Seit Anfang dieses Jahres beglückt die fünfte Generation des Toyota RAV4 die SUV-Sparte und soll mit diesem Modell die mittlerweile 25 Jahre andauernde Modellgeschichte fortsetzen – mit dem Toyota RAV4 Hybrid auch in der Königsdisziplin von den Japanern.
Deutlich überarbeitet, modernisiert und erstmals auf der TNGA-Plattform basierend, fuhr zu unserem Test ein Toyota RAV4 Hybrid mit Frontantrieb FWD vor, an dem wir überprüfen wollen, inwieweit die Evolution hier Früchte tragen konnte.
- Exterieur
- Interieur
- Motor und Fahreigenschaften
- Ausstattung, Komfort und Sicherheit
- Varianten und Preise
- Fazit
- Technische Daten
Exterieur – Martialischer Toyota RAV4 Hybrid
Gegenüber seinem Vorgänger hat der neue Toyota RAV4 Hybrid in puncto Außenmaße kaum Änderungen an den Tag gelegt – die Länge blieb, die Breite legte etwas zu. Doch das Aussehen unterscheidet sich dagegen fast eklatant. War der Vorgänger noch mehr der niedliche Mister Galant, so zeigt sich das neueste Exemplar deutlich aggressiver, ja sogar ein wenig martialisch in seiner Erscheinung – insbesondere an der Fahrzeugfront.
Ein mächtiger Kühlergrill und grimmig dreinschauende Scheinwerfer lassen den RAV4 viel mehr den Bad Boy mimen. Unterstützt durch eine lange Motorhaube, der ein spät beginnendes Greenhouse folgt, bleibt der Japaner wuchtig in seiner Erscheinung. Doch mit gekonnt akzentuierenden Kanten und Falzen lockert die damit gelenkte Linienführung diese anfängliche Brachialität erstaunlich gut auf. Seitlich betrachtet scheinen hier durchaus einige Lexus-Gene hindurch zu schimmern. Die 18-Zoll-Räder wirken an der massiven Erscheinung fast niedlich.
Fast schon filigran manifestiert sich der letzte Gesamteindruck, der beim Heck an den weit hinausragenden Leuchten und den beiden Endrohren hängenbleibt. Letztere sind ein Quantensprung, denn asiatische Modelle dieser Bauart entlassen die Abgase sonst irgendwo im Dunkeln des Unterbodens durch eine fast unscheinbare Endung. Der neue RAV4 zeigt hier erstmals mehr Selbstbewusstsein.
Interieur – Zuwachs als Devise
In diesem Kapitel trumpft die neue Generation deutlich auf. Dank eines verlängerten Radstands und der Absenkung des Schwerpunkts durch die hier erstmals verwendete TNGA-Plattform, bietet der Neue deutlich mehr Platz als das Vorgängermodell.
War dieser bereits kein Anlass für Beklemmungskritiken, so legt man in Generation fünf noch einen drauf. Und dieses Plus an Raum sieht und spürt man zugleich. Überall scheint der Japaner gewachsen zu sein, die Bewegungsfreiheit erscheint einen Klassensprung erfahren zu haben.
Das macht Freude, die man auf den sehr bequemen Sitzen genießt, deren Seitenhalt und auch die Beinauflagen auf der ersten Reihe als sehr gut befunden wurden. Langstreckentauglichkeit ist hier zur Genüge vorhanden.
Mit den gesteppten Sitzmustern und auch der weiteren Materialauswahl erhielt der neue RAV4 einen hellen, freundlich wirkenden Innenraum. Das Design bleibt dabei nicht nur nüchtern-sachlich, sondern kann durchaus auch in Ansätzen emotionale Aufladungen verströmen. Wir finden, das hat Toyota ganz gut gemacht.
Eine Ambientebeleuchtung setzt das Ganze schick in Szene. Das Blau ist vollkommen Hybrid-konform, doch etwas variierbare Abwechslung wäre hier nicht schlecht. Dafür erfreuen gummierte Drehknöpfe mit toller Haptik und auch sonst findet man sich sofort zurecht, findet alles da, wo man es sucht.
Beim Kofferraum gibt es ebenso kein Raum für Kritik. Mit 580 Litern in Standardkonfiguration bleiben bereits kaum Wünsche offen. Falls dies nicht ausreicht, erweitern umgeklappte Rückenlehnen das Fassungsvermögen auf 1.690 Liter.
