Eine Limousine. In weinrot. Von Mazda. Was anfänglich nach einem Transportmittel für Hutträger klingt, stellt sich beim ersten Blick als automobile Schönheit heraus.
Auch, wenn das Design-Konzept namens „Shinari“ nur noch entfernt zu erkennen ist, beeindruckt doch die Linienführung des Mittelklässlers. Kann er mehr als nur gut aussehen?
Wenn man vor der Mittelklasse-Limousine steht mag man kaum glauben, dass dieses lang gestreckte Fahrzeug noch eben jener Kategorie Autos angehört. Dennoch visiert der Sechser eben diese Klasse an und passt mit einer Länge von 4,86m gerade noch zur Konkurrenz vom Schlage eines VW Passat (4,77m) oder Opel Insignia (4,83m). Andererseits ist ein Audi A6 mit 4,92m auch nicht mehr weit entfernt.
Design
Bleiben wir bei der äußeren Erscheinung: Konzentriert, wie der Blick eines Falken, schaut der Mazda 6 aus seinen kleinen Scheinwerfern. Es wird sofort klar, dass die Limousine nicht zu Späßen aufgelegt ist, sondern ein ernstzunehmender Vertreter der fast schon rar gewordenen Mittelklasse ist.
Der betont große, fünfeckige Kühlergrill mit seinen Lamellen, deren Abstand sich nach unten hin verjüngt und der durch die von Scheinwerfer zu Scheinwerfer gezogene Chromleiste einen gewissen dreidimensionalen Effekt erhält, wirkt selbstbewusst. Und selbstbewusst darf Mazda gerne sein, da der Mazda6 in der Vergangenheit eine absatzstarke Säule im Portfolio ausmachte und als Gebrauchtwagen einen langlebigen Ruf hat.
Doch zurück zum Design: Die gestreckte Erscheinung kommt nicht von ungefähr. Die lange Motorhaube, die sanften Schwünge über den Kotflügeln und das coupehafte Dach fügen sich zu einem harmonischen Gesamtbild zusammen, das die Limousine sehr groß wirken lässt.
Auch das hohe Heck mit der flach stehenden Scheibe erzeugt den Effekt von Größe, ohne aber ins Klobige zu fallen. Passend untermalt von einer satten Chromstrebe und den – den Frontscheinwerfern ähnelnden – Rückleuchten strahlt diese Partie Dynamik aus. Alles in allem ist das Mazda6 also alles, nur nicht langweilig gestylt.
Innenraum
Einsteigen und wohlfühlen: Ein Prinzip, das auch für den Sechser gilt – zumindest, wenn man unter Wohlfühlatmosphäre auch eine sportliche Einrichtung versteht. Instrumente in Tuben, Klavierlack und eine Umgebung, die vorwiegend dunkel gehalten ist, zeugen vom dynamischen Habitus. Leider entsteht durch diese dunkle Atmosphäre und die coupehafte Dachlinie ein etwas eingeschränktes Raumgefühl; doch der Schein trügt.
Sowohl Zwei-Meter-Männer, als auch grazile Elfen finden in beiden Sitzreihen genügend Raum zur Entfaltung und dürfen sich über großzügige Sitze mit einer angenehmen Polsterung freuen. Zwar dürften die vorderen Sitzgelegenheiten etwas stärker konturiert sein, doch als komfortable Alltagsbestuhlung bieten sie einen guten Kompromiss.
Auch der Kofferraum zeigt sich im Alltag als gut nutzbar und gefällt mit einem Volumen von knapp 490 Litern bei aufgestellten Rücksitzlehnen. Leider schränken die Einzüge für die Kofferraum-Scharniere die nutzbare Höhe etwas ein, doch dafür entschädigt eine breite Durchreiche.
Wirft man einen genaueren Blick auf die Bedienung der Mittelklasse-Limousine, muss man eingestehen, dass es nichts zu kritisieren gibt. Die Instrumente lassen sich nicht nur gut ablesen, sondern wissen auch mit ihrem Design zu gefallen. Das Lenkrad weist zwar eine mittelgroße Flut an Tasten auf, doch lassen sich diese, aufgrund der guten Beschriftung, einwandfrei und intuitiv bedienen.
Selbst die Radio-Navigationseinheit zeichnet sich durch ihre klare Bedienstruktur aus und überzeugt durch ihre Anbringung im oberen Armaturenbrett-Bereich. Wenn man unbedingt etwas kritisieren möchte, kann man anführen, dass das System einen gewissen Aftermarket-Look aufweist und der Bildschirm eine oder zwei Nummer größer ausfallen könnte. Aber sind dies eklatante Mängel? Stören diese Punkte wirklich in einem sonst fast tadellosen Interieur? Wir meinen, dass man sich damit sehr gut arrangieren kann, zumal es sonst wenig auszusetzen gibt.
Abstriche müssen auch bei der Qualität der verbauten Materialien nicht hingenommen werden. Zwar sind manche Kunststoffe etwas großflächig, doch überzeugen sie mit einer angenehmen Haptik und eine Abwesenheit von Klapper- und Knarzgeräuschen.
Fahrdynamik
Unser Testwagen war mit dem 2.2 Liter großen SKYACTIV-Diesel mit 150 PS ausgerüstet und gebärdete sich als wahrer Langstrecken-Fresser. Die Leistungsentfaltung dieses Aggregats prädestiniert den Mazda 6 zum zügigen Vorankommen auf der Autobahn: Das Drehmoment von 380 NM liegt zwar erst bei 2.000 U/min an, doch fühlt sich die Limousine auch unterhalb dieser Schwelle schon sehr kräftig an.
