drei möchte damit aufräumen und zeigt sich wieder etwas eigenständiger – wobei Parallelen zum Fiat 500 nicht zu leugnen sind. Er springt auf den Trend stylischer und reduzierter Kleinwagen auf, die gegen Aufpreis individualisierbar sind.

So verfügte unser Testwagen über eine sportliche Beklebung mit dynamischen Streifen, gefälligen Alufelgen und weiteren farblichen Designelementen. Besonders an der Front fällt die zweifarbige Kühlergrillspange in schwarz und rot auf, die einen gelungenen Kontrast zum unschuldigen Weiß des Viertürers gibt. Moment: Vier Türen? Ja, die neue Generation kommt ausschließlich mit dieser Anzahl an Pforten – vorbei die Zeiten des unbequemen Zustiegs in den Fond. Ansonsten gestaltet sich der Vorderwagen als Mix aus alle Twingo-Generationen: Die Scheinwerfer zeigen sich abgerundet und schließen besonders mit ihrem runden Innenleben den Kreis zum Ursprungsmodell. Gleichzeitig sind sie nach innen aber etwas ausgeschnitten und geben dem kreisförmigen LED-Tagfahrlicht damit Raum – eine Hommage an den direkten Vorgänger also.

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Seitlich spricht die Formensprache sehr für den bereits genannten italienischen Konkurrenten, gerade mit dem schräg verlaufenden Heck. Doch dies soll Erinnerungen an den beliebten Renault R5 wecken, der schließlich auch ein französischer Klassiker ist. Ansonsten zeigt sich diese Ansicht recht modern: Einem hohen Aufbau folgt eine ebenso hohe Gürtellinie, an deren hinterem Ende sich – geschickt versteckt – die Türgriffe für die Fondtüren verbergen. Attraktiv füllen die 16-Zoll-Alu-Räder die Radkästen, die mit ihrer Kunststoffbeplankung wiederum etwas an einen englischen Kleinwagenklassiker erinnern. Zurück zum Räderwerk: Unser Testwagen verfügte über 215er Hinterräder und 185 Vorderreifen – eine Mischbereifung also. Diese Konstellation ist man bislang nur von ausgewachsenen Sportwagen gewohnt, was vielleicht ein Indiz auf das Fahrverhalten des Neulings sein könnte.

Doch zuvor kommen wir zum Heck: Durch einen leichten Hüftschwung, in den die Rückleuchten integriert sind, wirkt der Twingo 3 richtig stämmig. Hervorgehoben wird dieser knackig-sportive Look durch den kleinen Dachspoiler und den angedeuteten Diffusor. Auch der Auftritt der Zweifarbigkeit – weiß und schwarz – kommt dem zu Gute. Die Heckklappe besteht schließlich ausschließlich aus getöntem Glas und kommt ohne Öffner aus. Dieser verbirgt sich in der Kennzeichenmulde versteckt, sodass man sich zum Öffnen bücken muss – nicht der Weisheit letzter Schluss. Doch diese Lösung ist immer noch besser, als die Heckklappe unpraktischerweise mit dem Zündschlüssel öffnen zu müssen, wie es bei so manchen Konkurrenten der Fall ist. Auffällig an der Heckansicht sind außerdem die Lufteinlässe: Bei jedem anderen Kleinwagen wären sie nur ein Design-Gag, doch beim Twingo mit Heckmotor erfüllen sie ihren Zweck.

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Innenraum – Au revoir Tristesse

Als richtiges Raumwunder kann Generation drei nicht mehr mithalten. Eine verschiebbare Rückbank, die die Wahl lässt, ob die hinteren Passagiere viel Platz haben oder der Laderaum wächst, ist passé. Zwar lassen sich die Rücksitze im Verhältnis von 50:50 umklappen, aber das war es dann auch schon mit der Variabilität. Grund dafür ist letztlich der Einbau des Motors im Heck, da somit der Kofferraum anderweitig ausgenutzt wird. Immerhin ergibt sich eine vollkommen ebene Ladefläche, sobald man die Rücksitzlehnen umgelegt hat. Interessant auch, dass sich der Beifahrersitz nach vorn klappen lässt und so eine sehr lange Fläche frei gibt, um beispielsweise sein Surfbrett zu transportieren – oder was der urbane Pilot des Twingo sonst zu transportieren vermag.

