Mit dem Look eines Concept Cars und der Ausstattung einer Oberklasse-Limousine rollt er auf den roten Teppich: der neue VW Arteon.
Fragen über Fragen häuften sich lange vor der offiziellen Fahrpremiere in unserer Reaktion. VW und GT – kann das gutgehen?
Wir haben den neuen Gran Turismo aus Wolfsburg gleich in zwei Versionen getestet. Erstkontakt mit dem Flaggschiff!
Das Design – Wenn der Passat mit dem Panamera…
…eine Nacht in der Garage verbringt, dann kommt ein avantgardistischer GT dabei heraus – frei von unnötigen Design-Elementen, dafür aber mit einer gehörigen Portion unverhohlener Dynamik. Jedenfalls in unserer Vorstellung. Dennoch wäre Papa Panamera stolz auf seinen jüngsten Spross, der ihm in puncto Optik kaum nachsteht.

Die Linienführung ist beim VW Arteon beinahe wagemutig ausgefallen. Die breite Front des mit 1,87 Meter nicht gerade schmalen Gran Turismo wird dominiert von einem üppig dimensionierten Kühlergrill, dessen Querstreben eine wunderbare Romanze mit den Tagfahrlicht-Dioden der Voll-LED-Scheinwerfer eingehen. Die große Motorhaube ragt derweil weit in die Front hinein, verleiht dem Blick des Arteon quasi noch den letzten Lidstrich. Im geöffneten Zustand wird hingegen ein Blick auf die Radhäuser offeriert – prima, das kannten wir bis dato nur von reinrassigen Sportwagen.

Die Seitenlinie führt den Dynamik-Charakter unverblümt fort. Herrlich dominant zeigen seitliche Bügelfalten, dass der GT im Stand mehr lauert als parkt. Die optionalen und verdammt schicken 20-Zoll-Räder im Turbinen-Look unterstreichen diesen Eindruck ebenso wie die schmale Fenstergrafik. Besonders entzückt hat uns die rassig abfallende Dachlinie. Wie ein Coupé wirkt der Arteon auf den Betrachter, im richtigen Winkel kann man die hinteren Türen auch getrost mal übersehen.

Der Blick wandert langsam von der Seite in Richtung Heck und hier kommt wieder unser Panamera ins Spiel. Die scharfe Abrisskante und die schmalen Rückleuchten erinnern unweigerlich an das Zuffenhausener Familien-Geschoss. Große Unterschiede? Ja, der VW Arteon wirkt in seiner ganzen Statur zierlicher, gar etwas sehniger, wenngleich auch nicht minder muskulös.

Das Heck in der Totalen zeigt neben dem Modellnamen in großen Lettern stilecht integrierte Rückleuchten in LED-Technik sowie die besagte Abrisskante, die einen konventionellen oder ausfahrbaren Heckspoiler überflüssig macht. Im unteren Bereich zeigen – je nach Motorisierung – ovale Auspuffblenden dem Hintermann, dass hier bis zu 280 Pferde am Werk sind.

Das Interieur – Business Class made in WOB
Des Öfteren spricht man bei einem Gran Turismo von einer Zwischenlösung. Eine Mischung also aus Limousine und Coupé – möglichst schick und idealerweise mit vier Sitzplätzen. Diese Zeiten sind spätestens seit dem – in diesem Bericht häufig erwähnten – Panamera vorbei. Und mit dem VW Arteon wird der klassische Begriff eines Gran Turismo einfach noch mal um ein zwei Ingredienzien erweitert.

Insgesamt werden hier fünf vollwertige (!) Sitze offeriert. Zugegeben, im Rahmen unseres Erstkontaktes konnten wir dies nicht ausgiebig testen, werden das aber definitiv nachholen. Doch können wir bereits jetzt sagen, dass auch der hintere Mittelsitz keinen schlechten Eindruck macht.

Darüber hinaus befinden wir uns bei einem Gepäckvolumen, dass durchaus mit dem eines in der Oberklasse angesiedelten Kombis mithalten kann. 563 Liter stehen hier zur Verfügung, bei umgeklappten Rücksitzen sind es satte 1.557 Liter. Dazu kommt die recht niedrige Ladekante, welche das Be- und Entladen des VW Arteon zum Kinderspiel macht.

Die Verarbeitung des Cockpits erweist sich in unserem ersten Test als durchweg einwandfrei, alle Spaltmaße stimmen genau und auch die Materialauswahl ist um einige Welten besser als noch die recht öde Einrichtung des Passat CC respektive CC. Generell hat es Volkswagen im Interieur geschafft, einen neuen Look in den Fahrgastraum zu bringen, ohne dabei mit den VW-Konventionen zu brechen. Während die Außenhaut des Gran Turismo die Dynamik förmlich mit Hochdruck versprüht, hält sich der Innenraum gediegen zurück und wird damit dem angepriesenen „Business Class“ – Charakter gerecht.

