Als vor fünf Jahren die neue Alfa Romeo Giulia auf den Markt kam, erntete diese Limousine viel Anerkennung und Lob.
Kein Wunder, denn kein geringerer als Ferraris Design-Matador Lorenco Ramiacotti zeichnete sich für das Design der Giulia verantwortlich. Ramiacotti entwickelte unter anderem auch das Design vom Ferrari Enzo oder dem Ferrari 456 GT.
Letztes Jahr gab es ein Facelift für die Italienerin – Zeit für einen Test. Wir fuhren die Limousine als „Veloce“-Ausstattung mit dem 280 PS starken Vierzylinder Turbobenziner – erstmals auch mit Heckantrieb. Fahrbericht.
- Die Giulia von außen
- Der Innenraum im Detail
- Motor und Fahreigenschaften
- Ausstattung, Komfort, Sicherheit
- Varianten und Preise
- Fazit
- Pro & Contra
- Technische Daten
Die Alfa Romeo Giulia von Außen
Die Modellpflege beinhaltete nur wenige Punkte zur Änderung am Design – das ist kein Fehler, denn die Giulia besitzt immer noch jede Menge italienisches Temperament und Flair in ihrem Aussehen. So finden sich auch weiterhin alle typischen Merkmale eines Alfa an dieser Limousine.
Der traditionelle, markentypische Frontgrill ist eines dieser unverkennbaren Zugehörigkeiten, die alle Alfisti so lieben und schätzen. Insgesamt ist die Giulia eine dynamische Limousine mit einer zum Heck ansteigenden Gürtellinie, die in der Seitenperspektive mit betonten Radhäusern und 19-Zoll-Rädern auf extravagant gezeichnetem Felgendesign für entsprechenden Eindruck sorgt.
Das coupé-artig verlaufende Dach unterstreicht den ambitionierten Ton, den ein Alfa stets mit sich führt. Am Heck erwarten den Betrachter zwei markante Endrohre als Hinweis auf das Potenzial der Giulia sowie eine hübsche Lichtsignatur der horizontal flach verlaufenden Rückleuchten.
In Summe ist das Design der Giulia zeitlos, wenngleich nicht mehr ganz taufrisch anmutend, ist es dennoch erstaunlich, wie zeitgemäß ein Modell fünf Jahre nach dessen Einführung noch aussehen kann. Italienisches Design ist hierfür – wieder einmal – ein Garant.
Das Interieur im Detail
Deutlich mehr Aufsamkeit widmete man dem Innenraum der Alfa Romeo Giulia bei der letzten Modellpflege. Besonders beim Materialeinsatz hat man im italienischen Werk nahe der Stadt Cassino deutlich mehr auf die Wertigkeit dieser geachtet.
Dadurch erhält das Interieur ein sehr wertig anmutendes, edles Flair und besticht zudem mit einer tadellosen Verarbeitung. Nichts knarzt, nirgendwo knirscht es bei diesem tollen Materialmix. Das Leder leuchtet in einem warmen Braunton namens „Veloce Tabacco“, Softtouch-Oberflächen werden von Metalldekor in Szene gesetzt.
Dass sogar die Instrumententafel sowie die Türverkleidungen mit Leder appliziert wurden, ist einem entsprechenden Paket zu verdanken, dessen Preis mit 1.200 Euro aus Sicht der Redaktion vollkommen in Ordnung geht und die edle Anmutung der Limo nochmals intensiv erweitert.
Das Lenkrad ist ebenfalls neu und der Zentralbildschirm wurde mit der Modellpflege auch größer. Die Sitze bieten dank ausgeprägter Konturierung jede Menge Seitenhalt und überzeugen auch mit ihrer hervorragenden Polsterung. Selbst längere Etappen sitzt man im wahrsten Sinne des Wortes völlig problemlos aus.
Auf den Fondsitzen geht es platztechnisch durchschnittlich zu und entspricht im Großen und Ganzen den Erwartungen an eine Mittelklasselimousine. Beim Kofferraum bietet die Italienerin exakt das gleiche Volumen wie ein BMW 3er: 480 Liter passen hier hinein und dank einer Durchlademöglichkeit sowie der zweiteilig umklappbaren Rückenlehnen der Rücksitzbank, ist die Praktikabilität sehr umfangreich.
