Der Seat Leon ST TGI ist der spanische Kompaktklasse-Kombi mit einem sogenannten Erdgasantrieb.
Als Kraftstoff dient ein Gas, CNG genannt, was für „Compressed Natural Gas“ steht. Der Name sagt es bereits: Es handelt sich dabei längst nicht nur um Erdgas, sondern auch um in Biogasanlagen gewonnenes Methan.
Mit diesem CNG-Antrieb absolvierten wir einen Road Trip quer durch Deutschland und auch einige Nachbarländer. Dabei ging es neben den aktuellen Kraftstoffpreisen in erster Linie um das jeweilige CNG-Tankstellennetz. Zu diesem Zweck ging es durch sechs Bundesländer sowie durch die Nachbarländer Österreich und Tschechien.
Unser Testprotagonist war ein Seat Leon ST TGI in der Ausstattungslinie FR und in der Lackfarbe Magnetic Grau Metallic. Fahrbericht.
- Innen und außen – Optische Unterschiede?
- Motor und Fahreigenschaften
- CNG – Verbrauch, Tanken, Preise
- Ausstattung, Komfort, Sicherheit
- Varianten und Preise
- Fazit
- Pro & Contra
- Technische Daten
Exterieur und Interieur – Einer wie alle
Optisch verrät der Leon ST TGI außen durch keinerlei Insignien seinen Antrieb – er bleibt quasi nonstop undercover und offenbart keinen Unterschied zu seinen anderen Kombi-Geschwistern. Und damit ist die Optik des TGI-Leon bereits erfüllend erklärt.
Nur beim Öffnen der Tankklappe entdeckt der findige Betrachter einen kleinen zusätzlichen Stutzen, der für das Befüllen des CNG-Tanks zuständig ist. Als FR gibt sich der CNG-Leon betont sportlich, was dem Fahrzeug gut steht und die dynamische Grundcharakteristik des Leon in gesundem Maße unterstreicht. Die großen Räder und die Lackierung in Magnetic Grau sorgen für einen harmonischen Auftritt.
Im Innenraum bleibt es beim typischen Leon – mit einigen kleinen Ausnahmen. Die Übersichtlichkeit ist wie bei allen „Löwen“ vollumfänglich gegeben, die Sitze sind angenehm ausgeformt und das riesige Panorama-Glasdach sollte mit bestellt werden, wenn man ein wenig Cabrio-Feeling in seinen Spanier zaubern möchte.
Der eine nennenswerte Unterschied von insgesamt zweien gegenüber benzinbetriebenen Leons ist die kleine zusätzliche Balkenanzeige, die neben der Tankanzeige sitzt und den Füllstand des Gastanks vermeldet.
Der zweite Unterschied findet sich im Kofferraum, welcher einiges seines Volumens an den Gastank abdrücken muss. Das fällt allerdings erst auf, wenn man die Ladebodenabdeckung anhebt. Hier fehlen die Ladebodenverstellung, die zusätzlichen Verstauräume für das Reserverad, das Pannenequipment und auch für einen Woofer der optionalen Marken-Soundanlage.
Statt 620 sind es hier noch 480 Liter – ein Minus von 140 Litern. Bei umgeklappten Rückenlehnen kann man entsprechend noch 1.460 Liter nutzen anstelle der sonst für diese Klasse sehr üppigen 1.600 Liter.
Antrieb und Fahreigenschaften – Gelassener Sparkönig
Angetrieben wird der Seat Leon ST TGI von einem 1,5 Liter großen Reihenvierzylinder. Dieser Turbobenziner stellt eine Leistung von 130 PS bereit und leistet ein maximales Drehmoment von 200 Newtonmetern bereits ab niedrigen 1.400 Touren.
Diese Leistung offenbarte sich nach über 2.000 Kilometern als ideal für den Spanier. Er kann damit keine Ampelduelle gewinnen, wirkt aber auch keinesfalls untermotorisiert – ein idealer Leistungswert sozusagen, um in den meisten Lebenslagen entspannt und adäquat unterwegs zu sein.
Das Fahrverhalten unterscheidet sich dabei nicht von dem eines rein benzingetriebenen Leon und im Grunde ist das Fahren mit CNG nicht als solches spürbar. Der Leon verfügt auch als TGI über einen etwa neun Liter großen Benzintank, den er zum Kaltstart und direkt nach jedem Tankvorgang mit CNG für jeweils einige Minuten benutzt. Natürlich auch dann, wenn der CNG-Tank geleert ist. Hierbei können wir bestätigen, dass der Wechsel von Gas auf Benzin und umgekehrt weder für den Fahrer noch für die Insassen spürbar ist.
