Nissan GT Test –R – Eiskalter SkiDoo mit 550 Pferden

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Es gibt weltweit nur vier Handwerksmeister – sogenannte Takumi – welche den Motor des Nissan GT-R von Hand montieren dürfen. Resultat ist ein zuverlässiger, extrem potenter Motor, der in einem auf Racing ausgelegten Fahrzeug für extrem sportliche Fahrleistungen sorgt.

Der GT-R sorgt seit seiner Markteinführung regelmäßig für Aufregung und Respekt unter seinen Konkurrenten. Beschleunigungs- und Performancewerte auf höchster Ebene bescheinigen dem GT-R von Anfang an die Mitgliedschaft in der High-End Liga der Supersportler dieser Welt. Aber kann er auch anders?

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Schicki Micki – Schnell noch ein Vorzeigefoto bevor es ins Schneetreiben geht.

Artgerechte Haltung? – Nicht mit uns.

Da es mittlerweile unzählige dieser Performance- und Leistungstests gibt, haben wir den GT-R einmal auf ein ganz anderes Terrain entführt – nämlich in den Hochwinter, mit all seinen Tücken und entsprechenden Fahrbahnen und Streckenverhältnissen. Ein diesmal etwas anderer Fahrbericht soll klären, wie der Bolide aus Yokohama mit diesen störrischen, völlig artfremden Gegebenheiten zurechtkommt, oder auch nicht.

Exterieur – Kantiger Bursche mit Protz-Allür

Zunächst wollen wir aber einen bewährten Blick auf die äußeren und inneren Werte des Nissan GT-R – in unserem Testwagen-Fall – in Sunset Red Perleffekt werfen.

Das 2+2 Coupé wirkt bei Erstkontakt respekteinflößend. Wer den GT-R nur von Bildern kennt, ist über dessen reelle Größe durchaus erstaunt. Er ist ‚in echt‘ größer als man erwartet.

Von vorn wirkt er doch recht zahm. Die LED-Scheinwerfer hinter fünfeckiger Verglasung sorgen im Zusammenspiel mit dem zweigeteilten Grill und den kleinen Tagfahrlicht-Streifen für einen schon sportlichen, aber noch recht zurückhaltenden Eindruck. Wechselt man die Perspektive ein klein wenig und beschaut sich das Coupé von schräg vorn an, sieht das schon ganz anders aus. Erst jetzt kommen die breiten Radhäuser deutlich zur Geltung und die gesamte Linienführung ähnelt einer gut trainierten Muskulatur.

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Japan trifft Gotik – der GT-R auf 500 Jahre altem Pflaster.

Die geduckte Haltung bei seitlicher Betrachtung verdankt der GT-R seiner markanten Coupé-Linie mit stark abfallendem Dach. Damit zeigt er sich kräftig, betont potent, lässt aber ein wenig an Eleganz vermissen.

Umso mehr zeigt er mit seinem Heck seine schier unbändige Kraft in Form von vier Endrohren, in denen bequem ein Marder seine Behausung einrichten könnte. Die runden Heckleuchten schauen ein bisschen Retro aus, stehen dem GT-R aber sehr gut und erinnern ganz entfernt an einen italienischen Sportwagen. Der im Verhältnis zu den Endrohren nicht zu exzessiv dimensionierte Heckspoiler sorgt für ein stimmiges, kraftstrotzendes Heckdesign. Ein Eyecatcher ist auch der Heckdiffusor aus Carbon, der mittig die Nebelschlussleuchte trägt.

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I’ve got the Power – das Heck strotzt nur so vor Testosteron.

Zur groß angelegten Suchaktion gestaltet sich die Suche nach dem Öffner für das Gepäckabteil. In der Redaktion war man nach dem Erstkontakt zunächst der Meinung, dass es nur eine Fernentrieglung aus dem Innenraum oder per Fernbedienung gibt. Erst eine genauere Inspektion des Hecks führte zur Entdeckung des Verstecks – genau zwischen den Kennzeichenleuchten liegt der Taster und sorgt dort für garantiert verschmutzte Finger beim Öffnen der Heckklappe.

