Als Topmodell im Segment der Business-Limousinen präsentierte sich uns der Maserati Ghibli S Q4 im schlichten, schwarzen Dress.
Doch er ist nicht der Erste. Bereits zweimal bereicherte ein Ghibli das Portfolio der italienischen Sportwagenmarke, erlebte in seiner neuesten Form quasi eine Art Reinkarnation.
Genau genommen, verschönert Nummer Drei seit 2013 die Straßen der Welt – und das ist wörtlich zu nehmen. Als Stufenheck-Limousine konzipiert, fand im Jahr 2017 ein Facelift statt, welches vorrangig die inneren Werte betraf.
In diesem Test befassen wir uns mit der stärksten Ausbaustufe des Ghibli. Ausgerüstet mit einem Dreiliter-V6, der gewaltige 430 PS an alle Viere schickt und in der Ausstattungslinie GranSport. Fahrbericht.
Exterieur – Der kleine Quattroporte
Auf den ersten Blick – und insbesondere in seinem tiefschwarzen Dress – kam es nicht selten vor, dass einige Kollegen den Ghibli mit dessen großem Bruder, dem Quattroporte verwechselten. Dabei ist eine Ähnlichkeit auch nicht von der Hand zu weisen.

Die Front unseres Testwagens besticht durch einen sehr präsenten Kühlergrill, in dessen Mitte – man möchte schon Wahrzeichen sagen – der Dreizack thront. Die Scheinwerfer sind flach und aggressiv designed, ziehen sich weit in den Kotflügel und sorgen für einen geschärften Blick.

In der GranSport Ausstattung gibt es zudem eine sportlicher gestaltete Frontschürze mit großen Lufteinlässen, welche ausgesprochen gut zu der nach vorne hin abfallenden Motorhaube passt.

Lässt man den Blick an der Seitenlinie entlang schweifen, so zeigt sich das Bild einer athletischen und dennoch kraftvollen Limousine. Bis zu B-Säule recht geradlinig verlaufend, erhöht sich ab dann die Gürtellinie und mündet in einer massiven C-Säule, welche gleichzeitig das Heck in Szene setzt.

Natürlich gibt es auch am Maserati Ghibli S Q4 die typischen drei „Kiemen“ – lediglich die verchromten Türgriffe sind aus Sicht der Redaktion Geschmacksache.

Was an der Front mit emotionalem und fesselndem Design begann, wird am Heck hingegen weniger rassig fortgesetzt. Klar, die weit nach außen gezogenen Heckleuchten ziehen den Wagen abermals in die Breite und die Vierrohr-Abgasanlage ist auch alles andere als alltäglich in diesem Segment, aber dennoch fehlt es aus unserer Sicht ein wenig an Raffinesse, an dieser gewissen Pfiffigkeit, die den Maserati endgültig in den Olymp der Sportlimousinen erheben.

Vielleicht ist das aber auch gar nicht notwendig und unter Umständen auch gar nicht gewünscht. Immerhin gibt zwar der Markenname auf dem Heckdeckel Aufschluss über die Herkunft, doch ansonsten versprüht der Ghibli hier eher Understatement, was viele Kunden sicherlich schätzen.
Interieur – Interiore nobile
Im Inneren des Maserati Ghibli S Q4 wurde weitgehend Wert auf sportlich-rassiges Interieur gelegt, welches noch immer genügend Reserven für den Komfort beinhaltet.

So nehmen Fahrer und Passagiere Platz auf gut ausgeformtem Ledergestühl, welches auf den vorderen Plätzen bei Bedarf beheizt und belüftet wird. Das Lenkrad trägt mit Stolz den Dreizack und liegt bestens in den Händen. Natürlich wartet auch die Sport-Limousine mit feststehenden, massiven Schaltwippen auf.

Im gesamten Innenraum wird der üppige Einsatz von Leder und Carbon deutlich, welcher der Ausstattungslinie GranSport durchaus gerecht wird. Die Sportlichkeit, nein, der sportive Charakter steht hier im Fokus.

Der Blick fällt zunächst auf eine Tachoeinheit, die aus zwei Analoginstrumenten und einem mittigen, vollfarbigen Info-Display besteht. Das Infotainment besteht aus einem 8,4 Zoll großen Touchscreen und wird dabei recht stilvoll von zwei Lüftungsdüsen gerahmt.

Als kleines Highlight darf derweil die analoge Uhr gelten, die mittig auf dem Armaturenträger thront und von einer kleinen „Kapuze“ aus Leder bedeckt wird.

