Im letzten Jahr feierte die britische Luxuslimousine ihr 50-jähriges Jubiläum, was der Hersteller zum Anlass nahm, den Jaguar XJ50 als Sondermodell auf die Räder zu stellen.
Neben einigen optischen Erkennungsmerkmalen, wartet das Jubiläumsmodell mit einer reichhaltigen Ausstattung auf. Wir baten das in Loire Blue lackierte Gefährt als Langversion LWB zum Test. Fahrbericht.
Exterieur – Exotische Grazie
Eines vorab: Wir kennen den Jaguar XJ bereits in der Ausstattungslinie Portfolio und mit kurzem Radstand. Im Vergleich zur klassischen Version, verbindet das Jubiläumsmodell Elemente verschiedener Ausstattungslinien miteinander, die es vorher so noch nicht gab. Doch der Reihe nach.
Die Front unseres Jaguar XJ50 wartet mit dem Stoßfänger der Portfolio-Ausstattung auf, der Kühlergrill ist derweil in Schwarz ausgeführt und mit Chrom umrandet. Gleiches gilt für die weit außen platzierten Lufteinlässe; auch sie sind mit einem Chromrahmen verziert und lassen den XJ so ein ganzes Stück breiter wirken.
Doch insbesondere die Seitenansicht offeriert einen freien Blick auf die gestreckte Katze und enttarnt die Langversion, welche insgesamt knapp 5,26 Meter misst. Die zusätzlichen 13 Zentimeter kommen dabei in erster Linie dem Fond zugute. Die diamantgedrehten 20-Zoll-Räder unterstreichen den gediegenen Auftritt und komplettieren die dynamische Silhouette. An den seitlichen Luftauslässen gibt eine kleine Plakette als Hinweis auf das Sondermodell.
Das Heck des Briten polarisiert noch immer und lässt keinerlei Verwechslung mit anderen Modellen im gleichen Segment zu. Die speziell geformten LED-Heckleuchten greifen das „J-Thema“ wieder auf, während auf der Heckklappe der große Jaguar-Springer thront. Ein verchromter XJ50-Schriftzug rundet die Heckpartie ab.
Interieur – Lounge-Charakter ohnegleichen
Der Innenraum des Jaguar XJ50 offeriert eine herrlich superiore Note, die sich in dem großzügigen Einsatz von Leder, Holz und Aluminium widerspiegelt. Die Softgrain-Ledersitze in hellem Beige sorgen für eine warme Aura im Inneren, während Mittelkonsole und Armaturenträger in dunklem Leder abgesetzt sind einen harmonischen Kontrast herstellen.
Die Rautensteppung der Sitze zeugt von hoher Handwerkskunst, während die Liebe zum Detail auch an der farblich abgesetzten Kettelung der Fußmatten zu erkennen ist, welche das softe Beige der Sitze wieder aufgreift.
Der Fahrer des Jaguar XJ50 kommt derweil in den Genuss eines haptisch einwandfreien, beheizten Lenkrades und kann die wichtigsten Parameter von einem volldigitalen Cockpit ablesen. Eine analoge Uhr schmiegt sich harmonisch zwischen die mittleren Lüftungsausströmer, während der darunter befindliche Zentralbildschirm auch bei Sonneneinstrahlung sehr gut ablesbar bleibt.
Eine Etage tiefer sitzt die Bedieneinheit für die Klimasteuerung, die im Übrigen auch eine Schnellwahltaste für das Sitzklimatisierungsmenü beherbergt. Der automatisch herausfahrbare Drehregler für die Gangwahl wird genauso wie die Innenverkleidungen der Türen von hochglänzendem Wallnussholz bespielt.
Eine weitere Besonderheit des Jaguar XJ50 ist neben der XJ50-Prägung auf Mittelarmlehne eine „50 Jahre XJ Coventry“ Plakette im sogenannten Riva Hoop, eine unterhalb der Frontscheibe Holzdekorleiste.
Bei unserem Testwagen handelt es sich um den Jaguar XJ50 LWB – Long Wheel Base – sodass wir uns nachfolgend dem Fond widmen möchten. Der Längenzuwachs von rund 13 Zentimetern scheint auf den ersten Blick recht wenig, doch profitieren die hinteren Passagiere hiervon deutlich.