Interieur – 2 + 2 = 2

Wer den Innenraum entern möchte, muss sich zunächst einmal die Finger an den hakeligen Türgriffen verbiegen. Hier hat das Design vor Funktionalität gewonnen.

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Keine Überraschungen – Sauber verarbeitet mit vielen Schaltern und Tasten.

Der Innenraum empfängt mit gut konturierten Sportsitzen, bei denen fluffiges Velour auf den Sitzflächen von weichem Leder umsäumt wird. Es gibt erstaunlich viel Sitzkomfort, die Sitzflanken könnten allerding etwas mehr Kontur zeigen.

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Let the Bass kick – Die beiden Tieftöner nutzen den Kofferraum als Resonanzkörper.

Ein Blick nach hinten und sofort wird klar, dass die hinteren Sitze allenfalls als Gepäckablage oder die Unterbringung von Kindersitzen taugen. Erwachsene sollten nicht einmal dran denken in der zweiten Sitzreihe Platz zu finden. Wenn auf den Vordersitzen Personen mit einer Größe ab 1,80 Meter Platz nehmen, verläuft die Beinfreiheit im Fond gegen Null. Also bleiben von 2+2 Sitzen am Ende nur zwei vollumfassend nutzbare Plätze.

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Fremdkörper – Das Lenkrad passt nicht zu so einem Supersportwagen.

Das Lederlenkrad mit seinen fest stehenden Schaltwippen ist unserer Meinung nach ein Tick zu groß geraten und sieht nicht so sportlich aus, wie man es erwartet. Warum ist es nicht unten abgeflacht und etwas dicker bei kleinerem Durchmesser? Das würde man sich bei einem Sportwagen mit über 500 PS einfach wünschen. Dennoch liegt es ganz gut in den Händen. Die Multifunktionstasten verlangen aber – genau wie die vielen Tasten und Schalter auf der Mittelkonsole – einer ersten näheren Betrachtung, um die jeweilige Funktionsweise zu erfahren.

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Verzahnt – Klare Instrumente mit Carbonhintergrund im Zahnrad-Design.

Die Cockpitinstrumente mit den Zifferblättern aus Carbon vermitteln Racing-Look und informieren den Piloten über die trivialen Dinge wie Drehzahl, Speed, Fahrstufe, Tankinhalt und Kühlmitteltemperatur. Dabei wurden die einzelnen Instrumente so angeordnet, dass sie wie Zahnräder ineinander zu greifen scheinen.

Das Multifunktionsdisplay im Drehzahlmesser informiert über diverse Parameter. Die Einstellung desselbigen erfolgt – völlig unerwartet – mittels Tasten rechts neben der Instrumenten-Einheit. Diese sind jedoch aus Fahrerperspektive durch den Lenkradkranz verdeckt. Daher sucht man die Einstellungsmöglichkeit zunächst vergebens – und aus Gewohnheit – an den Blinker- und Wischerhebeln.

Der 7-Zoll Touchscreen sitzt gut ablesbar mittig im Armaturenträger. Die Mittelkonsole verläuft breit, aber nicht wuchtig mit diversen Carbon-Einlagen und beherbergt links neben dem mechanischen Handbremshebel den knallroten Startknopf für das Erwachen der 550 Pferde.

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Schlüssellochblick – die breiten C-Säulen rauben die Sicht.

Die Rundumsicht ist bei einem Coupé erwartungsgemäß besonders nach hinten eingeschränkt, was die im Testwagen verfügbare Rückfahrkamera aber wieder wettmacht. Leider verschmutzt diese bei schlechtem Wetter schnell sehr stark, wodurch die Sicht gegen null tendiert. Überhaupt wären zusätzliche Parksensoren hinten und auch vorn wünschenswert. Zumindest kann man diese als optionale Ausstattung ordern. Die Sicht aus der ziemlich flach ausfallenden Frontscheibe wird mitunter vom großen Innenspiegel, plus der nicht transparenten Einheit um diesen herum, stark beeinträchtigt.

