In seiner achten Generation zeigte uns der Rolls-Royce Phantom eine wahre Heerschar an Superlativen, von denen nicht wenige erstaunlicherweise so gar nicht in die Klischees rund um die Königsklasse der automobilen Zunft passen wollten.
In einem Erstkontakt widmen wir uns dem Rolls-Royce Phantom in der Extended Wheelbase Version EWB – die gut 20 Zentimeter längere Version des Luxusliners, welche seit jeher, und daher auch mit diesem neuen Modell den Status als weltbeste Limousine beansprucht.
Exterieur – Beständigkeit trifft Moderne
Vertrautheit und bestätigte Erwartungshaltung – beides erwecken von Anbeginn die Blicke auf das opulente und wunderschöne Karosseriekleid des Referenzmodells aus dem englischen Goodwood. Dabei verliehen die Designer dem Rolls-Royce Phantom einen clever geführten Lidstrich der Moderne, ohne dabei traditionelle Werte in seinen Grundfesten zu erschüttern.
Im Jahre 2025 darf die königlich geweihte Luxuslimousine ihren 100. Geburtstag feiern und positioniert sich nicht nur aufgrund ihres Alters und der damit verbundenen Traditionen sowie Titel an die Spitze aller zur Verfügung stehenden Limousinen dieser Welt, sondern zeigt sich auch optisch als einzig wahrer Thronfolger der vorhergehenden sieben Generationen.
Knapp unter sechs Meter blieb die Länge der Extended-Wheelbase-Version des Rolls-Royce Phantom und damit etwas kürzer als sein Vorgänger. Optisch fällt das rein gar nicht auf – im Gegenteil. Streckend wirkende Linienführungen verleihen dem Anwesen auf Rädern die entsprechende Außenwirkung.
Der Vorteil dieser Unterschreitung der Sechs-Meter-Grenze liegt auf der Hand: Als wichtiger Markt erhebt das Land der Mitte hier einen Anspruch: In China gelten Fahrzeuge ab einer Gesamtlänge von sechs Metern als Lastkraftwagen und dürfen nur mit einem ebensolchen Führerschein gefahren werden.
Unverkennbar zeigt sich die chromblitzende Front mit dem massiven Frontgrill, der die schier endlose Weite der dahinter folgenden Motorhaube einläutet. Natürlich residiert an dessen Spitze – elektrisch aus dem chromgeweihten Tempel emporfahrend – die Spirit of Ecstasy. Umgarnt wird dieses Ensemble durch flachgehaltene, moderne LED-Scheinwerfer, deren jugendlicher Esprit der adligen Limousine ausgezeichnet steht.
Die für Rolls-Royce typischen und damit unverkennbaren gegenläufig öffnenden Türen von der Größe eines befahrbahren Portals beherrschen gemeinsam mit elegant ins Gesamtbild eingebetteten Radhäusern die Seitenlinie, wobei gewaltige 22-Zoll-Räder ebendiese standesgemäß ausfüllen. Aufrecht und damit vollkommen der Maxime folgend, zeigen sich die A- und C-Säulen, wodurch maximales Raumgefühl im Innenraum als gesichert gelten darf.
Die Heckansicht erinnert noch am stärksten an eine traditionelle Formgebung des Rolls-Royce Phantom. Dabei fließt der opulente Deckel des Kofferraums förmlich nach unten und wird von ovalen Heckleuchten umgarnt, deren Innenleben mit moderner LED-Technik gefüllt wurde. So markant wie elegant runden die beiden massiven Endrohrblendungen die Heckansicht des Nobelbriten ab.
Well done zum Gesamtbild zu sagen wäre an dieser Stelle fast eine Beleidigung. Exzellent, Eure Hoheit! Mehr Moderne würde aus unserer Sicht dem Rolls-Royce Phantom äußerlich auch nicht unbedingt stehen. Die vorsichtige, aber auf den Punkt gebrachte Verjüngungskur passt so perfekt, wie eine Pavé-Fassung für einen Brillianten im Reichsapfel seiner Majestät.
Interieur – Die vollkommene Entkopplung
Es gleicht einer Reise in eine andere Welt, wie einem Lossagen von allem, was außerhalb dieses Rolls-Royce Phantom existiert. Nicht nur die fast unheimlich wirkende Ruhe, die einen nach dem – elektrisch per Knopfdruck – Verschließen der Türen schier überfällt. Nein, es ist das Konglomerat aus Sinneswahrnehmungen, der Duft nach edelstem Leder, die Symphonie an Materialien, die dem Auge des Betrachters in jedem Winkel, jeder Nische und mit jedem Detail schmeicheln.