Etwas deplatziert wirkt indes die Klimaeinheit, die nicht nur völlig analog sondern auch in ihrer Aufmachung altbacken wirkt. Ganz anders die Mittelkonsole, welche durchgehend mit Carbon verkleidet ist und so einen entsprechend hochwertigen Charakter vermittelt.

Darüber hinaus wurde das schwarze Leder unseres Maserati Ghibli S Q4 nahezu vollständig mit roten Kontrastnähten verziert, was wiederum dem gehobenen Ambiente zuträglich ist.

Auf den hinteren Plätzen sitzt es sich relativ bequem, sofern man ein Gardemaß von 1,80 Metern nicht überschreitet. Zudem können auch die äußeren hinteren Sitze beheizt werden. An was es jedoch vorne und hinten ein wenig mangelt, ist Seitenhalt – besonders in zügig gefahrenen Kurven.

Last but not least widmen wir uns dem Kofferraum des Maserati Ghibli S Q4. Dieses beträgt glatt 500 Liter, was für das Gros an täglichen Herausforderungen reichen sollte.

Wird dauerhaft erhöhter Platzbedarf benötigt, so darf der solvente Kunde auch gern einen Blick auf den Levante werfen.
Motor & Fahreigenschaften – Ritmo delle emozioni
Herzstück im Maserati Ghibli S Q4 ist der von Ferrari mitentwickelte V6-Biturbo, welcher 430 PS leistet und maximal 580 Newtonmeter Drehmoment bereitstellt. Derart motorisiert, sprintet der Ghibli in 4,7 Sekunden aus dem Stand auf 100 km/h. Erst bei 286 Stundenkilometern endet der Vortrieb.

Schon nach der ersten 20-Kilometer-Etappe können wir dem Dreiliter-Aggregat einen herrlichen Saugmotor-Charakter bescheinigen – und das trotz Bi-Turbo-Aufladung. Innerorts wirkt der Ghibli dabei sehr unaufgeregt und federt recht kommod auch das Gros an Fahrbahnunzulänglichkeiten weg. Darüber hinaus wirkt die knapp fünf Meter lange Limousine durchaus handlich, was bemerkenswert ist. Immerhin gibt es hier keine Helferlein á la Hinterachslenkung oder dergleichen.

Enge Parkhäuser meisterte der Italiener ebenfalls ohne nennenswerte Auffälligkeiten, die Rückfahrkamera ist dabei jedoch ein absolutes Must-Have, denn die Sicht nach hinten ist durch die massiven C-Säulen recht eingeschränkt.

Abseits der Stadt aktivieren wir den Sportmodus und harren der Dinge, die nun kommen. Kräftig und sämig posaunt der Sechszylinder ab circa 3.000 Umdrehungen eine Melodie aus den vier Rohren, die jedem auch nur ansatzweise autoaffinen Passagier ein Lächeln ins Gesicht treiben. Die wunderbar lineare Leistungsentfaltung katapultiert den Italiener kräftig voran, der Allradantrieb sorgt derweil für ein Höchstmaß an Traktion.

Apropos Allrad: Im Falle des Ghibli kommt hier der Hang-On-Allradantrieb Q4 zum Einsatz, der im Vergleich zu seiner Konkurrenz einen signifikanten Unterschied bietet: Im Normalbetrieb ist der Ghibli ein reiner Hecktriebler und leitet bei Bedarf bis zu 50 Prozent der Leistung an die Vorderräder – normalerweise funktioniert dies genau andersrum.

Durch diesen hecklastigen Charakter bleibt der Maserati angenehm agil, lässt sich präzise durch Kurven zirkeln und neigt nur im absoluten Grenzbereich zum Übersteuern. Dann jedoch auch nur kurz, der Grip ist rasch wieder vollständig gegeben. Diese Agilität ist auch der perfekten Achslastverteilung von 50:50 zu verdanken.

Auf der Autobahn mobilisiert der Maserati Ghibli S Q4 bei artgerechter Behandlung alle 430 Cavalli und sprintet bis Tempo 260 vehement voran. Bis zur Höchstgeschwindigkeit wird es dann etwas zäher, aber immer noch ausreichend zügig. Der Tacho zeigte bei uns maximal 290 Stundenkilometer an.

Ein Lob verdient indes die sanft schaltende Achtgang-Automatik aus dem Hause ZF, die wahlweise smooth die Gänge wechselt oder diese bei Bedarf mit Nachdruck einlegt. Besonders deutlich wird dies, wenn der Fahrer die Schaltwippen nutzt.

Bei allem Vortrieb dürfen auch die Bremsen nicht vernachlässigt werden. Im Falle des heißblütigen Italieners kommen hier solche von Brembo zum Einsatz, die uns während des gesamten Testzeitraums keinen Anlass für Kritik gaben.