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Mehr als erwartet – Laderaum fast so groß wie bei einem Golf.

Der Kofferraum besitzt mit 315 Litern Fassungsvermögen mehr Platz als erwartet. Die hohe Ladekante verbietet allerdings den Transport schwerer Güter – es sei denn, der Besitzer ist mindestens Vizelandesmeister im Gewichtheben. Doch mal ehrlich, wer will bei einem 550 PS-Boliden wissen, was in den Kofferraum passt?

Motor und Fahreindrücke – Power, noch mehr Power – GT-R

Jeder Motor trägt die Plakette mit dem Namen des jeweilig verantwortlichen Takumi. Tetsushi Matsumoto ist der Name des Handwerksmeisters von gerade einmal weltweit vier dieser Ingenieure, der den V6 mit den beiden dickbackigen Turboladern in Handarbeit zusammengefügt hat. Sein Namensschild plakatiert an der Triebwerksfront und garantiert das alles nach höchstem Qualitätsstandard und unter genauester Kontrolle passierte.

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Monsterkäfig – Der V6 wird durch 2 Lader kräftig unter Druck gesetzt.

Der Startknopf erweckt den V6 mit sonorem Brummen, welches aber zurückhaltender als erwartet ausfällt. Beim Einlegen einer Fahrstufe gibt der Getriebestrang beunruhigende, rasselnde und scheppernde Geräusche von sich. Man hat den Eindruck, dass man innerhalb der nächsten Augenblicke einen ganzen Sack Schrauben verlieren könnte.

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Signatur – Das Namensschild des motorverantwortlichen Ingenieurs.

Nach einigen Sekunden beruhigt sich die Geräuschkulisse aber wieder. Ab und an kommt auch ein Knarzen und Stöhnen aus dem Antriebsstrang, der irgendwie ungesund klingt. Aber anscheinend ist das alles normal und zeigt laut Nissan, dass der GT-R eine Fahrmaschine ist. Nun ja, ein Nobeltaxi mit Couch-Gefühlen haben wir auch nicht wirklich erwartet.

Mit 550 PS und 632 Newtonmetern ist der Sechsender wahrlich kein schwachbrüstiger Geselle. Das Triebwerk mit Magnesiumgehäuse verträgt nur Super plus – idealerweise mit 100 Oktan. 98 Oktan gehen als ‚gerade noch so‘ durch, allerdings mit leichtem Leistungsverlust – laut Herstelleraussage. Wir vermuten das man diesen Verlust – wenn überhaupt – nur in den Rundenzeiten auf einer Rennstrecke bemerkt.

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550 Pferde auf Knopfdruck.

Vom 100-Oktan Cocktail genehmigte sich unser Testwagen auf unserer Testfahrt im Schnitt um die 16 Liter. Das ist viel, doch 550 PS sind auch viel. Um die laut Herstellerangabe elf Liter zu erreichen, muss man sich zunächst die Fußsohle des Gasfußes wundschmirgeln und dann das Gaspedal mit Reißzwecken ausstatten, die zusätzlich unter Strom stehen. Nur mit der dadurch gesicherten Behutsamkeit im Umgang mit dem Gaspedal, sind diese Werte zu schaffen. Das ist natürlich nicht realistisch. Und wenn man sich ein Auto für knapp hundert Riesen kauft, dann spielen die paar Liter mehr wohl eine eher untergeordnete Rolle, oder?

Nach einer ungefähr 20 Kilometer dauernden Aufwärmung, geben wir ein paar kurze Gasstöße im Stand – klar vernehmlich ist der Sound des Motors, aber zurückhaltend.

