Die neuste Generation der sympathischen Knutschkugel von der Apenninenhalbinsel ändert alles, denn der Fiat 500e fährt vollelektrisch, und das als erstes Modell der Marke.
Der Übergang in die E-Mobilität wird aber geschmeidig geführt, denn die Vorgängergeneration wird noch weiter gebaut – mit konventionellen Antrieben und einer Hybridvariante.
Doch der Neuzugang ist nicht nur das jüngste Familienmitglied der Cinquecento-Reihe, sondern auch das, mit den größten Änderungen in Summe, seit es den 500er gibt – das sind schon 85 Jahre. Zeit also, dem neuen Stromer mal genau auf die Akkus zu schauen.
Offiziell heißt der Neuzugang ja schlicht und einfach Fiat 500, auch wenn im Modellkürzel ein kleines „e“ der 500 hinzugefügt wurde. Der Einfachheit halber und um Verwechslungen auszuschließen, benennen wir ihn hier mit 500e.
- Der Fiat 500e von außen
- Das Interieur
- Antrieb und Fahreigenschaften
- Verbrauch, Reichweite, Aufladen
- Ausstattung, Komfort, Sicherheit
- Varianten und Preise
- Fazit
- Pro & Contra
- Technische Daten
Außenansichten des Fiat 500e
Die Optik beweist es mithilfe des ersten Blicks: Retro still alive! Das knuffig sympathische Aussehen hat auch die neuste Generation beibehalten, was nicht nur auf Fans von Traditionen beruhigend wirkt. Denn manche Dinge ändern sich besser nicht. Und so schaut der elektrische 500er seinen Betrachter durch große Kulleraugen an, die mittels LED-Ringen einen hübschen Lidschatten erhielten und die Bezeichnung „Gesicht“ noch stärker ihre Daseinsberechtigung genießen darf.
Eine neuartige Frontschürze für optimierte Luftzufuhr und die unübersehbare „500“ im Frontgrill machen zusätzlich ordentlich was her und sorgen für die gewünschte Eigenständigkeit. Die Seitenperspektive enttarnt dann die klassische Fiat-500-Silhouette, inklusive der damit verbundenen Empathiepunkte, die der kleine, aber dennoch sichtlich gewachsene Italiener, in hohen Dosen verströmt.
Auch das Heck bleibt den grundsätzlichen Designlinien treu, weist aber mit seinen modernen Lichtsignaturen der Rückleuchten zweifelsfrei darauf hin, dass dieses Exemplar auf allen Vieren im Hier und Heute angekommen ist.
Die inneren Eindrücke zusammengefasst
Das Interieur erreicht man durch elektrisch entriegelnde Türen – das ist auch neu. Eine regelrechte Umgestaltung zeigt dann der Blick in den Innenraum der Knutschkugel. Hier wurde praktisch alles auf links gedreht, wodurch vor allem die Wertigkeit des Italieners ein vollkommen neues Level erreicht und dadurch nicht nur als Fiat 500, sondern auch im Vergleich zu seiner direkten Konkurrenz völlig neue Benchmarks setzen kann.
Die angenehm straff gepolsterten, mit dem Recyclingmaterial „Seaqual“ bezogenen Sitze sehen nicht nur gut aus, sondern passen ergonomisch besser als alle Sitzmöglichkeiten vorheriger Fiat 500 Modelle. Das Lenkrad ist überraschend dick und wurde sogar unten abgeflacht – eine schicke Dosis optischer Vitalität.
Ganz besonders erfreulich ist das spürbar gewachsene Raumgefühl, wodurch man sich auf Anhieb noch wohler fühlt. Keine Frage, wir sitzen immer noch in einem Kleinwagen und der Zustieg zum Fondbereich erfordert weiterhin etwas Gelenkigkeit. Dennoch ist es insgesamt gesehen angenehmer als Insasse im kleinen Fiat zu verweilen, und das auf allen Plätzen.
Liebevolle Details zaubern wiederholt ein Lächeln in die Gesichter der Betrachter. Da gibt es den Hinweis auf Torino als Geburtsstätte des Fiat 500 in den Türgriffmulden oder die Turiner Stadtsilhouette in der Ablage zum kabellosen Laden. Dazu gibt es mehr Ablagen als beim Vorgänger, wodurch die Praktikabilität zusätzlich steigt.
