Während man den leicht sperrigen Namen Mini Clubman JCW All4 komplett ausspricht, kann schon eine Menge passieren.
JCW bedeutet John Cooper Works und verlängert die Aussprache entsprechend. In dieser Zeit wäre der fesche Brite beispielsweise bereits auf eine Geschwindigkeit beschleunigt, die innerorts geltende Geschwindigkeiten weit überschreitet. Der Name bezeichnet nämlich den stärksten Mini-Kombi aller Zeiten.
Mit 306 PS ist Stärke wahrlich auch keine Floskel. Die aktuelle Generation kam vor acht Jahren auf den Markt, erlebte vor vier Jahren ihr erstes Facelift, bei dem das Topmodell – John Cooper Works – von einst 231 PS auf ebendiese 306 PS erstarkte.
Im letzten Jahr folgte die zweite Modellpflege. In Rahmen dieser wurde die hier getestete „Untold Edition“ ins Leben gerufen – eine Sonderserie mit vielen speziellen Akzenten. Ob der Clubman als JCW ein echter Berserker ist und was diese Untold Edition alles beinhaltet, klärt der nachfolgende Fahrbericht.
- Exterieur
- Interieur
- Motor und Fahreigenschaften
- Ausstattung, Komfort, Sicherheit
- Der Preis des Clubman JCW
- Fazit
- Pro & Contra
- Technische Daten
Exterieur – Mini auf der Streckbank
Die Kombivariante des Mini wirkt von Anbeginn gestreckt und vor allem in der Seitenperspektive ergibt sich die für einen Kombi typische Silhouette. Das Facelift vor vier Jahren, also von heute gesehen genau zur Halbzeit des Clubman, modernisierte das Auto recht umfangreich.
Die sympathischen Kulleraugen als Scheinwerfer im typischen Mini-Design blieben, der „Lidstrich“ als kreisrunde LED-Tagfahrlichter unterstreichen diese ungemein. Der Frontgrill verlor hingegen sämtliche Spielereien und die konturierte Motorhaube suggeriert bereits, dass hier etwas mehr als eine Basisvariante vor einem steht.
Als Untold Edition wurde der Clubman in ein sogenanntes „Sage Green“ getaucht – eine Metallicfarbe, die dem Kombi außerordentlich gut steht. Die per Folierung auf der Motorhaube gelandeten Zierstreifen passen allerdings weniger dazu und vermitteln in ihrer Einfachheit auch nicht die erwartete Wertigkeit, die diesem Auto gebühren würde.
Ganz im Antagonismus dazu werten die vielen zur Untold Edition gehörigen goldfarbenen Akzente ringsum das Gesamtbild immens auf. Insbesondere die coolen 18-Zoll-Räder im Zweifarbton entfalten dabei ihre Wirkung.
Am Heck wedelt der Mini Clubman JCW All4 mit dem „Union Jack“ in Form von LED-Signaturen in den Rückleuchten. Für Patriotismus in dieser Form ist der Mini schon immer bekannt gewesen und bleibt auch aktuell diesem Image treu.
Interieur – Hochwertig & ausgereift
Dieser Patriotismus findet sich so auch im Innenraum des Top-Kombi wieder – sofern der geneigte Besitzer dies wünscht. So können die Kopfstützen ebenfalls mit Prägungen der Nationalflagge des vereinten Königreichs versehen werden – im Fall des Testwagens wurde darauf aber verzichtet.
Dafür landeten dank Untold Edition auch hier viele Akzente in Gold und machen die klassisch runde Innenraumarchitektur des Mini zu etwas Besonderem. Überhaupt kann festgehalten werden, dass trotz der traditionellen Formgebung in überwiegend rundlicher Geometrie keinerlei Verspieltheit zu entdecken ist.
Stattdessen findet der Fahrer sich sogleich zurecht, indem er alles genau da vorfindet, wo er es vermutet. Zugegeben, BMW-Kenner haben einen kleinen Vorteil, denn viele Dinge erinnern an die Wiege des Neuzeit-Mini: die BMW-Group.
Entsprechend fern jeder Kritik fällen wir das Urteil zur hochwertigen Materialauswahl und deren erstklassigen Verarbeitung – lückenlos, versteht sich. Nun gut, in dieser Preisklasse darf das auch erwartet werden, doch dazu später mehr. Die Sitze passen sich angenehm den Körperkonturen an und besitzen eine elektrische Sitzverstellung plus Memoryfunktion.
