Seit einem Jahr auf dem Markt, gilt er als Ablösung für den Bentayga Diesel und vereint mittels Plug-In-Hybrid-Technik die Kräfte eines Verbrennungsmotors und eines Elektroantriebs: der Bentley Bentayga Hybrid.
Wir fuhren den edlen Antriebssymbionten für einen Test, um zu überprüfen, ob er das Potenzial als Alternative zum eingestellten Diesel besitzt. Fahrbericht.
- Exterieur
- Innenraum
- Motor und Fahreigenschaften
- Hybridtechnik, Reichweite, Laden
- Verbrauch
- Varianten und Preise
- Fazit
- Technische Daten
Äußere Werte – Die marginalen Kennzeichen des Hybrid
Im Falle eines Bentley bleibt ein Thema kaum diskutabel: Der Qualitätsanspruch und der Materialeinsatz bleibt nämlich auch im Fall eines Bentley Bentayga Hybrid auf höchstem Niveau. Eine Selbstverständlichkeit, die man bei nur wenigen Marken vorfindet.

Doch beginnen wir mit dem Außenkleid. Das tiefblaue „Sequin Blue“ – eine Außenfarbe, die mittlerweile für alle Bentley-Modelle verfügbar ist – verleiht dem Luxus-SUV einen nahezu triefgründigen Charakter, der perfekt zu diesen Abmessungen passen möchte und in Summe mit den zweifarbigen 21-Zoll-Rädern im Fünf-Doppelspeichen-Design einen standesgemäßen Auftritt sichert.

Dass es sich um die Hybrid-Version handelt, verraten dabei lediglich kleine und smarte Plaketten an den beiden vorderen Türen sowie am Heck. Wer genau hinschaut, dem fällt noch die zweite Tankklappe an der linken hinteren Seite auf. Mehr gibt es nicht, was am Exterieur über den Einsatz einer Antriebssymbiose berichten mag.
Als „100 Jahre Bentley“-Protagonist zeigt dieses SUV stolz sämtliche Markenembleme mit goldener Umrahmung und an Front und Heck deuten die Jahreszahlen „1919 – 2019“ auf das Jubiläum einer besonderen und einzigartigen Automobilgeschichte des Unternehmens hin.
Full Size Luxus im Innenraum
Innen erwarten Einstiegsleisten mit dem Hinweis auf das Jubiläumsmodell die Einsteigenden. Zusätzlich wird jeder der vier Einstiege mit einem in Gold gefassten, auf die Straße projizierten „B“ eindrucksvoll in Szene gesetzt.

Im Innenraum lassen olfaktorische Eindrücke aus feinstem Leder auch den Geruchssinn darüber in Sicherheit schwelgen, dass man sich hier im „Upper Establishment“ der SUV-Riege befindet. Handgenäht, handverlesen und dadurch makellos, ohne Insektenstiche oder ähnliche Beeinträchtigungen zeigt sich das Interieur durchgängig in Leder. Der Brunel genannte Blauton ist eine Mischung aus Grautönen und einem seichten Blau, welches einen weichen Farbton ergibt, der sehr angenehm mit der Außenfarbe harmoniert.
Das klavierlackschwarze Furnier kontrastiert dieses Farbspiel intensiv und was könnte musikalisch hierbei besser harmonieren, als „Paint it black“ von den Rolling Stones, gespielt aus den 21 Lautsprechern der High-End-Soundanlage von Naim, welche mit 2.100 Watt Gesamtleistung den Innenraum zum Konzertsaal morpht. Ein audiophiles Meisterwerk, welches mit Sicherheit zu den weltweit drei besten mobilen Soundsystemen in Serienfahrzeugen gehört.
Unser Testfahrzeug besaß obendrein die Ausstattungsoption „Mulliner Driving Specification“ mit speziellen 21-Zoll-Rädern. Zu dieser gehören auch eine rautenartige Diamantsteppung an den Türverkleidungen, den Sitzwangen und den Polstern, Edelstahlverschlüsse als Tankdeckel und Öldeckel sowie eine gelochte Edelstahl-Pedalerie dazu. Als Finish gesellen sich noch gestickte Bentley-Embleme auf den Sitzflächen hinzu. Der Aufpreis für dieses Paket beläuft sich auf 12.030 Euro – zuzüglich der Mehrwertsteuer.