Im Übrigen hat im neuen VW Arteon zudem das optional erhältliche Discover Pro samt Gestensteuerung Einzug gehalten.
Die Sitze im GT sind bereits serienmäßig teilelektrisch verstellbar und bieten neben Heizung auch eine Massagefunktion. Einziges Manko: Eine Sitzbelüftung ist weder für Geld noch für gute Worte zu bekommen. Dafür sind die ergo Comfort Sitze ausgesprochen bequem und suggerierten uns schon nach wenigen Metern einen hohen Langstreckenkomfort.

Darüber hinaus darf sich der Fahrer über ein satt in der Hand liegendes Lenkrad samt intuitiver Bedienung freuen. Gleiches gilt auch für die meisten der Assistenzsysteme. Hier wurde bei der Tastenbelegung sehr selektiv vorgegangen – jeder Besitzer eines Golfs ab Generation Sechs sollte sich hier nach minimaler Eingewöhnungszeit zurechtfinden.

Erfreuen dürfen sich indes alle Passagiere über ein Panorama-Glasdach – sofern der Besitzer selbiges mitbestellt hat.
Die Assistenten – Magna cum laude
Der neue VW Arteon verfügt über eine ganze Bandbreite an Assistenzsystemen. Aufgrund der Menge an netten On-board-Helferlein belassen wir es in diesem Erstkontakt-Bericht bei den wohl relevantesten und neuesten Systemen, die Volkswagen seinem GT-Spross mit auf den Weg gegeben hat.

Das adaptive Tempomat samt Abstandsregelung ist bereits aus anderen Modellen bekannt. Kein Wunder also, dass es auch im neuen Gran Turismo zum Einsatz kommt. Neu ist hierbei jedoch, dass das System nicht nur wie bisher das Gas geben und Bremsen übernimmt sowie die vorab eingestellte Geschwindigkeit hält, nun ist das System unter Berücksichtigung von GPS-Daten, der kamerabasierten Verkehrszeichenerkennung und seinem Radar in der Lage, bei einer bestehenden Routenführung die Geschwindigkeit der Verkehrsschilder zu übernehmen sowie vor Kurven, Kreisverkehren und anderen Situationen zu bremsen.

In der Praxis leistete sich das System kaum Schwächen. Lediglich einmal übernahmen wir selbst das Bremsen, hier waren wir uns nicht sicher, ob das System in letzter Sekunde doch noch reagiert. Ansonsten ist es sehr erstaunlich, wie souverän der VW Arteon seine Aufgabe erfüllt.

Der „Emergency Assist“ genannte Notbremsassistent wurde ebenfalls überarbeitet. Dieser kann nicht mehr nur selbständig bremsen und die Warnblinkanlage einschalten. Für den Fall eines Fahrerausfalls zum Beispiel auf der linken Spur einer Autobahn, führt das Fahrzeug nun autonom einen Fahrspurwechsel auf die ganz rechte Spur durch. Das System nutzt hierbei den Spurwechselassistenten, um eine eventuelle Kollision mit von hinten kommenden Fahrzeugen zu vermeiden.

Das Active Lighting System ist ein optionales Feature für die neuen Voll-LED-Scheinwerfer des VW Arteon. Dass dieses über einen intelligenten Fernlichtassistenten sowie über dynamisches Kurvenlicht verfügt, ist bereits aus anderen Modellen bekannt. Neu ist hierbei, dass der GT die Kurve nun schon ausleuchtet, bevor der Fahrer diese befährt. Das System bedient sich hier unter anderem der Topografie des Navigationssystems sowie der Frontkamera und ermöglicht eine bestmögliche Kurvenausleuchtung ohne Streuverluste.

Auch passiv sorgt sich der VW Arteon sehr um seine Insassen. Droht eine Heckkollision, so werden innerhalb kürzester Zeit sämtliche Fenster bis auf einen Spalt, das Panorama-Glasdach komplett geschlossen. Die Gurtstraffer ziehen sich stramm, die Sitze werden in Position gerückt und die Warnblinkanlage wird aktiviert. So soll der Schaden für die Passagiere so gering wie möglich gehalten werden.
Die Motorisierungen – Der VW Arteon ist bis zu 280 PS stark
Zur Markteinführung stehen insgesamt drei Motoren zur Wahl. Der zwei Liter starke Benziner kommt ausschließlich mit Doppelkupplungsgetriebe und Allradantrieb 4Motion und leistet 280 PS. Damit bildet er die Speerspitze unter den Antrieben. Darunter rangiert der Top-Diesel mit Biturbo-Aufladung und 240 PS. Auch hier sind DSG und Allrad Serie. Wer es etwas gemächlicher angehen lassen möchte, greift auf den Selbstzünder mit 150 PS zurück.

Widmen wir uns zunächst dem 280-PS-Top-Aggregat. Das Fahrgefühl des VW Arteon zu beschreiben, ist doch ein recht schwieriges Unterfangen. Die ersten Meter rollen wir beinahe lautlos vom Parkplatz, kaum hörbar säuselt der Vierzylinder im Hintergrund. Beim ersten beherzten Tritt auf´s Gaspedal offeriert der eigentlich so brav wirkenden GT eine Beschleunigungs-Orgie, die wir so nicht erwartet haben. Dank des Allradantriebs ist dem Arteon Schlupf ein Fremdwort, in weniger als einer Sekunde wird der Gasbefehl in reinen Vortrieb umgesetzt. Blitzschnell arbeitet das DSG und völlig unbeeindruckt haben wir bereits die 120-km/h-Marke passiert.