Vorne findet eine Liaison statt, aus High-Tech in Form von einem volldynamischen Cockpitdisplay oder dem hochauflösenden Screen, mit stilsicherer Inklusion von einer Prise Kunstgalerie, einer First Class Lounge und dem erhabenen Gefühl der grenzenlosen Vertrautheit des eigenen Heimes.
Dreidimensional und hinter Glas darf der glückliche Besitzer eines Rolls-Royce Phantom seine ganz individuelle Note in seinem Gefährt unterbringen – in der sogenannten „Gallery“. Dazu kommen wir später noch genauer.
Auf den beiden hinteren Plätzen findet die endgültige Entkopplung aus der Realität statt. Anschmiegsames Leder umschmeichelt die Passagiere, denen durch eine fast grenzenlos erscheinende Beinfreiheit jegliches Gefühl genommen wird, in einem Auto unterwegs zu sein. Selbstredend stehen sowohl Entertainmentoptionen, wie auch Erfrischungen aus dem bordeigenen Kühlschrank jederzeit zur Verfügung, während die Füße auf dicken Lammfellteppichen ruhen.
Dem Dachhimmel geben eine Vielzahl von Leuchtelementen die ultimative Namensberechtigung für einen Sternenhimmel.
Luxus und Erhabenheit
Wie sollte es anders sein – in einem Rolls-Royce gibt es hiervon im Überfluss – ganz besonders im Flaggschiff Phantom. Schließlich ist es die Firmenphilosophie, dass heute wie bereits 1925 den Anspruch erhebt, das beste Automobil der Welt zu bauen.
Als eines der Highlights im neuen Modell gilt mit Sicherheit die bereits angesprochene „Gallery“ – übrigens einmalig auf der ganzen Welt. In der Instrumententafel, zwischen den Lüftungsdüsen herrscht Kunstanspruch höchster Güte.
Der Hersteller empfiehlt für ein solches persönliches Markenzeichen hinter Glas zum Beispiel ein Ölgemälde oder ein Blumenbouquet aus Porzellan. Auch die eigene DNA-Struktur aus massivem Gold wäre denkbar, oder wie wäre es mit einer 3D-Darstellung der Galaxis aus Gold und Diamanten? Es ist fast alles möglich auf den 1.600 Quadratzentimetern zu platzieren, welche für diesen Zweck zur Verfügung stehen.
Dreh- und Angelpunkt des Rolls-Royce Phantom ist natürlich die zweite Sitzreihe. Wer ein solches Fahrzeug besitzt, lässt sich auch gerne fahren. Als Gestühl sieht der Hersteller hier entweder Loungesessel oder Liegesitze vor.
Letztere eignen sich wahrscheinlich am besten zum Betrachten des dekorativen Sternenlichts im Dachhimmel, der aus 1.200 einzelnen Leuchtpünktchen besteht und den man übrigens auch so konfigurieren lassen kann, dass er im persönlichen Sternbild erleuchtet – beeindruckend und entzückend zugleich.
Diese Gesamtkomposition aus Noblesse, Komfort und Entertainment ist wahrlich schwer in Worte zu fassen – man muss es einfach erleben.
Es geht noch weiter. Die Zubehörliste ist schier endlos und es gibt so gut wie nichts, was nicht möglich wäre. Doch es gibt bereits ohne überschwenglichen Individualismus jede Menge avantgardistischer Dinge, welche man als Rolls-Royce-Besitzer durchaus haben möchte und vielleicht auch sollte.
Eines dieser erhabenen Dinge ist ein handgearbeiteter Picknickkoffer mit entsprechenden Utensilien für vier Personen. Darin stecken über 1.500 Stunden Handarbeit, Sattelleder, handpoliertes Aluminium und feinstes Teakholz. Für den Gegenwert dieses exklusiven Stücks, welches perfekt in den Kofferraum des Rolls-Royce Phantom passt, erhält man auch gut und gerne vier (!) Dacia Sandero.
Doch mit keinem dieser Kompaktwagen könnte man ein derart stilvolles Picknick ausrichten. Für Phantombesitzer fast schon ein must have.
