Mit dem Opel Rocks-e bringen die Rüsselsheimer ein elektrisches Gefährt auf den Markt, das doch bitte nicht als Auto betitelt werden möchte.
Der Begriff „SUM“ ist ihm schon viel lieber; und hier hinter verbirgt sich nicht etwa ein Mini-SUV-Abklatsch, sondern der äußerst prägnante Name „Sustainable Urban Mobility“. Das könnte doch glatt als Claim durchgehen.
Wir haben den Mini-Stromer quer durch Frankfurt gescheucht und berichten nachfolgend von unseren ersten Eindrücken.
Das Design
Zugegeben, auch wir waren überrascht, wie winzig dieser kleine, würfelähnliche Begleiter doch in Wirklichkeit ist. Die Abmessungen bringen in der Länge gerade einmal 2,41 Meter auf die Straße, was sogar einen Smart ForTwo deutlich unterbietet.
Doch spannend ist dabei die Raumausnutzung, zu der wir gleich noch kommen. Die Front zeigt sich richtig knuffig und trägt sogar Opels Vizor-Gesicht – nur halt in klein, versteht sich. Durch runde Scheinwerfer blickt der Rocks-e drollig drein und lässt keinen Zweifel daran, dass hier ein wohlgesonnenes Vehikel auf Reisen ist.
Von der Seite betrachtet, fällt die Länge kaum üppiger aus als die Breite, weshalb sich bei uns schnell der Kosename „Knuffiger Würfel“ etabliert hat. Die Türen öffnen hier gegenläufig, das heißt, die Fahrertür öffnet im Stil eines Rolls-Royce, während die Beifahrertür klassisch geöffnet wird. Um möglichst wenig Schnickschnack zu verbauen und somit das Gewicht niedrig zu halten, gibt es hier klassische Druckknöpfe zum Öffnen der Tür. Und wer nach einer Zentralverriegelung fragt, ist hier ebenfalls an der falschen Adresse.
Am Heck wird das Design der Front wieder aufgegriffen und statt des „Rocks“-Schriftzugs gibt es ein kleines Mofa-Kennzeichen in der dafür vorgesehenen Mulde. Die roten Heckleuchten weisen ebenfalls auf die Rückseite des Fahrzeugs hin – ansonsten ist hier alles baugleich mit der Front.
Etwas Kritik möchten wir dennoch üben, denn die Türen können beim Öffnen nicht arretiert werden, sodass diese ständig wieder zufallen. Beim Be- und Entladen dürfte sich dies schnell als kleine, aber prägnante Schwachstelle offenbaren.
In der City mit dem Opel Rocks-e
Der Opel Rocks-e wird von einem E-Motor mit 8 PS Leistung angetrieben. Die Höchstgeschwindigkeit beträgt 45 km/h und damit erübrigt sich die Frage nach einem Null-bis-100-Wert. Vom Stand aus geht es jedenfalls recht ordentlich und sogar unerwartet flink zu, was nicht zuletzt an dem niedrigen Gewicht von gerade einmal 471 Kilogramm liegen dürfte.
Wie bereits erwähnt, ist der Spaß nach ziemlich genau zehn Sekunden bei ziemlich genau 45 Sachen vorbei, gelegentlich zeigt der Tacho auch mal mutige 46 km/h an. Wir fuhren den Stromer durch die Frankfurter Innenstadt und wer die Main-Metropole schon einmal besucht hat, weiß, dass die Rush Hour hier von morgens bis abends anhält und somit ideal für ein solches Fahrzeug ist.
Denn wirklich schneller als die 45 km/h geht es hier selten voran, zumindest dann, wenn man einigermaßen StVO-konform unterwegs ist. Hinzu kommen viele neue Tempo-30-Zonen, bei denen ohnehin Schluss mit lustig ist. Fun Fact am Rande: Da der Opel Rocks-e vorn über kein Kennzeichen verfügt, dürfte die ein oder andere Radarkontrolle hier wohl ohne größere Sanktionen überstanden werden. Abseits der Stadt sieht es dann schon ganz anders aus und der Knuffigkeitsbonus könnte schnell dem Ärger anderer Verkehrsteilnehmer weichen, wenn der kleine Stromer zum Verkehrshindernis mutiert.
