Mit MG hat man zuallererst britische Erinnerungen verknüpft, doch der MG ZS EV ist unter chinesischer Hand entstanden – ein vollelektrisches SUV, welches wir hier einem Test unterzogen haben.
Seit 2017 wird der ZS bereits gefertigt und wird in China sowie Großbritannien auch mit Verbrennungsmotoren vermarktet. Seit 2019 gibt es zusätzlich den MG ZS EV als erste E-Version der Marke, die seit Ende 2020 auch in Europa – also auch in Deutschland – verkauft wird.
Für unseren Fahrbericht stand uns der MG ZS EV in der Ausstattung Luxury und der Außenfarbe Dover White zur Verfügung.
- Der MG ZS EV von außen
- Das Interieur
- Antrieb und Fahreigenschaften
- Aufladen, Verbrauch und Reichweite
- Ausstattung, Komfort, Sicherheit
- Varianten und Preise
- Fazit
- Pro & Contra
- Technische Daten
Der MG ZS EV in der Außenansicht
Von außen betrachtet, erweckt das chinesische, dem B-Segment zugeordnete E-SUV gewisse Ähnlichkeiten mit einem Maxda CX-3 der vergangenen Generation. Ein Eindruck, der sich vor allem an der Fahrzeugfront bestärkt. Die Anordnung der Scheinwerfer mit ihrem LED-Tagfahrlicht sprechen da allein Bände.
Die Chromapplikationen im Frontgrill selbst erinnern wiederum an die eines Mercedes-Benz. Das große MG-Logo rettet das Fahrzeug am Ende doch wieder in eine Spur Eigenständigkeit. Seitlich betrachtet, zeigt sich eine klassische SUV-Silhouette und die zur C-Säule stark ansteigende Fensterlinie trifft sich am Dachspoiler mit der nach hinten abfallenden Dachkante – das fördert den dynamischen Eindruck.
Das Heck des MG erscheint ohne Schnörkel geradezu clean und als Highlight zeigen die Heckleuchten eine geschwungene Lichtsignatur. Ein angedeuteter Unterfahrschutz verstärkt einen leicht hochbeinigen Eindruck, wodurch wiederum optische Offroad-Affinitäten ins Spiel gebracht werden.
Das Interieur – Kein chinesisches Klischee weit und breit
Das Interieur des MG ZS EV konnte mittels guter Verarbeitung und einer unerwartet klaren Struktur überzeugen. Die Instrumententafel erschien trotz eines klar erkennbaren Minimalismus ergonomisch und intuitiv gestaltet. Man findet sich sofort zurecht, alles scheint an seinem Platz. Gerüche nach Weichmachern oder chemischen Verflechtungen gibt es hier nicht.
Apropos Platz – Die Sitze wurden mit Kunstleder bezogen, welches nicht sofort als solches erkennbar wird und durchaus dem Einsatz echten Leders nahekommt. Die Polsterung ist bequem und bei moderatem Seitenhalt ist eine angemessene Beinauflage einen Daumen nach oben wert. Der Fahrersitz wird übrigens elektrisch verstellt. Beim Verstellen spürt man allerdings, wie der Sitz über das Gestänge rattert.
Das Lederlenkrad erwies sich optisch und haptisch als sehr gut und die Kombination von Analoginstrumenten in Form von Tacho und Prozentanzeige für die Energieabgabe mit dem klassischen Infodisplay in der Mitte ist zwar nicht der neuste Schrei für ein Cockpit, erwies sich aber als klar und übersichtlich strukturiert.
Das Platzangebot ist auch im Fond absolut zufriedenstellend, sodass man hier zu zweit – eine Kopfstütze in der Mitte fehlt, daher ist die Nutzung des dritten Platzes nicht empfehlenswert – problemlos auch die eine oder andere längere Urlaubsreise antreten darf. Diese wird eh von unabdingbaren Ladepausen unterbrochen – dazu später mehr.
Ein riesiges Glasdach – dies ist der Ausstattungsstufe „Luxury“ vorbehalten – sorgt für eine tolle Lichtdurchflutung des Innenraums und verbessert zusätzlich das Raumgefühl.
In den Kofferraum passen mindestens 448 Liter – das ist vollkommen alltagstauglich. Wer mehr Platz benötigt, kann die Rückenlehnen des Fonds zweigeteilt umklappen und das Volumen auf 1.116 Liter vergrößern.