Die langen Türen ermöglichen einen bequemen Zustieg und einmal Platz genommen, lassen wir den Blick schweifen über edlen dunklen Teppich, Holzdekore an den Türen und eine eigene Bedieneinheit für die Klimatisierung. Die äußeren Sitze verfügen – wie auch das vordere Gestühl – über eine Sitzheizung und -belüftung sowie über eine Massagefunktion.
Beleuchtete Schminkspiegel und sogar mit Leder bezogene Haltegriffe versprühen englisches Flair, während das hintere Glasdach auf Wunsch eine große Portion Licht ins Innere des Fahrzeugs bringt.
Auf Wunsch können Kunden den Jaguar XJ50 auch mit einem Multimediasystem im Fond ausstatten, welches aus zwei 10-Zoll-Displays besteht und die hinteren Passagiere auf langen Strecken unterhalten kann.
Motor & Fahreigenschaften – Ein großer Diesel für den Jaguar XJ50
Angetrieben wird der Jaguar XJ50 von einem 3,0-Liter-V6-Turbodiesel, der eine Leistung von exakt 300 PS sowie ein maximales Drehmoment von 700 Newtonmetern generiert. Die Kurbelwelle gibt die Kraft ausschließlich an die Hinterräder weiter, eine Allradversion der großen Katze gibt es derzeit nicht.
Auf unseren Testfahrten innerorts erschlich sich die große Katze beinahe lautlos die ersten Meter, selbst im kalten Zustand ist der Selbstzünder von innen kaum als solcher vernehmbar. Das Rangieren aus unserer Redaktionstiefgarage gestaltete sich wider Erwarten als relativ einfach. Im direkten Vergleich zur Version mit kurzem Radstand ist jedoch etwas mehr Lenkarbeit vonnöten. Leider gibt es für den XJ keine Hinterachslenkung, was das Parken und Rangieren signifikant erleichtern würde.
Kommodes Gleiten durch die urbanen Gefilde ist jedoch keine Herausforderung für den Jaguar XJ50 LWB. Die sanft schaltende Achtgang-Automatik aus dem Hause ZF sortiert die Gänge butterweich und fällt nicht durch etwaiges Rucken beim Anfahren und forschem Zwischenbeschleunigen auf. Die Luftfederung tut derweil ihr Übriges, um den Komfort auf höchstem Niveau zu halten.
Abseits der Stadt nehmen wir Kurs auf eine etwas in die Jahre gekommene Landstraße, die eher einem Flickenteppich als einer gut asphaltierten Piste gleicht. Das Fahrwerk absorbiert nahezu alle Unzulänglichkeiten, was besonders im Fond deutlich zur Geltung kommt. Die Lenkung gibt den Fahrbahnzustand sehr manierlich an die Fahrerhände weiter, manuelle Korrekturen sind kaum vonnöten.
Möchte man den Jaguar XJ50 LWB zügig um die Kurve scheuchen, so ist dies zwar prinzipiell möglich, geschieht jedoch mit einer gehörigen Portion Softness, die sportliche Fahrweisen mit früh eingreifender Regelelektronik zeitig unterbindet. Das hat zur Folge, dass die Contenance lange gewahrt bleibt, erst im Grenzbereich warnen die Reifen mit Wimmern vor dem bevorstehenden Traktionsverlust.
Wir nehmen Kurs auf die Autobahn und dürfen schon einmal vorab erwähnen, dass dies als präferiertes Metier der britischen Luxuslimousine gelten darf. Das ist zwar wenig überraschend, aber die Ruhe, die selbst bei Tempo 180 im Innenraum herrscht, ist wahrlich bemerkenswert.
Insbesondere Beschleunigungsvorgänge geschehen dank des enormen Drehmoments spielend und für den Fahrer kaum merklich. Das Zusammenspiel aus Motor und Antrieb ist absolut harmonisch und sehr gediegen. Abgeregelt wird der Jaguar XJ50 bei Tempo 250, wenngleich der Dreiliter-Diesel durchaus noch ein paar Stundenkilometer mehr schaffen würde.