Zum eigentlichen Fahrverhalten lässt sich sagen, dass die Entwickler hier vor allem viel Wert auf ein vernünftiges Vorankommen gelegt haben. Das Fahrwerk ist zwar straff, aber nicht so bretthart wie man meinen könnte. Besonders überrascht haben zudem die Bremsen – hier kommen vorn immerhin hydraulische Scheibenbremsen zum Einsatz. Diese konnten den kleinen E-Begleiter jederzeit gut im Zaum halten.
Die Lenkung ist natürlich nicht servounterstützt, was in Anbetracht des Jagdgebietes aber auch nicht erforderlich ist. Dafür lässt sich der Rocks-e dennoch gut durch enge Gassen zirkeln. Und zwar durch jede, egal wie eng diese auch sein möge.
Doch auch hier kommt der Kleine nicht gänzlich ohne Kritik weg: Wer schon einmal in einem (echten) Auto saß und dieses gefahren hat, der weiß, dass der Blinkerhebel nach dem Abbiegevorgang wieder in die Ausgangsposition schnalzt. Dies passiert hier nicht und was im ersten Moment nach einer Kleinigkeit klingt, nervt auf Dauer ganz schön. Zumal man diese Kleinigkeit schnell abstellen könnte. Jedoch greift hier das Argument, dass Jugendliche im Alter von 15 Jahren wohl noch nicht so viel Fahrpraxis mit Papas Insignia gesammelt haben, um dieses Manko detektieren zu können. Ein weiterer Kritikpunkt sind die Spiegel (-chen), die schlicht zu klein geraten sind. Von elektrischen Verstellmöglichkeiten wollen wir gar nicht erst anfangen.
Dafür verfügt der Rocks-e über Scheinwerfer, Blinker und eine Hupe, was in Summe schon einmal ganz ordentlich ist. Festhalten lässt sich auf jeden Fall, dass ein Jugendlicher in diesem Fahrzeug wesentlich mehr Fahrerfahrung sammelt als auf jedem erdenklichen Zweirad.
Die Reichweite beträgt nach realitätsnahem WLTP-Wert 75 Kilometer. Wir haben den Rüsselsheimer Stromer nicht geschont und wären hochgerechnet auf circa 69 Kilometer gekommen, sodass die angegebene Reichweite sicherlich machbar ist. Zumal weitere Verbraucher nahezu nicht gegeben sind. Das Fahrlicht ist immer aktiv und nur der Scheibenwischer käme hier als zusätzlicher Stromverzehrer infrage. Geladen wird der 5,5-kWh-Akku an einer Haushaltssteckdose und ist nach 3,5 Stunden wieder voll. Dank eines separaten Adapters kann das Fahrzeug auch an einer öffentlichen Ladesäule betankt werden.
Die Ausstattung
Dieses Kapitel können wir grundsätzlich kurz halten, denn viel Serien- und / oder Sonderausstattung gibt es für den Opel Rocks-e schlicht nicht. Serienmäßig verfügt Opels Kleinster über LED-Scheinwerfer, LED-Rückleuchten und LED-Blinker sowie über einen Scheibenwischer.
Noch ein Wort zum Innenraum: Hier herrscht natürlich Pragmatismus pur, wenngleich zwei mittelgroße Menschen ausreichend Platz haben – sowohl nach vorne als auch nach oben. Hinzu kommt, dass der Fußraum so konzipiert ist, dass kleinere Gepäckstücke und Einkaufstaschen problemlos untergebracht werden können. Allerdings sind die Sitze wahrlich nicht langstreckentauglich, um nicht zu sagen, sie sind einfach nur hart. Doch wer gerade einmal 20-30 Kilometer hier drin verbringt, den dürfte dies nicht weiter stören. Lange Strecken werden hier wohl sowieso nie absolviert. Ach so, einen Kofferraum gibt es übrigens nicht, dafür muss der Beifahrerfußraum herhalten.
Ansonsten gibt es im Inneren des Rocks-e ein kleines Display mit Anzeige des Ladezustands, Restreichweite und Geschwindigkeit, drei Tasten für Heizung, Lüftung und Warnblinkanlage sowie – links vom Fahrersitz – die Gangwahl in Form von Tasten für „D“, „N“ und „R“. Eine Halterung fürs Smartphone hilft beim Navigieren und optional gibt es eine Bluetooth-Box für musikalische Unterhaltung und eine Freisprecheinrichtung zum Telefonieren.