Motor und Fahreigenschaften – Gutmütiges Kombinationstalent
Der neue Toyota RAV4 Hybrid besitzt eine Antriebskombination, bestehend aus einem 2.5-Liter Vierzylinder Benzinmotor und einem Elektroantrieb. Das System liefert in Summe 218 PS und 221 Newtonmeter als maximales Drehmoment. Damit wirkt die fünfte Generation sogleich deutlich agiler als sein Vorgänger.
Bei unserem Testwagen handelte es sich um die 4×2-Version, also die Variante mit Frontantrieb. Interessant ist, dass das Umschalten zwischen Verbrenner und Elektroantrieb fast unmerklich geschieht und akustisch davon auch nicht viel zu vernehmen ist – eine sehr gute Dämmung ist hier einer der Hauptgründe.
Jede Nutzung des Gaspedals wurde zackig in Vortrieb umgewandelt – der E-Antrieb ist wahrlich auf Zack. Doch auch der Hubraum des im Atkinsonzyklus werkelnden Saugmotors ist klar zu spüren. So liefert der Benziner einen guten Beitrag zum Durchzugsverhalten. Rein elektrisch schafft der Toyota angeblich zwei Kilometer. Im Test war es eher ein Kilometer, bevor der Ladezustand weit genug absank und der Benziner helfend hinzukam.
Das stufenlose Getriebe lässt durch die Elastizitätsreserven den Verbrenner größtenteils im Drehzahlkeller arbeiten, ruft hohe Umdrehungen nur ab, wenn man herzhaft Leistung abfordert und lässt den Motor dann auch hörbar seine Arbeit verrichten.
Loben konnten wir im Test die erstaunlich gute Traktion des Frontantriebs, der trotz starkem E-Motor auch bei forcierter Abforderung von Leistung erstaunlich lange ohne Schlupf blieb. Die drei Fahrmodi wiesen zudem eine spürbare Spreizung auf – uns gefiel dabei die Gesamtabstimmung im Fahrprogramm „Comfort“ am besten. Wenngleich die Lenkung vor allem in „Sport“ mit einer Direktheit erfreuen konnte, welche wir uns immer gewünscht hätten.
Das Fahrwerk des Toyota RAV4 Hybrid wurde insgesamt angenehm straff abgestimmt. Dadurch gab es nie das Gefühl, das SUV wäre zu starken Wank- und Schwank-Orgien ausgesetzt. Selbst bei höheren Tempi lag der RAV4 satt auf der Fahrbahn. Windanfälligkeit konnten wir ebenso keine attestieren.
Apropos höhere Tempi: Das SUV regelt – wie die meisten Hybridmodelle – relativ zeitig den Vortrieb ab. In diesem Fall ist bei 180 km/h das Ende der Fahnenstange erreicht. Der Tacho zeigt dabei 190 km/h und das Ende der Möglichkeiten kommt überraschend. Denn bis zur Höchstgeschwindigkeit spürt man im Toyota RAV4 stetigen Vorwärtsdrang, bis dann urplötzlich durch die Regelelektronik der Schlussstrich gezogen wird.
Beim Beschleunigen aus dem Stand auf Tempo 100 vergehen im Japaner übrigens 8,4 Sekunden. Der ständige Abruf von Höchstleistung ist aber auch nicht die Kernkompetenz dieses SUV, was auch bei den Vorgängern nie der Fall war. Wobei er durchaus flott bewegt werden kann und das in der aktuellen Generation so flott wie nie zuvor, bleibt er dennoch mehr die Vernunft-Entscheidung.
Wer ein SUV für den Hängerbetrieb sucht, sollte darauf achten, dass diese Version mit Frontantrieb lediglich 800 Kilogramm gebremst und 750 Kilogramm ungebremst ziehen darf. Die Allradversion schafft mit gebremstem Anhänger immerhin 1.650 Kilogramm.
Beim Verbrauch kam dann eine kleine Überraschung. Denn die Werksangabe von durchschnittlichen 4,6 Litern haben wir selbst auf unserer Sparrunde nicht erreicht. Im Drittelmix lag der Konsum des Toyota RAV4 Hybrid bei gut sieben Litern. Knausrige Fahrweise ermöglichte es, den Verbrauch auf immerhin fünf Liter zu drücken.
Wenn man dagegen das Gaspedal mit dem Bodenblech per Kaltverformungsverfahren aneinanderbinden möchte und eine freie Strecke vorfindet, die so etwas ermöglicht, steigt der Verbrauch auch gerne in den zweistelligen Bereich.
