Das Mercedes-Benz E450 Cabrio präsentiert sich als aktuell größtes, viersitziges Open-Air-Vergnügen der Schwaben.
Nachdem man beschloss, das S-Klasse Cabrio einzustellen, verbleiben nun noch die offene E- und C-Klasse sowie der Mercedes-AMG GT Roadster, der im kommenden Jahr durch den neuen SL abgelöst wird.
Als 450er stellt er zudem die zivile Speerspitze der Modellreihe dar und wird von einem kraftvollen Reihensechszylinder angetrieben, dessen Leistung dank des Allradantriebs 4Matic an alle vier Räder weitergeleitet wird.
Wir haben dem in Patagonienrot lackierten offenen Schwaben einmal genauer unters Blech geschaut. Zeit für einen Test.
Exterieur & Interieur
Schon auf den ersten Blick wird deutlich, dass dieses Mercedes-Benz E450 Cabrio auf der stattlichen E-Klasse basiert. Eine markante Front wartet mit hoher Motorhaube auf und zeigt einen schicken Kühlergrill samt Querstrebe, die er der AMG-Line zu verdanken hat. Der große Stern prangt inmitten des besagten Grills und stellt unweigerlich seine Markenzugehörigkeit zur Schau. Zu erwähnen sind auch die neuen Scheinwerfer, deren Lichtsignatur aus Sicht der Redaktion aber nun nicht mehr so unique ist, wie seinerzeit die „Fackeln“ des Vorgängers.
Von der Seite betrachtet, setzt sich der erste Eindruck fort – insgesamt wirkt das Cabriolet recht hoch und sehr massiv. Die Linienführung ist sehr stringent und bedient sich keinerlei Experimente. Hier wurde nichts verschnörkelt, was für einen durchaus seriösen Eindruck sorgt. Die 19-Zoll-Räder stehen dem roten Cabriolet gut und könnten gut und gerne auch eine Nummer größer ausfallen.
Am Heck erwarten den Betrachter schmal integrierte LED-Leuchten im „Bracket-Design“, die das Cabrio deutlich von anderen Modellen unterscheiden. Eine kleine Spoilerlippe möchte etwas Dynamik zutage fördern, während die Blenden echte Rohre beherbergen, was wir sehr begrüßen. Sehr angenehm ist zudem der Umstand, dass die Rückfahrkamera unter dem Mercedes-Stern versteckt ist und nur bei Betrieb herausfährt. Dies verhindert eine Verschmutzung selbiger und macht eine zusätzliche Waschdüse nahezu überflüssig.
Abschließend verlieren wir noch ein Wort zur Lackierung unseres Testwagens: Das Patagonienrot ist sicherlich eine Farbe, die Kraft und Seriosität ausstrahlt, jedoch gerade in Verbindung mit der AMG-Line etwas altbacken wirkt. Dieses kräftige, ins Bordeaux driftende Dunkelrot lässt das Cabrio unweigerlich altern. Kaum vorzustellen, wie dynamisch dieser Schwabe in einem matten Anthrazit auftreten würde. Wir sprechen an dieser Stelle eine Empfehlung für das Selenitgrau Metallic aus.
Im Innenraum des Mercedes-Benz E450 Cabrio geht es derweil sehr luxuriös zu. Die gesamte Innenausstattung wurde im Farbton Macchiatobeige ausgeführt, abgesetzt mit schwarz belederter Instrumententafel. Hinzu kommen schwarze Lederapplikationen an den Türen sowie Einlagen aus offenporigem Echtholz – graue Esche, um genau zu sein. Selbstredend sind die Sitze ebenfalls mit feinem Nappaleder bezogen, sind zudem vielfach verstellbar sowie vollklimatisiert. Zudem stehen diverse Massageprogramme zur Wahl, die allesamt im Test überzeugen konnten.
Die Kommandozentrale besteht auch im neuen Mercedes-Benz E450 Cabrio aus dem bekannten Bildschirm-Duo, das – zusammen betrachtet – wie eine große Leinwand wirkt und selbst bei direkter Sonneneinstrahlung bestens ablesbar bleibt. Die Bedienung erfordert derweil etwas Eingewöhnung und ist nicht so intuitiv, wie jene der Münchner Konkurrenz.
Die Platzverhältnisse sind vorne sehr üppig und auch im Fond reist es sich gut. Das unterscheidet das E-Klasse-Cabrio von seiner direkten Konkurrenz. Denn sowohl der Audi S5 als auch der BMW M440i basieren auf kleineren Plattformen und sind streng genommen eher Konkurrenten des C-Klasse-Cabrios. Dieses Alleinstellungsmerkmal macht sich spätestens bei Reisen zu viert bemerkbar, die besonders bei geöffnetem Verdeck auch mehrere hundert Kilometer lang sein können. Die hinteren Plätze sind angenehm ausgeformt und erlauben Passagieren bis 1,80 Meter auch bei geschlossenem Verdeck eine entspannte Mitfahrt.
