Als Kombi der Kompaktklasse versucht sich der Kia Ceed SW in einer der am härtesten umkämpften Fahrzeugklassen zu profilieren. Zeit für einen Fahrzeugtest.
Seit gut eineinhalb Jahren gibt es den SW genannten Kombi – SW steht als Abkürzung für Sportswagon – in dritter Generation. Bereits ein viertel Jahr nach seinem Marktstart bekam er mit dem Kia ProCeed noch Gesellschaft und indirekt auch Konkurrenz aus eigenem Hause.
Doch gegenüber dem Shooting Brake ProCeed mimt dieser Ceed SW voll und ganz den konversativen Kombi. Klappt dieses Unterfangen, ohne dabei in die biedere Langeweile abzugleiten? Unser Fahrbericht klärt diese und weitere Fragen.
- Exterieur
- Interieur
- Motor und Fahreigenschaften
- Ausstattung, Technik und Sicherheit
- Varianten und Preise
- Fazit
- Technische Daten
Exterieur – Ein zeitloser Kombiklassiker
Voll und ganz ein Kombi, wie man ihn sich vorstellt.
Dieser Schlussfolgerung waren sich viele Redakteure per Eintrag in unserem Testbordbuch einig. Auch wenn die Farbgebung unseres Testwagens in Lunasilber Metallic – ein eher grauer als silberner Farbton – dem Koreaner eine zarte Hülle der Unscheinbarkeit verlieh, mochte ihn ohne Ausnahme jeder.
So ist der Kia Ceed als Kombivariante an seiner Front kaum vom normalen Ceed zu unterscheiden und zeigt hier die gleiche unaufgeregte, aber moderne Architektur mit der typischen Kia-DNA. Am auffälligsten springen hier die vier LED-Spots pro Scheinwerfer als Tagfahrlicht ins Auge des Betrachters.
Dagegen zeigt sich in der Seitenansicht die typische Silhouette eines klassischen Kombis. Die parallel zum Seitenschweller verlaufende Kante im Blech, steigt ab der B-Säule spürbar an und dynamisiert das Design des Kia Ceed erfolgreich. Die 18-Zoll-Räder harmonieren sehr gut mit der Gesamterscheinung und wirken nicht überdimensioniert.
Das Heck wurde zum Vorgänger deutlicher überarbeitet und hat dadurch jedwede Nuance an Biederkeit verloren. Zeitgemäß geformte Heckleuchten, angedeutete Luftauslässe sowie zwei Abgasendrohrblenden – welche allerdings nur Attrappen darstellen – runden den Heckabschluss ab.
Endlich: Sowohl an der Front als auch am Heck wurde das Blinklicht nun in LED-Technik ausgeführt.
Interieur – Modernisiertes Raumwunder
Die inneren Werte des Kia Ceed SW bestimmen neben den für diese Karosserieform erwartungsbedingten guten Platzverhältnissen auch eine neue Moderne, die den Koreaner im Hier und Heute ankommen lassen.
Allen voran zeigt sich nun ein volldigitales Cockpit im zentralen Blickfeld des leicht dem Fahrer zugeneigten Arbeitsplatzes, welches vor dem Start in einer auffälligen Animation die Silhouette des Kombis aus mehreren Perspektiven zeigt, und so dem Fahrer immer wieder vor Augen führt, was für ein tolles Fahrzeug er da steuert.
Als GT-Line-Ausführung wurde unser Testwagen auf Sportlichkeit getrimmt, was unter anderem hervorragende Sitze mit viel Seitenhalt und guter Ergonomie sowie diverse GT-Line-Applikationen unterstreichen. Dabei wirkt die Sportlichkeit allerdings bodenständiger und durchaus erwachsener als im ProCeed. Die Materialanmutung und die Verarbeitung lassen auch hier keinerlei Gründe für Kritik zu.
Ein entscheidender Vorteil zeigt der Ceed SW dabei in seiner Kopffreiheit, welche gegenüber dem ProCeed viel üppiger ausfällt und diese nicht nur vorne, sondern insbesondere im Fond deutlich angenehmer und weitläufiger ausfällt. Verglichen mit der markenübergreifenden Konkurrenz, kann sich der Kia Ceed SW daher eher behaupten, als sein Shooting-Brake-Bruder.