Bleibt abschließend noch das Thema Verbrauch. Im Durchschnitt genehmigte sich der Maserati Ghibli S Q4 11,4 Liter pro 100 gefahrene Kilometer und unterbot damit die WLTP-Angabe um exakt einen halben Liter. Auf der Sparrunde flossen sogar nur 8,9 Liter Super durch die Leitungen.

Anders sieht es bei forcierter Fahrweise aus: Sportfahrer müssen mit rund 13,5 Litern rechnen und wer ständig nahe der Höchstgeschwindigkeit unterwegs ist, sollte mehr als 15 Liter einkalkulieren, wenngleich der letztgenannte Wert für die tägliche Praxis weniger relevant ist.
Technik & Assistenz im Maserati Ghibli S Q4
Den Maserati Ghibli gibt in insgesamt drei Ausstattungslinien. Neben der Basisausstattung „Ghibli“ betonen die anderen beiden wahlweise die sportliche oder die luxuriöse Seite der Limousine.

So wartet der GranLusso unter anderem mit verchromten Zierleisten am Stoßfänger auf, das Innere kleidet die Zegna Edition mit einer Mischung aus Leder und Seide aus – dies kennen wir bereits vom Maserati Levante. Ergänzt wird die Optik durch Applikationen in Edelholz. Dem Komfort zuträglich sind elektrische und beheizbare Vordersitze sowie eine Softclose Automatik.

Die GranSport hingegen bekam eine sportliche Frontschürze spendiert, im Innenraum wurde dunkles Leder verarbeitet. On top kommt ein Skyhook Fahrwerk, 20-Zoll-Räder und ein Sportlenkrad mit Schaltwippen aus Aluminium.

Im Falle unseres Testwagens – einem GranSport – waren noch ein schlüsselloses Zugangs- und Startsystem sowie der bereits genannte 8,4-Zoll-Touchscreen samt Apple CarPlay und Android Auto an Bord. Das Infotainment lässt sich recht einfach bedienen, Apple-Nutzer können zudem via Siri Sprachbefehle erteilen. In unserem Test klappte dies auch überwiegend anstandslos.
Auch die Routenberechnung und -führung ließ sich nichts zuschulden kommen und glänzte im Test mit übersichtlicher Darstellung und schnellen Rechenzeiten.

Optional wurde in unserem Testwagen noch ein Glasschiebedach, 21-Zoll-Räder, eine Softclose-Automatik sowie eine 360-Grad-Kamera verbaut, die das Rangieren der Limousine nochmals erleichterte.
Auch in puncto Fahrassistenz hat der Ghibli aufgeholt. So punktete besonders der adaptive Tempomat mit Stop&Go-Funktion, der im Stau nahezu alles in Eigenregie erledigte. Auch der Totwinkel-Assistent trug Maserati-Gene und warnte nicht nur vor Fahrzeugen im Toten Winkel sondern auch vor schnell herannahenden Fahrzeugen.

Auch der Spurhalteassistent griff nicht mit übertriebener Vehemenz ein. Vielmehr lenkte er den Italiener sanft, aber bestimmt zurück in die jeweilige Fahrspur.
Die Verkehrszeichenerkennung machte ihrem Namen alle Ehre und konnte nahezu jedes Verkehrsschild ablesen und entsprechend anzeigen. Die Trefferquote lag in unserem Test bei über 95 Prozent.

Besonders erwähnenswert sind die Matrix-LED-Scheinwerfer im Maserati Ghibli S Q4. Dank adaptiver Steuerung blenden sie entgegenkommende und vorausfahrende Fahrzeuge großflächig aus, lassen aber stets die Fahrbahnränder ausgeleuchtet. Die ausgeblendeten Bereiche sind hier zwar nicht so feingranular wie bei der hiesigen Konkurrenz, doch in Summe trägt diese Lichtanlage massiv zur Fahrsicherheit bei.
Auch das klassische Abblendlicht überzeugte mit einem breiten und überaus hellen Lichtkegel. Das Fernlicht punktet indes mit massiver Reichweite, ohne dabei die Breite des Lichtkegels signifikant zu schmälern.

Widmen wir uns abschließend dem Soundsystem. Für den Ghibli stehen insgesamt drei Soundsysteme zur Wahl. Neben dem serienmäßigen Standard-System offerieren die Italiener in der ersten Ausbaustufe ein Harman/Kardon Premium Soundsystem mit 900 Watt und zehn Lautsprechern, welches exklusiv für den Ghibli entworfen wurde. Es schlägt mit 1.740 Euro zu Buche.
Darüber rangiert das Soundsystem aus dem Hause Bowers & Wilkins, welches auch in unserem Testwagen verbaut war. 1.280 Watt und 15 Lautsprecher sollen hier für akustische Hochgenüsse sorgen. Maserati ruft für dieses Sounderlebnis 2.670 Euro auf. Eine echte Empfehlung der Redaktion für eine audiophile Klientel.

