In den Zeiten von Dieselgate und Emissionsgrenzen haben wir uns entschieden, nach zwei Jahren den Opel Astra Sports Tourer noch einmal zum Test vorfahren zu lassen – diesmal mit dem überarbeiteten stärksten Dieselmotor, der wie nun auch alle anderen im Astra zum Einsatz kommenden Motoren die Euro 6d TEMP erfüllt.
Bereits der kleinere Diesel im letzten Test hatte uns im Sommer 2016 positiv überrascht und konnte uns überzeugen. Nun wollen wir in diesem Fahrbericht den 1.6-Liter mit Bi-Turbo und 150 PS genauer unter die Lupe nehmen.
Exterieur und Interieur
Hier gab es seit dem letzten Test keine sichtbaren Änderungen und das ist auch gut so. Von außen bleibt der Kombi nach wie vor der eher unscheinbare Begleiter, der weder durch extrovertiertes Design noch durch andere Auffälligkeiten aus der breiten Masse heraussticht. Pragmatismus ist in dem Falle aber nicht negativ belastet, denn eine entsprechende Zeitlosigkeit wohnt dem Astra Sports Tourer inne, mit der er, wie bereits vor zwei Jahren, immer noch modern und frisch aussieht.
Im Innenraum des Opel Astra Sports Tourer ist es neben dem Einsatz von ansprechenden Materialien und deren sauberen Verarbeitung vor allem das schnelle Zurechtfinden, was uns immer wieder erfreut. Alles findet man dort, wo man es vermutet und auch die Bedienung birgt weniger Fragen als Antworten – auch ohne Opel-Affinität.
Von den Sitzen in diesem Astra gehört nur der des Fahrers zur AGR-konformen Riege und konnte entsprechend gute Komfortreserven vorweisen. Verstellbare Beinauflagen, Lordosenstütze und einer Höhenverstellung sei zusätzlich dank.
Die beim letzten Test auffällig straff schließende Heckklappe lässt sich in diesem Modell deutlich einfacher, mit weniger Kraftaufwand bedienen. Kunststück, dieser Kombi besitzt die optionale, elektrisch betätigte Heckklappe plus der– hier übrigens durchweg zuverlässig funktionierende – Gestensteuerung per Fußschwenk. Beide Optionen können wir wärmstens empfehlen.
Schlussendlich ist der großzügige Laderaum einer der Joker des Opel Astra Sports Tourer. Bis zu 1.630 Liter Volumen lassen auch den ausgedehnten Urlaub ruhigen Gewissens planen.
Motor & Fahreigenschaften – Sauberer und schneller
Die größte Änderung ist in der Motorisierung zu finden. Der überarbeitete 1.6-Liter-Reihenvierzylinder mit Bi-Turboaufladung leistet zwar zehn PS weniger, läuft aber zum einen sogar schneller – nun 222 km/h anstelle 218 km/h – und zum anderen erfüllt der Diesel nun die strenge Euro 6d-TEMP-Norm dank SCR-Kat. Beim maximalen Drehmoment von 350 Newtonmetern ist es geblieben.
Soweit die Daten auf dem Papier. Wie verhält sich der saubere Diesel in der Praxis? Sehr agil, das fällt von Anbeginn auf. Der Selbstzünder hängt aufmerksam am Gas und zündet sehr zeitig sein Drehmomentfeuerwerk, wodurch man den Kombi überwiegend untertourig fahren kann, ohne jemals dem Gefühl von Leistungsdefiziten zu verfallen.
Ein leichter Hang zum Raubein mit teils brummigen Charakterzügen lassen einen die Verbrennungsart des Motors akustisch leicht identifizieren. Doch dieser burschikose Werkeln ist nicht so stark, dass es den Insassen zur Last fallen könnte.
Gemeinsam mit dem etwas straff ausgelegten Fahrwerk wirkt der Astra dadurch kühl berechenbar, kräftig und außerdem sehr sicher. Auch bei hohen Geschwindigkeiten überzeugte uns der geruhsame Geradeauslauf sowie die bei kurvigen Strecken sehr neutrale Charakteristik des Fronttrieblers.
Die Bremsen lassen sich gut dosieren, könnten einen etwas klareren Druckpunkt besitzen, aber ließen sich auch bei starker Beanspruchung nicht an ihre Grenzen bringen.