Motor und Fahreigenschaften – Gut im Futter
Der 2.0-Liter Turbobenziner wurde bei der Modellpflege nur leichten Modifikationen unterzogen, die allesamt zur Einhaltung der Emissionsvorschriften notwendig waren. Die Leistung blieb derweil unangetastet.
So leitet der Vierzylinder weiterhin 280 PS sowie 400 kräftige Newtonmeter an eine 8-Gang-Automatik weiter, von der die Antriebskraft im Falle des Testwagens an die Hinterachse gelangt – dieser Heckantrieb ist übrigens erst seit der letzten Modellpflege erhältlich; vorher gab es die 280-PS-Variante nur mit dem Allradantrieb Q4. Das Drehmoment ist in seiner maximalen Ausprägung bereits ab 2.250 Touren verfügbar.
Der Vortrieb ist jederzeit abrufbar und dabei vehement, die Giulia steht in allen Lebenslagen richtig gut im Futter. Die Automatik besitzt eine sehr exakte Schaltcharakteristik und arbeitet im normalen Fahrmodus praktisch im Hintergrund. Wechselt man in den Sportmodus – dieser heißt hier „d“ – schaltet das Getriebe die acht Stufen knackig schnell und reguliert beim Runterschalten die Motordrehzahl mit Zwischengas – toll!
Die großen, feststehenden Schaltwippen behindern zwar manchmal das Betätigen des Blinkerhebels, bringen aber bei deren Nutzung einen riesigen Fahrspaß. Eine kleine Verzögerung von maximal zwei Millisekunden hat man schnell im Schaltspiel integriert und kann dann die acht Gänge zackig knackig über diese Wippen dirigieren.
Neben dem Fahrprogramm „d“ als sportliche Abstimmung, gibt es noch „n“ für den normalen, alltäglichen Einsatz sowie „a“ für das besonders effiziente Vorankommen. „dna“ – Wie auch im Stelvio werden also die Fahrmodi benannt.
Die sehr präzise Lenkung vermochte die Limousine in so feingranularer Natur auf Linie zu halten, dass es eine Wonne war, jeden Kurvenscheitelpunkt wie mit einem Filetiermesser zu entzweien. Gepaart wurde dieses scharfe Navigationsmittel mit einem Fahrwerk, welches zwar angenehm straff, aber weit entfernt von jeder unkomfortablen Note einzuordnen war. Selbst schlechte Fahrbahnzustände inklusive Schlaglöcher und Querfugen konnten die Giulia nicht aus der Reserve locken.
Knochenharte Federung? Fehlanzeige! Das Komfortniveau liegt sogar über dem eines BMW 3er, der zwar die Kurvenhatz noch eine Spur exakter und unaufgeregter absolviert und dadurch unterm Strich auch schneller ist, dabei allerdings die emotionale Ebene nicht so intensiv bedienen kann, wie diese Giulia. Es ist ihr leichter Hang zur Diva, wenn es in den Grenzbereich geht und die Limousine ständig vom Über- ins Untersteuern wechseln will und am Ende auch mal über alle Viere schiebt.
Das erlebt man aber nur, wenn man ihn richtig rannimmt und alle Helferlein ausschaltet. Dann funktioniert es auch mit dem Driften, was bei aktiviertem ESP & Co. kaum realisierbar ist. Andererseits behält der Hecktriebler mit elektronischer Unterstützung erstaunlich lang seine Traktion.
Der Klang der Giulia ist kernig und durchaus charismatisch, jedoch niemals aufdringlich oder gar prollig. Im Normal-Modus bleibt die Italienerin fast vollständig im akustischen Hintergrund. Aus dem Stand beschleunigt die Alfa Romeo Giulia in 5,7 Sekunden auf Tempo 100. Mit Allrad soll dies noch eine halbe Sekunde schneller verlaufen. Die Höchstgeschwindigkeit beträgt 240 km/h – laut GPS waren es beim Testwagen echte 242 km/h.
Beim Verbrauch konnte die Limousine auch punkten. Denn mit 8,5 Litern auf 100 Kilometern im Schnitt, ist man in einem solchen Auto in dieser Leistungsklasse tatsächlich gut bedient. Auf unserer Sparrunde wurde im Fahrmodus „a“ bei defensiver und vorausschauender Fahrweise sogar ein Durchschnitt von nur 6,1 Litern auf 100 Kilometern erreicht. Wer es permanent krachen lässt, muss dagegen wenig verwundernd mit zweistelligen Werten rechnen.