Antrieb und Fahreigenschaften – Maßvoll ionisiert
Der Elektromotor im MG ZS EV leistet 143 PS und das Drehmoment von 353 Newtonmetern ist ab der ersten Umdrehung voll verfügbar. Entsprechend verzögerungsfrei initiiert der Druck aufs Fahrpedal den Vortrieb. Sehr erfreulich ist, dass man mit dem Fahrpedal eine große Range hat, mit der die Leistung sehr gut dosierbar eingesetzt werden kann.
Die Kraftübertragung zur Vorderachse übernimmt ein stufenloses Automatikgetriebe. Der ZS EV hängt erwartungsgemäß gut am „Gas“, fühlt sich insbesondere in urbanen Regionen bestens motorisiert an. Bis Tempo 100 sollen nur 8,3 Sekunden vergehen – wir haben es in knapp unter neun Sekunden geschafft.
Die Höchstgeschwindigkeit wird bei 140 km/h abgeregelt. Laut Tacho schafft das E-Auto sogar 155 km/h, doch das GPS entlarvt dies als Übertreibung – es waren echte 144 km/h.
Das Fahrwerk ist komfortorientiert gefedert, doch unterm Strich bleibt der MG in zügig gefahrenen Kurven genügend straff, um sich nicht zu emsigen Wankbewegungen verleiten zu lassen. Eine sehr leichtgängige Lenkung unterstreicht die komfortable Note zusätzlich. Im Vergleich zu einem Nissan Leaf ist der Chinese eindeutig fahraktiver zu bewegen und ähnelt in der Fahrwerksabstimmung durchaus ein bisschen dem Mazda MX-30.
Drei Fahrmodi stehen zudem zur Verfügung: ECO, NORMAL und SPORT. Diese Modi unterscheiden sich anhand der spürbar unterschiedlichen Leistungsabgabe des E-Motors, welche in den Stufen NORMAL und ECO in dieser Reihenfolge sukzessive gedrosselt wird. Außerdem wird im ECO-Mode am stärksten rekuperiert. Diese Rekuperationsstärke kann aber auch manuell in drei Stufen eingestellt werden.
Die Fahrgeräusche bestehen einmal aus den sirrenden Klängen des E-Motors, die ein wenig an eine Straßenbahn erinnern und zum anderen aus Windgeräuschen, welche sich ab Tempo 130 vernehmbar in die Geräuschkulisse einbringen.
Verbrauch, Reichweite und Aufladen
Beim Thema Verbrauch ist es wie so oft eine klare Frage der Fahrweise, um diesen zu beeinflussen. Mit 19,4 kWh pro 100 Kilometern im Durchschnitt lagen wir nur leicht über der Herstellerangabe. Dabei haben wir uns im Fahrmodus NORMAL bewegt und keine sekundären Verbraucher wie beispielsweise die Klimaanlage ausgeschaltet.
Dafür mieden wir bei dieser Verbrauchsermittlung vollständig die Autobahn. Bewegt man sich auf einer solchen, werden bei Geschwindigkeiten über 130 km/h mitunter Verbräuche von mehr als 29 kWh pro 100 Kilometer angezeigt.
Auf unserer Sparrunde wollten wir keine Verfälschungen verursachen und beließen alle typischen Verbraucher ebenso mitlaufen. Einzig die Auswahl des Fahrprogramms ECO war erlaubt und so kamen wir auf ebendieser Sparrunde auf einen Minimalverbrauch von 13,3 kWh pro 100 gefahrene Kilometer.
Die Reichweite betrug in der Praxis im Mittelwert 223 Kilometer. Voll geladen wurden uns bei Aktivierung des ECO-Modus und nach Abschalten aller Verbraucher ein Maximum von 258 Kilometern versprochen. Dies ist durchaus möglich, wenn man den Verbrauch auf der Sparrunde betrachtet.
Der Akku befindet sich Unterflur und kann brutto 44,5 kWh speichern. Der Ladeanschluss befindet sich an der Front, direkt im Frontgrill. Dieser öffnet sich bei leichtem Druck darauf nach oben. Benutzt man die großen CCS-Anschlüsse, stört diese Klappe etwas und gestaltet den Anschluss etwas fummelig. Schön wäre es zudem, wenn der Bereich um die Ladeanschlussbuchse mittels zusätzlicher Lichtquelle beleuchtet wäre.