Schluss mit Lustig. Alle Wahlmodi auf ‚R‘, Schalthebel auf M – Finger an die Schaltwippen, runter von der Bremse und Vollgas – Hoppla! Das geht verdammt schnell, kein Wimpernschlag vergeht und ein rotes Licht im Drehzahlmesser verlangt nach sofortigem Gangwechsel. Zack! Schon wieder die rote Leuchte – Zack! Dritte Stufe – ein Blick auf den Tacho lässt den Fuß schreckhaft vom Gaspedal lupfen. 160 km/h? Das war doch alles in nur einem Augenblick abgelaufen? Beeindruckend.

Der Nissan GT-R schiebt mit einer Vehemenz an, dass man schnell, sehr schnell in eine Art Geschwindigkeitsrausch verfällt. Und es macht enorm Spaß. Der Motor wird ab 5.500 Touren infernal in seinem Sound und bellt martialische Klänge in die Gehörgänge der Insassen.

Genial klingt das im R-Modus besonders zackige Runterschalten – jedes Mal mit einem kräftigen Schub Zwischengas begleitet – um die Drehzahlen oberhalb der Viertausender zu halten. Infernal. Verantwortlich für das Anpassen der Motordrehzahlen per Zwischengas ist das DRM-System.

Die angegebene Beschleunigung von 2,7 Sekunden von Null auf 100 km/h wurde nach unserem Wissen bislang in noch keinem Test geschafft. Wir haben es gar nicht erst probiert. Die Witterungsverhältnisse in Verbindung mit Winterbereifung machten jedwede Chance dies zu erreichen von vornherein zunichte. Und wenn beim Beschleunigungsprozess selbst bei Geschwindigkeiten jenseits der 130 km/h die Leuchte für die Antischlupfregelung aufleuchtet, zeugt das allein genug vom Potential des GT-R.

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Platzangst – Beinfreiheit im Fond gleich null, wenn man vorn mit 1,80 und mehr sitzt.

Die Schaltwechsel absolviert das dank Transaxle-Bauweise an der Hinterachse geflanschte Doppelkupplungsgetriebe ultraschnell, jeweils mit einem metallisch klingenden Klacken. Ganz klar, dieser GT-R ist auf Leistung getrimmt.

Und diese liegt in jeder Situation in üppigem Maße vor. Der 7-Zoll Screen informiert zudem über ein umfangreiches Repertoire an Parametern des Fahrzeugs – in Echtzeit. G-Kräfte, ob negativ oder positiv, Kraftverteilung, Turboladerdruck, Getriebeöltemperatur und viele andere Dinge lassen sich aufrufen. So viele Informationen, dass sie einen fast schon wieder ablenken.

Need-for-Speed Atmosphäre vom feinsten. Oder eben TMI – too much informations.

Fahrwerkstechnisch zeigt sich der GT-R von einer stramm-straffen Art, die jedoch immer ein Quantum Komfort beinhaltet. In Komfortstellung noch ein bisschen mehr, im R-Modus etwas weniger. In keinem Fall aber ist das Coupé die zunächst erwartete knochenharte Fahrmaschine in Go-Kart-Manier.

Unabhängig davon glänzt das Auto durch einen fast tresorsicheren Geradeauslauf, der sich offenbar durch nichts aus der Ruhe bringen lässt.

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Der spezielle Allradantrieb trägt den Namen ATTESA ET-S. Das bedeutet, bitte festhalten: ‘Advanced Total Traction Engineering System for All – Electronic Torque Split’. Dieses Konzept leitet normalerweise 100 Prozent der Antriebsenergie an die Hinterachse. Erst wenn dort Schlupf entsteht, verteilt das System bis zu 50 Prozent auch an die Vorderachse. Das vermeidet vor allem bei Beschleunigungsorgien Verspannungen und Belastungen im Antriebstrang, wie es bei herkömmlichen permanenten Allradantriebskonzepten vorkommt.

Die Lenkung ist direkt und teppichmesserscharf. Der Grenzbereich ist sehr hoch und man kann sich an diesen nuancenweise herantasten. Der GT-R bleibt dabei gutmütig und lässt sich jederzeit hervorragend manövrieren. Kleine Fahrfehler entschuldet das Coupé großzügig und zeichnet sich somit durch ein hohes Maß an Sicherheit aus.