Vortrefflich passt auch das Sechsgang-Schaltgetriebe zu diesem Motor und splittet die einzelnen Gänge perfekt abgestimmt auf das Leistungsspektrum ab. Somit schwimmt man mit dem Opel Astra Sports Tourer nicht nur innerstädtisch und über Land problemlos im Verkehr mit, sondern macht auch auf der Autobahn bis Tempo 180 eine überraschend gute Figur. Erst darüber wird es zunehmend zäher und ab 200 km/h benötigt man schon viel Anlauf, um auch die Endgeschwindigkeit von 222 zu erreichen. Der Tacho zeigt dann stolze 231 km/h.
In unseren Testfahrten hielt sich auch der Verbrauch des Rüsselsheimers in zurückhaltenden Dimensionen. Bei zügigen 140 bis 160 auf der Bahn, genehmigt sich der Kombi 6,2 Liter, bei defensiver Fahrweise über Landstraßen waren es sogar nur 4,2 Liter und bei Vollgasfahrt – also Gaspedal bis Anschlag und das durchgehend – nahm sich der Bi-Turbo 7,8 Liter zur Brust. Im gesamten Drittelmix standen 5,5 Liter auf der Uhr. Aus unserer Sicht allesamt vorbildliche Verbrauchswerte.
Ausstattung, Komfort, Sicherheit
Auch hier gibt es kaum Änderungen zum Testkandidaten vor zwei Jahren und das ist in den meisten Fällen auch vollkommen in Ordnung. Lediglich der bei Regen verrücktspielende Totwinkelwarner ist auch aktuell noch ein Ärgernis. Sobald es dank Niederschlag richtig nass draußen wird, meldet sich der Totwinkelassistent immer wieder grundlos und gibt dauernd Falschmeldungen von sich. Nicht selten wird er sogar daueraktiv und lässt beidseitig die Warnlämpchen in den Außenspiegeln durchgehend erleuchten.
Gefreut haben wir uns dagegen über den gut auflösenden Touchscreen, das nun gestochen scharfe Bild der Rückfahrkamera, die homogene und schnelle Lenkrad- und Sitzheizung, die superhellen und weitreichenden LED-Scheinwerfer sowie den souverän agierenden, sehr flüssig im Verkehr mitspielenden, adaptiven Tempomat. Dieser bleibt auch während der Schaltvorgänge des manuellen Getriebes aktiv, kann aber aus selbigem Grund keine Stop-und-Go-Funktionalität bieten.
Die Klimaautomatik arbeitet kraftvoll, der Sonnenstandsensor arbeitet jedoch nicht zuverlässig. Das bedeutet, dass bei starker Sonneneinstrahlung – vor allem morgens und abends, bei schrägstehender Sonne – zusätzlich eine manuelle Regulierung erfolgen muss, da die Kühlung sonst nicht ausreicht.
Eine andere Charakteristik der Klimaautomatik ist dagegen bemerkenswert hilfreich: Beginnt oder erhält man einen Anruf über die Bluetooth-Freisprecheinrichtung, reduziert die Klimaanlage für diese Zeit die Lüfterdrehzahl automatisch, sodass die Verständigung bedeutend besser ist, als im Dauerrauschen des Lüfters. Das fiel uns mehrfach positiv auf.
Die Navi 900 IntelliLink arbeitete in diesem Testfahrzeug – insbesondere bei Nutzung der Routenführung – zuverlässiger und leistete sich diesmal keine Fehlinterpretationen.
Die Parksensoren reagierten im getesteten Opel Astra Sports Tourer mit etwas Verzögerung. Aus diesem Grunde sollte man Park- und Rangiervorgänge äußerst vorsichtig und sehr langsam durchführen.
Das Standard-Soundsystem versorgte uns beim Test mit einem ausreichenden Klangbild und sicherte durch diverse Schnittstellen für ein breites Spektrum an Möglichkeiten für Musikquellen. Beachten sollte man, dass das System USB-Speicher nur bis maximal 8 GB erkennt. Größere Speicher werden geflissentlich ignoriert. DAB war hier nicht an Bord, kann aber optional konfiguriert werden.
Varianten und Preise des Opel Astra Sports Tourer
Hier fällt zunächst der gestiegene Preis der Basisversion auf. Nunmehr 18.995 Euro werden für den Opel Astra Sports Tourer mindestens fällig, 735 Euro mehr als noch vor zwei Jahren.