Der Fahrkomfort ist auf vergleichsweise hohem Niveau und aus Sicht der Redaktion zwischen BMW 7er und Mercedes-Benz S-Klasse angesiedelt. Speziell die Langversion mit dem Namenszusatz LWB übertrifft durch den um 13 Zentimeter verlängerten Radstand den Komfort des Serien-XJ um ein paar Nuancen.
Erwartungsgemäß wurde dies im Fond deutlich, wo selbst jenseits der 200 km/h noch Gespräche in Zimmerlautstärke möglich waren. Erst ab circa 225 Stundenkilometern nehmen die Windgeräusche zu, der Motor hält sich selbst bei Topspeed akustisch vornehm zurück.
Lobenswert sind zudem die Bremsen des Briten, die bei jeder Verzögerung mit klar definiertem Druckpunkt und vehementer Bremsleistung glänzen konnten.
Der Verbrauch des Jaguar XJ50 fiel mit 7,2 Litern Diesel pro 100 Kilometer erstaunlich niedrig aus. Auf unserer Verbrauchsrunde konnten wir sogar einen Wert von 6,4 Litern erzielen, der exakt 0,1 Liter über dem der Version mit kurzem Radstand liegt. Vollgasfahrten werden ebenfalls nicht mit ausufernden Trinkgewohnheiten gestraft – maximal standen bei uns 9,8 Liter Diesel auf der Uhr.
Technik & Assistenz – Komfort an erster Stelle
Das Sondermodell Jaguar XJ50 verfügt bereits ab Werk über eine üppige Serienausstattung. Hierzu zählen unter anderem die bereits erwähnten Softgrain-Ledersitze samt 18-facher elektrischer Verstellmöglichkeit und Memory, eine Sitzheizung und -belüftung, Massagefunktion vorne, adaptive Voll-LED-Scheinwerfer sowie eine Vier-Zonen-Klimaautomatik.
Der Sicherheit zuträglich sind unter anderem ein Notbremsassistent, Parksensoren vorne und hinten samt Rückfahrkamera, ein Spurhalteassistent sowie eine Verkehrszeichenerkennung. Ebenfalls serienmäßig an Bord: Ein schlüsselloses Zugangs- und Startsystem samt Softclose-Automatik für die Türen.
Auf Wunsch können Kunden ihren Jaguar XJ50 noch weiter ausstatten und individualisieren. Hier stehen unter anderem eine 360-Grad-Kamera, ACC samt Stauassistent sowie ein Totwinkel-Assistent samt Front- und Heckkollisionswarner zur Verfügung. Wer nicht selbst parken möchte, kann optional einen Parkassistenten hinzubuchen.
Aus Sicht der Redaktion erwiesen sich besonders das ACC sowie der Totwinkel-Assistent als sinnvolle Features. Der adaptive Tempomat arbeitete im Test durchweg zuverlässig und ohne etwaige ruppig ausgeführte Manöver. Dank Stauassistent blieb das lästige Stop&Go bei zäh fließendem Verkehr aus.
Der Totwinkel-Assistent warnt derweil auch vor schnell herannahenden Fahrzeugen und der Heckkollisionswarner erwies sich besonders beim rückwärtigen Rangieren aus Querparklücken als überaus sinnvolle Ausstattung.
Die adaptiven LED-Scheinwerfer warfen ein helles und homogenes Licht auf die Fahrbahn und konnten selbst bei Starkregen auf ganzer Linie überzeugen. Auch die Breite des Lichtkegels konnte keine Kritik für sich verbuchen. Der Fernlichtassistent blendete sehr zeitig ab, ein partielles Aussparen von Fahrzeugen gibt es jedoch aktuell nicht für den großen Briten.
Besonders erwähnenswert sind die insgesamt vier (!) erhältlichen Soundsysteme für den Jaguar XJ50. Den Einstieg macht ein 250 Watt starkes Basis-Soundsystem mit zwölf Lautsprechern, welches zur Serienausstattung des Sondermodells gehört.
Darüber rangiert das Meridian Soundsystem mit 380 Watt, 14 Lautsprechern und einem Subwoofer, welches mit 1.040 Euro zu Buche schlägt.