Ein Unterschied zu den anderen Bentayga-Modellen fällt dann noch beim zweiten Blick auf: Anstelle der Kühlmitteltemperatur im linken Cockpitinstrument, findet sich hier der Ladezustand der Hybrid-Batterie.
Das war es auch mit den Unterschieden. Denn in jedem anderen Belang des Innenraums bleibt auch die Hybridversion ein luxuriöser Individualist, der höchsten Maßstäben gerecht wird und in bezaubernder Weise alle Sinne anzusprechen vermag. Luxus in Reinkultur.
Fort Knox in XS: Der kleine Tresor für 1.980 Euro netto, der bei Bentley „Mulliner Biometric Secure Stowage“ genannt wird, findet sich unter der Armauflage der vorderen Mittelkonsole und lässt sich nur per Fingerabdruck mittels biometrischem Sensor öffnen.
Motor und Fahreigenschaften – Überall Vorteile statt Abstriche
Im Fall des Bentley Bentayga Hybrid gibt es zunächst einmal zwei Dinge, welche nicht zwangsläufig als Pro-Argumente in der Klientel von Luxusfahrzeugen gelten dürften. Zum einen ist der Hybrid-Bentayga das einzige Modell, welches „nur“ mit einem Sechszylinder aufwartet und zweitens ist dieser Bentayga gleichzeitig das leistungstechnische Schlusslicht in der britischen Luxus-SUV-Riege.

Dennoch gibt es diverse Aspekte, die für den Hybrid sprechen und die auch dazu taugen sollen, benannte Gegenargumente aufzuheben. Wir sind im Praxistest dem nachgegangen. Als erstes widmen wir uns dem Antriebs-Duo, welches aus einem 3.0-Liter V6-Benzinmotor mit 340 PS sowie einem Elektromotor mit 128 PS besteht. Die Systemleistung beträgt laut Hersteller 449 PS sowie 700 Newtonmeter maximales Drehmoment.
Das sind 14 PS mehr und 200 Newtonmeter weniger, als der mittlerweile eingestellte Diesel-Bentayga vorweisen konnte und auch braucht der Hybrid beim Sprint von null auf 100 km/h sieben Zehntelsekunden länger, nämlich 5,5 Sekunden – im Vergleich zur Konkurrenz immer noch ein hervorragender Wert.

Der V6 TFSI ist ein Derivat aus dem Volkswagen-Konzern und zudem ein guter Bekannter. So machte er unter anderem auch im aktuellen Touareg V6 eine sehr gute Figur. Im Test fühlte sich der Bentley Bentayga Hybrid konsequent souverän motorisiert an. Der Elektro-Punch setzt sofort ein und lässt den Bentley nochmals agiler wirken, als beispielsweise der Touareg mit demselben Motor es vermag. Natürlich ist der Abstand zum V8 Bentayga mehr als deutlich. Doch im Vergleich zum Diesel ist der Unterschied recht marginal, sodass man dem Hybrid durchaus den Rang einer Alternative einräumen darf, auch wenn der Selbstzünder eine höhere Reichweite vorwies.

Zwar trennen ihn bei der erreichbaren Höchstgeschwindigkeit von 259 km/h – er wird nicht wie der Touareg abgeregelt – exakt 16 Stundenkilometer vom Diesel und der 290 km/h schnelle Bentayga V8 oder gar der W12, der über 300 km/h läuft, sind unerreichbar, doch im Verbrauch schlägt er sie alle. Dazu kommen wir später noch genauer.
Hybridtechnik, Reichweite und Ladevorgang
Doch wie schlägt sich die Hybridtechnik in der Praxis? Wir beginnen unseren Test mit der Überprüfung der reinelektrischen Reichweite, welche Bentley beim Bentayga mit 39 Kilometern laut WLTP-Messverfahren angibt. Vorherig betrug die angegebene Reichweite nach NEFZ sogar 49,9 Kilometer. Mit vollgeladenem Lithium-Ionen-Akku sagt uns der Bordcomputer bei 17 Grad Außentemperatur eine Reichweite von 42 Kilometern voraus.