Wirklich schön ist das serienmäßige Panorama-Glasdach, das man zwar nicht öffnen kann, das jedoch eine gehörige Portion Helikopter-Flair ins Innere des kleinen Rockers bringt.
Zu kaufen gibt es den kleinen Begleiter in insgesamt drei Ausstattungslinien. Die Basisvariante bringt bereits die LED-Scheinwerfer und das Glasdach mit und kostet 7.990 Euro. Darüber rangiert die Version Tekno, die mit knallgelben Akzenten das Exterieur und Interieur aufwertet und für 8.790 Euro erhältlich ist. Zum gleichen Preis gibt es auch die Version Klub, bei welcher die Stilelemente statt in Gelb in Grau ausgeführt sind, was etwas dezenter wirkt.
Spannend ist zudem die Finanzierung des Rocks-e. Diese soll – eine entsprechende Anzahlung im Vorfeld geleistet – auf dem Niveau eines durchschnittlichen ÖPNV-Monatstickets liegen, was circa 50 Euro entspricht.
Die Zielgruppe
Prinzipiell hat es Opel auf eine junge Zielgruppe abgesehen, die mit Autos aller Art bis dato höchstens im Videospiel Berührung hatte. Den Opel Rocks-e darf man nämlich bereits ab 15 Jahren fahren – mit einem Mofa-Führerschein. Und das Konzept ist gar nicht mal so abwegig: Hier können die sehr jungen Kunden erstmals an die Marke herangeführt werden und bleiben dieser im besten Fall sogar treu. Markenbindung im jungen Alter, könnte man sagen.
Doch dürfte dies nicht unbedingt der einzige Kundenstamm bleiben. Auch betagtere Herrschaften, denen ein Auto entweder zu teuer ist oder die sich im Verkehr mit einem PS starken PKW nicht mehr so gut zurechtfinden, haben mit dem Rocks-e einen preisgünstigen, sicheren und allwettertauglichen Mobilitätsgaranten, der für innerstädtische Erledigungen ideal scheint. Solange der Aktionsradius überschaubar bleibt, muss auch keine Reichweitenangst aufkeimen. Daher könnte auch der ein oder andere Lieferdienst – nicht zuletzt aus Kostengründen – auf den kleinen E-Flitzer zurückgreifen. Gleiches gilt für Pendler, die mit dem kleinen Stromer ebenfalls viele Vorteile erfahren.
Fazit zum Opel Rocks-e
Resümierend können wir festhalten, dass der Versuch, ein neues Segment zu betreten, augenscheinlich geglückt ist. Mit dem Opel Rocks-e haben die Rüsselsheimer ein Fahrzeug auf die Räder gestellt, dass gleichermaßen knuffig wie sicher ist und der Coolness-Faktor ist hier am Ende des Tages Geschmacksache. Auf jeden Fall dürfte er sich nicht geringer Beliebtheit erfreuen, denn wer sich – auch als Elternteil – einmal mit dem Sicherheitsaspekt auseinandergesetzt hat, wird schnell begreifen, dass so ein Fahrzeug viel sinnvoller ist, als ein zweirädriges Pendant.
Hinzu kommen die überschaubaren Anschaffungs- sowie die geringen Unterhaltskosten und die citykonforme Reichweite. Dass der Rocks-e bequem über die 220-Volt-Dose in der Garage geladen werden kann, ist ein weiteres Pro-Argument. Soviel wir auch gesucht haben, wirkliche Kritik können wir hier kaum üben. Lediglich die fehlenden Türarretierungen sowie der nicht zurückschnappende Blinkerhebel sind zwei kleine Mankos, die jedoch einem großen Pool aus Pro-Argumenten gegenüberstehen.
Wir sind gespannt, wie sich Opels Neuster und Kleinster etablieren wird und wünschen ihm hierbei viel Erfolg.
Text / Fotos: NewCarz
Kamera: Canon EOS 6D
Sorgt seit 2015 stets für den „Nachschub“ an automobilen Neuigkeiten, ob als Modellpremieren, Modellpflege oder strategische Neuausrichtung von Herstellern – um nur einige zu nennen. Sein enger Draht zu den Herstellern ist ein Garant für brandneue Informationen und Autonews aus erster Hand. Seine automobile Vorliebe gehört vor allem den gut motorisierten Cabrios und Coupés dieser Welt.