Aller guten Dinge sind drei und der Land Rover Defender 130 ist der Dritte im Bunde der aktuellen Baureihe der Geländefahrzeuge.
Er bietet als längste von drei Karosserielängen Platz für bis zu acht Personen und besitzt zudem den größten Kofferraum.
Die Zahl 130 beschrieb früher den Abstand zwischen den Achsen, also dem Radstand in der Maßeinheit Zoll. Heute ist das aber nicht mehr so, denn der Land Rover Defender hat beispielsweise den gleichen Radstand wie der Defender 110. Der Längenzuwachs wurde nur durch ein Plus an Kofferraum erreicht. Außerdem entsprechen die Angaben in Zoll nur noch annähernd dem tatsächlichen Radstand.
Für diesen Fahrbericht fuhren wir einen Land Rover Defender 130 als D300 – mit einem 300 PS starken Reihensechszylinder Turbodiesel.
- Das Exterieur
- Der Innenraum
- Motor und Fahreigenschaften
- Ausstattung, Komfort, Sicherheit
- Varianten und Preise
- Fazit
- Pro & Contra
- Technische Daten
Exterieur – Massive Erscheinung
Die Front mit den runden Scheinwerfern offeriert dank Tagfahrlicht einen zwar recht ernsten, aber ungemein sympathischen „Blick“, welcher einer prähistorischen Riesenechse ähnelt. Unterschiede zu den anderen Karosserievarianten des Defender sucht man derweil vergeblich.
Der Land Rover Defender 130 ist insbesondere in der Seitenansicht eine imposante Erscheinung. In der Länge überragt er seinen kleinen Bruder Defender 90 um 77,5 Zentimeter und den bereits recht großen Defender 110 um immer noch 34 Zentimeter. Bis zur C-Säule bleibt das Fahrzeug im Vergleich zum 110er komplett identisch, doch danach wurde es um ebendieses Maß verlängert.
Mit einer Länge von 5,54 Metern inklusive dem außen angebrachten Ersatzrad ist der Brite in beengten urbanen Gefilden stark gehandicapt; einen geeigneten Parkplatz zu finden, ist in Stadtzentren nahezu ein aussichtsloses Unterfangen.
Das große Reserverad wird auch hier an der seitlich öffnenden Hecktür montiert. Die in Karosseriefarbe lackierte Abdeckung trägt stolz die Modellbezeichnung, ist allerdings anfällig für Verrutschen, sodass dieser Schriftzug auch mal schief die Authentizität dieses Trumms kommuniziert.
Interieur – Ab dem Fond unendliche Weiten
Der Innenraum gleicht dem des Defender 110 zumindest bis zu den Rückenlehnen im Fond. Das heißt, die Insassen erwartet ein nobler und zugleich robust erscheinender Innenraum, der unter anderem auch stilistische Merkmale des Ur-Defenders trägt, indem zum Beispiel überall unverdeckte Schraubenköpfe zu erkennen sind.
Der sinnvolle Mix aus haltbaren und edlen Materialien ist absolut gelungen und wertet den Defender ungemein auf, ohne dabei Gefahr zu laufen, diesen als ein zu empfindliches Luxusgefährt erscheinen zu lassen.
Das Plus an Fahrzeuglänge kommt ab der B-Säule ins Spiel und entsprechend profitiert in erster Regel der Kofferraum davon, aber auch die dritte Sitzreihe, die insgesamt drei weitere Plätze offeriert. Insgesamt acht Personen können somit mit dem Defender 130 mobilisiert werden. Das damit einhergehende Platzangebot ist großzügig genug, um auch mittlere Strecken zu absolvieren.
Bleibt der mittlere Platz auf der zweiten und dritten Sitzreihe frei, ist auch eine Fernreise für die verbleibenden sechs Insassen sogar als überaus komfortabel zu bezeichnen. Zudem dürfte der Defender 130 das einzige Auto in dieser Klasse sein, mit dem acht Personen gemeinsam in einem serienmäßig erhältlichen Fahrzeug den Abstecher ins Gelände wagen können.
