Es ist vorbei – der Volvo S90 wird nicht mehr gebaut, auch nicht als T8 Recharge, was den Plug-in Hybrid bezeichnet. Doch es gibt ihn noch, denn fertig gebaute, verfügbare Modelle bietet Volvo noch immer an.
Viele Limousinen sind es nicht mehr, die als PHEV erhältlich sind. Neben Volvo ist auch der Audi A6 nur noch als Kombi erhältlich. Ob es sich lohnt, auf den bewährten und erfolgreichen S90 zurückzugreifen, klärt dieser letzte Test.
Zu diesem Zweck fuhren wir den Volvo S90 T8 Recharge in einem zurückhaltenden „Vapour Grey“ – eine Metallicfarbe, die dem Schweden eine neutrale Note verleiht.
Das Wichtigste im Überblick
- Der S90 ist ein Auslaufmodell und nur noch Restbestände in vorkonfigurierter Form erhältlich.
- Der Plug-in Hybridantrieb ist bärenstark, benötigt aber lange Ladezeiten und bietet vergleichsweise geringe E-Reichweiten.
- Sehr komfortables Fahrverhalten, zeitloses Design und hohe Sicherheitsausstattungen sind weitere Stärken der Limousine.
- Exterieur
- Interieur
- Motor und Fahreigenschaften
- Verbrauch, Aufladen, Reichweite
- Ausstattung, Komfort, Technik
- Wo gibt es den Volvo S90 T8 Recharge noch?
- Fazit
- Pro & Contra
- Technische Daten
Exterieur – Optische Beständigkeit
Es gilt nach wie vor: Der S90 strahlt eine Beständigkeit aus, die man ohne Bedenken als zeitlos benennen darf. Exakt so, wie wir es bereits in unserem letzten Test des Mildhybrid festgestellt hatten.





Der Kühlergrill trägt elegant und nicht protzig das Markenlogo, die „Thors Hammer“ bezeichnete Lichtsignatur in den Scheinwerfern wurde noch etwas filigraner und lässt die Limousine anmutig dreinschauen.
Der Rest bleibt wie gehabt, nämlich eine wohlproportionierte, klassische Limousine, ohne Prunk, aber detailliert veredelt.
Interieur – Cool, cooler, Volvo
Auch der Innenraum bleibt bei diesem Volvo dem Credo treu, kühle Nüchternheit trifft edle Materialien. Dabei wirkt diese nordische Kühle nicht unangenehm, sondern eher beruhigend und abholend zugleich. Alles findet sich an seinem Platz.





Apropos Platz: Der ist für die Insassen unverändert gut; vor allem vorne sitzen auch große Personen sehr bequem. Im Fond geht es unter der leicht gewölbten Dachkuppel etwas weniger opulent in puncto Platzverhältnisse zu, genügt aber zumindest zwei Erwachsenen für eine längere Ausfahrt.





Anders sieht es im Kofferraum aus, denn statt der 500 Liter mit anderen Motorisierungen, verschlingt die Hybridbatterie unter der Abdeckung ebendiesen zusätzlichen Stauraum und reduziert das Gesamtvolumen auf 431 Liter. Dafür erlaubt eine geteilte Rücksitzbank weiterhin eine Erweiterung der Ladekapazität, um auch sperrige Gegenstände transportieren zu können.
Antrieb und Fahreigenschaften – Feuriger Start mit sanftem Finale
Über Leistungsmangel muss man sich in einem Volvo S90 T8 Recharge wahrlich nicht beschweren. Satte 455 PS an Systemleistung und wuchtige 709 Newtonmeter an gemeinsames Drehmoment der beiden Antriebsaggregate sprechen bereits auf dem Papier eine klare Sprache.

Bei den Initiatoren dieser Leistung handelt es sich um den bekannten 2.0-Liter-Reihenvierzylinder, der dank Turbo- und gleichzeitiger Kompressoraufladung alleine bereits 310 PS und 400 Newtonmeter in die Waagschale wirft. Der andere Protagonist kommt als PSM Elektromotor an der Hinterachse zum Einsatz und liefert an diese 145 PS sowie 309 Newtonmeter. Dadurch wird die Limousine zum Allradmodell.

Im Vergleich zum Vorgänger T8 Twin Engine stieg die Leistung des E-Motors um 58 PS und das Drehmoment um 69 Newtonmeter. Dies bedeutet einen deutlichen Leistungszuwachs, insbesondere dann, wenn die Limousine rein elektrisch unterwegs ist.
Die Leistungsentfaltung ist insgesamt aber eher erstaunlich distinguiert und weniger fahrdynamisch als es die 455 PS versprechen möchten. Nicht falsch verstehen, es geht in diesem Volvo S90 T8 Recharge zweifellos sehr zügig voran und 4,7 Sekunden für den Spurt aus dem Stand bis Tempo 100 sprechen eine klare Sprache.