Das Platzangebot ist auf den vorderen Plätzen zum Nicht-Clubman-Mini nahezu identisch, will heißen, es geht angenehm luftig zu. Das Plus an Raum ist im Fond spürbar, befindet sich im Vergleich zum Wettbewerb in dieser Klasse aber nur im Mittelfeld. Die 360 Liter respektive 1.250 Liter gehören bei den Kombis der Kompaktklasse ebenso nur zum Durchschnitt.
Die beiden seitlich öffnenden Türen als Hecköffnung sind zwar so praktisch wie auch stylisch, offerieren allerdings einen nur schmalen Zugang zum Ladeabteil.
Motor und Fahreigenschaften – Behänd auf allen Vieren
Angetrieben wird der Mini Clubman JCW All4 durch einen Reihenvierzylinder-Turbobenziner, der wie bereits erwähnt 306 PS generiert und aus seinen zwei Litern Hubraum außerdem 450 stramme Newtonmeter als maximales Drehmoment über ein breites Plateau von 1.750 bis 4.500 Touren liefert. Dieser Motor sorgt übrigens auch im BMW M135i für Feuer und enorm ausgeprägten Vorwärtsdrang.
Die Übersetzung übernimmt eine hervorragend abgestimmte, als Sport-Steptronic benannte 8-Gang-Automatik, von der die Kraft je nach Bedarf auf alle vier Räder – daher die Bezeichnung All4 – weitergeleitet wird. Dank dieses Allradantriebs wird die Kraft stets sehr souverän auf die Straße gebracht. Dadurch spurtet der Kombi in nur 4,9 Sekunden von null auf 100 km/h. Ein Wert, der noch vor rund zehn Jahren für einen Porsche Boxster S der Baureihe 987 unerreichbar war (der benötigte dafür 5,4 Sekunden).
Der Mini Clubman JCW All4 ist in der Tat extrem flink und wirkt permanent agil und temperamentvoll. Allerdings überlässt er die Dramatik dann doch Protagonisten wie dem BMW M135i. Das bedeutet, dass die Fahreindrücke im Briten kraftvoll und überaus potent wirken, doch echte Sportlichkeit nicht bis zur obersten Schicht des Fahrgefühls dringt.
Das ist keineswegs negativ zu sehen, sondern eher als gewollte Charaktereigenschaft eines performance-orientierten Kombis. Zu einem solchen passt auch die leichtgängige Lenkung, deren Präzision erst im Sportmodus eine Verbindlichkeit zeigt, die der eines dynamisch orientierten Gefährts würdig erscheint. Drei Fahrprogramme spreizen die Fahrwerkscharakteristik und das Ansprechverhalten deutlich auf.
Die bei Minis allseits bekannte straffe Fahrwerksabstimmung ist auch hier zu beobachten. Ein gewisses Go-Kart-Gefühl schwingt daher immer mit. Dennoch ist die Portion Restkomfort hierbei nie außer acht geraten und im Vergleich zum mehrfach benannten M135i ist der Clubman fast schon wieder komfortabel.
Dazu kommt eine erstaunliche Gutmütigkeit bei dynamischer Fahrweise, die auch dem Allradantrieb und der elektronischen Vorderachssperre zu verdanken sind. Wie mit dem Asphalt verzahnt, zirkelt der grün-goldige Kombi durch Kurven und Kehren, zeigt sich dabei sehr neutral und schiebt erst beim Versuch des Übertreibens über alle Viere zum Kurvenäußeren. Das bringt Fahrspaß, bei dem die Contenance eines zuverlässig wirkenden Kombis nicht mit Füßen getreten wird – toll!
Bei 250 km/h wird übrigens elektronisch der Schlagbaum heruntergefahren, obwohl der Clubman als JCW auch schneller könnte – vom Antrieb und vom Fahrwerk her wohlgemerkt. Die Fahrgeräusche halten sich zunächst gut im Zaum, steigen ab 180 Stundenkilometer allerdings spürbar, was nicht nur, aber insbesondere der schmalen, aber steil im Wind stehenden Frontscheibe geschuldet sein dürfte.
Große Überzeugungsarbeit leistete der Mini Clubman JCW All4 auch im Kapitel Verbrauch. Dank der „Efficient Dynamics“-Philosophie von BMW als Motorenwiege zeigt sich auch das Topmodell als erstaunlich effizient. Trotz seines dynamischen Antriebs blieb der im Drittelmix ermittelte Durchschnittsverbrauch bei nur 7,8 Litern auf 100 Kilometer. Das ist zwar etwas mehr als die Werksangabe verspricht, aber für ein über 300 PS starken Kompakt-Kombi ist dies mehr als vorbildlich.