Die Sechskolben Bremssättel von Brembo packen kraftvoll in riesige Bremsscheiben – vorn mit 390 mm Durchmesser – und halten, was sie bereits optisch versprechen. Die Verzögerungswerte sind atemberaubend.

Doch kommen wir zum eigentlichen Testzweck.

Wintereinsatz – Wer hat Angst vorm bösen Frost?

Um die entsprechenden Bedingungen zu haben, mussten wir mit dem Nissan GT-R einige Höhenmeter überwinden. Und der Weg hat sich gelohnt. Eine geschlossene Schneedecke mit teils darunterliegendem Eis, Windstärke sechs, Dauerschneefall und Außentemperaturen um die minus 3 Grad bildeten das bestmögliche Testszenario für unseren Wintereinsatz.

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Es beginnt. Der GT-R auf nicht artgerechtem Gebiet.

Der erste Fahreindruck über verschneite Piste lieferte uns bereits ein großes Stück Überzeugungsarbeit. Der heckbetonte Allradantrieb des GT-R krallt sich souverän in den Schnee, viel besser als gedacht. Die Bärenkräfte des V6 lassen sich punktgenau dosieren, sodass es keinerlei Überraschungen gibt. Nur wenn man will, lassen sich alle Viere durchdrehen – unter optischer Begleitung von der blinkenden Kontrollleuchte für das ASR. Das haben wir alles ganz anders erwartet.

Aufgrund der hohen Leistung gingen wir von einem notwendigen Sensitivierungs-Kurs für den Gaspedalfuß aus. Aber nichts da. Von Sanftmütig bis tollwütig, ist jede denkbare Bedienart im Schnee realisierbar. Am Schönsten ist eine irgendwo dazwischen. Oder nein, eigentlich jede Art ist die Schönste. Klingt ein wenig paradox, ist aber in der Tat so. Man möchte – nein, man muss einfach – jede Fahreigenschaft des Boliden ausprobieren und wird stets mit einem Platzregen aus Endorphinen belohnt.

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Sorgenfrei – Der Nissan bewegt sich fast spielerisch im Schnee.

Die Heckbetonung ermöglicht kinderleichtes Driften und das Coupé schaufelt freudig und in hohem Bogen den Schnee über die Hinterräder. Das generiert Fahrspaß per excellence. Das ESP regelt erfreulich spät, behält aber die Zügel auf dezente Art und Weise in der Hand – man spürt es nur, wenn man es wirklich übertreibt.

Schaltet man das ESP aus, muss man sich vollends auf sein fahrerisches Können verlassen. Wir empfehlen, das ESP niemals zu deaktivieren. Denn das ESP lässt sehr viel Spielraum, selbst leichte Drifts sind kein Problem. Vor allem im R-Modus hält sich das ESP – bei Nissan heißt dies VDC – sehr stark zurück.

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Gripmonster – Vor verschneiten Steigungen muss man sich mit dem GT-R nicht fürchten.

Griptechnisch anders sieht es dagegen bei negativer Beschleunigung – sprich beim Bremsen – aus. Hier reguliert das ABS viel schneller als gedacht. Das hohe Gewicht des Coupé macht sich spätestens hier bemerkbar. Kinetische Energie lässt Haft- in die Gleitreibung übergehen – die Physik ist nicht zu überlisten.

Dieses Phänomen setzt sich auch in schnell gefahrene Kurven fort. Durch sein Gewicht drängt es den GT-R aus der Kurve. Leichtes Gas geben führt das Coupé – dank Allradantrieb – zurück auf den tugendhaften Weg. Nur wenn der Schwung zu groß ist und der Ausritt abrupter, hilft nur das Gaswegnehmen und ausrollen – und hoffen das genügend Platz bleibt – bis sich das Auto wieder fängt.

