Er mimt den großen Bruder des 500er, ist in Wahrheit aber eher der Zwillingsbruder des Jeep Renegade – der Fiat 500X.
Man darf gleich eingangs neidlos anerkennen: Als Mini-SUV macht der Italiener richtig was her und wirkt so gar nicht „mini“, wie die Modellzugehörigkeit zunächst anpolitisieren möchte.
Little Big Boy – so wurde er von einem Redakteur recht treffend genannt und mit seiner Größe und dem charmantem Blick transportiert dieser Italiener doch tatsächlich eine illustrative Portion La Dolce Vita. Ob dieser Sympathiebonus über das Maß von Äußerlichkeiten hinausgehen kann, soll unser ausführlicher Test klären.
Wir fuhren den Fiat 500X mit dem zweiten Facelift in der Ausstattungsversion Urban, was dem Modelljahr 2019 entspricht, als 1.6-Liter-Diesel.
- Exterieur
- Interieur
- Motorisierung und Fahreigenschaften
- Ausstattung, Komfort, Sicherheit
- Varianten und Preise
- Fazit
- Technische Daten
Exterieur – Den Schalk im Blick
Der Fiat 500X macht seine Sonderstellung bei erstem Blickkontakt sogleich deutlich. Das markante „Vier-Augen-Gesicht“ zeigt seine Zugehörigkeit zur 500er-Baureihe sofort auf. Dabei ist er zwar auch rundlich, aber insgesamt kantiger als der klassische Fiat 500.
Durch ebendiese Ecken wirkt er trotz des freundlichen, leicht femininen Blicks insgesamt maskuliner und aufgrund seiner hinzugewonnenen Größe auch deutlich wuchtiger. Den sympathischen Schalk in seinem „Blick“ hat er dabei vom Kleinen geerbt und dieser steht ihm ausgesprochen gut.
Von der Seite betrachtet, fallen die kernigen Beplankungen ringsum auf, mit denen das Mini-SUV leichte Ambitionen fürs Off klarmacht. Insgesamt wirkt der Fiat 500X wohl proportioniert und offeriert dem Betrachter ein leicht abschüssiges Heck, was ihm nochmals Eigenständigkeit verleiht. Die verchromten Türgriffe bilden einen schönen Kontrast zur leuchtend blauen Lackfarbe namens Italia Blau und zu seinen vielen in Schwarz gehaltenen Planken ringsum.
Diese Außenfarbe ist ein kräftiges, nahezu beruhigend wirkendes Ultramarinblau, welches gut mit der Karosserieform harmoniert und wohl auch genau deshalb als Kommunikationsfarbe ausgerufen wurde. Dieser Farbton ist im Übrigen wahrlich nicht unspektakulär, da er – je nach Lichteinfall – zum Changieren neigt und als solcher in der Natur nicht vorkommt. Bei strahlendem Sonnenschein wechselt das kräftige Blau in Nuancen zu dunklem Tannengrün, was sich in der Praxis oft erst auf den zweiten Blick zeigt und somit recht dezent ausfällt.
Insgesamt ist diese Lackfarbe sehr „deep“ und gewissermaßen maskulin, sodass insbesondere die männliche Zielgruppe gerne einen Blick auf diese aus der Masse herausstechende Lackierung werfen dürfte. Zudem sind die Mehrkosten dieser Sonderlackierung mit 590 Euro recht überschaubar.
Interieur – Alles im Flow
Im Innenraum wird diese Farbe in Form von Spangen, Zierleisten und Blenden wieder aufgegriffen und weist auch hier den besagten, dunkelgrünen Einschlag auf – the Flow must go on. Der Fokus des Interieurs scheint dennoch nicht klar definiert, wirkt aber gefällig. Die Tubes des Kombiinstruments erinnern genauso wie der Schaltknauf entfernt an GTI-Modelle aus dem Hause Volkswagen, während viele Details – beispielsweise in Form von Intarsien und Emblemen – den Namenszusatz „X“ und auch die „500“ omnipräsent erscheinen lassen.
Die Armauflage ist angenehm weich unterfüttert und kann trotz der recht überschaubaren Abmessungen mit dem Beifahrer geteilt werden. Darunter gibt es zwar kein Fach, dafür kann diese Armauflage längs verstellt werden. Ein rauer, grob gemusterter Kunststoff auf dem Armaturenbrett untermauert den bereits außen stringenten Eindruck eines maskulinen Charakters.
Cool und anachronistisch wirken die Türgriffe innen, die entfernt an den Öffnungshebel eines Kühlschranks aus den Sechzigern erinnern.