Lediglich die Beinfreiheit ist hier auf der zweiten Reihe eingeschränkt. Vor allem, wenn vorne größere Zeitgenossen Platz nehmen, verschwindet der Raum zwischen Vordersitzlehnen und Fondsitzen erschreckend.
Beim Kofferraum – und das ist nun mal die Kernkompetenz eines Kombis schlechthin – kann er dafür mit opulenten 625 Litern glänzen. Bei Bedarf werden es sogar 1.694 inklusive einem ebenen Ladeboden. Damit kann er die Konkurrenz a la Opel Astra ST, Seat Leon ST oder auch Golf Variant locker übertrumpfen. Nur das ganz neue Raumwunder Skoda Octavia kann hier noch eine kleine Schippe drauflegen.
Gemeinsam mit dem Modelljahr 2020 des Tschechen bildet er die Spitze in seiner Fahrzeugklasse. Besonders erfreulich ist am Ceed SW auch die sehr niedrige und dadurch einfach zu überwindende Ladekante.
Motor & Fahreigenschaften – Viel mehr, als nur von A nach B
Das Antriebsherz im getesteten Kia Ceed SW stellte ein 1.4-Liter T-GDI dar. Der Turbobenziner mit vier Zylindern leistet 140 PS sowie 242 Newtonmeter maximales Drehmoment, das bei frühen 1.500 Touren bereits zur Verfügung steht.
Im Praxistest bewies sich dieser Motor als vollkommen ausreichender Antrieb, der neben einer lebendigen Gasannahme auch einen zeitigen Vortrieb gewährleisten konnte. Niemals müde, stets auf jeden Gasbefehl reagierend, konnte man sich nie über etwaige Untermotorisierung beschweren.
Das 7-Stufen-Doppelkupplungsgetriebe zeigte auch hier eine weichere, komfortablere, wenn auch nicht so zackige Schaltcharakteristik wie beispielsweise Getriebelösungen aus dem Volkswagenkonzern. Dieser Aspekt zeigt sich dem Fahrkomfort zuträglich, auch wenn die Fahrdynamik ein Quäntchen eingeschränkt wird. Fordert man das Antriebsgespann, legt die Automatik eine gewisse Nervosität an den Tag und verhaspelt sich mitunter auch mal.
Alles in allem werkelte Antrieb und Kraftübertragung allerdings hinter den Kulissen, ohne nennenswert in den Fokus der Aufmerksamkeit zu geraten. Perfekt für den Alltag, weniger geeignet für den sportlich orientierten Piloten – auch wenn der Downsize-Vierzylinder alles andere als faul wirkt.
Im Fahrverhalten zeigten sich keinerlei Auffälligkeiten, das heißt, das Auto macht nahezu alles mit, was von ihm verlangt wird. Eine eher auf Komfort getrimmte Federung konnte im Test die meisten Herausforderungen kompensieren und missfiel auch nicht bei schnellem Lastwechsel durch zu starke Nick- oder Wankbewegungen.
Zusammenfassend ist es ein sehr neutraler Charakter, der dieses Fahrwerk beschreibt. Dass man mit diesem Kia eher dem Cruisen frönt als dem Durchjagen von Tracks, begründet sich auch in der fast zu leichtgängigen und in Neutralstellung etwas gefühllosen Lenkung.
Massiv Punkte sammelt der Koreaner wiederum bei der Geräuschdämmung. Selbst bei hohen Autobahntempi – der Kia schaffte im Test immerhin 208 km/h – bleibt es angenehm leise im Sportswagon und wenn bei diesen Geschwindigkeiten mal der Anker geworfen werden muss, zeigt das Auto auch andere, weitaus wichtigere Qualitäten. Die Bremsanlage bewies nämlich eine außerordentlich hohe Standfestigkeit und ließ sich dazu auch sehr gut dosieren.
Der Verbrauch des Ceed SW lag im Durchschnitt bei exakt sieben Liter. Zügige Autobahnfahrten verlangten 8,6 Liter und auf der Sparrunde reduzierte sich der Konsum auf 6,1 Liter auf 100 Kilometer. Durchgängiges Vollgas ließen den Benziner zum Kampftrinker mutieren: Dabei liefen 13 Liter in die durstigen Brennräume hinein.