Noch britischer, genauer gesagt schottischer, zeigte sich der Clubman auf unserer Sparrunde, auf der sich der Spritkonsum auf sagenhaft erscheinende 4,9 Liter pro 100 Kilometer reduzieren ließ. Die Note 1+ für dieses Kapitel war dem 1,6 Tonnen schweren Briten hiermit sicher.
Ausstattung, Komfort, Technik
„Unerzählt“ wollen wir zumindest die wichtigsten Ausstattungsdetails der „Untold Edition“ nicht lassen. Zu dieser gehören neben der exklusiven Farbgebung und den hübschen Lederbezügen in Sage Green auch illuminierte Interieur-Oberflächen, die bei Dunkelheit eine besondere Atmosphäre erzeugen. Auch ein großzügiges Panorama-Glasdach gehört mittlerweile zur Serienausstattung dieser Edition. Unser Testwagen hatte dies noch nicht.
Weiterhin werfen wir einen Blick auf das Infotainment, welches mittlerweile zwar etwas in die Jahre gekommen erscheint, dafür allerdings mit einer absoluten Zuverlässigkeit brillierte. Keine Hänger, keine Abstürze oder andere Unregelmäßigkeiten wie in diversen aktuellen Systemen anderer Marken trübten hier das Bild. Stattdessen funktionierte alles, von der Sprachsteuerung über die Menüführung bis zur Routenplanung zu unserer absoluten Zufriedenheit.
Software-Bugs? Fehlanzeige. Dazu kommt eine gesunde Mixtur aus Digitalisierung und dem Erhalt physischer Bedienelemente, wodurch ein schlüssiges und einfach von der Hand gehendes Bedienkonzept als Ergebnis steht. Dafür gibt es eine einfache Bezeichnung: Ausgereift.
Das Premium Plus Paket mit seinen 20 Inhalten gehört seit Sommer 2022 serienmäßig zur Untold Edition. Darin beinhaltet sind unter anderem ein adaptiver Tempomat, eine für aktuelle Smartphones leider mittlerweile zu kurze induktive Ladestation, ein Parkassistent, extrem schnelle und sehr wirkungsvolle Sitzheizungen für die vorderen Sitze und voluminöse Dynamik in akustischer Art und Weise dank einem Soundsystem aus dem Hause Harman/Kardon.
Weiterhin gehören zu diesem Paket ein kleines Head-up Display, Internetzugriff inklusive Teleservices und Alexa-Integration, ein Sichtpaket, ein Ablagenpaket und vieles mehr.
Der Mini Clubman JCW All4 besitzt zudem Matrix-LED-Scheinwerfer, deren Ausleuchtung beim Abblendlicht als vorbildlich gelten darf, wohingegen das Fernlicht etwas zu dunkel erscheint und sich wie ein Lichtteppich zweiter Klasse über das Abblendlicht legt. Das wirkt etwas inhomogen. Dafür funktioniert das Ausblenden von anderen Verkehrsteilnehmern über den gesamten Testzeitraum schnell und zuverlässig.
Die Privacy-Verglasung kostet 350 Euro und die Dachreling 200 Euro extra. Das sind so ziemlich die einzigen Sonderausstattungen, die bei der Untold Edition noch hinzubuchbar sind. Alles andere ist bereits ab Werk an Bord.
Der Preis des Mini Clubman JCW All4
Wer das Topmodell Mini Clubman JCW All4 sein Eigen nennen möchte, muss mindestens 53.700 Euro berappen und erhält den Kombi dabei in der Basisausführung „Essential Trim“ – eine von vier Ausstattungen.
Eine Stufe darüber positioniert sich „Classic“ für 500 Euro mehr. Danach kommt bereits die „Untold Edition“, in der sich der Clubman JCW All4 an zweithöchster Ausstattungsstufe befindet. Diese kostet mindestens 56.000 Euro, bietet aber bereits eine nahezu Vollausstattung.
Nur die „John Cooper Works Trim” liegt darüber, kostet ab 56.700 Euro und besitzt on top 19 Zoll große Räder, spezielle Alcantara-Sitze in Black Carbon, exklusive Lacke und optional sind gegen 375 Euro zusätzlich auch auffällige Farbverläufe für das Dach erhältlich. Spezielles Chester Leder kann nur in dieser Ausstattung als Sitzbezug geordert werden – Aufpreis 300 Euro.
Übrigens ist der Preis für den Clubman als John Cooper Works seit der Einführung des Facelifts im Jahre 2019 mit seinen damaligen 231 PS um stolze 9.000 Euro gestiegen. Vor dem Facelift zum Start der zweiten Generation lag der Preis für einen JCW sogar um 16.000 Euro darunter. Allerdings waren die Ausstattungen damals im Vergleich zu heute fast als nackt zu bezeichnen und das Leistungsupdate ist ja ebenfalls immens.