Damit auch eine Prise Sportlichkeit in den Innenraum einziehen darf, gibt es neben dem dynamisch gestalteten Kombiinstrument und dem Schaltknauf ein Lenkrad mit nach innen fluchtender Spange sowie viel Aluminium und besagte blaue Details, die kontrastierend zu dem ansonsten eher dunkel gehaltenen Ambiente stehen.
Die hübsch konturierten Sitze des Fiat 500X erwiesen sich als bequem, wenn auch nicht uneingeschränkt langstreckentauglich. Ein paar Stündchen Reisestrecke lassen sich dennoch problemlos aushalten. Die erhöhte Sitzposition garantiert mehr Übersicht und steigert das passive Sicherheitsgefühl zusätzlich.
Insgesamt erweisen sich alle Platzverhältnisse als vollkommen ausreichend. Besonders die Kopffreiheit ist im Fiat 500X enorm, sodass zumindest vorne auch Mitglieder des Zwei-Meter-Vereins für große Mitmenschen problemlos sitzen können. Dies sieht man dem kompakten Italiener nun wirklich nicht an.
Hinten geht es etwas enger zu, vor allem für die Beine sucht man knieverdrehend Platz, wenn vorne größere Personen sitzen. Der Kofferraum mit 350 Litern Ladekapazität oder 1.000 Liter bei Verzicht auf die Rücksitze, spielt im direkten Vergleich mit seinen Wettbewerbern im unteren Mittelfeld.
Etwas nervig war im Test der Umstand, dass nach einem starken Schauer, angesammeltes Wasser beim Öffnen der Heckklappe sich in einem Schwall in den Kofferraum ergoss. Hier sollte Fiat nachbessern, es kamen zeitweise Erinnerungen an unseren ehemaligen Dauertester Renault Talisman auf.
Mit einer bequem erreichbaren Einstiegshöhe dürfte der Fiat 500X zudem insbesondere bei älteren Menschen oder auch denen, die erhöhte Einstiege einfach lieben, klare Pluspunkte sammeln. Auf der Beifahrerseite befindet sich ein äußerst praktisches, doppeltes Handschuhfach, was in Summe mit den vielen Ablagen und Unterbringungsmöglichkeiten für Kleinkram dem Kleinen fleißig Sympathiepunkte im Test zuspielte.
Motor & Fahreigenschaften – Unkompliziert und effizient
Der Antrieb des Fiat 500X ist ein alter Bekannter, wir kennen ihn bereits aus dem Fiat Tipo und dem Jeep Compass. Im Tipo war der Selbstzünder an ein Doppelkupplungsgetriebe gekoppelt. Im Falle des 500X übernimmt analog zum Compass eine manuelle Sechsgang-Schaltung die Verwaltung der 120 PS und kraftvollen 320 Newtonmeter, die der Turbodiesel generiert. Als Urban-Version fährt man den 500X ausschließlich mit Frontantrieb.
Wir möchten einmal festhalten, dass dieser etwas raubeinig laufende Motor auch hier sehr gut zum Mini-SUV passt und zu keinem Zeitpunkt der Wunsch nach mehr Leistung aufkam. Trotz nicht ausufernder Leistungswerte kann das Aggregat stets genügend Reserven freisetzen und wusste dadurch auch versierte Testfahrer in der ein oder anderen Situation zu überraschen. Das zeitig verfügbare maximale Drehmoment verfehlte hier seine Wirkung nicht.
Als ebenfalls gut bewerten wir die Bremsanlage des Fiat 500X, die mit dem Italiener unter allen Bedingungen leichtes Spiel hatte und dazu mit einer spielend leichten Dosierung punkten konnte.
Als weniger überzeugend erwies sich indes die zu leichtgängige Lenkung, die einfach kein Feedback vermitteln wollte. Aufgrund dieser mitunter synthetisch und schwammig anmutenden Charakteristik wollte keine ganzheitlich vertrauensbildende Symbiose zwischen Fahrer und Fahrzeug aufkommen. Wir waren uns einig, dass diese gefühllose Lenkung nicht zum ansonsten sehr ausgeglichenen Fiat 500X passte.
Apropos ausgeglichen: Das Fahrwerk zeigte im Test eine straffe, aber nicht unkomfortable Abstimmung, die einen gelungenen Spagat zwischen Alltagstauglichkeit und leicht sportlichen Ambitionen beweisen konnte. Nur überstrapazierte Straßenbeläge vermochte der Fiat 500X nicht souverän genug wegzufedern und stakste über holprige Strecken etwas unbeholfen hinweg.
Überzeugender fanden wir die vorbildliche Schaltung mit ihren passend übersetzten Gängen und die straffe Kupplung mit ihrem klar definierten Schleifpunkt. Beides konnte im Rahmen unserer Testfahrten nur Lob sammeln.