Das alles passiert derart flüssig, dass man meinen könnte, man säße in einer wesentlich größeren Limousine. Ändern tut sich das erst, wenn man das DCC auf Sport stellt. Dann kommt tatsächlich ein Hauch „GTI-Feeling“ auf, denn bei jedem Gangwechsel sprotzelt der Arteon eine kleine Salve aus dem Auspuff, nur um zu zeigen, dass der nächste Gang gewillt ist, noch mehr Vortrieb zu bieten.
Wir schalten wieder in den Komfort-Modus und lassen es ruhiger angehen. Das überarbeitete Fahrwerk harmoniert perfekt mit dem langen Radstand des Gran Turismo. Quer- und Längsfugen verlieren beinahe gänzlich ihren Schrecken.
Insgesamt zeigt sich der VW Arteon als wahlweise spritziger oder komfortabler Begleiter. Ausgeglichen bleibt er hingegen immer – wir jedenfalls konnten ihn nicht aus der Ruhe bringen.

Der 240-PS-Bi-TDI tut dem ersten Eindruck keinen Abbruch. Wo 40 PS fehlen, wuchtet ein höheres Drehmoment – genau genommen 500 NM – auf die Kurbelwelle und sorgt dafür, dass der Arteon-Diesel-Fahrer immer in Versuchung gerät, das Drehmoment voll auszukosten. Nicht weniger spritzig zeigt sich der TDI im Sport-Modus, dennoch ist er die bessere Alternative für Langstreckenfahrten. In unserem Test hielten wir den Diesel-GT problemlos unter sechs Litern, ohne uns dabei wirklich zurückzuhalten.

Wir möchten an dieser Stelle noch anmerken, dass beide Testfahrzeuge auf 20-Zoll-Rädern standen. Ein Abrollkomfort mit derart großer Bereifung ist wahrlich nicht selbstverständlich und einer der Stärken des VW Arteon. Diese Eigenschaft liegt nicht zuletzt daran, dass das gesamte Fahrzeug für den Betrieb auf 20-Zoll-Leichtmetallrädern konzipiert wurde.

Es sei zudem erwähnt, dass der VW Arteon ausschließlich mit Vierzylinder-Motoren angeboten wird.
Das Fazit – Würdiger CC-Nachfolger mit Kult-Potential
Der VW Arteon polarisiert – soviel ist klar. Uns hat der Neuzugang aus Wolfsburg vor allem durch sein enormes Raumvolumen und seinen vehementen Vortrieb überzeugt.

Vor allem die Konkurrenz aus Süddeutschland sollte sich warm anziehen. Wenngleich man VW doch so oft den Zugang zur Oberklasse versagt hat – mit dem neuen Gran Turismo spielt Volkswagen neben einer Unmenge technischer Raffinessen vor allem einen Trumpf aus: Sie treffen unseres Erachtens genau den Nerv der Zeit.

Der Arteon ist kein krampfhaft realisiertes Vehikel ohne Sinn und Verstand, sondern ein stilvolles Fahrzeug mit einem ausgeprägten Vernunftsfaktor. Er weckt gewissermaßen die Begehren der Menschen und kompensiert sein avangardistisch-sportives Design mit unzähligen rationalen Beweggründen, die für ihn sprechen. Chapeau, kleiner Panamera!
Text / Fotos: NewCarz
Kamera: Canon EOS 6D
Technische Daten: VW Arteon 2.0 TSI 4Motion
Länge x Breite x Höhe (m): 4,86 x 1,87 x 1,45
Motor: Vierzylinder-Benzinmotor mit Turboaufladung
Leistung: 206 kW (280 PS)
Hubraum: 1.984 ccm
Max. Drehmoment: 350 Nm
Getriebe: 7-Gang-Doppelkupplungsgetriebe
Antrieb: Allradantrieb
Durchschnittsverbrauch (NEFZ-Norm): 7,3 L/100 km
Durchschnittsverbrauch (NewCarz): 7,7 L/100 km
CO2-Emissionen (Herstellerangabe): 164 g/km
Abgasnorm: Euro 6 W
Höchstgeschwindigkeit: 250 km/h
Beschleunigung von 0 auf 100 km/h: 5,6 Sekunden
Leergewicht: 1.716 kg
Laderaumvolumen: 563 Liter (1.557 Liter bei umgeklappten Rückenlehnen)
Kraftstofftank: ca. 66 Liter
Neupreis: ab 49.325 Euro (Grundversion ab 39.675 Euro)

Sorgt seit 2015 stets für den „Nachschub“ an automobilen Neuigkeiten, ob als Modellpremieren, Modellpflege oder strategische Neuausrichtung von Herstellern – um nur einige zu nennen. Sein enger Draht zu den Herstellern ist ein Garant für brandneue Informationen und Autonews aus erster Hand. Seine automobile Vorliebe gehört vor allem den gut motorisierten Cabrios und Coupés dieser Welt.
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