Das Ladeabteil ist mit seinen 185 Litern sehr überschaubar, doch bei Bedarf lassen sich die hinteren Sitzlehnen umklappen, um das Volumen auf immerhin 550 Liter zu vergrößern. Einen ebenen Laderaumboden gibt’s dabei zwar nicht, aber die Möglichkeiten werden definitiv erweitert.
Antrieb und Fahreigenschaften – Permanent erregt
Bevor jemand die falschen Schlüsse zieht: Es geht dabei um den Antrieb, genauer um den Elektromotor. Dabei handelt es sich um eine permanent erregte Synchronmaschine – kurz PSM – die über der Vorderachse sitzt und diese über eine 1-Gang-Automatik antreibt.
Die Leistung beträgt 118 PS und das sofort verfügbare Drehmoment 220 Newtonmeter. Mit dieser Leistung gesegnet, macht es dem E-Antrieb wenig Mühe, das für ein E-Auto relativ leichte Gefährt souverän zu mobilisieren.
Ein Blick auf die Leistungsdaten zeigt es: Neun Sekunden für den Sprint auf Tempo 100 und maximal 150 km/h stechen seine Konkurrenz reihenweise aus. Fahrspaß? Check! Die Kugel marschiert ohne Zeitverzug los, macht bis Tempo 100 durchaus Laune, sodass man dabei schnell in den Grinsemodus fällt.
Statt einem Wahlhebel für die Fahrtrichtungen gibt`s hier Tasten und die Fahrcharakteristik wird per kleiner Schaltwippe in der Mittelkonsole bestimmt. Hierbei werden drei Fahrprogramme vorgegeben. Neben „Normal“ gibt es noch „Range“, welches dem e-Pedal anderer Hersteller ähnelt und man nach kurzer Eingewöhnung das meiste nur noch mit dem Gaspedal steuert.
Möglich wird dies, weil beim Gaswegnehmen mit maximaler Rekuperation gebremst wird. Die Bremsenergie wird als Ladestrom zum Akku zurückgeführt – dieser Modus ist vor allem innerhalb von Ortschaften sinnvoll.
Den dritten Modus benennt Fiat „Sherpa“ und der Name suggeriert es bereits, hier geht es darum, so weit wie möglich zu kommen. Für diese Maximierung der Reichweite schaltet dieser Modus nicht nur die Klimatisierung und alle weiteren unwichtigen Verbraucher wie Sitzheizungen oder das Radio aus, sondern reduziert die abrufbare Leistung auf ein Minimum und reglementiert die Höchstgeschwindigkeit auf 80 km/h. Sinnvoll ist das, wenn man mit geringem Akkustand eine Lademöglichkeit verpasst hat und nun die verpasste oder nächstmögliche Ladesäule noch erreichen möchte.
Das straff gehaltene Fahrwerk des Fiat erlaubt eine agile, ja durchaus temperamentvolle Fahrweise. Die Gegenseite der Medaille ist das ungenierte Durchreichen von Querfugen und kurzen Absätzen an die Insassen. Doch dies geschieht zwar spürbar, aber nicht so knochenhart, wie das beispielsweise in einem BMW 128ti der Fall ist.
Die extrem leichtgängige Lenkung erlaubt müheloses Manövrieren in urbanen Gefilden, lässt aber bei höheren Tempi ein wenig an Gefühl vermissen, was besonders für die Neutralstellung gilt. Kurvenfahrten machen allerdings auch damit viel Spaß.
Auffällig: Nicht allein der Antrieb ist artbedingt leise, auch die Geräuschdämmung hat Fiat sehr gut hinbekommen und so bleibt der Geräuschpegel selbst bei Autobahntempi angenehm zurückhaltend.
Verbrauch, Reichweite, Aufladen
Ein besonders positiver Aspekt ist die bemerkenswerte Effizienz des Fiat 500e. Der Verbrauch der elektrifizierten Knutschkugel belief sich im Drittelmix auf 16,9 kWh pro 100 gefahrene Kilometer. Auf der Sparrunde blieb der Fiat sogar unter neun, bei exakt 8,7 Kilowattstunden auf hochgerechnet 100 Kilometer. Mit diesen Werten verweist der kleine Italiener seine gesamte Konkurrenz auf die Plätze.