Übrigens: Die Aussage, dass der MG ZS EV den Ladevorgang nur beginnt, wenn das Fahrzeug verriegelt ist, konnten wir nicht bestätigen. Dieser beginnt sofort, nachdem man den Ladestart initiiert hat. Das Gegenteil war erfreulicherweise der Fall: Man konnte wärend des Ladevorgangs das Auto beliebig ver- und entriegeln, ohne dass der Ladevorgang pausiert oder gar beendet wurde.
Der Ladevorgang dauerte an einer DC-Ladestation mittels CCS-Anschluss mit maximal 85 kW rund eine Stunde und zehn Minuten, bis der Akku wieder vollständig gefüllt war. Dabei wird weder die verbleibende Ladezeit, noch der aktuelle Ladestrom im Auto angezeigt – hier besteht Nachholbedarf.
Wer übrigens auf die Idee kommen sollte, dieses Auto an einer haushaltsüblichen 230-Volt-Steckdose mit 2,3 kW aufladen zu wollen, darf sich mit Ladezeiten von über vier Tagen und Nächten am Stück freuen. Selbst an einer 2-phasigen AC-6,6-kW-Wallbox dauert der Ladezyklus immer noch gut sieben Stunden. Eine Lademöglichkeit mit CCS-Anschluss wird also dringend empfohlen. Hier muss man bei leerem Akku nur eine dreivertel Stunde warten, um mit 80 Prozent Akkupower weiterfahren zu können.
Nach dem vollständigen Aufladen wird die Rekuperation übrigens temporär eingeschränkt – ein entsprechender Hinweis im Display macht darauf aufmerksam. Erst wenn der Akkustand etwas gesunken ist, lässt die Elektronik wieder Rekuperation in allen Stärken zu.
Ausstattung, Komfort, Technik
Unser MG ZS EV rollte in der höchsten Ausstattungsstufe auf unser Testgelände. Folglich gab es eine nicht unerhebliche Vielfalt an Annehmlichkeiten in diesem Elektro-SUV.
Das Multimediasystem zeigte sich in seiner Bedienstruktur etwas umständlich, sodass man sich hiermit erst einmal vertraut machen sollte. Dennoch ist dieses umfangreich und nach diesem anfänglichen Lernprozess auch schlüssig. Die Sprachsteuerung hat in unserem Testfahrzeug nicht funktioniert – die entsprechende Taste am Lenkrad konnte dem Auto keine Reaktion abfordern. Dafür gibt es die bekannten Schnittstellen Android Auto und Apple CarPlay – beides funktionierte problemlos.
Das Soundsystem gehört keiner bekannten Marke an, doch dafür hat uns der saubere und natürlich wirkende Klang durchaus überrascht. Die Klimaanlage verlangt eine manuelle Justierung, die sich als etwas umständlich erwies, da es zudem auch keine Temperaturanzeigen gab und die Justierung nur grobe Abstufungen zuließ.
Diverse Assistenten, wie ein Spurhalteassistent, ein Geschwindigkeitswarner, eine Verkehrszeichenerkennung oder ein Abstandstempomat mit Staufunktion waren an Bord des Testwagens. Der Spurhalteassistent erwies sich als etwas zu energisch und interpretierte die Fahrbahngrenzen mitunter auch mal falsch. Dabei switcht die Anzeige im Infodisplay stets in die Assistenzanzeige und man muss manuell wieder in eine vorherige – jeweils gewünschte – Anzeige wechseln.
Der adaptive Tempomat mit Staufunktion funktionierte zuverlässig, könnte allerdings die Abstandskorrekturen gern etwas sanfter durchführen. In dieser Disziplin zeigte sich der elektronische Helfer gerne etwas burschikos.
Beim Licht gab es dann eine kleine Enttäuschung. Trotz des modernen LED-Tagfahrlichts wurde das Hauptlicht des MG ZS EV in Halogentechnik ausgeführt. Trotz ellipsoider Linsen bleibt die Lichtausbeute entsprechend weit hinter LED- oder Xenonpendants zurück. Zumindest war ein im Praxistest sehr zuverlässig agierender Fernlichtassistent an Bord.
Varianten und Preise des MG ZS EV
Den MG ZS EV bietet man normalerweise in zwei Versionen an: Comfort und Luxury. Die bislang exakt 2.000 Euro günstigere Comfort-Variante wird aktuell allerdings nicht angeboten, sodass der Luxury momentan mit 30.420 Euro als Einstieg angeboten wird.