Doch dies läuft – abgesehen von dem dann akustisch doch vernehmbaren Benziner – dermaßen unspektakulär ab, dass der Geschwindigkeitszuwachs kaum als solcher wahrgenommen wird. Die skandinavische Limousine gibt sich stets cool, wahrt die Contenance ohne Ablass und lässt sich nicht aus der Ruhe bringen. Dies überträgt sich sogleich auf Fahrer und Insassen, die ebenfalls gern in diese gediegene Zurückhaltung verfallen.

Das ist auch sinnvoll, denn was als doch feuriger Start beginnt und gut austrainiert so weiter geht, dem wird bei 180 km/h der elektronische Riegel vorgeschoben. Das ist bei Volvo seit 2020 selbstauferlegtes Gesetz und lässt dadurch zumindest hierzulande auch den Vertreter-Golf mit kleinem 1.5 TSI an dem zweieinhalbmal so starken Volvo mühelos vorbeiziehen.
Doch Volvo-Fahrer wissen dies und scheren sich nicht darum. Hier geht es eher um Komfort und Sicherheit. Dazu gibt es auch wenig auszusetzen, denn die Assistenzsysteme machen einen sehr guten Job, die Lenkung vermittelt Verbindlichkeit wie auch das komfortorientiert abgestimmte, aber nicht zu weiche Fahrwerk der Limousine für ein ausgewachsenes Sicherheitsgefühl sorgen kann.
Verbrauch, Aufladen und Reichweite
Da der S90 nicht weitergeführt wird, hat auch der hier zum Einsatz kommende Plug-in Hybrid keine Weiterentwicklung genossen. Ein altes Eisen ist er dennoch nicht und ein Durchschnittsverbrauch von 8,3 Litern auf 100 Kilometer ist sicher nicht gut genug, um auf vorderen Plätzen zu landen, aber in Anbetracht der Leistung von 455 PS, ist das weniger schlecht als viele vermuten.

Auf der Sparrunde reduzierte sich der Verbrauch auf immerhin 6,1 Liter auf hochgerechnet 100 Kilometer – diese Verbrauchsermittlungen fanden wie immer bei PHEV-Modellen mit leerer Batterie statt.
Deutlich angestaubter zeigte sich der Volvo S90 T8 Recharge beim Aufladen. Denn durch seinen mittlerweile als obsolet geltenden 3,7 kW-Onboard-Loader warteten wir geschlagene 4,5 Stunden an einer AC-Ladesäule, bis die 14,7 kWh an nutzbarer Kapazität des Akkus wieder komplett aufgefüllt waren.




Eine Schnellladefunktion fehlt hier und durch den Typ 2-Anschluss gibt es nur die Möglichkeit, an ebendiesen AC-Ladesäulen oder per Adapter an einer Haushaltssteckdose Strom nachzutanken. Letzteres dauert mindestens acht Stunden und wäre damit nur eine Übernacht-Option.


Nachdem der Hybrid-Akku aufgefüllt war, kündigte der Bordcomputer eine Reichweite von 61 Kilometern an. Wir schafften aber im Drittelmix gefahren nur 51,4 Kilometer, bevor der Benziner sich wieder dazugesellte, obwohl der Akku noch Saft für weitere fünf Kilometer besaß. Diese verflüchtigten sich aber bereits auf dem nächsten Kilometer. Volvo gibt 89 Kilometer an, was wir als kaum erreichbar sehen.
Ausstattung, Komfort & Technik im Volvo S90 T8 Recharge
Als „Ultimate Dark“ konnte der hier getestete S90 als Topausstattung eine gut sortierte Menge an Ausstattungsmerkmalen offerieren. Unter anderem zählen dazu Tailored Wool-Sitzbezüge, 19 Zoll-Räder, ein adaptives Fahrwerk, elektrische Komfortsitze mit Sitzmemory für Fahrer und Beifahrer, Sitzheizungen auf vier Plätzen sowie eine Lenkradheizung, eine 2-Zonen-Klimaautomatik, eine Privacyverglasung und ein auf Google basierendes Infotainment.





Dieses zeigte sich im Test als deutlich besser als das Vorgängersystem und brillierte insbesondere durch die erstklassige Routenführung via Google-Karten und einer zuverlässigen Berücksichtigung von Verkehrsstörungen.
Bowers & Wilkins – das ist nicht neu – ist ein Garant für erstklassigen Klang und dies gilt auch in diesem Fall des Volvo S90 T8 Recharge. Das kleine elektrische Schiebedach bringt zumindest für die vorderen Insassen etwas Luftigkeit und Licht in den Innenraum.





Immer noch weit vorne mitspielend, gelten die Matrix-LED-Scheinwerfer des S90 der Sicherheit bei jeder Nachtfahrt als überaus zuträglich.
Wo gibt es den Volvo S90 T8 Recharge noch?
Da der S90 mittlerweile durch den vollelektrischen Volvo ES90 abgelöst wurde, ist er nicht mehr konfigurierbar. Doch es gibt noch Restbestände, die preislich auch den einen oder anderen Rabatt einbringen können.