Motor und Fahreigenschaften
In einem Rolls-Royce Phantom kann nur ein standesgemäßes Herz schlagen – so bleibt es dann auch in achter Generation, wenn auch mit einem Unterschied. Der seidenweiche 6,75-Liter-V12 wird im neuen Modell dank zweier Turbolader ordentlich unter Druck gesetzt. Dadurch steigt die Leistung um 111 PS gegenüber dem Vorgänger auf nun 571 PS. 900 Newtonmeter maximales Drehmoment liegen bereits ab 1.700 Touren an. Doch der Reihe nach.
Nachdem man auf dem Fahrersitz Platz genommen und den Startknopf aktiviert hat, erfolgt unverzüglich Kinnladenfall Nummer eins: Man hört schlichtweg nichts. Der Rolls-Royce Phantom gilt nicht umsonst als das leiseste Auto der Welt.
Laut Hersteller wurde die Geräuschentwicklung bei einer Geschwindigkeit von 100 km/h nochmals um zehn Prozent zum Vorgänger reduziert. Dabei wurden nicht weniger als 130 Kilogramm Dämmmaterialien verbaut und sogar die Bereifung erhielt innen eine Ausschäumung, welche die Abrollgeräusche auf ein Minimum reduziert.
Der nächste Kinnladenfall erfolgt prompt beim Ausparken und rangieren durch enge Gassen: Die neue Allradlenkung – ein Novum beim Rolls-Royce Phantom – lässt die stattliche Sechsmeter-Limousine so handlich wirken, wie einen Mittelklassewagen. Unfassbar, wie unaufgeregt man diese 2,6 Tonnen um enge Kehren oder spitzwinklige Kurven manövrieren kann. Dabei lenkt die Hinterachse bis 60 km/h entgegen, über 60 km/h analog der Vorderachse.
Die dadurch suggerierte Leichtfüßigkeit des Phantom VIII ist so unerwartet wie phänomenal zugleich. Während die grandiose Luftfederung allesamt möglichen Unzulänglichkeiten der Fahrbahnbeschaffenheit hinwegbügelt und die Insassen auch während der Fahrt vollends vom Rest der Welt zu entkoppeln vermag, säuselt der Zwölfzylinder seine Kraft wie durch Teleportation von irgendwo außerhalb dieses Universums an die Hinterräder. Vertikalbewegung der Kinnlade Nummer drei.
Wenn man die Kraft des Zwölfenders abfordert, lässt der Rolls-Royce Phantom seinen edlen Frack kurz über den Ellbogen gefaltet und zeigt eindrucksvoll, zu was er auch in der Lage ist. Nur 5,4 Sekunden lässt er vergehen, wenn er mit ans Bodenblech beordertem Gaspedal aus dem Stand die 100-km/h-Marke erstürmt. Nach 250 km/h ist mit dem Vortrieb Schluss – dank elektronischer Begrenzung.
Übrigens weiß ein Rolls-Royce Phantom jederzeit bereits vorab, was für Fahrbahneigenschaften das Fahrwerk zu bewältigen hat. Eine Stereokamera nimmt zu diesem Zwecke kontinuierlich die vorauslaufende Fahrbahn auf, wertet diese Aufnahmen aus und stellt das Fahrwerk entsprechend ein.
Dem noch nicht genug, gleicht die samtweich schaltende 8-Stufen-Automatik aktuelle GPS-Daten mit der aktuellen Fahrsituation ab und reagiert dadurch frühzeitig auf bevorstehende Aktionen wie Kurvendurchfahrten, Steigungen und vieles mehr.
Da es sich hier um einen Erstkontakt handelt, können wir beim Thema Verbrauch keine validen Daten angeben, da die Teststrecke hierfür einfach zu kurz ausfiel und die Fahrcharakteristik zu einseitig verlief. Ganz grob lässt sich an der Stelle festhalten, dass der Verbrauch – welch Überraschung – stark vom Fahrverhalten abhängt und sich im Falle des Rolls-Royce Phantom grundsätzlich im zweistelligen Bereich bewegt. Doch das wird keinen Besitzer eines Phantom wirklich stören.
Varianten und Preise des Rolls-Royce Phantom
Man muss kein überaus belesener Zeitgenosse sein, um zu erahnen, dass das Fahrzeug, welches den unangefochtenen ersten Platz unter allen Luxuskarosserien beansprucht, kein Schnäppchen sein kann.