Ausstattung, Komfort, Technik
Die Ausstattung „Veloce“ steht als zweithöchste Variante bei der Giulia und besitzt entsprechend serienmäßig einen guten Ausstattungslevel. Neben den Sportsitzen gehören auch die drei Fahrprogramme als adaptive Fahrwerks- und Leistungsregelung dazu.
Auch die 19-Zoll-Räder sowie die 2-Zonen-Klimaautomatik gehören ab Werk in die Giulia, wenn man sie als „Veloce“ ordert. Die wirklich guten Bi-Xenon-Scheinwerfer mit einem leicht gelblichen, aber dafür absolut homogenen und weit reichenden Lichtteppich sorgen für ein hohes Maß an Sicherheit bei jeder Nachtfahrt.
Außerdem hat die Modellpflege diverse neue Assistenzsysteme in die Alfa Romeo Giulia gebracht. Dem zuverlässig und sanft agierenden adaptiven Tempomaten hat man zusätzlich einen Stau- und Autobahnassistenten verpasst, wodurch das Auto selbstständig die Spur hält und bis zum Stillstand bremst, um beim Anfahren des Vordermanns die Fahrt eigenständig wieder aufzunehmen.
Das entspricht der autonomen Fahrstufe des Levels zwei. Das funktioniert ausschließlich dann, wenn beide Hände am Lenkrad verbleiben.
Auch der aktive Spurhalte- und Totwinkelassistent sind seit dem Facelift an Bord und funktionierten im Praxistest zuverlässig und fehlerfrei. Viele der elektronischen Helfer können nun direkt vom neuen Lenkrad aus bedient werden.
Das Infotainment besitzt seit dem Facelift eine einfacher aufgebaute Bedienstruktur sowie eine konfigurierbare Anordnung der gewünschten Icons per Drag-and-Drop-Funktion. Das Smartphone ist in Windeseile per Bluetooth verbunden und die „Connected Services“ umfassen auch eine Appsteuerung, mit der man diverse Parameter des Autos aus der Ferne abrufen kann. Sogar eine Alarmfunktion ist verfügbar, wenn das Auto unbefugt geöffnet wird.
Den akustischen Part im Testwagen übernahm eine Soundanlage von Harman/Kardon, deren Klang sehr detailliert, um die Mitten eine Spur zu zaghaft, dafür aber lebhaft im Hochtonbereich zu beschreiben ist. Beim Hören von Livemusik gefiel das System am besten.
Die Klimatisierung gelang fast durchgängig zugfrei und die induktive Ladestation darf großes Lob beanspruchen, denn aufgrund der sehr schrägen Lage des Mobiltelefons in der Ladestation, konnte der Ladevorgang stets als unterbrechungsfrei abgehakt werden.
Varianten und Preise der Alfa Romeo Giulia
Die Giulia wird aktuell in vier Varianten angeboten:
- Super – Das Einstiegsmodell startet bei 42.500 Euro, besitzt bereits die Fahrdynamikregelung mit den Fahrprogrammen d,n,a und man nimmt auf elektrisch verstellbaren Komfortsitzen Platz. Alfa Connect inklusive Apple CarPlay und Android Auto gehören ebenso dazu wie ein 8.8-Zoll-Touchscreen.
- Lusso TI – Eine Stufe darüber startet die Giulia ab 49.000 Euro und bringt unter anderem die tollen Bi-Xenonscheinwerfer, Ledersitze, das Assistenzpaket 1 und eine Akustikverglasung ab Werk ins Spiel.
- Veloce – Als Sportvariante erhält die Limo Sportstoßdämpfer, eine Aktivfederung und Sportsitze – um nur einige Features zu benennen. Los geht es ab 53.000 Euro.
- Veloce TI – Die Topausstattung setzt noch eins drauf und besitzt obendrein diverse aerodynamische Elemente, Carbon-Dekor, Alcantara-Sportsitze und ein Performance-Paket für einen Mindestpreis von 67.500 Euro.
Als Antriebe kommen vier Motorenvarianten zum Einsatz: zwei Diesel und zwei Benziner. Als Benziner übernimmt ein 2.0-Liter Vierzylinder mit wahlweise 200 und 280 PS diese Aufgabe und als Diesel werkelt ein 2.2-Liter Vierzylinder mit 190 oder 210 PS in der Limousine.
Allrad wird nur in den Ausstattungen „Veloce“ und „Veloce TI“ angeboten und nur in Verbindung mit der jeweils stärksten Motorisierung.
