In diesem Test zeigt ein Alfa Romeo Giulia Diesel, wie erfrischend und zugleich vernünftig es immer noch sein kann, einen Selbstzünder zu fahren.
Und als Giulia sollte auch von vornherein klar sein, dass diese Vernunft nicht das typisch italienische Temperament ertränken darf.
Nicht mal ein bisschen? Nun, bereits der vierzylindrige Benziner hat uns überzeugen können, dass es nicht zwangsläufig die Giulia als Quadrifoglio sein muss, um eine Menge Fahrspaß in Form von Emotionen und euphorischen Glücksmomenten erleben zu können.
Inwieweit das auch für die Giulia mit Dieselantrieb gilt, klärt dieser Fahrbericht. Unser Testwagen kam – wieder einmal – im sehr tiefsinnig strahlenden Blu Anodizzato als Farbgebung.
- Exterieur und Interieur
- Antrieb und Fahreigenschaften
- Ausstattung, Komfort, Sicherheit
- Varianten und Preise
- Fazit
- Pro & Contra
- Technische Daten
Die Alfa Romeo Giulia Diesel von außen und innen
Optisch ist außen zur Giulia relativ schnell alles gesagt. Denn im Grunde finden sich nicht einmal Kleinigkeiten als Unterschied zur Benziner-Schwester, welche wir bereits detailliert getestet haben.
Die zeitlose Eleganz des italienischen Designs der Karosserie sorgt dafür, dass selbst sechs Jahre nach der Einführung der Limousine diese immer noch frisch und modern erscheint. Lorenco Ramiacotti ist da als Stardesigner ein wirklich großer Wurf gelungen.
Einen Unterschied gibt es dann aber doch: Das „Q4“-Emblem am Heckdeckel steht nicht etwa für eine Quartalsbezeichnung, sondern als Hinweis für den Allradantrieb. Den erhält der große Diesel serienmäßig.
Im Innenraum findet sich auch alles wie gehabt. Angenehmes Leder trifft solide Softtouch-Materialien. Dass die Instrumententafel und die Türverkleidungen nicht beledert waren, fiel dennoch auf. Zumindest, wenn man den Unterschied kennt. Und wir finden, dass das 2.600 Euro aufrufende Premium-Paket für das zusätzliche Leder definitiv zu empfehlen ist, da es das Interieur nochmals gehörig aufwertet. Außerdem ist ein tolles Soundsystem von Harman/Kardon inklusive, zu dem wir noch kommen.
Das analoge Cockpit und der im Vergleich zu anderen Wettbewerbern eher kleine Zentralbildschirm zeigt, dass die hübsche Italienerin nicht mehr „grün hinter den Ohren“ sein kann. Doch von alt oder gar überholt ist dies alles noch meilenweit entfernt.
Beim Laderaum finden sich ebenfalls durchgängig Analogien zur Giulia-Schwester: Der Kofferraum fasst 480 Liter – exakt wie der des BMW 3er – und die Rückenlehnen der Fondsitze können dreigeteilt umgeklappt den Laderaum variabel erweitern.
Motor und Fahreigenschaften – Starker Auftritt mit Spartrieb
Der große Unterschied zu den anderen Giulias befindet sich unter der Haube der Limousine. Hier arbeitet nämlich anstelle eines Benziners ein Vierzylinder-Turbodiesel – der stärkste im Portfolio der Giulias – mit 2,2 Litern Hubraum. Dieser Reihenvierzylinder generiert daraus 210 PS sowie 470 Newtonmeter maximales Drehmoment, welches bereits ab niedrigen 1.750 Touren zur Verfügung steht.
Der Motor ist trotz seiner selbstzündenden Arbeitsweise als Diesel relativ laufruhig. Dazu hängt er sehr gut am Gas und entwickelt sehr früh ordentlich Vortrieb. Die Automatik schaltet dazu sehr passend und komfortabel ihre acht Stufen. An die Drehfreudigkeit des Benziners kommt der Diesel zwar nicht heran, gleicht aber vieles durch seinen Drehmomentvorteil wieder aus.