Ausgestattet ist das Modell serienmäßig mit diversen Annehmlichkeiten, zu denen neben 17-Zoll-Rädern auch Sitzheizungen für die Vordersitze, eine Rückfahrkamera, das Panoramaglasdach, Infotainment inklusive Navi und MG-Pilot, ein Totwinkelassistent mit Querverkehrswarner, Kunstledersitze mit elektrisch verstellbarem Fahrersitz und vieles mehr dazugehören. Am Ende bleibt dem potenziellen Besitzer lediglich die Möglichkeit, eine der vier Sonderfarben für je 650 Euro zu wählen – das war es auch schon.
Somit kommt man auf einen Komplettpreis von 31.070 Euro. Hiervon kann man noch den Umweltbonus und die Förderprämie von insgesamt aktuell 9.570 Euro geltend machen, sodass unterm Strich rund 21.000 Euro übrig bleiben. Ein überaus attrktiver Preis für ein E-SUV aus dem B-Segment.
Als Antrieb dient immer der hier getestete E-Motor mit angetriebener Vorderachse. Ein sehr wichtiger Aspekt beim MG ZS EV ist eine 7-Jahre-Garantie auf das gesamte Fahrzeug inklusive der Batterie.
Fazit – Viel E-Auto zum fairen Preis
Der MG ZS EV ist optisch womöglich nicht der letzte Schrei, doch altbacken wirkt er dennoch nicht. Seine guten Fahrleistungen und das komfortable, sehr gutmütige Fahrverhalten machen das SUV zu einem interessanten Mitspieler im elektrifizierten B-Segment.
Seine Reichweite genügt für überschaubare Einsatzgebiete völlig und vor allem der Einsatz als Pendlerfahrzeug oder der in urbanen sowie suburbanen Gefilden passt hierzu sehr gut.
Gegenüber der Konkurrenz kann er viel Ausstattung fürs Geld offerieren. Andere besitzen zwar eine etwas modernere Optik und Technik, dafür gibt es hier eine überdurchschnittlich lange Garantiezeit auf alles. Unterm Strich bereichert der Chinese definitiv das Angebot und eine Entscheidung für das E-SUV aus dem Reich der Mitte dürfte nicht immer allein aus pragmatischen Gründen fallen.
Pro und Contra
Pro:
- gutmütiges Fahrverhalten
- umfangreiche Ausstattung
- attraktiver Preis
- lange Garantielaufzeit
Contra:
- fast keine individuellen Ausstattungsoptionen
- teilweise nur obsolete Technologien (z. B. Halogenlicht)
Kamera: Canon EOS 5D Mark III
Technische Daten: MG ZS EV
- Farbe: Dover White Uni
- Länge x Breite x Höhe (m): 4,31 x 1,81 x 1,64
- Radstand (mm): 2.585
- Antrieb: permanent-synchron-E-Motor
- Hybridart: –
- Leistung: 105 kW (143 PS)
- Max. Drehmoment: 353 Nm
- Batterie: Lithium-Ionen; 44,5 kWh (brutto)
- Getriebe: stufenlose Automatik
- Antriebsart: Front
- Reichweite (WLTP): 263 km
- Reichweite (gemessen): 223 km
- Durchschnittsverbrauch (WLTP): 18,6 kWh/100 km
- Durchschnittsverbrauch (NewCarz): 18,9 kWh/100 km
- CO2-Emissionen (Werksangabe): 0 g/km
- Abgasnorm: –
- Ladezeiten 100 kW DC/AC 6,6 kW/AC 2,3 kW (min): 60/430/1.400
- Höchstgeschwindigkeit: 140 km/h
- Beschleunigung von 0 auf 100 km/h: 8,2 Sekunden
- Wendekreis (m): 11,2
- Bodenfreiheit (mm): k.A.
- Kofferraum (l): 448 bis 1.166
- Leergewicht (kg): 1.518
- Zuladung (kg): 448
- max. Dachlast (kg): 75
- Kraftstoffart: Strom
- Neupreis des Testwagens: 30.420 Euro (Basispreis „Luxury“: 30.420 Euro)
Unser Chefredakteur erstellt seit 2015 schwerpunktmäßig Fahrberichte und testet alle Fahrzeuge akribisch – mit Liebe zum Detail – auf Herz und Nieren. Dabei entgeht ihm nichts. Seine Objektivität bewahrt er dabei kompromisslos. Robertos Spezialgebiete sind neben SUVs und Kombis die alternativen Antriebskonzepte. Sein Herz schlägt aber auch gern im V8-Takt.