Dessen ungeachtet, empfinden wir die Verbrauchswerte bei alltäglicher Nutzungsweise für ein SUV in dieser Größe als absolut zufriedenstellend.
Ausstattung, Komfort, Sicherheit
Der getestete Toyota RAV4 Hybrid in der „Club“-Version – die als solche nicht mehr angeboten wird – besaß eine ganze Reihe an Ausstattungsmerkmalen, von denen wir die wichtigsten und die, welche uns aufgefallen sind, beschreiben möchten.
Gleich zu Beginn ein Wort zum Infotainmentsystem inklusive Navigation „Touch & Go Plus“. Die Bedienung dessen erwies sich im Praxistest als wenig intuitiv, teilweise auch umständlich. Dafür gab es ein solides Angebot aus Navigation und Unterhaltung. Beim Navigationssystem fiel uns auf, dass der Übersichtsbildschirm die Kartendarstellung mit fixierter Nordrichtung zeigte. Dies konnte man nicht ändern, nur im Untermenü „Navigation“ gab es hierfür diverse Einstellungsmöglichkeiten.
Die Berücksichtigung von Verkehrsstörungen gelang nur sporadisch. So mussten wir im Test insgesamt drei Staus ertragen – jeweils für etwa eine Stunde – währenddessen die Routenführung freie Fahrt bestätigte.
Ganz anders gefiel uns dagegen das Soundsystem im Toyota RAV4 Hybrid. Obwohl es keiner bekannten Marke zugehörig war, überzeugte es mit einem voluminösen, sehr kraftvollen Klang. Das konnte in Summe sogar mehr überzeugen, als so manches Markensystem.
Die LED-Scheinwerfer lieferten einen hellen Lichtkegel mit guter Reichweite, der aber etwas breiter aufgefächert sein dürfte. Ein mehrere Meter großes Feld direkt vor dem Fahrzeug blieb zudem auffällig dunkel. Da es sich hier um die „Light“-Version der LED-Scheinwerfer handelt, wäre es durchaus interessant, die höherwertige Version mit Elipsoid-Linsen zu testen.
Die Sitzheizungen erwärmten zweistufig recht fix den Sitzapparat und Rücken. In der höchsten Stufe würde etwas mehr Wärmeleistung nicht schaden. Die Lenkradheizung reagierte ebenso sehr schnell. Aber leider wurden nur die Griffflächen links und rechts beheizt. Der obere und untere Teil des Lenkradkranzes blieb völlig kalt.
Die Klimaautomatik wies eine gewisse Nervosität auf, bei der wechselnd mal sehr warme, dann wieder kalte Luft aus den Lüftungsdüsen kam, obwohl die Temperatur nicht verstellt wurde. Eine elektrische Beheizung der Wischerblätterpositionen hilft bei Vereisung dieser zuverlässig.
Der Lane Assist überwachte akribisch, ob das SUV in seiner Spur blieb und griff mit handfester Vehemenz ein, falls man die Spur unbeabsichtigt oder etwa ohne Blinkerbetätigung verlassen wollte. Dafür zeigte der adaptive Tempomat mitunter eine nicht gewünschte Variabilität, bei der die Abstände zum Vordermann vereinzelt willkürlich angepasst wurden.
Der Fernlichtassistent erkennt kein Schlechtwetter und blendete auch bei Nebel auf, sodass man als Fahrer hier den Dienst deaktiveren musste. Bei normalen Witterungsbedingungen war dieser Assistent allerdings sehr verlässlich. Dies galt auch für die Verkehrszeichenerkennung, welche nur beleuchtete Geschwindigkeitstafeln und -schilder ignorierte.
Aufgefallen ist uns auch die elektrische Heckklappe. Einmal waren die Servomotoren recht laut im Betrieb, andererseits dauerte das Öffnen und Schließen quälend lange. Eine „bring-me-home“-Funktion lässt sich hier übrigens nicht separat einstellen, sondern funktioniert nur über die markenübergreifende, bereits Jahrzehnte alte Methode des kurzen Betätigens der Lichthupe nach Abstellen des Motors. Dabei wird das Abblendlicht für eine vordefinierte, nicht änderbare Zeit aktiviert.