Letztendlich ist er mit dem Benziner nur bedingt vergleichbar, da es von Grund auf verschiedene Charaktere sind. Dem Diesel deswegen aber das typische Alfa-Temperament absprechen zu wollen, finden wir unangebracht. Er macht sein Ding auf seine eigene, typische Diesel-Art und wer solide Diesel in Kombination mit gut austarierten Fahrwerken kennt, weiß jetzt, was gemeint ist.
Das Fahrwerk der Alfa Romeo Giulia Diesel ist nämlich wie auch beim Benzin-Pendant sehr fein abgestimmt und die Gewichtsverteilung von annähernd 50:50 zwischen Vorder- und Hinterachse lassen die Limousine überaus handlich bewegen. Dazu kommt eine messerscharfe und überaus präzise Lenkung. Dadurch vermittelt der Alfa Fahrspaß in großen Mengen und zwar so intensiv, wie es kaum ein anderes Auto dieser Klasse vermag.
Gleichgültig, welches Fahrmanöver gefahren wird, die Giulia reagiert absolut verbindlich und führt sicher jeden Befehl aus. Traktionsdefizite sind dank des Allradantriebs absolut nicht beobachtbar. Das Allradsystem ist extrem schnell bei der Verteilung der Antriebskräfte, sodass man selbst bei harscher Gangart mit vielen abrupten Lastwechseln keinerlei Gripverluste fürchten muss.
Der Sprint aus dem Stand bis Tempo 100 benötigt im Diesel 6,8 Sekunden – eine reichliche Sekunde mehr als der 280 PS starke Benziner. Ende mit Vortrieb ist bei 235 km/h erreicht und damit ist die Giulia auch als Diesel keineswegs als zu langsam zu bezeichnen.
Bei den Verbrauchswerten lässt der Alfa Romeo Giulia Diesel die Benzinschwester sogar richtig alt aussehen. Denn ein Durchschnittswert im Drittelmix von nur 6,5 Litern auf 100 Kilometer ist eine echte Ansage und für den Vierzylinder-Benziner unerreichbar.
Richtig spannend wurde es auf der Sparrunde, die wir mit einem Schnitt von 4,7 Litern absolvierten. Erstaunen befiel uns dann auf einer 50 Kilometer langen Autobahnstrecke, die wir mit maximal 100 km/h befuhren und dabei einen Durchschnitt von ebenfalls 4,7 Litern auf 100 Kilometer Fahrstrecke herausfuhren. So unterwegs, genügt der 52-Liter-Tank locker über 1.000 Kilometer mit nur einer Tankfüllung.
Ausstattung, Komfort, Technik
Den großen Diesel gibt es ab der Ausstattung „TI“ und unser Testwagen fuhr mit einer Stufe darüber, der „Veloce“ vor. Diese ist die zweithöchste Ausstattungsvariante für die Giulia und besitzt serienmäßig unter anderem erstklassiges Xenon-Licht, welches in puncto Reichweite und Homogenität sogar einige LED-Pendants der Neuzeit in den Schatten stellt.
Außerdem hat die Giulia als „Veloce“ serienmäßig ein Sperrdifferenzial an Bord und die Ledersitze gehören ebenfalls ab Werk in das Interieur der Limousine. Das Premiumpaket für 2.600 Euro mit viel Leder zusätzlich und einer Harman/Kardon würden wir dennoch für all jene empfehlen, die noch mehr Prestige im Innenraum bevorzugen und gerne gute Musik beim Autofahren konsumieren. Denn besagte Anlage mit 900 Watt Gesamtleistung und 14 Lautsprechern dürfte in jedem Fall ein echtes Upgrade zur bereits guten Standard-Anlage mit ihren acht Lautsprechern sein.
Dank des 1.750 Euro teuren Assistenzpakets waren alle bereits im Benziner getesteten Assistenzsysteme auch hier an Bord und glänzten mit zuverlässiger und hilfreicher Unterstützung. Apple CarPlay und Android Auto waren serienmäßig an Bord und funktionierten tadellos, ebenso wie das kabellose Aufladen von Mobilgeräten.
Varianten und Preise des Alfa Romeo Giulia Diesel
Als stärkster Diesel wird die Limousine nicht in der Basisausstattung „Sprint“ angeboten, da der Motor immer mit dem Allradantrieb kombiniert wird. Ansonsten gibt es zwei Dieselmotoren; beide Aggregate sind 2.2-Liter-Vierzylinder und leisten 190 PS respektive 210 PS.