Die Außenmaße des Italieners beinhalten leider auch ein nicht unerhebliches Maß an eingeschränkter Übersichtlichkeit nach hinten, die man insbesondere beim Parken und Rangieren zu spüren bekommt. Genau hier wirkt der Fiat eine gute Nummer größer, als er ist und man wäre ohne die rettende Rückfahrkamera möglicherweise auf Einweiser oder mehrfaches Aussteigen und Inspizieren der verbliebenen Abstände angewiesen.
Bei sehr hohen Geschwindigkeiten haben wir eine leichte Windanfälligkeit verzeichnet, die jedoch nicht als gravierend einzustufen ist. Diese Windanfälligkeit zeigten auch die großen Außenspiegel, die bei ebendiesen hohen Geschwindigkeiten gern mit Verwirbelungen des Fahrtwindes spielten, welche man dann deutlich im Innenraum vernehmen konnte.
Der Verbrauch des Fiat 500X zeigte sich erwartungsgemäß niedrig und so kamen wir mit rund sechs Litern Diesel pro 100 Kilometer im Schnitt aus. Sehr sportliche Fahrweisen quittiert der Italiener mit acht Litern, Sparfüchse werden mit reichlich fünf Litern Verbrauch belohnt.
Ausstattung, Komfort, Sicherheit
Optional fährt der Fiat 500X mit Voll-LED-Scheinwerfern vor, welche mit 890 Euro als LED-Paket – inklusive einer mehrfarbigen Ambientebeleuchtung – zu Buche schlagen. Diese Nachfolger des einstigen Bi-Xenon-Lichts zeigten im Test eindrucksvoll ihr Potenzial.
Taghell, homogen und mit einer Reichweite auf SUV-Niveau, erhellten die Dioden jede noch so finstere Landstraße fernab der Zivilisation und steigerten die Sicherheit jeder Nachtfahrt um ein Vielfaches. Gleiches gilt für das ebenso helle und sehr weitreichende Fernlicht. Die Investition der knapp 900 Euro hierfür, ist aus unserer Sicht eher Pflicht als Kür.
Die Heckleuchten wurden ebenfalls in LED-Technik ausgeführt und bieten eine interessante, nicht ganz durchgehende Umrahmung der ansehnlichen und sympathisches Flair verströmenden Lichteinheit. Nur die Blinkleuchten wurden hingegen – vorn und hinten – mit herkömmlicher Glühlampentechnik realisiert.
Dank schlüssellosem Zugangs- und Startsystem kann auch im italienischen Mini-SUV der Fahrzeugschlüssel getrost in der Tasche verbleiben, entsprechende Knöpfchen gibt es sowohl an den vorderen Türen wie auch an der Heckklappe. Im Übrigen werden auf Wunsch beim Verriegeln die Außenspiegel eingeklappt, was insbesondere im immer knapper werdenden Parkraum urbaner Bereiche hilfreich vor unerwünschten Kontakten schützt.
Eine Rückfahrkamera liefert ein vernünftiges Bild der rückwärtigen Perspektive und steigert hier die Sicherheit beim Rangieren ungemein.
Das Infotainment erwies sich nicht immer als selbsterklärend, teils muss man bestimmte Strukturen erst etwas genauer erforschen. Summa summarum hielt sich die Kritik der testenden Redakteure jedoch in Grenzen.
Positiv aufgefallen sind die beleuchteten USB-Slots vorne, die das Einschalten des Innenlichts zwecks Buchsensuche überflüssig machten. Noch positiver fanden wir den Aspekt, dass der USB-Slot im Fond nicht allein zum Laden taugt, sondern diese Schnittstelle auch als externer Speicher fungieren kann.
Das Gebläse der Klimaautomatik hatte permanent recht gut zu tun, wodurch eine omnipräsente Geräuschkulisse im Mini-SUV immer mitfährt. Auch ein Tempomat war an Bord des Fiat 500X. Dieser wurde durch jede Kupplungsbetätigung sofort deaktiviert, was den Einsatz dieses Assistenten eher auf Autobahnen und ereignislosen Landstraßen beschränkt.
Die Sitzheizung des Mini-SUV könnte in ihrer Leistung stärker ausfallen. Besonders bei sehr niedrigen Temperaturen kam des Öfteren der Wunsch nach einer erhöhten Heizleistung auf.
Varianten und Preise des Fiat 500X
Es gibt drei Versionen des Mini-SUV: Den hier getesteten Urban, den es nur mit Frontantrieb gibt und der ab 17.490 Euro angeboten wird. Die anderen beiden Varianten Cross sowie City-Cross, die beide optional und antriebsabhängig mit Allradantrieb, Fahrprogrammen und markanten Offroad-Elementen, wie einem Unterfahrschutz ausgestattet werden, beginnen beim City-Cross ab 19.190 Euro und beim Cross ab 20.990 Euro.