Theoretisch besitzt der 500e dank seiner großen Batteriekapazität von 42 Kilowattstunden eine Reichweite von über 400 Kilometern, was sich mit der Herstellerangabe von 460 Kilometern im innerstädtischen Bereich fast deckt. Doch in der Praxis und im Streckenmix von Stadt, Land und Autobahn, kommt der Kleine auf eine maximale Reichweite von 269 Kilometern. Die für diesen Messzyklus von Fiat angegebenen 320 Kilometer erreichten wir nie. Wer nur auf der Autobahn fährt, muss eine Reichweite von weit unter 200 Kilometern einkalkulieren.
Dafür kann der Elektroflitzer mit superschnellen Ladezeiten glänzen, sofern man eine Schnellladesäule mit CCS-Anschluss in der Nähe findet. Über diesen Gleichstrom-Anschluss lädt der Kleine mit bis zu 85 kW Ladestrom. Bei dieser Power vergehen nicht einmal 30 Minuten, bis der Akku wieder zu 80 Prozent gefüllt ist.
Doch auch über den AC-Anschluss mittels Typ-2-Stecker, geht der Ladevorgang schneller vonstatten als bei seinen direkten Wettbewerbern. Möglich macht dies ein 11-kW-Onboard-Loader – in dieser Fahrzeugklasse ist das konkurrenzlos – der den Akku in gut vier Stunden wieder vollständig auflädt.
Ausstattung, Komfort, Technik
Auch in diesem Kapitel tritt der neue Fiat 500e aus den Schatten seiner Vorgänger und kann mit einer ganzen Heerschar an Komfort- und Assistenzfeatures aufwarten, von denen wir nachfolgend auf die wichtigsten eingehen möchten.
Allen voran steht das Uconnect Infotainment, welches über den zehn Zoll großen Bildschirm realisiert wird. Die Auflösung und Ablesbarkeit sind hervorragend und das selbst bei ungünstigen Lichtverhältnissen. Das Navigationssystem basiert auf Google und besticht mit einer exzellenten Routenführung, bei der Verkehrsstörungen in Echtzeit berücksichtigt und permanent Alternativrouten inklusive dem zu erwartenden Zeitfaktor vorgeschlagen werden.
Die Bedienung erweist sich schnell als kinderleicht, lediglich die strikte Menüverteilung zwischen Zentralbildschirm und digitalem Cockpit erscheint nicht immer als logisch. Sogar eine Sprachsteuerung ist an Bord, die einfach mittels „Hallo Fiat“ aktiviert werden kann und mit deren Hilfe einige Dinge wie die Klimatisierung, die Routenführung oder die Musikquelle gesteuert werden können.
Wichtig bei einem vollelektrischen Auto ist der Überblick über die aktuellen Gegebenheiten des Energiehaushalts. Die „e-Pages“ stellen hierzu alle notwendigen Parameter zur Verfügung. Dazu gehören die Ladeplanung, die einstellbare Ladestärke plus maximalem Akkustand beim Ladevorgang, der aktuelle Energiefluss und vieles mehr.
Für einen hohen Komfortfaktor sorgen außerdem eine Klimaautomatik, elektrisch verstellbare Sitze inklusive Memoryfunktion und ein schlüsselloses Zugangssystem. Das digitale Radio DAB+ sorgt für Vielfalt und Apple CarPlay sowie Android Auto funktionierten im Test einwandfrei – sogar auch ohne angeschlossenes USB-Kabel.
Apropos kabellos: Die induktive Ladestation konnte weniger überzeugen, unterbrach immer wieder ohne erkennbare Gründe den Ladevorgang. Dafür verrichteten alle Assistenzsysteme ihren Dienst zuverlässig und fehlerfrei. Dazu gehören eine treffsichere Verkehrzeichenerkennung, ein Totwinkelassistent und ein hervorragend arbeitender Abstandstempomat mit integriertem Stauassistenten.
Da der Fiat 500e auch „always online“ ist, kann man mit entsprechender App auch diverse Infos zum Fahrzeug aus der Ferne abrufen. Darüber hinaus lassen sich zudem Ladevorgänge aus der Ferne planen und erfolgt etwa ein Diebstahlversuch, schlägt die App Alarm. Die Voll-LED-Scheinwerfer liefern einen sehr breiten, nahezu fleckenfreien und sehr hellen Lichtkegel.