Auch die Platzverhältnisse im Fond werden denen eines Kleinstwagens gerecht, da Erwachsene hier zwar auf kurzen Strecken, jedoch nicht auf Dauer bequem sitzen. Richtig gemütlich wird es erst in Reihe eins: Nicht nur die routinierte Verarbeitung gefällt, auch die optische Gestaltung schmeichelt dem Auge. Speziell mit dem großen Navigationsdisplay ergibt sich ein gewohnt aufgeräumter Look, der von frisch-frechen Farbakzenten aufgelockert wird. Hier entsteht nicht das Gefühl im automobilen Unterhaus unterwegs zu sein, wie man es für ein preisgünstiges Auto erwarten würde. Schließlich verfügt der neue Twingo immerhin über vier Luftausströmer, was neuerdings ein wahrer Luxus zu sein scheint, wenn man in das Konkurrenz-Umfeld blickt.

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Wofür ist ein Twingo immer bekannt gewesen? Genau! Für seine charmanten, nicht eben alltäglichen Lösungen und Details. Das soll auch in aktuellen Modell nicht anders sein und so ließen sich die Designer etwas Besonderes einfallen. Optional lässt sich der Kleinwagen mit Shoppingtüten ausrüsten, die genau auf die Ablagen im Interieur angepasst sind. Beispielsweise kann man das Handschuhfach mit einer Art Tasche bestücken, die transportabel und dabei recht ansehnlich ist. Legt man sie wieder zurück an Ort und Stelle, nimmt sie ihre ursprüngliche Funktion ein.

Was fällt ansonsten auf? Die Instrumentierung ist gewohnt sparsam, aber übersichtlich. Das Tachometer wanderte von der Interieur-Mitte hinter das Lenkrad und verzichtet auf einen Drehzahlmesser. Dort positioniert glänzt es zusammen mit dem Bordcomputer mit einer guten Ablesbarkeit. Überhaupt gefällt die gesamte Bedienung auf ganzer Linie: Alles liegt am rechten Fleck und gibt – abgesehen vom umständlichen Tempomaten – keine Rätsel auf. Selbst die Steuerung des Infotainments geht leicht von der Hand.

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Bleibt nur noch die Frage, wie es sich vorne sitzen lässt. Diese Frage lässt sich schnell klären: Für ein Fahrzeug dieses Formats gibt sich der neue Twingo durchaus erwachsen. Die Sitze sind straff gepolstert, geben zwar nicht den besten Seitenhalt, sind dafür aber bequem. Und wer einmal auf den Serien-Sitzen des Vorgängers Platz genommen hat, wird sich über mangelnden Seitenhalt im neuen Gestühl sicher nicht beklagen. Hinzu kommt, dass man auf den beiden vorderen Fauteuils genug Platz hat, um auch längere Strecken hinter sich zu bringen. Die passende Einstellung ist schnell gefunden, sodass die Spritztour auch schon losgehen kann.

Fahrgefühl –  Wie ein Hase auf der Flucht

Ein kurzer Dreh am Zündschlüssel und der gerade einmal 0,9 Liter Hubraum fassende Dreizylinder erwacht zum Leben. Dabei knurrt er sogar etwas sportiv und angenehm, sodass man in freudiger Erwartung auf das Gaspedal steigt und wartet, was dieses Aggregat noch bereithält. 90 Pferdestärken beispielsweise. Zwar lässt die angegebene Höchstgeschwindigkeit von 165 km/h nicht gerade Freudensprünge aufkommen, doch die gebotene Leistung sorgt tatsächlich für viel Fahrspaß. Zügig sprintet der kleine Franzose voran und kann mehr als nur mitschwimmen, sodass manch größerer Verkehrsteilnehmer verdutzt guckt. Der Turbolader pfeift leise, sein Druck steht früh an, ein Leistungsloch fehlt fast gänzlich und so vergehen lediglich 10,3 Sekunden bis Landstraßentempo erreicht ist – très bien!