Weiterhin gibt es die Giulia noch als Quadrifoglio – das ultimative Topmodell mit einem V6 Benzinmotor, der 510 PS leistet und aus dem Hause Ferrari stammt. Das Performance-Monster wird ausschließlich als Hecktriebler angeboten und kostet mindestens 86.000 Euro.
Fazit – Dynamiker mit Fernwehgarantie
Die Alfa Romeo Giulia präsentierte sich uns als emotionale und temperamentvolle Alternative in der Mittelklasse. Gegenüber den üblichen Verdächtigen wirkt sie für die Masse vielleicht etwas in die Jahre gekommen, doch rein fahrdynamisch ist sie nach wie vor up to date. Zudem ist ein Vierzylinder in dieser Leistungsklasse schon lang nicht mehr verpönt. Das zeigen die Konkurrenten wie der BMW 330i.
Neben seiner temperamentvollen Charakternote offenbarte uns diese Limousine auch eine ausgeprägte Langstreckentauglichkeit und eignet sich daher auch ideal für jede Fernreise sowie Urlaubsfahrten aller Art.
In diversen Punkten ähnelt die Giulia mal mehr, mal weniger dem BMW 3er. Man könnte daher durchaus sagen, es wäre die italienische Art der bayrischen Limousine. Doch ebendiese Art verleiht der Giulia ihren eigenen, ganz unerkennbaren Charakter und grenzt sie zuverlässig auch von ihrem süddeutschen Pendant ab. Alfisti wissen das besonders zu schätzen.
Die Ausstattung kann sich sehen lassen und das Gesamtpaket wirkt stimmig. Wer die Giulia auch viel im Winter bewegt, darf die Allradvariante Q4 in Erwägung ziehen. Und für eine leistungshungrige Klientel steht die Quadrifoglio bereit – wild, ungezähmt und ausschließlich mit Heckantrieb zu bekommen.
Pro und Contra
Pro:
- gute Fahrleistungen
- grandiose Lenkung
- auch langstreckentauglich
Contra:
- wirkt vereinzelt leicht angestaubt
Kamera: Canon EOS 5D Mark III
Technische Daten: Alfa Romeo Giulia 2.0 Turbo 16V Veloce
- Farbe: Blu Anodizzato Metallic
- Länge x Breite x Höhe (m): 4,65 x 1,86 (2,02 mit Außenspiegeln) x 1,44
- Radstand (mm): 2.820
- Antrieb: Vierzylinder Ottomotor mit Turbolader und OPF
- Hybridart: –
- Leistung: 206 kW (280 PS) bei 5.250 rpm
- Max. Drehmoment (Nm): 400 bei 2.250 rpm
- Hubraum: 1.995 ccm
- Getriebe: 8-Gang-Automatik mit Schaltwippen
- Antriebsart: Heck
- Durchschnittsverbrauch (WLTP): 7,0 l/100 km
- Durchschnittsverbrauch (NewCarz): 8,5 l/100 km
- CO2-Emissionen (Werksangabe): 159 g/km
- Abgasnorm: Euro 6d-ISC-FCM
- Höchstgeschwindigkeit: 240 km/h
- Beschleunigung von 0 auf 100 km/h: 5,7 Sekunden
- Wendekreis (m): 11,4
- Bodenfreiheit (mm): k.A.
- Kofferraum (l): 480
- Leergewicht (kg): 1.504
- Zuladung (kg): 556
- max. Anhängelast ungebremst/gebremst bis 12% (kg): 745/1.600
- max. Stützlast (kg): 64
- max. Dachlast (kg): 50
- Tankinhalt (l): 58
- Kraftstoffart: Benzin E5/E10 mind. 95 Oktan
- Neupreis des Testwagens: 62.250 Euro (Basispreis 280 PS/Heckantrieb: 53.000 Euro)
Unser Chefredakteur erstellt seit 2015 schwerpunktmäßig Fahrberichte und testet alle Fahrzeuge akribisch – mit Liebe zum Detail – auf Herz und Nieren. Dabei entgeht ihm nichts. Seine Objektivität bewahrt er dabei kompromisslos. Robertos Spezialgebiete sind neben SUVs und Kombis die alternativen Antriebskonzepte. Sein Herz schlägt aber auch gern im V8-Takt.
definitiv das beste Auto welches ich je hatte. Das Ding macht enorm viel Spass.
Verarbeitung und Materialisierung top, vor allem mit dem „Lusso“ Paket.