Lässt man den letzten Wert aufgrund von im Alltag nahezu nicht reproduzierbaren Verhältnissen außer Acht, befindet sich der Ceed SW in Anbetracht seiner Leistung und Größe insgesamt auf mittelprächtigem Verbrauchsniveau.
Ausstattung, Komfort, Sicherheit
Als GT Line erhält man den Ceed SW mit einer gut gefüllten Ausstattungsliste ab Werk. Einige Optionen, die uns auffielen, möchten wir näher beschreiben.
Die Voll-LED-Scheinwerfer gaben sich in puncto Reichweite und Helligkeit im guten Mittelfeld und entsprechen in etwa der Leistung von sehr guten Xenonscheinwerfern. Eine fehlende Scheinwerferreinigungsanlage fiel uns hier als einziger Kritikpunkt auf.
Selbsterklärend, weil intuitiv und logisch aufgebaut, ließ sich das Infotainmentsystem bedienen und gab keinerlei Rätsel auf. Neben der Touchfunktion blieben erfreulicherweise auch weiterhin Drehregler zur Bedienung erhalten. Die sehr genaue Routenführung mit den vielen Sekundärinformationen fiel uns bereits in anderen Kia-Modellen wie dem Optima positiv auf.
Dank eines JBL Audiosystems gab es auch audiophil positive Erlebnisse zu berichten. Das System kann es klanglich problemlos mit anderen optionalen Systemen der Konkurrenz aufnehmen und überzeugte im Test mit einem ausgeprägten Tieftonbereich, warmen Mitten und präzisen Höhen.
Mehrfachverbindungen per Bluetooth sowie Apple CarPlay und Android Auto garantieren zudem eine sehr gute Konnektivität, die im Praxistest auch fehlerfrei funktionierte.
Eine willkommene Lichtflutung garantierte das Glasdach. Warum man dieses für 990 Euro extra ausschließlich in Kombination mit dem nochmals 1.290 Euro aufrufenden Navigationspaket erhält, erschloss sich uns nicht.
Großes Lob verdienen die trotz weichem Lederbezug sehr schnell ansprechenden und über drei Stufen sehr gut dosierbaren Sitzheizungen. Auch auf den beiden äußeren Sitzen im Fond gab es zweistufig beheizte Sitzmöglichkeiten. Ebenso vorbildlich erwärmte die Lenkradheizung den gesamten Lenkradkranz homogen und sehr schnell.
Der Parkassistent übernimmt auf Wunsch das Quer- und Längsparken und hilft übrigens auch sehr gut beim Ausparken aus parallel zur Fahrbahn verlaufenden Parklücken. Die induktive Ladestation als flaches Einlagefach konnte per Knopfdruck auch deaktiviert werden. Das Laden funktionierte im Test unterbrechungsfrei.
Die elektrisch betätigte Heckklappe öffnet und schließt schnell und leise – wenn das zusätzliche Gepiepe nicht wäre, welches bereits beim Annähern beginnt und vier Mal ertönt, bevor sich die Heckklappe bewegt.
Varianten und Preise des Kia Ceed SW
Sechs verschiedene Ausstattungslinien sowie sechs Motorisierungen gibt es für den Kombi.
Als „Attract“ beginnt der Einstieg in die Welt der Sportswagon ab 17.690 Euro. Bereits an Bord befinden sich hier unter anderem LED-Tagfahrlicht, Frontkollisionswarner, Tempomat und ein aktiver Spurhalteassistent mit Lenkeingriff.
In aufsteigender Reihenfolge gesellen sich
- „Edition 7“ ab 19.690 Euro,
- „Vision“ ab 21.790 Euro,
- „Spirit“ ab 25.390 Euro,
- „GT Line“ ab 27.290 Euro und die
- „Platinum Edition“ als Topversion ab 37.840 Euro hinzu.
Als Motoren stehen drei Benziner, ein 1.0-Liter Dreizylinder mit 100 und 130 PS sowie ein 1.4-Liter mit 140 PS zur Verfügung. Ein 1.6-Liter Turbodiesel wird mit 115 und 136 PS angeboten. Ein seit diesem Jahr hinzu gekommener Plug-in-Hybrid mit 141 PS Systemleistung rundet ab 34.990 Euro das Portfolio ab.