Mittagspause – es schneit sehr stark. Nach zwei Stunden Stillstand war unser Testwagen vollkommen eingeschneit und vereist. Ein guter Zeitpunkt um das Defrosten der Scheiben zu testen. Ein Coupé-typisches Problem sind hier die angefrorenen Seitenscheiben, die ein leichtes Absenken dieser während der Türöffnung verhindern. Es empfiehlt sich hier immer, diese Vereisungen vor dem Öffnen der Tür zu entfernen.

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Tagesdosis – Das kinderleichte Parieren der Leistungsreserven macht unheimlich Spaß.

Das Defrosten selbst klappte perfekt, innerhalb von vier Minuten war Front- und Heckscheibe eisfrei. Die Ventilation mussten wir allerdings nach Fahrtantritt für ungefähr eine gute halbe Stunde manuell höher stellen, da die eingeschleppte Feuchtigkeit sonst die Innenscheiben stark beschlagen lies.

Unterwegs auf verschneiten Nebenstraßen bahnte sich unser Testwagen konsequent seinen Weg. Auch eine Steigung mit 12 Prozent stellte kein Hindernis dar. Sogar ein Halten am Berg und Wiederanfahren klappte ganz gut. Wir waren zum wiederholten Male verblüfft. Der GT-R – ein perfektes Winterauto? Nicht ganz.

Denn einen Nachteil fanden wir kurz darauf. Die Nebenstraße wechselte in ungeschütztes Terrain, wo der Wind den Schnee zu Wehen formte. Und hier war aufgrund der geringen Bodenfreiheit Schluss für unseren Nissan GT-R. Einen Schneepflug wollten wir nicht simulieren, auch wenn er bereits gut zehn Zentimeter Oberkante Schnee über seiner Frontschürze stehen hatte und diese spielend bewältigte, wollten wir es nicht übertreiben.

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Auf dem Rückweg – Bergab ging es wieder, nachdem die Straßen durch Verwehungen unpassierbar wurden.

Unterm Strich bewies der Bad Boy aus Japan allerdings eine fast militante Souveränität bei winterlichen Verhältnissen. Vereiste oder zugeschneite Fahrbahn, festgefahrene Schneedecke, Schneematsch oder leichte Verwehungen – alles kein Problem.

Zu erwähnen wäre an dieser Stelle auch die phantastischen Winterreifen von Michelin, die sicher einen nicht unbedeutenden Beitrag für die Konvertierung der 550 PS in waschechten Grip leisteten.

Unterm Strich könnte man dem GT-R im Genre ‚Wintereinsatz‘ vorbehaltlos eine Tauglichkeitsmedaille verleihen.

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Rastlos – Pausen wollten wir nur ungern machen.

Multimedia und Komfort – Leistungssportler trifft Hipster

Für einen Supersportwagen ist der Nisan GT-R sehr üppig ausgestattet. Ein Bose Soundsystem mit 11 Lautsprechern und den Kofferraum als Volumen nutzende Bassresonanz, bringt klare Höhen und satte Bässe – aber auch den Nachteil, dass diese Bässe bei vollgestopftem Kofferraum schwammig werden. Das Soundsystem kann auch per Bluetooth Audiostreaming gefüttert werden. Über DVD Wiedergabe durch den Touchscreen gibt die Bose den Ton in Dolby Digital oder Dolby Surround wieder. Von Anschlussmöglichkeiten via USB, AUX-In oder iPod, über Internetkonnektivität bis zur Festplatten-Navigation mit Sprachsteuerung ist so ziemlich alles an Bord, was man auch in einer gut ausgestatteten Oberklasse-Limousine erwartet.

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Infocenter – Das Display dominiert mittig im Armaturenträger.

Das Bose System besitzt auch ein Active Noise Canceller System. Dieses ermittelt unerwünschte niederfrequente Motorengeräusche über ein Dachmikrofon und neutralisiert diese mit Schallwellen der entgegengesetzten Phase. Das Ergebnis ist ein ruhigeres Fahren, ohne Störgeräusche. Der gewünschte, angenehme Motorensound bleibt davon unberührt.