Der bei acht genutzten Sitzen verbleibende Kofferraum ist mit 389 Litern noch annehmbar groß. Bleibt die dritte Sitzreihe umgeklappt, vergrößert sich der Kofferraum auf bereits gigantische 1.232 Liter. Soll dagegen der gesamte Innenraum ab den Rückenlehnen der Vordersitze als Kofferraum genutzt werden, beträgt das Volumen durch das komplette Umklappen aller anderen Sitzmöglichkeiten 2.291 Liter. Wird der Defender 130 als reiner 5-Sitzer geordert, stehen maximal sogar 2.516 Liter zur Verfügung.
Beim 8-Sitzer gibt es allerdings den Nachteil, dass bei umgeklappten Sitzreihen kein ebener Laderaumboden realisierbar ist, was die Praktikabilität etwas einschränkt. Doch dafür dürfen sich Mitfahrende sogar auf der dritten Sitzreihe über Sitzheizungen freuen.
Motor und Fahreigenschaften – Dieselpower für alle Wege
Der Antrieb unseres Protagonisten ist kein Unbekannter, denn der seidenweich laufende Reihensechszylinder Turbodiesel überzeugte unsere Testfahrer bereits im Defender 110 oder dem Range Rover Velar.
Seine 300 PS und die bulligen 650 Newtonmeter erwiesen sich im Test als adäquate Bestückung für diesen Riesen. Kraftvoll und unermüdlich schiebt der Selbstzünder das Dickschiff an, während die Übersetzung durch eine seidenweich schaltende 8-Stufen-Automatik erfolgt und standesgemäß auf alle vier Räder übertragen wird.
Dank der Luftfederung gleitet der Defender wie auf Wolke sieben über jedwede Fahrbahnbeschaffenheit und entkoppelt die Insassen quasi von allen Unzulänglichkeiten. Drei Karosseriehöhen sind entweder manuell oder je nach gewähltem Fahrprogramm automatisch einstellbar.
Apropos Fahrprogramm: Im Defender stehen davon neun verschiedene Modi zur Verfügung, von denen allein sechs für den Offroadeinsatz konzipiert wurden. Getriebeuntersetzung und zwei Sperren tun ihr Übriges, um den Defender seinem durchaus legendären Namen gerecht zu werden.
Neben dem höheren Eigengewicht sind der lange Radstand und auch der gewachsene hintere Überhang und der damit einhergehende geringere Böschungswinkel die Kriterien, welche die Langversion im Off stärker einschränken als die kürzeren Varianten.
Die Lenkung blieb stets präzise mit permanenter Feedbacklieferung vom jeweiligen Untergrund. Ist dieser befestigt, zeigte der Defender der aktuellen Generation bereits als Kurz- oder Standardvariante einen riesigen Komfortzuwachs gegenüber dem Ur-Defender. Dies gilt auch für den Land Rover Defender 130, der auf Asphalt eine großartige Figur macht und neben einem komfortablen Abrollen auch eine unerschütterliche Spurtreue an den Tag legt.
Im direkten Vergleich besitzt der längste Defender das größte Platzangebot, wohingegen der Defender 90 durch seine Kompaktheit die besten Voraussetzungen für den Offroadeinsatz mitbringt. Der Defender 110 stellt derweil die goldene Mitte dar.
Verbrauchstechnisch ähnelte der Defender 130 dem 110er und genehmigte sich im Schnitt neun Liter auf 100 Kilometer – das ist ein knapper halber Liter mehr, als der 110er konsumierte. Dafür war der längste Defi auf der Sparrunde knausriger als sein kürzerer Bruder: Mit nur 6,3 Liter auf hochgerechnet 100 Kilometer lag der Big Boy sogar einen halben Liter unter dem Wert des Defender 110.
Ausstattung, Komfort, Technik im Defender 130
Der Test-Defender besaß die reichhaltige Ausstattung „First Edition“, die exakt ein Jahr lang zum Debüt des 130er angeboten wurde. Darin enthalten waren bereits über 100 Ausstattungsoptionen, die so tolle Dinge wie eine 4-Zonen-Klimaautomatik mit dem einzigartigen Luftreinigungssystem Pro inklusive PM2.5 Filter umfassten.
Diese Luftreinigung hat mehrfach einen grandiosen Job geleistet. Darunter eine Fahrt hinter einem offenen Miststreuer, der voll beladen vom Stalldung dampfende Schwaden über uns als Nachfolgende wabern ließ, doch die Filterung dies olfaktorisch komplett eliminieren konnte. Auch ein direktes Passieren einer Straßenbaustelle, auf der frischer Asphalt direkt neben der freien Fahrbahn aufgebracht wurde, blieb für den Innenraum des Defender komplett ausgeblendet – Grandios!