Als Platinum Edition mit dem größeren Diesel plus Doppelkupplungsgetriebe stellt der Ceed SW das Flaggschiff dar und startet ab 37.840 Euro. Serienmäßig gehören hier eine Lederausstattung, elektrische Fahrersitzverstellung mit Memory, Querverkehrwarner, Verkehrszeichenerkennung, Energie-Regenerationssystem, Dachheckspoiler, Dachreling, 17-Zoll-Räder, Alu-Pedale, elektrische Fensterheber, elektrische Heckklappe mit Annäherungssensor, induktive Ladestation, Sitzheizung vorn und hinten, Sitzbelüftung vorn sowie Lenkradheizung zum Ausstattungsportfolio – um nur einige zu nennen.
Bucht man zu dieser wahrlichen Vollausstattung noch die einzig wählbaren Optionen einer Sonderfarbe für 200 Euro, einem Kia-Protection-Plus-Paket für 110 Euro, eine Anhängerkupplungsvorbereitung für 630 Euro und eine Heck-Umfeldbeleuchtung für 129 Euro hinzu, summiert sich der Preis auf knapp 39.000 Euro.
Fazit – Alleskönner zum Preisknüller
Der Kia Ceed SW konnte in unserem Test als moderner Kompakt-Kombi mit aktueller Technik und solidem Antrieb überzeugen. Das Update tat ihm optisch wie technisch gut und wer eher auf Platz und Nutzwert statt auf Design und Expressionismus Wert legt, ist mit dem SW bestens beraten.
Im Vergleich zur Konkurrenz glänzt er mit opulenter Ausstattung zum absolut fairen Preis sowie einem riesigen Ladevolumen. Abstriche müssen Sportfahrer machen, die angebotenen Motorisierungen machen den SW nicht zum extrovertierten Dynamiker. Aber diese Zielgruppe darf dann eben doch einen Blick auf den ProCeed GT werfen.
Bereits unter 18.000 Euro gelingt der Einstieg und selbst voll ausgestattet erreicht dieser Kia nicht die 40.000-Euro-Marke, hat dabei sogar noch Luft für das eine oder andere Zubehör. Und das alles mit der 7-Jahre-Kia-Garantie. Diese Punkte summieren sich zu einem überzeugenden Pro-Argument für die Kombiversion des Kia Ceed, die der Konkurrenz recht einfach einen Schattenplatz zuteilen kann.
Kamera: Canon EOS 6D
Technische Daten: Kia Ceed SW GT Line 1.4 T-GDI
- Farbe: Lunasilber Metallic
- Länge x Breite x Höhe (m): 4,61 x 1,80 (2,06 mit Außenspiegel) x 1,46
- Radstand (mm): 2.650
- Antrieb: Vierzylinder Benzinmotor mit Abgasturbolader und OPF
- Leistung: 103 kW (140 PS) bei 6.000 rpm
- Max. Drehmoment: 242 Nm bei 1.500 rpm
- Hubraum: 1.353 ccm
- Getriebe: 7-Gang-Doppelkupplungsgetriebe
- Antrieb: Front
- Durchschnittsverbrauch (WLTP): 5,5 L/100 km
- Durchschnittsverbrauch (NewCarz): 7,0 L/100 km
- CO2-Emissionen (Herstellerangabe): 137 g/km
- Abgasnorm: Euro 6d
- Höchstgeschwindigkeit: 205 km/h (gemessen 208 km/h)
- Beschleunigung von 0 auf 100 km/h: 9,4 Sekunden
- Wendekreis (m): 10,6
- Leergewicht (kg): 1.400
- Zuladung (kg): 480
- Kofferraumvolumen (l): 625 bis 1.694
- Kraftstofftank (l): 50
- Anhängelast ungebremst/gebremst 12% in kg: 600/1.410
- Stützlast (kg): 75
- Dachlast (kg): 80
- Kraftstoffart: Super E5/E10 mind. 95 Oktan
- Neupreis des Testwagens: 34.550 Euro (Basispreis Kia Ceed SW ab 17.690 Euro)
Unser Chefredakteur erstellt seit 2015 schwerpunktmäßig Fahrberichte und testet alle Fahrzeuge akribisch – mit Liebe zum Detail – auf Herz und Nieren. Dabei entgeht ihm nichts. Seine Objektivität bewahrt er dabei kompromisslos. Robertos Spezialgebiete sind neben SUVs und Kombis die alternativen Antriebskonzepte. Sein Herz schlägt aber auch gern im V8-Takt.