Die Sprachsteuerung der Navigation fiel uns negativ auf. Das Durchhangeln durch die Hierarchien und das stetige Vorlesen der Ansagestimme des gesamten Menüs, machen die Zieleingabe per Sprache zur Geduldsprüfung. Unseres Erachtens sollte man lieber den herkömmlichen Weg wählen und per Touchscreen die Routenplanung vornehmen. Ansonsten läuft man Gefahr des Erleidens eines Nervenzusammenbruchs.

Die über den Touchscreen angezeigten Leistungsbildschirme – fünf insgesamt – mit ihren Diagrammen und virtuellen Analoguhren und anderen Elementen sind Geschmackssache, die aber in jedem Fall jeden Hunger nach Information stillen sollten. Dass bei der Entwicklung dieser auch Sony beteiligt war, bemerkt man an den optischen Parallelen zu Playstation Konsole-Games. Auch eine Stoppuhr ist an Bord, deren Zeiten übrigens per USB-Laufwerk speicherbar sind.

Dazu kommt die komplette Individualisierungsmöglichkeit dieser Anzeigen. Das heißt man kann sich seine ganz persönlichen Bildschirmdesigns gestalten und nur das anzeigen lassen, was einen interessiert.

Eine Rückfahrkamera zeigt die Umgebung hinter dem Auto wahlweise im 130 Grad oder 180 Grad-Weitwinkel-Modus an. Das macht sich beim Rangieren positiv bemerkbar.

Licht und Sicherheit

Die Multi-LED Scheinwerfer bestechen mit einer hervorragenden Ausleuchtung der Fahrbahn. Durch das AFS – Adaptive Front lighting System – wird die Fahrbahn je nach der gefahrenen Geschwindigkeit ausgeleuchtet. Das fällt vor allem bei schnellen Autobahnfahrten auf, wo das Licht bedeutend weiter reicht als bei langsamer Fahrt.

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Augen auf – Die LED-Hauptscheinwerfer machen die Nacht zum Tag.

Das Abblendlicht wird extrem breit gestreut, sodass auch die Randbereiche brillant ausgeleuchtet werden. Gerade bei ländlichen Touren sieht man dadurch etwaiges Wild oder auch Fußgänger bereits 15 Meter und mehr neben der Fahrbahn. Ein hohes Sicherheitsplus.

Insgesamt sechs Airbags schützen die Insassen auf den Vordersitzen mit aktiven Kopfstützen. Für die Rücksitze gibt es keine Rückhaltesysteme in Airbag-Form. Das Reifenkontrollsystem überwacht stetig die vier Pneus auf Druckverluste.

Varianten und Preise

Den Nissan GT-R bekommt man in vier verschiedenen Varianten. Los geht es mit der ‚Premium Edition‘, die man ab 96.900 Euro bekommt. Das ist im Vergleich zu anderen Sportwagen in dieser Klasse fast schon verhöhnend günstig.

Die ‚Black Edition‘ trägt andere Felgen und ist optional mit Dingen wie einem Carbon Heckflügel konfigurierbar. Er steht ab 98.000 Euro zur Verfügung.

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Pizzateller – Bremsscheiben mit über 15 Zoll Größe.

Auf der ‚Black Edition‘ basiert die neue ‚Track Edition – ab 111.000 Euro – die auch einige Komponenten des NISMO trägt. Beispielsweise Fahrwerkselemente und die 6-speichigen Felgen im NISMO-Look zieren diese Variante. Außerdem ist das ‚R‘ des GTR-Emblems im Frontgrill noch auffälliger dargestellt.

Das Topmodell NISMO beinhaltet neben einem noch sportlicheren Auftritt, Carbon-Hartschalensitzen mit Alcantarabezug und vielen Karosserieteilen aus dem Kohlefaserverbundstoff auch diverse Sonderausstattungen wie beispielsweise einer Titan-Abgasanlage, die nur für diese Variante reserviert sind, auch eine Leistungssteigerung auf 600 PS. Dieses Geschoss absolvierte auf dem ‚grüne Hölle‘ genannten Nürburgring eine sagenhafte Zeit von 7:08,679 Minuten. Für den NISMO verlangt man mindestens 149.900 Euro vom potentiellen Käufer.