Preise und Varianten des Fiat 500e
Den elektrisierten Flitzer gibt es in drei Karosserievarianten:
- Limousine (3-Türer) – Diese Version, welche auch unser Testwagen präsentierte, startet ab 26.790 Euro und stellt damit auch den Startpreis dar.
- 3+1 – Mit der kleinen zusätzlichen Tür für den Fondbereich beginnt diese Variante bei 32.990 Euro.
- Cabrio – Für die offene Version des vollelektrischen Fiat werden mindestens 31.990 Euro verlangt.
Bei den Ausstattungsoptionen teilt man den Fiat 500e in vier Versionen ein, die je nach Karosserievariante verfügbar sind. Diese werden aufsteigend nach Ausstattungsfülle als „Action“, „Red“, „Icon“ und „LaPrima“ benannt. Der getestete 500er fuhr als „Icon“ vor, die zweithöchste Ausstattung, die ab 29.560 Euro angeboten wird.
Fazit – Liebenswert charmanter Effizienzflitzer
Glücklich macht, was glücklich lacht – und dieser Fiat 500e kann lachen, und wie! Seine freundliche Ausstrahlung wirkt ungemein ansteckend und zusammen mit einer gelungenen Interpretation der traditionellen Retro-Designnote, macht der Fiat allein optisch mächtig was her. Er wurde zudem größer, bietet entsprechend mehr Platz und wurde auch in seiner Wertigkeit deutlich verbessert.
Doch damit nicht genug, schlägt er ausstattungstechnisch viele, mit seiner Leistung plus der Reichweite und Ladeleistung alle Konkurrenten mit Leichtigkeit. So gesehen, ist es der wahrscheinlich beste Fiat 500 aller Zeiten.
Charmant und seinen Wurzeln treu geblieben, dürfte auch diese neuste Generation des 500ers mit Leichtigkeit in die Herzen aller Fans finden. Und dann gibt es auch noch den Trumpf, dass er der einzige vollelektrische Protagonist seiner Klasse ist, der als Cabrio geordert werden kann.
Kamera: Canon EOS 5D Mark III
Pro und Contra
Pro:
- effizienter Antrieb
- reichhaltige Ausstattung
- extrem leise
- schnelle Ladezeiten dank CCS-Anschluss
Contra:
Technische Daten: Fiat 500 Icon
- Farbe: Mineral Grau
- Länge x Breite x Höhe ohne Aufbauten (m): 3,63 x 1,68 (1,90 mit Außenspiegeln) x 1,53
- Radstand (mm): 2.322
- Antrieb: Permanentmagnet-Synchronmaschine (PSM)
- Hybridart: –
- Leistung: 87 kW (118 PS)
- max. Drehmoment (Nm): 220
- Hubraum: –
- Getriebe: 1-Gang-Automatik
- Antriebsart: Front
- Durchschnittsverbrauch (WLTP): 14,0/100 km
- Durchschnittsverbrauch (NewCarz): 16,9 l/100 km
- max. Reichweite Werksangabe/NewCarz (km): 321/269
- CO2-Effizienzklasse: A+
- Höchstgeschwindigkeit: 150 km/h
- Beschleunigung von 0 auf 100 km/h: 9,0 Sekunden
- Wendekreis (m): 9,7
- Kofferraum (l)): 185 bis 550
- Bodenfreiheit (mm): n.b.
- Leergewicht (kg): 1.440
- Zuladung (kg): 325
- Akku Kapazität brutto/netto (kWh): 42/37,3
- Akku Gewicht (kg): 294
- Ladeanschluss: AC Typ 2 + CCS
- Ladezeiten 100% 230 Volt 2kW /AC 11 kW/80% CCS 85 kW (min): 915/250/30
- Kraftstoffart: Strom
- Neupreis des Testwagens: 34.060 Euro (Basispreis: 26.790 Euro)
Unser Chefredakteur erstellt seit 2015 schwerpunktmäßig Fahrberichte und testet alle Fahrzeuge akribisch – mit Liebe zum Detail – auf Herz und Nieren. Dabei entgeht ihm nichts. Seine Objektivität bewahrt er dabei kompromisslos. Robertos Spezialgebiete sind neben SUVs und Kombis die alternativen Antriebskonzepte. Sein Herz schlägt aber auch gern im V8-Takt.