Eine Ausbaustufe höher stammt vom gleichen Hersteller und dieses Meridian Surround Soundsystem bietet für rund 3.100 Euro 825 Watt und 20 Lautsprecher. Wir haben diese Anlage bereits im Jaguar XJ Portfolio testen können und für klanglich einwandfrei befunden. Die Ausgewogenheit ist hier erstaunlich und die Trennung der einzelnen Bereich dürfte das Gros aller Hörer befriedigen.
Für eine außerordentlich audiophile Klientel bietet Jaguar seinen Kunden auf Wunsch eine Highend-Anlage an. Das Meridian Signature-Reference-Soundsystem wartet mit 1.300 Watt und 26 Lautsprechern auf und bietet darüber hinaus einen Conversation-Assist. Dieses System war im Testwagen verbaut und darf aus unserer Sicht mit Fug und Recht als Highend-Anlage betitelt werden.
Für rund 6.200 Euro erhält der Kunde einen rollenden Konzertsaal, der insbesondere in der Langversion deutlich zur Geltung kommt. Das Bassfundament ist massiv, die Mitten sind hochfein ausgepegelt und die Höhen extrem klar. Sei es die fast flüsternde Stimme von Roger Waters in „Amused to death“, die keinerlei Zischeln aufwies oder die brillante, markerschütternde Violine in Lindsey Stirlings „Crystallize“, die den gesamten Song über nahezu fühlbar blieb und völlig separiert wiedergegeben wurde. Für Highend-Fans ist diese Investition folglich absolut angebracht.
Fazit – Britisch, nicht Mainstream
Der Jaguar XJ50 zeugt von Eleganz, Noblesse und Stil – verpackt in einem anmutigen Blechkleid, das abseits des Mainstreams eine Zielgruppe anspricht, die um dessen Sonderstatus weiß.
Mit aktueller Technik bestückt und mit einer Ausstattung, die selbst in der Basis üppig ausfällt, präsentierte sich uns die britische Luxuslimousine als konkurrenzfähig und segmentkonform, während die exponierte Stellung dennoch erhalten bleibt.
In puncto Assistenz darf keine hochtechnisierte Vorreiterrolle erwartet werden, dafür versetzen liebevolle Details und eine britisch-gediegene Luxusausstattung Besitzer wie Mitfahrer stets in Verzückung.
Das Sondermodell verfügt zudem über gewisse Erkennungsmerkmale, die es – trotz nicht gegebener Limitierung – zu einem Stück rollender Geschichte werden lassen. Als bekennender Individualist eignet sich der Jaguar XJ50 besonders für Menschen, die Wert auf einen stilechten Exoten legen und abseits des Mainstreams ganz vorne mitspielen wollen.
Text / Fotos: NewCarz
Kamera: Canon EOS 6D
Konkurrenz: BMW 7er, Mercedes-Benz S-Klasse, Audi A8
Technische Daten: Jaguar XJ50 LWB
Länge x Breite x Höhe (m): 5,26 x 1,95 x 1,46
Motor: Sechszylinder-V-Motor mit Twinturboaufladung
Leistung: 221 kW (300 PS)
Hubraum: 2.993 ccm
Max. Drehmoment: 700 Nm
Getriebe: 8-Stufen-Automatikgetriebe von ZF
Antrieb: Heckantrieb
Durchschnittsverbrauch (WLTP-Norm): 7,0 L / 100 km
Durchschnittsverbrauch (NewCarz): 7,2 L / 100km
CO2-Emissionen: 185 g/km
Abgasnorm: Euro 6d-TEMP
Höchstgeschwindigkeit: 250 km/h
Beschleunigung von 0 auf 100 km/h: 6,2 Sekunden
Leergewicht: 1.860 kg
Kofferraumvolumen: 520 l
Kraftstofftank: ca. 77 Liter
Sorgt seit 2015 stets für den „Nachschub“ an automobilen Neuigkeiten, ob als Modellpremieren, Modellpflege oder strategische Neuausrichtung von Herstellern – um nur einige zu nennen. Sein enger Draht zu den Herstellern ist ein Garant für brandneue Informationen und Autonews aus erster Hand. Seine automobile Vorliebe gehört vor allem den gut motorisierten Cabrios und Coupés dieser Welt.