Sechs Motorisierungen werden angeboten. Drei Benziner, zu denen ein 1.6-Liter-E-Torq Vierzylinder Saugmotor mit 110 PS, ein 1.0-Liter Firefly Dreizylinder-Turbobenziner mit 120 PS und ein Firefly Turbo 1.3 DCT Vierzylinder mit 150 PS gehören, stehen versionsabhängig zu Auswahl. Als Diesel besteht das Angebot aus dem 1.3-Liter Multijet mit 95 PS, dem 1.6-Liter Multijet mit 120 PS und dem 2.0-Liter Multijet mit 150 PS.
Die jeweils stärksten Motorisierungen stehen nur im Cross und City-Cross zur Verfügung. Die Kraftübertragung übernimmt ein manuelles Schaltgetriebe oder ein 6-Gang-Doppelkupplungsgetriebe. Letzteres ist nur mit einigen, meist stärkeren Motorisierungen und nur mit dem Cross oder City-Cross kombinierbar. Der stärkste Diesel wird mit einer 9-Stufen-Automatik ausgestattet.
Fazit – Urban und weit mehr
Er lächelt und erntet ein Lächeln – immer und überall. Auch ohne Allrad hat es der Fiat 500X als Urban-Ausstattungsversion geschafft, uns mit einem stimmigen Gesamtpaket zu überzeugen. Als robuster, maskuliner Vertreter der 500er-Riege, zeigte das übergroße Mini-SUV eine Vielseitigkeit, die wir so nicht erwartet hätten. Als sympathischer und zuverlässiger Begleiter ist dieser Italiener eine echte Empfehlung.
Daraus resultierend ist der Fiat 500X für eine nicht schmale Zielgruppe geeignet. Ein cooler Allrounder, maskulin unterfüttert, der universell einsetzbar ist. Er ist frisch, jung, stylish, aber auch immer ein Fiat 500 – wenn auch hier als Little Big Boy. Mit diesem Modell dürfte der Interessenkreis zur 500er-Riege deutlich anwachsen.
Wer den Drang nach mehr Abenteuer und Aktivitäten im Outdoor-Bereich verspürt, sollte sich auch die Cross Variante anschauen, bei der ein Allradantrieb angeboten wird, der noch mehr Möglichkeiten offenbart. Und wer den Fiat 500X erst einmal live gesehen hat, ist ihm ohnehin schnell erlegen. Ganz nach dem Motto:
Schau mir in die Augen, Kleines!
Text / Fotos: NewCarz
Technische Daten: Fiat 500X Urban 1.6 Multijet
Farbe: Italia Blau
Länge x Breite x Höhe (m): 4,27 x 1,80 x 1,60
Radstand in mm: 2.570
Antrieb: Vierzylinder Commonrail Turbodiesel
Leistung: 88 kW (120PS) bei 3.750 rpm
Hubraum: 1.598 ccm
Max. Drehmoment: 320 Nm bei 1.750 rpm
Getriebe: manuelles 6-Gang-Schaltgetriebe
Antrieb: Front
Verbrauch kombiniert (NEFZ-Norm): 5,1 L/100 km
Durchschnittsverbrauch (NewCarz): 6,1 L/100 km
CO2-Emissionen (Herstellerangabe): 134 g/km
Abgasnorm: Euro 6d-Temp
Höchstgeschwindigkeit: 187 km/h
Beschleunigung von 0 auf 100 km/h: 10,7 sec
Leergewicht: 1.485 kg
Anhängelast ungebremst/gebremst 12% in kg: 600/1.200
Stützlast: 60 kg
Dachlast: 50 kg
Laderaumvolumen: 350 Liter (1.000 Liter bei umgeklappten Rückenlehnen)
Kraftstofftank: 48 Liter
AdBlue-Tank: 13 Liter
Kraftstoffart: Diesel
Neupreis des Testwagens: ca. 25.500 Euro (Basispreis Fiat 500X ab 17.490 Euro)
Unser Chefredakteur erstellt seit 2015 schwerpunktmäßig Fahrberichte und testet alle Fahrzeuge akribisch – mit Liebe zum Detail – auf Herz und Nieren. Dabei entgeht ihm nichts. Seine Objektivität bewahrt er dabei kompromisslos. Robertos Spezialgebiete sind neben SUVs und Kombis die alternativen Antriebskonzepte. Sein Herz schlägt aber auch gern im V8-Takt.
One thought on “Fiat 500X Test – Kleines SUV ganz groß”