Varianten und Preise für den Toyota RAV4 Hybrid
Als Hybrid gibt es den RAV4 in zwei Versionen:
- 4×2 mit 218 PS Systemleistung ab 38.690 Euro
- Hybrid AWD-i ebenfalls mit 218 PS Systemleistung ab 41.690 Euro
Es gibt sechs Ausstattungsvarianten: Comfort, Team Deutschland, Style Selection, Lounge, Basis und Business Edition. Die beiden letztgenannten Varianten sind nur für die Version mit Frontantrieb verfügbar.
Hinweis: Leider konnte man diese Varianten im aktuellen Konfigurator auf der Toyota-Website nicht auswählen. Die obig angegebenen Ab-Preise entsprechen denen im Konfigurator, doch in der Vergleichsübersicht würde die 4×2-Version in der „Basis“ nur 33.690 Euro kosten. Auf Nachfrage per Chatfunktion, brach dieser nach Eingabe der Frage zusammen und tauchte leider nicht mehr auf. Wir empfehlen bei Interesse daher den direkten Weg zum Vertragshändler.
Fazit – RAV4 nach 25 Jahren volljährig
Als fünfte Generation legt der Toyota RAV4 Hybrid noch einmal mächtig zu – im Platzangebot und Leistung. Das tut dem SUV sehr gut, erweitert dabei auch die Zielgruppe, denen das bisherige Leistungsspektrum eines RAV4 nicht zusagte. Auch die Optik wurde geschärft und dürfte nun auch einer jüngeren Klientel gefallen.
Außerdem kann und muss man den Japanern auch bescheinigen, dass die konsequente Weiterentwicklung der Hybridtechnik als Resultat hier in einem sparsamen und zugleich viel Raum bietenden SUV resultiert. Die Assistenzsysteme benötigen teilweise noch etwas Feinabstimmung, doch die Vielfältigkeit an Helferlein ist lobenswert.
Eine hohe Alltagstauglichkeit, der moderate Verbrauch und das erhöhte Sicherheitsgefühl sprechen für den Toytoa RAV4 Hybrid als 2WD. Wer abseits der Asphaltbahnen ebenso eine gute Figur machen möchte und auch den Anhängerbetrieb des Öfteren nutzt, sollte die 3.000 Euro Aufpreis für das AWD-Modell investieren. Dieser kann nämlich auch mehr an den Haken nehmen.
Kamera: Canon EOS 6D
Technische Daten: Toyota RAV4 Club 2.5l Hybrid 4×2
- Farbe: Tiefschwarz Mica Metallic
- Länge x Breite x Höhe (m): 4,60 x 1,86 (2,16 inklusive Außenspiegel) x 1,69
- Radstand (mm): 2.690
- Antrieb: Vollhybrid – Vierzylinder Ottomotor ohne Aufladung plus E-Motor
- Systemleistung: 160 kW (218 PS) bei 5.700 rpm
- Hubraum: 2.487 ccm
- Max. Drehmoment: 221 Nm bei 3.600 rpm
- Getriebe: stufenlose Automatik CVT
- Antrieb: Front
- Durchschnittsverbrauch (NEFZ): 4,6 L/100 km
- Durchschnittsverbrauch (NewCarz): 7,1 L/100 km
- CO2-Emissionen (Herstellerangabe): 102 g/km
- Abgasnorm: Euro 6d-Temp
- Höchstgeschwindigkeit: 180 km/h
- Beschleunigung von 0 auf 100 km/h: 8,4 Sekunden
- Leergewicht: 1.745 kg
- Wendekreis: 11,8 m
- Böschungswinkel vorn/hinten: 18°/20°
- Rampenwinkel: 16°
- Wattiefe: 500 mm
- Kofferraumvolumen: 580 bis 1.690 Liter
- Zuladung: 390 kg
- Stützlast: 70 kg
- Anhängelast ungebremst/gebremst in kg: 750/800
- Kraftstofftank: 55 Liter
- Hybrid-Akku: 1,59 kWh
- Neupreis des Testwagens: 39.270 Euro (Einstiegspreis Hybrid ab 38.690 Euro)
Unser Chefredakteur erstellt seit 2015 schwerpunktmäßig Fahrberichte und testet alle Fahrzeuge akribisch – mit Liebe zum Detail – auf Herz und Nieren. Dabei entgeht ihm nichts. Seine Objektivität bewahrt er dabei kompromisslos. Robertos Spezialgebiete sind neben SUVs und Kombis die alternativen Antriebskonzepte. Sein Herz schlägt aber auch gern im V8-Takt.