Auch besagtes Terrain liegt dem Renault Twingo: Zwar geizt die Lenkung mit Rückstellkräften und Feedback, dafür kann man enorm entspannt und ohne viel Kraftaufwand jeglichen Kurvenradius nachziehen. Grund dafür ist der enorm kleine Wendekreis von gerade einmal 8,6 Metern. Der Clou: Die Vorderräder schlagen im 45°-Winkel ein, anstatt der sonst üblichen 30°. Beeindruckend quirlig und flott flitzt man so durch die City und zwischen all den Transportern und SUV hindurch, sodass es fast so wirkt, als schlüge der neue Twingo Haken.

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Ganz so hoppelig, wie ein Hase ist das Fahrwerk aber glücklicherweise nicht. Die Konstrukteure haben sich auf die französische Tugend des Komforts besonnen und auf eine überstraffe Auslegung verzichtet. Kanaldeckel, kurze, wie auch lange Wellen werden passabel geschluckt, ohne das Fahrwerk jedoch unterdämpft wirken zu lassen. Natürlich ist der kurze Radstand nicht die beste Grundvoraussetzung für hohen Langstreckenkomfort, doch Renaults Fachmänner haben ihre Hausaufgaben gut gemacht.

So ist dem Kleinwagen selbst große Seitenneigung fremd, wenngleich die Seitenwind-Empfindlichkeit etwas erhöht ist. Dennoch – und gerade – wirkt das Fahrverhalten recht sportlich: Ein Verdienst der Motor-Positionierung. Grip ist jederzeit gegeben, sodass man gut aus den Starlöchern kommt. Das Fahrzeug wirkt dabei, trotz seiner recht hochbauenden Karosserie, sehr stabil und wird im Zweifelsfall sicher vom serienmäßigen ESP aufgefangen.

Fazit – Langeweile? Keine Spur

Twingo Nummer eins war ein kleiner Herzensbrecher, der mit seinen Kulleraugen und vielen innovativen Ideen seine Fans gewinnen konnte. Nachdem die zweite Generation den Charme, vorwiegend vor dem Facelift, etwas zugunsten eines erwachsenen Gefühls vernachlässigte, holt dies die neue Genration in vollen Zügen nach. Individualisierbar, knuffig, und innovativ kommt der Twingo 3 auf den Markt.

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Wir sind uns sicher, dass er seine Fans finden wird und die urbanen Gebiete im Nu erobert. Schließlich erfreuen sich lifestylige Kleinwagen – und zu dieser Kategorie darf sich der kleine Franzose durchaus zählen – immer größerer Beliebtheit. Und sollte man einmal den Weg aus der Stadt heraus finden, so stellt das kleine, aber spritzige 90 PS-Aggragat genügend Fahrspaß bereit.

Bilder: NewCarz

Fahrzeugschein: Renault Twingo TCe 90

Länge x Breite x Höhe: 3,60 x 1,65 x 1,56 Meter

Radstand: 2,49 Meter

Motor: Dreizylinder-Turbo-Benziner

Hubraum: 898 ccm

Leistung: 66 kW / 90 PS bei 5500 U/min

Max. Drehmoment: 135 Nm bei 2500 U/min

Höchstgeschwindigkeit: 165 km/h

Beschleunigung 0 auf 100 km/h: 10,8 Sekunden

Normverbrauch: 4,3 Liter

CO2-Emissionen: 99 g/km

Schadstoffnorm: Euro 6

Leergewicht: 1018 Kilogramm

Zuladung: 364 Kilogramm

Kofferraumvolumen: 219 – 980 Liter

Wendekreis: 8,6 Meter

Preis: 13.590 Euro

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