Weitere Annehmlichkeiten wie Windsor Leder auf vollklimatisierten 18-fach elektrisch verstellbaren Vordersitzen, extrem helle und weitreichende Matrix-LED-Scheinwerfer sowie eine Meridian-Soundanlage mit natürlicher wie dynamischer Klangcharakteristik sind ebenso Bestandteile dieser „First Edition“.
Dazu kam noch eine ganze Armada an Assistenzsystemen und die aufpreispflichtige Sonderausstattung beschränkte sich auf nur noch wenige Dinge wie ein Anhängerpaket mit angepasster All Terrain Progress Control, dem All Terrain Response 2 und einem erweiterten Anhängeassistenten zum Paketpreis von 1.870 Euro. Ein Winterpaket für 529 Euro umfasste die beheizbare Frontscheibe, eine Lenkradheizung sowie eine Scheinwerferreinigungsanlage, die auch im Geländeeinsatz sehr vorteilhaft sein kann. Ein Wifi-Hotspot mit 20 GB Daten pro Monat und einem Jahr Laufzeit für weitere 572 Euro sorgt derweil für Kurzweiligkeit bei internethungrigen Insassen.
Varianten und Preise des Land Rover Defender 130
Anders als bei den kürzeren Varianten des Defender wird der 130er nur mit geschlossener Karosserie und ohne Hardtop angeboten. Die hier gefahrene „First Edition“ lief als Sonderedition bereits im März dieses Jahres aus. Übrig bleiben insgesamt sechs Ausstattungen, die je nach Motorisierung angeboten werden. Bei den Motorisierungen besteht die Wahl aus vier Antrieben:
- D250 – 3.0-Liter-Reihensechszylinder Turbodiesel mit 249 PS und 570 Newtonmeter
- D300 – 3.0-Liter-Reihensechszylinder Turbodiesel mit 300 PS und 650 Newtonmeter
- P400 – 3.0-Liter-Reihensechszylinder Turbobenziner mit 400 PS und 550 Newtonmeter
- P500 – 5.0-Liter-V8 Turbobenziner mit 500 PS und 610 Newtonmeter
Die sechs Ausstattungen gliedern sich wie folgt:
- SE – Der Einstieg beginnt mit dem D250 bei 89.500 Euro, der D300 kostet 94.200 Euro und der P400 startet bei 97.400 Euro. Neben 20-Zoll-Rädern gibt es hier serienmäßig auch ein Meridian-Soundsystem und elektrisch 12-fach verstellbare Vordersitze mit Memory, Wade-Sensing, LED-Scheinwerfer und vieles mehr.
- X-Dynamic SE – Die Stufe darüber startet ab 93.800 Euro ebenfalls als D250 mit weiteren Ausstattungsoptionen wie Robustek-Textilbezüge für die Sitze. Der D300 ist auch hier exakt 4.700 Euro und der P400 ist 7.800 Euro teurer.
- X-Dynamic HSE – Für mindestens 100.600 Euro gibt es diese Variante, die neben vollklimatisierten und 14-fach verstellbaren Vordersitzen auch das Windsor Leder und spezielle 20-Zoll-Räder bereithält – um nur einige Features zu benennen. Die Aufpreise für die D300 und P400 bleiben identisch.
- Outbound – Diese Variante ist ausschließlich mit dem D300 zu haben und startet ab 100.300 Euro mit einem speziellen Outbound Exterieur-Paket und Offroad-affinen Details für den Innenraum wie Gummimatten für die Fußräume und den Kofferraum.
- X – Nur mit dem D300 und dem P400 kombinierbar, liegt der Startpreis hier bei 122.800 Euro beim Diesel und für 3.500 Euro mehr gibt es diese als P400; Highlights sind hier unter anderem die Felgen in Kontrastlackierung, die Leder-Kvadrat-Kombination als Sitzbezüge und viele weitere Features.
- V8 – Wie der Name schon verrät, ist diese Variante nur dem P500 mit seinem bulligen V8-Antrieb vorbehalten; der Startpreis liegt bei 147.700 Euro und neben riesigen 22-Zoll-Rädern gibt es hierbei unter anderem eine Leder-Alcantara-Innenausstattung ab Werk.