In Sachen Kofferraum stehen hier 285 Liter Ladevolumen bereit, was sicherlich nicht allzu üppig ist, für die meisten Anforderungen, die man an ein Cabriolet stellt, jedoch ausreichen sollten. Mit geschlossenem Verdeck sind maximal 360 Liter verfügbar.
Motor & Fahreigenschaften
Den Antrieb im Mercedes-Benz E450 Cabrio übernimmt ein drei Liter großer Reihensechszylinder, der stattliche 367 PS leistet und kurzfristig – dank Mildhybrid-Unterstützung – weitere 22 Pferdestärken abrufen kann. Die Kraftverteilung übernimmt standardmäßig eine Neungang-Automatik und dank Allradantrieb 4Matic ist für beste Traktion gesorgt. Damit ist der 450er die stärkste zivile Version im Portfolio. Darüber rangiert der E53 aus dem Hause AMG, der aus dem gleichen Aggregat 435 PS herausholt. Einen V8 gibt es derweil nur für die Limousine und den T-Modell genannten Kombi in Form eines E63 S.
Wir fahren zunächst mit geschlossenem Verdeck und stellen schon im urbanen Umfeld fest, dass das Geräuschniveau im Innenraum extrem niedrig ist. Das Verdeck ist sehr aufwendig gearbeitet und besteht aus mehreren Schichten, was unter anderem der Akustik zugute kommt. Ebenfalls positiv fällt das Fahrwerk auf, welches sänftenartig über den Asphalt schwebt und kaum etwas zu den Insassen vordringen lässt. Die Lenkung bleibt derweil angenehm weich, vermeldet aber stets ausreichend Feedback – im Grunde genommen zeigt sich das Mercedes-Benz E450 Cabrio schon hier als Rundum-sorglos-Paket.
Nach unserer Stadtfahrt geht es sogleich auf die Autobahn. Noch immer mit geschlossenem Verdeck unterwegs, bleibt die Akustik selbst jenseits von Tempo 170 sehr ruhig, das Stoffverdeck kommt beinahe an eine feste Dachkonstruktion heran. Ebenfalls beeindruckend ist die Vehemenz, mit der das Cabrio nach vorne prescht. Die 367 Pferde scheinen putzmunter und erst jetzt vernehmen wir den Klang des Sechszylinders, der – vorsichtig ausgedrückt – recht dünn ausfällt. Den satten Sound überlässt man hier wohl der AMG-Version.
Die Bremsen überzeugen derweil durch einen klaren Druckpunkt und eine insgesamt sehr gute Verzögerung. Auch möchten wir ein Wort über das adaptive Fahrwerk verlieren, welches mit diversen Fahrmodi aufwartet. Besonders die Spreizung zwischen Comfort und Sport fällt sehr groß aus, wenngleich sich der Sportmodus eher für schnelle Autobahnfahrten beziehungsweise kurvige Landstraßen eignet.
Denn hier gibt der Benz etwas von seiner Contenance ab und ersetzt diese durch eine gewisse Straffheit, die irgendwie nicht so ganz zum Konzept dieses Cabrios passen möchte. Daher wechseln wir wieder in den Comfort-Modus und präferieren das Gleiten. Dies hat im Übrigen auch positive Auswirkungen auf den Verbrauch.
Mit rund zehneinhalb Litern haben wir den Sechsender im Durchschnitt bewegt, was in Anbetracht des Gebotenen ein wirklich guter Wert ist. Wer dem 450er so richtig die Sporen gibt, erntet bis zu 15 Liter pro 100 Kilometer und wer überwiegend nur im Schongang unterwegs ist, fährt das große Cabriolet ohne Probleme mit acht Litern.
Technik & Assistenz im Mercedes-Benz E450 Cabrio
In Sachen Ausstattung wird das Mercedes-Benz E450 Cabrio bereits ab Werk recht ordentlich bestückt. Doch auch die Optionsliste ist kein Pappenstiel – weder in der Anzahl der Optionen, noch in deren Preis.
So kommen wir zunächst zu dem wirklich gelungenen und bereits aus anderen Modellen bekannten MBUX Infotainment, über das sich die meisten Fahrzeugfunktionen steuern lassen. Besonders hervorzuheben ist hier die Navigation, die dank Augmented Reality Pfeile auf ein durch die Frontkamera realisiertes Livebild projiziert.