Anstatt sechs, gibt es nun sieben Ausstattungslinien und zu den bisherigen gibt es jetzt eine neue Topvariante namens „Ultimate“.
Bei den Motoren erfüllen nun alle die Euro 6d-TEMP-Norm und bei den Dieseln gibt es den 1.6-Liter in drei Leistungsklassen, von 110 über 136 bis 150 PS. Als Benziner stehen ein 90 PS starker 1.0-Liter Dreizylinder, zwei 1.4-Liter Vierzylinder mit 125 und 150 PS und ein 1.6-Liter Vierzylinder mit 200 PS zur Verfügung.
Auch ein Erdgasmodell, der 1.4-Liter ECOTEC CNG mit 110 PS, wird angeboten.
Je nach Motorisierung werden entweder manuelle Fünf- oder Sechsganggetriebe sowie eine 6-Sufen-Automatik angeboten.
Fazit – Ein(e) Diesel Kombi(nation)
Nach wie vor glänzt der Opel Astra Sports Tourer durch seine pragmatische und funktionelle Charakteristik. Er besticht mit einem überdurchschnittlichen Platzangebot und modernen Assistenzsystemen sowie diversen Komfortmerkmalen. Er verzichtet bewusst auf großes Design-Tamtam und setzt auf konventionelle, weil zeitlose Aspekte. Dabei wirkt er auch nach zwei Jahren, die zwischen unserem ersten Test und heute vergangen sind, genauso frisch wie damals.
Mit dem sauberen Dieselantrieb zeigt Opel zudem, dass man auch heute noch mit reinem Gewissen zu einem Diesel greifen kann und dabei alle Vorzüge des Selbstzünders genießt. Hoher Drehmoment und niedriger Verbrauch – auch im Volllastbereich – grenzen ihn weiterhin zum Benziner ab und sichern ihm einen festen Platz in der Motorenpalette. Pendler und Vielfahrer sollten sich daher den Selbstzünder unbedingt genauer ansehen.
Zukunftssicherheit garantieren neben der Erfüllung der strengen Abgasnorm auch die vielen Ausstattungshighlights wie das IntelliLux LED-Licht oder das Navi 900 IntelliLink-Entertainmentsystem – um nur einige zu nennen.
Ein Wermutstropfen bleibt, wie so oft bei so vielen Mittelklassemodellen: Die Auspreispolitik erfordert ein genaues Abwägen, was man im Rüsselsheimer benötigt und was nicht. Denn hierdurch kann man sehr schnell seine Budgetgrenzen erreichen und mühelos auch durchbrechen.
Text / Fotos: NewCarz
Kamera: Canon EOS 6D
Technische Daten: Opel Astra Sports Tourer INNOVATION
Farbe: Argon Silber Metallic
Länge x Breite x Höhe (m): 4,70 x 1,87 (2,04 mit Außenspiegel) x 1,51
Radstand in mm: 2.662
Motor: Vierzylinder Bi-Turbodiesel ecoFlex
Leistung: 110 kW (150 PS) bei 5.000 rpm
Hubraum: 1.598 ccm
Max. Drehmoment: 350 Nm bei 1.500 – 2.250 rpm
Getriebe: 6-Gang-Getriebe manuell
Antrieb: Front
Verbrauch kombiniert (WLTP-Zyklus): 5,2 – 4,9 L/100 km
Durchschnittsverbrauch (NewCarz): 5,6 L/100 km
CO2-Emissionen (Herstellerangabe): 137 g/km
Abgasnorm: Euro 6d-TEMP
Höchstgeschwindigkeit: 222 km/h
Beschleunigung von 0 auf 100 km/h: 9,2 Sekunden
Leergewicht: 1.288-1.456 kg
Laderaumvolumen: 540 – 1.630 Liter
Kraftstofftank: 48 Liter
Kraftstoffart: Diesel
Neupreis des Testwagens: ca. 35.960 Euro (ohne Ausstattungsoptionen INNOVATION ab 30.410 Euro)
Unser Chefredakteur erstellt seit 2015 schwerpunktmäßig Fahrberichte und testet alle Fahrzeuge akribisch – mit Liebe zum Detail – auf Herz und Nieren. Dabei entgeht ihm nichts. Seine Objektivität bewahrt er dabei kompromisslos. Robertos Spezialgebiete sind neben SUVs und Kombis die alternativen Antriebskonzepte. Sein Herz schlägt aber auch gern im V8-Takt.