Fazit – Santa Claus würde Nissan fahren

Der Nissan GT-R ist die – sehr erfolgreiche – japanische Antwort auf Porsche, Lamborghini & Co. – eine Fahrmaschine mit 100 Prozent Fahrspaßgarantie und Adrenalinzuschlag. Und das durchaus auch abseits seines eigentlichen Jagdterritoriums – der Rennstrecke. Dies können wir dem Boliden gut und gern bescheinigen.

Bei winterlichen Verhältnissen schlägt sich das Coupé verblüffend und schüttelte bei jeder Art von Fahrbahnverhältnis immer wieder sein As aus dem Ärmel – sein Allradantrieb. Die vier Räder krallten sich in Schnee und Eis, als wäre das die einzige Aufgabe, für die das Auto gebaut wurde.

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Keine Kiste – Der GT-R will immerzu bewegt werden – und das bereitet Freude.

Und dabei bleiben die 550 Pferde stets auf den Punkt genau dosierbar. Das generierte offenliegende Zahnreihen bei den fahrenden Redakteuren, was auch nachhaltig bis zum abendlichen Resümee in der Redaktion anhielt.

Trotzdem sei an dieser Stelle noch eine Warnung ausgesprochen. Der GT-R vermag selbst bei widrigen Verhältnissen extrem schnell Geschwindigkeit aufzubauen. Schwierig wird das, wenn die fehlenden Auslaufzonen fehlen um rechtzeitig wieder zum Stehen zu kommen. Daher sollte man als Pilot dieses Wagens immer im Hinterkopf haben, dass man die Geister, die man rief, auch wieder zum Stillstand bekommen muss.

Die Ausstattung ist für einen Supersportwagen mehr als üppig. Auch wenn nicht alles intuitiv bedienbar ist, so macht die Fülle an Gimmicks dies wieder gut. Das Interieur ist tadellos verarbeitet, beim Design scheiden sich die Geister, was aber nicht schlimm ist. Denn spätestens wenn der rechte Fuß das Gaspedal küsst, liegt der Fokus nur noch auf dem, wofür der Nissan GT-R gebaut wurde – das Fahren. Der GT-R ist ein würdiger Nachfahre der legendären Skyline Modelle.

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Donnerkeil – Das Coupé zieht vor allem mit seiner Heckansicht die Blicke auf sich.

Bleibt am Ende noch zu sagen, dass der GT-R auch mit Hundert Riesen ein Schnäppchen bleibt. Denn die Konkurrenz kostet mehr, viel mehr. Und dann fahren die meisten immer noch hinterher. Im Winter mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit immer.

Text/Fotos: NewCarz

Technische Daten: Nissan GT-R Premium Edition

Länge x Breite x Höhe (m): 4,67 x 1,90 x 1,37

Motor: V6 Bi-Turbo Benzinmotor

Leistung: 404 kW (550 PS)

Hubraum: 3.799 ccm

Max. Drehmoment: 632 Nm bei 3.200 bis 5.800 U/min

Getriebe: 6-Stufen Doppelkupplungsgetriebe mit Schaltwippen

Antrieb: Allrad

Durchschnittsverbrauch (NEFZ-Norm): 11,8 L/100 km

CO2-Emissionen: 275 g/km

Abgasnorm: Euro 5

Höchstgeschwindigkeit: 315 km/h

Beschleunigung von 0 auf 100 km/h: 2,7 Sekunden

Leergewicht: 1.815 kg

Kofferraumvolumen: 315 l

Luftwiderstandsbeiwert (Cw): 0,26

Kraftstofftank: 74 Liter

Preis des Testwagens: 98.933 Euro (UVP)

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