Und so sind für einen Rolls-Royce Phantom mindestens 446.250 Euro fällig. Netto, versteht sich. Wenn es eine Version mit verlängertem Radstand werden soll, wie die hier getestete Extended Wheelbase, werden noch einmal knapp 80.000 Euro zusätzlich fällig. Mit entsprechender Individualisierung, frei nach persönlicher Wunschliste, kann man den Preis nochmals locker um eine Doppelhaushälfte erweitern.
Jedoch genau das macht einen Rolls-Royce Phantom aus – unbegrenzte Individualität und Einzigartigkeit, welche man ansonsten vergeblich sucht.
Fazit – Nieder mit Klischees! Es lebe die Tradition!
Das neueste Flaggschiff aus dem Hause Rolls-Royce kann wiederholt beweisen, dass sich Tradition nicht unbedingt mit Klischees verbinden lassen müssen. Eine außen dezente und angemessene Modernisierung lässt die vitale Wirkung der Luxuslimousine konzedieren, während im Innenraum wahrhafter Luxus, wie in einer anderen, einer Traumwelt herrscht.
Dazu kommt der mannigfaltige Einzug aktueller Technologien in Form von modernsten Assistenzsystemen wie Nachtsichtkamera, Spurhalte- und Wechselassistenten, Müdigkeitserkennung und ein vollfarbiges Headup-Display. Auch beim Thema Konnektivität weiß der neue Rolls-Royce Phantom zu überzeugen und beherrscht neben WLAN sämtliche bekannte Schnittstellen und erkennt auch alle aktuellen Mobilgeräte. So mundet das Gläschen Champagner aus dem Kühlschrank hinter der Mittelarmlehne auf Reihe zwei gleich nochmal so gut.
Die unerwartete Handlichkeit in Verbindung mit der kraftvollen Motorisierung wird durch einen Fahrkomfort perfektioniert, der seinesgleichen sucht. Nobler und komfortabler kann man kaum mobil sein.
Der Preis für einen Rolls-Royce Phantom ist gegenüber einem herkömmlichen Auto erwartungsgemäß exorbitant. Anschaffungs- und Unterhaltskosten spielen bei einem solchen Fahrzeug jedoch eh nur untergeordnete Rollen.
Der Rolls-Royce Phantom EWB wurde uns für diesen Test freundlicherweise von der Thomas Exclusive Cars GmbH in Radebeul/Dresden zur Verfügung gestellt. Wir möchten uns an dieser Stelle für die freundliche und professionelle Betreuung durch die Rolls-Royce Motor Cars Dresden herzlich bedanken.
Text/Fotos: NewCarz
Kamera: Canon EOS 6D
Technische Daten: Rolls-Royce Phantom Extended Wheelbase
Farbe: Beladonna Purple
Länge x Breite x Höhe (m): 5,98 x 2,02 x 1,66
Radstand in mm: 3.772
Motor: V12 Bi-Turbo Ottomotor
Leistung: 420 kW (571 PS) bei 5.000 rpm
Hubraum: 6.749 ccm
Max. Drehmoment: 900 Nm bei 1.700 rpm
Getriebe: 8-Gang-Automatik
Antrieb: Heck
Verbrauch kombiniert (NEFZ-Norm): 13,9 L/100 km
Durchschnittsverbrauch (NewCarz): 17,3 L/100 km
CO2-Emissionen (Herstellerangabe): 319 g/km
Abgasnorm: Euro 6
Höchstgeschwindigkeit: 250 km/h (abgeregelt)
Beschleunigung von 0 auf 100 km/h: 5,4 Sekunden
Leergewicht: 2.610 kg
Kraftstofftank: 90 Liter
Neupreis des Testwagens: ca. 650.000 Euro
Unser Chefredakteur erstellt seit 2015 schwerpunktmäßig Fahrberichte und testet alle Fahrzeuge akribisch – mit Liebe zum Detail – auf Herz und Nieren. Dabei entgeht ihm nichts. Seine Objektivität bewahrt er dabei kompromisslos. Robertos Spezialgebiete sind neben SUVs und Kombis die alternativen Antriebskonzepte. Sein Herz schlägt aber auch gern im V8-Takt.
4 thoughts on “Rolls-Royce Phantom VIII Test – Superlative aus Tradition”