Fazit – Wenn John Cooper arbeitet…
…hat der Clubman ordentlich Feuer unterm Hintern. So viel Feuer wie nie zuvor. Er ist der erste Mini mit mehr als 300 PS unter der konturierten Haube und zeigte sich im Test als echter Allrounder mit Kraft im Überfluss, ohne Allüren eines Halbstarken. Dafür überzeugte er mit solider Souveränität in allen Lebenslagen, einem sicheren Fahrgefühl sowie ausgereifter Technik. Der Antrieb ist eine Wonne und dazu auch noch fantastisch effizient.
Der Mini Clubman wird in naher Zukunft eingestellt, was wir persönlich schade finden. Als Kombivariante bietet dieser Mini platztechnisch und in puncto Praktikabilität einen entscheidenden Mehrwert, wenn auch nicht in dem Maße, wie es andere Kombis vermögen.
Vielleicht ist das auch der Hauptgrund, weshalb der Mini Clubman JCW All4 eher als Liebhaberstück gilt als ein zweckmäßiger Einsatzwagen. Pragmatismus hat hier keine Anwendungsoptionen, vielmehr bekennt sich der geneigte Käufer zur Individualität mit dem blechgewordenen Abgrenzungspotenzial zum Rest der Mini-Riege, aber auch zu allen anderen Kombis dieser Fahrzeugklasse.
Das Ganze hat seinen Preis, der zunächst gepfeffert wirkt, in Anbetracht der opulenten Ausstattung in Paarung mit dem tollen Antrieb und Fahrwerk allerdings auch schnell wieder relativ wirken kann. So viel Mini auf vier Rädern gab es noch nie, so einen hohen Preis dafür aber auch nicht. Wer sich einen Clubman dieser besonderen Art noch gönnen möchte, sollte sich also beeilen, denn seine Tage sind gezählt.
Kamera: Canon EOS 5D Mark III
Pro und Contra
Pro:
- sehr leistungsfähiger und effizienter Antrieb
- straffes, aber dennoch ausgewogenes Fahrwerk
- hochwertiger Innenraum
- als „Untold“ umfangreiche Ausstattung
- Allradantrieb und Vorderachssperre
Contra:
Technische Daten: Mini Clubman John Cooper Works All4 Untold Edition
- Farbe: Sage Green Metallic
- Fahrzeugklasse: Kompaktklasse / Kombi
- Länge x Breite x Höhe (m): 4,27 x 1,80 (2,00 mit Außenspiegel) x 1,44
- Radstand (mm): 2.670
- Antrieb: Reihenvierzylinder Turbobenzinmotor mit OPF
- Hybridart: –
- max. Leistung: 225 kW (306 PS) bei 5.000 bis 6.250 rpm
- max. Drehmoment (Nm): 450 bei 1.750 bis 4.500 rpm
- Hubraum: 1.998
- Getriebe: 8-Gang-Automatik
- Antriebsart: Allrad All4
- Durchschnittsverbrauch (WLTP): 7,4 l/100 km
- Durchschnittsverbrauch (NewCarz): 7,8 l/100 km
- CO2-Emissionen (Werksangabe): 168 g/km
- Schadstoffklasse: Euro 6d-ISC-FCM
- Höchstgeschwindigkeit: 250 km/h
- Beschleunigung von 0 auf 100 km/h (sec): 4,9
- Wendekreis (m): 11,3
- max. Bodenfreiheit (mm): 141
- Kofferraumvolumen (l): 360 bis 1.250
- Leergewicht (kg): 1.630
- Zuladung (kg): 415
- Anhängelast ungebremst/gebremst (kg): 750/1.500
- max. Stützlast (kg): 75
- max. Dachlast (kg): 75
- Tankinhalt (l): 48
- Kraftstoffart: Benzin E5/E10 mind. 95 Oktan
- Neupreis des Testwagens: 56.200 Euro (Basispreis John Cooper Works: 53.700 Euro)
Unser Chefredakteur erstellt seit 2015 schwerpunktmäßig Fahrberichte und testet alle Fahrzeuge akribisch – mit Liebe zum Detail – auf Herz und Nieren. Dabei entgeht ihm nichts. Seine Objektivität bewahrt er dabei kompromisslos. Robertos Spezialgebiete sind neben SUVs und Kombis die alternativen Antriebskonzepte. Sein Herz schlägt aber auch gern im V8-Takt.