Wir schalten in den EV-Mode und fahren mit dem Bentayga rein elektrisch zunächst innerorts ungefähr 15 Kilometer und absolvieren dabei nicht wenige Ampelstopps, um dann den Rest über Land unterwegs, die exakte Reichweite zu ermitteln. Der von Haus aus extrem geräuscharme Bentayga vollführt vollelektrisch eine derart flüsterleise Fortbewegungsart, dass man sich völlig entkoppelt von der Außenwelt fühlt. Nahezu surreal erreicht diese Form von Geräuscharmut hier ein gänzlich neues Niveau.
Bei dieser Art des Dahingleitens erfahren die Insassen eine Art Entschleunigung, der man sich auch in stressgeplagten Zeiten kaum entziehen kann. Beinahe zu einer Therapieform für omnipräsent unter Leistungsdruck stehende Zeitgenossen, möchte man diese Art der Mobilität gerne deklarieren.

Nach exakt 35,7 Kilometern ist dann der 17,3 kWh-Akku komplett leergefahren und der Verbrenner schaltet sich zwar vernehmbar, aber denoch gut gedämmt und dadurch zurückhaltend hinzu. Wir möchten meinen, diese Reichweite ist in Anbetracht der Umstände ein guter Wert und wir sind uns sicher, dass bei optimalen Gegebenheiten – und dazu zählen nicht unbedingt innerorts notendige Stopps und Starts – durchaus reinelektrisch zu bewältigende Reichweiten möglich sind, die zumindest nahe an die Werksangaben heranreichen.

Wir fahren nun im Hybridmodus weiter und der Motor übernimmt den Großteil der notwendigen Antriebskraft. Trotz Rekuperation bleibt der Akku auf seinem Null-Prozent-Niveau – die Bremsenergierückgewinnung reicht nicht aus, um den Akku soweit aufzufrischen, dass wieder ein EV-Betrieb möglich wäre und der Verbrennungsmotor ist für das Laden des Akkus leider nicht vorgesehen. Schade, denn dies wäre ein großer Pluspunkt für den Hybridantrieb.

Neben den Hybrid-Modi „EV“ und „Hybrid“ gibt es noch das Programm „Hold“. Hierbei wird der Akkustand praktisch eingefroren und nur der Verbrenner genutzt. Das ist beispielsweise interessant, wenn man spät abends nach Hause kommt und die verbleibenden Energiereserven im Akku dafür nutzen möchte, die letzten Kilometer flüsterleise zurückzulegen.
Den Lithium-Ionen-Akku lädt man übrigens an einer öffentlichen AC-Ladesäule in rund 2,5 Stunden wieder auf. Der Ladevorgang mit dem Anschluss für haushaltsübliche Steckdosen dauert dagegen mehrere Stunden und sollte besser über Nacht erfolgen. Bentley bietet zudem eine eigene Wallbox für zu Hause an, an der das SUV analog wie an einer öffentlichen Säule schneller geladen werden kann.

Verbrauch des Bentley Bentayga Hybrid
Im Test beträgt der Verbrauch auf 100 Kilometer nur 6,5 Liter – das ist für einen Bentayga fast schon unbegreiflich. Wir gehen zudem davon aus, dass bei optimalen Bedingungen und der damit einhergehenden elektrischen Reichweitenmaximierung sogar Durchschnittswerte um die fünf Liter realistisch sind.

Der Fairness halber muss dabei erwähnt werden, dass dieser Wert nur möglich ist, wenn man die 100 Kilometer mit vollem Akku zurücklegt und diese komplett für den rein elektrischen Betrieb nutzt. Fährt man besagte Messstrecke mit leerem Akku, ist der Benziner der Hauptakteur und der Verbrauch klettert auf knapp elf Liter. Wer den Bentayga Hybrid dauerhaft mit Bleifuß drangsaliert, kassiert auch gerne Verbräuche jenseits der 16 Liter.