Auf der offiziellen Volvo-Seite stehen mehrere Angebote zur Verfügung, die aktuell bei rund 83.000 Euro für die Ausstattung „Plus“ starten. Doch auch einige regionale Händler bieten nach wie vor den S90 als Neuwagen an; ein Besuch lohnt sich für Interessierte daher in jedem Fall.
Fazit – Bildschöne Vergänglichkeit
Irgendwie ist es schade, dass der S90 ein Auslaufmodell geworden ist. Denn er überzeugte seit 1996 in mehreren Generationen eine nicht unbeträchtliche Anzahl an Fans. Auch wenn die Kombiversion V90 stets mehr Zuspruch fand, konnte der S90 als Limousinenklassiker in seiner Kategorie viel Respekt und Anerkennung sammeln.

Zwar ist er in die Jahre gekommen, was allein durch die heutzutage nahezu minimalistisch anmutende Digitalisierung auffällt, doch nicht wenige lieben diesen dem Trend entgegenwirkende Art. Weniger Zuspruch erhält die fehlende Schnellladefunktion und die dadurch übermäßig langen Ladezeiten sowie die nur noch durchschnittliche elektrische Reichweite. Aktuelle PHEV sind in 45 Minuten aufgeladen und fahren über 100 Kilometer rein elektrisch.

Dennoch ist der S90 auch als T8 Recharge noch ein Geheimtipp, wenn man auf geballte Leistung eines kraftvollen Hybridantriebs steht und sich an der 180 km/h-Grenze nicht stört. Der Preis ist zwar auch als Auslaufmodell nicht als Schnäppchen zu bezeichnen, doch der Nachfolger ist als ähnlich starker Twin Motor mit mindestens 89.000 Euro deutlich teurer.
Wen der S90 als T8 Recharge auch heute noch überzeugt, sollte aber nicht zu lange warten, denn Restbestände sind wie gewohnt nur begrenzt verfügbar.



Text & Fotos: NewCarz
Pro & Contra
Pro:
- klassisch zeitlose Limousine mit typischer Volvo-Mentalität
- sehr kräftiger Plug-in Hybridantrieb
- komfortables, sehr kultiviertes Fahrverhalten
- übersichtliches Bedienkonzept mit geringer Digitalisierung
- für die angebotene Leistung akzeptable Verbräuche
Contra:
- sehr lange Ladezeiten (keine Schnellladefähigkeit)
- nur durchschnittliche elektrische Reichweite
- als Auslaufmodell nur noch vorkonfiguriert erhältlich
- selbstbewusster Preis
Konkurrenz: Mercedes-Benz E 400 e, BMW 550e xDrive
Technische Daten: Volvo S90 T8 Recharge AWD Ultimate Dark
- Farbe: Vapour Grey Metallic
- Fahrzeugklasse: obere Mittelklasse / Limousine
- Länge x Breite x Höhe (m): 4,97 x 1,88 (2,02 mit Außenspiegel) x 1,44
- Radstand (mm): 2.941
- Antrieb: Reihenvierzylinder-Ottomotor mit Turbo- und Kompressor und OPF plus E-Motor
- Hubraum (ccm): 1.969
- Hybridart: Plug-in Hybrid
- max. Leistung Verbrenner /E-Motor: 228/107 kW (310/145 PS)
- Systemleistung: 335 kW (455 PS)
- max. Drehmoment Verbrenner/E-Motor (Nm): 400/309
- Getriebe: 8-Stufen-Automatik
- Antriebsart: Allrad (Hinterachse elektrisch)
- Durchschnittsverbrauch (WLTP): 6,3 l/100 km (mit leerem Akku)
- Durchschnittsverbrauch (NewCarz): 8,3 l/100 km (mit leerem Akku)
- CO2-Emissionen (Werksangabe): 144 g/km (mit leerem Akku)
- Abgasnorm (WLTP): 6d
- Höchstgeschwindigkeit: 180 km/h
- Höchstgeschwindigkeit elektrisch: 125 km/h
- Beschleunigung von 0 auf 100 km/h (sec): 4,7
- Wendekreis (m): 11,4
- Bodenfreiheit (mm): 152
- Kofferraumvolumen (l): 431
- Leergewicht (kg): 2.119
- Zuladung (kg): 451
- max. Anhängelast ungebremst/gebremst (kg): 750/2.100
- max. Stützlast (kg): 100
- max. Dachlast (kg): 100
- Tankgröße (l): 60
- Batteriekapazität brutto/netto (kWh): 18,8/14,7
- Ladeanschluss: vorn links Typ-2
- Ladezeiten AC max. 3,7 kW Werksangabe/gemessen (min): 300/298
- Elektrische Reichweite Herstellerangabe/gemessen (km): 89/51,4
- Kraftstoffart: Benzin E5/E10 mind. 95 Oktan
- Neupreis des Testwagens: ca. 94.210 Euro (Basispreis T8 Recharge: 75.500 Euro)

Unser Chefredakteur erstellt seit 2015 schwerpunktmäßig Fahrberichte und testet alle Fahrzeuge akribisch – mit Liebe zum Detail – auf Herz und Nieren. Dabei entgeht ihm nichts. Seine Objektivität bewahrt er dabei kompromisslos. Robertos Spezialgebiete sind neben SUVs und Kombis die alternativen Antriebskonzepte. Sein Herz schlägt aber auch gern im V8-Takt.