Verantwortlich dafür ist unter anderem auch die neue SKYACTIV-Technologie. Diese Motoren zeichnen sich dadurch aus, dass sie mit einer – für einen Diesel untypischen – niedrigen Verdichtung daher kommen, was abgasseitigen Problemen entgegenwirkt. Hinzu kommt, dass der Antrieb, im Vergleich zu anderen Diesel-Aggregaten, um einige Kilogramm leichter ist und so nicht nur der Sportlichkeit, sondern auch der Effizienz zugute kommt. Dieser Sportlichkeit sind auch die beiden Turbolader zuträglich: Das Prinzip eines kleinen Turbos für niedrige Drehzahlen und eines großen für höhere Drehzahlen ist zwar schon von anderen Aggregaten bekannt, funktioniert beim SKYACTIV-Diesel aber beeindruckend schwungvoll und ausgereift.
Wer alte Turbo-Diesel kennt und mit ihnen ein großes Turboloch und ein kleines nutzbares Drehzahlband verbindet, wird bei diesem Motor angenehm überrascht. Vom Drehmoment-Tal kann keine Rede sein, von einer Zugeschnürtheit bei Drehzahlen jenseits der 5000 U/min erst recht nicht. Wäre nicht der diesel-typische Klang, würde man ein leistungsstarkes, unaufgeladenes Otto-Aggregat vermuten.
All das, in Verbindung mit Verbräuchen, die auch bei voller Leistungsabfrage erfreulich niedrig sind, gepaart mit einer wohltuenden Ruhe bei hohen Geschwindigkeiten, prädestiniert den Mazda 6 zum Autobahnläufer.
Passend dazu auch die Federung des Japaners: Ein dynamisches Äußeres, ein kräftiger Diesel – als Schlussfolgerung kann nur eine straffe Abstimmung erahnt werden. Doch weit gefehlt, da die Kombination aus Federung und Dämpfung einen gelungenen Kompromiss darstellt. Bei niedrigen Geschwindigkeiten werden kleinere Fahrbahnunebenheiten zwar deutlich, aber ausreichend gedämpft, an die Insassen weitergereicht. Gröbere Verwerfungen schluckt der Mazda jedoch anstandslos. Ein ähnliches Bild zeigt sich bei der Autobahnfahrt: Der Fahrer bekommt jederzeit ein gutes Feedback von der Fahrbahn, ohne jedoch von Brückenübergängen oder Straßenflicken gestört zu werden – ein weiteres Indiz für sein Langstreckentalent, was sicherlich auch dem langen Radstand zu verdanken ist.
Lediglich die Lenkung lässt es etwas zu kommod angehen. Zwar arbeitet sie direkt und lässt die lange Limousine stets in einem gut einschätzbaren Winkel in Kurven gleiten, doch fehlt es etwas an Rückstellmomenten. Insgesamt fühlen sich Lenkbewegungen daher leicht taub an, sodass ein etwas synthetisches Gesamtbild entsteht. Hinzu gesellt sich ein nicht eben geringer Wendekreis, was zu Folge hat, dass der Mazda unhandlicher wirkt, als er in der Realität ist.
Fazit
Um das anfangs aufgegriffene Bild der langweiligen Sonntagsfahrts-Limousine wieder aufzugreifen, kann eines deutlich herausgestellt werden: Langweilig ist dieser Mazda sicherlich nicht. Er gefällt mit einem frischen Design, das aus allen Blickwinkeln zu überzeugen vermag, bietet seinen Passagieren ordentliche Platzverhältnisse und trotzt mit seinem tollen 2.2 Diesel dem Downsizing-Trend, wie kaum ein Zweiter. Die Messwerte geben den Japanern Recht: Niedrige Verbräuche und kraftvolle Fahrleistungen lassen sich auch ohne Verzicht miteinander kombinieren.
Abstriche? Man muss schon genau hinsehen: Der Kofferraum gefällt zwar mit einem ausreichenden Volumen, ist aber recht flach. Unsere Meinung dazu: Nehmen Sie den Kombi. Der sieht nicht nur ein Quäntchen besser aus, sondern bietet auch noch die höhere Variabilität – zum selben Preis!
Mazda 6 2.2 SKYACTIV-D 110KW Automatik
Länge x Breite x Höhe (m): 4,86 x 1,84 x 1,45
Motor: Reihen 4-Zylinder Diesel-Motor
Leistung: 110 kW / 150 PS bei 4.500 U/min
Hubraum: 2.191 ccm
Max. Drehmoment: 380 NM bei 2.000 U/min
Getriebe: Stufenloses Getriebe
Durchschnittsverbrauch (NEFZ-Norm): 4,9 Liter/100 km
Emissionsklasse: EU5
CO2-Emissionen: 104 g/km
Höchstgeschwindigkeit: 204 km/h
Beschleunigung von 0 auf 100 km/h: 9,8 s
Leergewicht / Zuladung: 1480 / 575 kg
Kofferraumvolumen: 489 Liter
Wendekreis: 12 Meter
Preis: 28.490 Euro (Ausstattungslinie: Prime Line)
Bilder: Mikhail Bievetskiy mit Canon 1Dx und 24-70 ƒ2.8 Ver. II für NewCarz
2 thoughts on “Mazda 6 Test – Japanischer Charmeur”