Der Einstieg beginnt bei 50.000 Euro als „Sprint“ mit Heckantrieb. Die drei weiteren Varianten „TI“ (ab 55.000 Euro), „Veloce“ (ab 59.000 Euro) und „Estrema“ (ab 64.000 Euro) werden immer mit dem 210-PS-Diesel und mit dem Allradantrieb ausgestattet.
Fazit – Verliebt, verlobt, vereinnahmt
Mission completed! Neben dem temperamentvollen Benziner und dem monströsen Quadrifoglio sichert sich der Diesel einen ebenso interessanten wie attraktiven Platz in der Giulia-Familie. Mit dem Alfa Romeo Giulia Diesel schaffen es die Italiener, eine gute Portion Charisma und fahrtechnische Emotionen mit gesunder Effizienz zu kombinieren, ohne dabei die Farbe des Temperaments eines Alfa Romeo verblassen zu lassen.
Auch wenn die Giulia mit ihrer sechsjährigen Laufbahn nicht mehr ganz taufrisch wirkt, zeigt sie dies nicht offensiv. Optisch macht sie immmer noch ordentlich was her und vom Fahrverhalten setzt sie sogar Maßstäbe. So exakt, wie ein BMW 3er ist sie nicht gänzlich, aber sie ist in allen Belangen emotionaler und irgendwie lebendiger wirkend. Wie eine selbstbewusste Giulia eben. Keine Diva, keine Zicke, aber mit eigenem Charakter.
Nicht nur Alfisti lieben und verlieben sich deshalb in diese Limousine. Als Diesel macht sie die Langstrecke – auf der sie sich stets sehr wohl fühlt – derweil auch noch zum monetär moderatem Unternehmen. Nicht wenige Dinge, die auf den Fahrer während einer Probefahrt durchaus vereinnahmend wirken.
Kamera: Canon EOS 5D Mark III
Pro und Contra
Pro:
- austariertes, fein geschliffenes Fahrwerk
- sparsamer und kräftiger Diesel
- präzise Lenkung
- Allradantrieb
- auf Langstrecke sehr sparsam
Contra:
Technische Daten: Alfa Romeo Giulia 2.2 Diesel Veloce Ti Q4
- Farbe: Blu Anodizzato Metallic
- Fahrzeugklasse: Limousine / Mittelklasse
- Länge x Breite x Höhe (m): 4,65 x 1,86 (2,02 mit Außenspiegel) x 1,44
- Radstand (mm): 2.820
- Antrieb: R4 Commonrail-Turbodiesel mit SCR-Kat und DPF
- Hybridart: –
- max. Leistung: 154 kW (210 PS) bei 3.500 rpm
- max. Drehmoment (Nm): 470 bei 1.750 rpm
- Hubraum: 2.143
- Getriebe: 8-Gang-Automatik
- Antriebsart: Allrad Q4
- Durchschnittsverbrauch (WLTP): 5,3 l/100 km
- Durchschnittsverbrauch (NewCarz): 6,5 l/100 km
- CO2-Emissionen (Werksangabe): 139 g/km
- Schadstoffklasse: Euro 6d-ISC-FCM
- Höchstgeschwindigkeit: 235 km/h
- Beschleunigung von 0 auf 100 km/h (sec): 6,8
- Wendekreis (m): 12,5
- Bodenfreiheit (mm): k.A.
- Kofferraumvolumen max. (l): 480
- Leergewicht (kg): 1.640
- Zuladung (kg): 535
- Anhängelast ungebremst/gebremst (kg): 745/1.600
- max. Stützlast (kg): 64
- max. Dachlast (kg): 50
- Tankinhalt (l): 52
- AdBlue (l): 16,1
- Kraftstoffart: Diesel
- Neupreis des Testwagens: 58.050 Euro (Basispreis TI: 55.000 Euro)
Unser Chefredakteur erstellt seit 2015 schwerpunktmäßig Fahrberichte und testet alle Fahrzeuge akribisch – mit Liebe zum Detail – auf Herz und Nieren. Dabei entgeht ihm nichts. Seine Objektivität bewahrt er dabei kompromisslos. Robertos Spezialgebiete sind neben SUVs und Kombis die alternativen Antriebskonzepte. Sein Herz schlägt aber auch gern im V8-Takt.