Wählt man die Topvariante V8 und fügt zu dieser noch alles hinzu was geht, liegt der Endpreis ohne Zubehör und Garantieerweiterungen bei rund 160.000 Euro.
Fazit – Lang und länger lebe der Defender
Mit dem Land Rover Defender 130 eröffnen sich diverse neue Möglichkeiten. Dank seinem zusätzlichen Platz ist dieser Geländewagen perfekt für alle mit erhöhtem Platzbedarf und auch für jene, die ständig mit mehr als fünf Personen unterwegs sind und dies auch im Off praktizieren möchten.
Ganz so „offroadig“ wie der kleine Bruder ist die Langversion durch die geringeren Rampen- und Böschungswinkel zwar nicht, aber auch in dieser Bauart lässt der Defender so gut wie alle gestandenen SUVs im Gelände hinter sich.
Dank seinem enormen Plus an Komfort – insbesondere auch auf befestigten Straßen – ist er mehr als nur ein Konkurrent für die G-Klasse von Mercedes-Benz und beweist eindrucksvoll, dass Geländetauglichkeit nicht zwangsläufig zu Lasten des Komforts gehen muss.
Auch wenn er für Hardliner vielleicht eine Art Traditionsbruch darstellt, wird er durch seine neue Charakteristik auch neue Zielgruppen für sich begeistern können. Der Vorwurf des Kannibalismus gegenüber dem Range Rover ist aber weiterhin nicht gänzlich zu entkräften. Ebenso die Frage nach dem Sinn, denn anders als sein Vorgänger werden weitaus weniger Exemplare wohl tatsächlich echtes Gelände unter die Pneus bekommen.
Kamera: Canon EOS 5D Mark III
Pro und Contra
Pro:
- riesiges Platzangebot
- ausgeprägte Geländetauglichkeit
- kultivierter und kräftiger Antrieb
- hochwertige und vielfältige Ausstattung
Contra:
Mercedes-Benz G-Klasse
Technische Daten: Land Rover Defender 130 D300 First Edition
- Farbe: Sedona Red Metallic
- Fahrzeugklasse: Geländewagen / obere Mittelklasse
- Länge x Breite x Höhe (m): 5,54 x 2,01 (2,11 mit Außenspiegel) x 1,97
- Radstand (mm): 3.022
- Antrieb: Reihensechszylinder Turbodiesel mit SCR-Kat und DPF
- Hybridart: Mildhybrid
- max. Leistung: 221 kW (300 PS) bei 4.000 rpm
- max. Drehmoment (Nm): 650 bei 1.500 bis 2.500 rpm
- Hubraum: 2.997 ccm
- Getriebe: 8-Gang-Automatik
- Antriebsart: Allrad mit Untersetzung und Längs- und Quersperren
- Durchschnittsverbrauch (WLTP): 9,4 l/100 km
- Durchschnittsverbrauch (NewCarz): 9,0 l/100 km
- CO2-Emissionen (Werksangabe): 246 g/km
- Abgasnorm: Euro 6d-ISC-FCM
- Höchstgeschwindigkeit: 191 km/h
- Beschleunigung von 0 auf 100 km/h (sec): 7,5
- Wendekreis (m): 13,1
- max. Bodenfreiheit (mm): 290
- Böschungswinkel vorn/hinten: 37,5°/28,5°
- Rampenwinkel: 27,8°
- max. Wattiefe (mm): 900
- Kofferraumvolumen 8-Sitzer/5-Sitzer (l): 389/1.232 bis 2.291/2.516
- Leergewicht (kg): 2.664
- Zuladung (kg): 716
- Anhängelast ungebremst/gebremst (kg): 750/3.000
- max. Stützlast (kg): 120
- max. Dachlast (kg): 168
- Tankinhalt (l): 89
- Tank AdBlue (l): 20,7
- Kraftstoffart: Diesel
- Neupreis des Testwagens: 106.327 Euro (Basispreis Defender 130 D250: 89.500 Euro)
Unser Chefredakteur erstellt seit 2015 schwerpunktmäßig Fahrberichte und testet alle Fahrzeuge akribisch – mit Liebe zum Detail – auf Herz und Nieren. Dabei entgeht ihm nichts. Seine Objektivität bewahrt er dabei kompromisslos. Robertos Spezialgebiete sind neben SUVs und Kombis die alternativen Antriebskonzepte. Sein Herz schlägt aber auch gern im V8-Takt.