Varianten und Preise für den Bentley Bentayga Hybrid
Wer in den Genuss des doppelten Antriebs kommen möchte, muss seine Haben-Seite um mindestens 141.000 Euro erleichtern – plus gesetzlicher Mehrwertsteuer, versteht sich. Inklusive dieser ist der Bentayga als Hybrid rund 7.000 Euro günstiger als die V8-Version und sogar 40.000 Euro unter dem Startpreis für das Luxus-SUV mit dem W12-Antrieb.

Dank einer facettenreichen Optionsliste und einer nahezu unerschöpflichen Möglichkeit an Individualisierungen, kann man auch seinen Hybrid-Bentayga in exorbitante Preisregionen bringen und den Einstiegspreis sogar verdoppeln.
Fazit – Vernunft muss keine Luxusgrenzen kennen
Als Resümee unseres Tests stellen wir dem Bentley Bentayga Hybrid ein eindeutiges Ja zur Daseinsberechtigung aus. Auch wenn er nicht das Ei des Kolumbus neu erfindet und auch nicht die ausgeklügelte Hybridsteuerung der Marktführer dieser Technologie erreicht, bringt er neben einem guten Gewissen doch eine nicht unbedeutende Portion Effizienz in die Riege der Luxus-SUVs.

Mit Verbrauchswerten der Kompaktklasse – sofern man das elektrische Potenzial dieses Bentayga ausnutzt – glänzt dieses Hybridmodell mit einem extraordinären Alleinstellungsmerkmal. Und das alles, ohne auch nur den Hauch eines Verzichts in puncto Luxus und Komfort. Denn hier steht er seinen Geschwistern in keiner Weise nach.
In Kürze steht das Facelift für den Bentayga an und wir vermuten, dass in diesem Rahmen auch die Hybridtechnik weiter verfeinert wird. Sparen macht allerdings bereits jetzt auch in der Luxusklasse Spaß. Sein Image muss man in einer Zeit des Umdenkens auch in der „upper class“ in jede Richtung pflegen und kann das mit dem Effizienzvorteil eines Bentley Bentayga Hybrid schon jetzt erfolgreich praktizieren.
Kamera: Canon EOS 6D
Technische Daten: Bentley Bentayga Hybrid
- Farbe: Sequin Blue
- Länge x Breite x Höhe (m): 5,14 x 2,00 (2,23 mit Außenspiegel) x 1,78
- Radstand (mm): 2.995
- Antrieb: V6 Benzinmotor plus Elektromotor
- Systemleistung: 330 kW (449 PS)
- Max. Drehmoment: 700 Nm
- Hubraum: 2.995 ccm
- Getriebe: 8-Stufen-Automatik
- Antrieb: Allrad
- Durchschnittsverbrauch (WLTP): 3,5 L/100 km
- Durchschnittsverbrauch (NewCarz): 6,3 L/100 km
- CO2-Emissionen (Herstellerangabe): 79 g/km
- elektrische Reichweite (WLTP in km: 39
- elektrische Reichweite (NewCarz) im km: 35,7
- Abgasnorm: Euro 6d-ISC
- Höchstgeschwindigkeit: 254 km/h
- Höchstgeschwindigkeit elektrisch: 135 km/h
- Beschleunigung von 0 auf 100 km/h: 5,5 Sekunden
- Wendekreis (m): 12,4
- Max. Bodenfreiheit (mm): n.b.
- Leergewicht (kg): 2.620
- Zuladung (kg): 630
- Kofferraumvolumen (l): 480 bis 1.770
- Anhängelast maximal (kg): 3.500
- Stützlast (kg): 100
- Dachlast (kg): 100
- Kraftstofftank (l): 75
- Batterie (Typ/kWh): Lithium-Ionen/17,4
- Kraftstoffart: Super Plus E5 mind. 98 Oktan
- Neupreis des Testwagens: 246.425 Euro (Einstiegspreis ab 167.909 Euro)

Unser Chefredakteur erstellt seit 2015 schwerpunktmäßig Fahrberichte und testet alle Fahrzeuge akribisch – mit Liebe zum Detail – auf Herz und Nieren. Dabei entgeht ihm nichts. Seine Objektivität bewahrt er dabei kompromisslos. Robertos Spezialgebiete sind neben SUVs und Kombis die alternativen Antriebskonzepte. Sein Herz schlägt aber auch gern im V8-Takt.