Dies ist zwar eine nette Spielerei, doch in der Praxis wirkt dieses Feature eher ablenkend als sinnvoll, was wir bereits aus dem GLE Coupé kennen. Die klassische Navigation ist indes vollkommen ausreichend, berücksichtigt sämtliche Verkehrsstörungen und erwies sich im Test als sehr gut. Hinzu kommt das optionale und sehr hoch auflösende Head-Up-Display, das ebenfalls alle Fahrinfos, wie auch diverse andere Parameter in die Windschutzscheibe projiziert.
Als ebenfalls sehr gut befinden wir das Burmester Surround Soundsystem, das seine Konkurrenz von Harman / Kardon und Bang & Olufsen – zumindest in diesem Segment – mit Leichtigkeit aussticht. Ebenfalls angenehm und in dieser Klasse einzigartig ist die Innenraumbeduftung, die bei Mercedes mittels opulent in Szene gesetzten Glasflakons im Handschuhfach realisiert wird. Der Kunde hat hier die Wahl aus diversen Duftrichtungen.
Ansonsten erhält der geneigte Kunde auf Wunsch eine Sitzheizung und -belüftung sowie Multikontursitze mit diversen Massagefunktionen, die im Test allesamt gefielen. Eine zugfreie Klimaautomatik rundet das Gesamtpaket ab. Was wir jedoch so gar nicht verstehen können, ist die Tatsache, dass eine Lenkradheizung selbst hier rund 300 Euro Aufpreis aufruft und nicht bereits in einem der Pakete inkludiert ist. Für einen ähnlichen Aufpreis erhält man übrigens das sehr sinnvolle Magic Vision Control – eine Vorrichtung, welche die Waschflüssigkeit direkt vor die Wischerblätter sprüht und sogar berücksichtigt, ob das Verdeck gerade geöffnet oder geschlossen ist.
Auf Wunsch rollt das Mercedes-Benz E450 Cabrio wahlweise mit Rückfahr- oder 360-Grad-Kamera zum Kunden, wobei gerade letztere das Parken und Rangieren enorm erleichtert. Abschließend möchten wir den Multibeam LED-Scheinwerfern noch ein Lob aussprechen, die in Sachen Homogenität und Reichweite keine Wünsche offen ließen.
Fazit zum Mercedes-Benz E450 Cabrio
Mit dem Mercedes-Benz E450 Cabrio schließen die Schwaben eine Lücke zwischen dem kleineren C-Cabrio und dem großen SL Roadster. Dass der wirklich luxuriöse, offene Gleiter das nicht mehr erhältliche S-Klasse Cabrio wirklich obsolet macht, würden wir zwar nicht behaupten, jedoch schließt der E dicht auf.
Einer performanceorientierten Klientel empfehlen wir derweil einen Blick auf den 53er AMG und mit viel Glück folgt auch noch der bärenstarke 63er mit V8 Biturbo. Dennoch dürfte das Gros an Interessenten schon mit dem 450er vollkommen zufrieden sein – sowohl in Sachen Leistung als auch in puncto Ausstattung.
Mit einem Testwagenpreis von knapp 108.000 Euro bewegt sich der Schwabe allerdings auch preislich im oberen Segment. Dennoch ist der Gegenwert sehr hoch und wir prognostizieren dem E-Klasse Cabriolet eine sonnige Zukunft.
Text / Fotos: NewCarz
Kamera: Canon EOS 6D
Technische Daten: Mercedes-Benz E450 4Matic Cabrio
- Farbe: Designo Patagonienrot Bright
- Länge x Breite x Höhe (m): 4,84 x 1,86 x 1,44
- Radstand (mm): 2.873
- Motor: Sechszylinder-Reihenmotor
- Leistung: 270 kW (367 PS)
- Hubraum: 2.999 ccm
- Max. Drehmoment: 500 Nm
- Getriebe: 9G-Tronic
- Antrieb: Allradantrieb
- Durchschnittsverbrauch (WLTP): 9,3 L/100 km
- Durchschnittsverbrauch (NewCarz): 10,7 L/100 km
- CO2-Emissionen (Herstellerangabe): 213 g/km
- Abgasnorm: Euro 6d-ISC-FCM
- Höchstgeschwindigkeit: 250 km/h
- Beschleunigung von 0 auf 100 km/h: 5,2 Sekunden
- Leergewicht (kg): 2.040
- Kofferraumvolumen (l): 285 – 360
- Kraftstoffart: Super
- Neupreis des Testwagens: ca. 107.831 Euro (Grundpreis E450 4Matic Cabrio: 77.701 Euro)
Sorgt seit 2015 stets für den „Nachschub“ an automobilen Neuigkeiten, ob als Modellpremieren, Modellpflege oder strategische Neuausrichtung von Herstellern – um nur einige zu nennen. Sein enger Draht zu den Herstellern ist ein Garant für brandneue Informationen und Autonews aus erster Hand. Seine automobile Vorliebe gehört vor allem den gut motorisierten Cabrios und Coupés dieser Welt.