In unserem Test konnten wir feststellen, dass dieses System durchaus als Benchmark im Segment gelten darf. Nahezu jeder Track – ungeachtet des Genre – spielt kraftvoll auf, die Reinheit ist bemerkenswert und die tiefen Bässe kommen staubtrocken bei den Passagieren an – also genauso, wie es sein soll. Dabei verzerrt die Bowers & Wilkins Anlage nicht, egal wie hoch die Lautstärke auch sein mag. Diese innovativen Technologien der Ingenieure von Bowers & Wilkins kennen wir bereits von anderen Systemen der Marke wie beispielsweise aus dem BMW 7er, dem Volvo S90 oder McLaren 570GT. Zusammen mit Maserati sind dies übrigens auch die einzigen vier Autohersteller, die mit Soundsystemen von B&W beliefert werden.
Fazit zum Maserati Ghibli S Q4
Der Maserati Ghibli S Q4 positioniert sich als edle Business-Limousine abseits des Mainstream und darf gut und gerne als Alternative für Genießer angesehen werden.

Ein BMW 5er ist an manchen Stellen fahrtechnisch ausgereifter und eine E-Klasse komfortabler. Doch den Maserati schert das nicht und sein Fahrer tut es diesem gleich.
Vielmehr geht es um hier um Individualität, um Kraft und Präsenz und vor allem um das verheißungsvolle Wissen des Potentials.

Als charismatisches Fahrzeug abgesegnet, bietet der Ghibli Fahrspaß on demand – mit der Extraportion Sound. Typisch italienisch, kräftig und kernig und im Grunde nie gehetzt, bringt die Limousine ihre Passagiere schnell oder gemächlich, aber niemals gestresst ans Ziel.
Natürlich hat all dies seinen Preis und so schlägt unser reichhaltig ausgestatteter Testwagen mit rund 124.000 Euro zu Buche. Doch es geht auch günstiger: Der Ghibli ist aktuell ab 67.552 Euro zu bekommen. Seit neuestem sogar als Hybrid-Variante mit Vierzylinder-Triebwerk plus E-Motor.

Ob und inwiefern man sich für einen Maserati Ghibli S Q4 entscheidet, liegt letztendlich an den persönlichen Präferenzen. Doch eines gibt es – ungeachtet der Motorisierung – immer serienmäßig dazu: Einen durch völliges Understatement gekennzeichneten Exotenstatus, der in puncto Individualität seinesgleichen sucht.
Text / Fotos: NewCarz
Kamera: Canon EOS 6D
Technische Daten: Maserati Ghibli S Q4 GranSport
- Farbe: Nero Ribelle (Metallic)
- Länge x Breite x Höhe (m): 4,97 x 1,95 x 1,46
- Radstand (mm): 2.998
- Motor: Sechszylinder-V-Motor mit Biturbo-Aufladung
- Leistung: 316 kW (430 PS)
- Hubraum: 2.979 ccm
- Max. Drehmoment: 580 Nm
- Getriebe: Achtgang-Automatikgetriebe
- Antrieb: Allradantrieb Q4
- Durchschnittsverbrauch (WLTP): 11,9 L/100 km
- Durchschnittsverbrauch (NewCarz): 11,4 L/100 km
- CO2-Emissionen (Herstellerangabe): 278 g/km
- Abgasnorm: Euro 6d-TEMP
- Höchstgeschwindigkeit: 286 km/h
- Beschleunigung von 0 auf 100 km/h: 4,7 Sekunden
- Leergewicht (kg): 1.770
- Kofferraumvolumen (l): 500
- Wendekreis (m): 11,7
- Kraftstofftank Benzin (l): 80
- Kraftstoffart: Super E5
- Neupreis des Testwagens: ca. 124.300 Euro (Grundpreis Ghibli: 67.552 Euro)

Sorgt seit 2015 stets für den „Nachschub“ an automobilen Neuigkeiten, ob als Modellpremieren, Modellpflege oder strategische Neuausrichtung von Herstellern – um nur einige zu nennen. Sein enger Draht zu den Herstellern ist ein Garant für brandneue Informationen und Autonews aus erster Hand. Seine automobile Vorliebe gehört vor allem den gut motorisierten Cabrios und Coupés dieser Welt.