Das Doppelkupplungsgetriebe DSG hat zwar wieder die übliche Schwäche bei Lastwechseln, diese ist hier jedoch deutlich geringer ausgeprägt als in vielen anderen Modellen des VAG-Konzerns und kann mit Ausnahme des ECO-Fahrmodus fast vernachlässigt werden. Aktiviert man benannten Fahrmodus, ist diese Gedenksekunde am deutlichsten spürbar.
Ansonsten sind die Unterschiede zu den Fahrmodi eher gering und beziehen sich in erster Linie auf das Schaltverhalten des DSG. Die Kennlinie bezüglich Gasannahme und Gasmenge wird ebenfalls beeinflusst, aber subjektiv spürt man das in eher homöopathischen Dosen.
Die Lenkung erwies sich als leichtgängig und erstaunlich direkt, was zur dynamischen Philosophie der FR-Ausstattungslinie passt. Die Bremsen hatten mit dem Fahrzeug zu keinem Zeitpunkt zu kämpfen, sind absolut angemessen dimensioniert und erfreuen darüber hinaus mit einer exakten Dosierbarkeit.
Das Sportfahrwerk bietet eine gute Balance zwischen straffer Abstimmung und Komfort. Trotz FR-Linie wurde hier nicht erheblich nachgeschärft, sodass sportliche Allüren nur geringfügig zur Geltung kommen – das ist aus Sicht der Redaktion aber alles andere als ein Nachteil, sondern passt bestens zu diesem Antrieb. Hartgesottene würden wohl eh eher einen Blick auf einen Cupra Leon ST werfen.
Die 18-Zoll-Räder für 820 Euro extra sehen nicht nur gut aus, sondern vermindern den Abrollkomfort nicht in dem zu erwartenden Maße. Hierfür kann man eine Empfehlung aussprechen.
CNG – Verbrauch, Tanken und Preise
Der eigentliche Clou dieses Autos ist sein sehr geringer Verbrauch. Über die gesamte Teststrecke durch drei Länder konnten wir einen Gesamtdurchschnitt von phänomenalen 3,9 Kilogramm pro 100 Kilometer ermitteln. Das entspräche bei einem in Deutschland geltenden Preis von aktuell rund 1,17 Euro pro Kilogramm einen Kostenfaktor von rund 4,50 Euro für 100 Kilometer Fahrstrecke. Auf der Sparrunde reduzierte sich der Verbrauch auf 3,0 kg pro 100 Kilometer und bei permanent Vollgas konsumierte der Spanier maximal 6,0 Kilogramm auf dieser Strecke.
Bei gut 17 Kilogramm Tankvolumen betrug unsere Reichweite im Schnitt 440 Kilometer mit CNG plus weitere 100 Kilometer mit der Benzinreserve. Das ist vergleichstechnisch nicht so viel wie bei einem Diesel, aber dennoch meist deutlich mehr als bei den meisten Elektroautos.
Während es in Deutschland mit über 800 Tankstellen das dichteste CNG-Tankstellennetz Europas gibt, verfügt Tschechien über rund 200 CNG-Tankstellen, die überwiegend an den Hauptverkehrsadern angesiedelt sind und Österreich bildet mit 178 CNG-Tankstellen das Schlusslicht in diesem Dreiervergleich.
Bleibt man in Tschechien auf den Hauptverkehrsrouten, wird man nie Probleme haben, eine Tankstelle mit Erdgas zu finden. Beachten sollte man dabei, dass nicht jede Tankstelle den Begriff „CNG“ verwendet, sondern nicht selten nur die tschechische Bezeichnung „Zemní plyn“ benutzt wird.
In Österreich sind Sorgen dahingehend auch unbegründet. Doch muss man, sofern man ins bergige Abseits eintaucht, auch damit rechnen, dass die nächste CNG-Tanke 50 Kilometer und weiter entfernt liegt, die man aufgrund der topografischen Verhältnisse meist in mehr als einer Stunde Fahrzeit erreichen kann. Dank des Benzinreservoirs muss man sich aber zu keinem Zeitpunkt Gedanken über das Liegenbleiben durch Kraftstoffmangel machen. Es ist nur wichtig, das Benzinreservoir stets gut gefüllt zu belassen.
In Deutschland gibt es in vielen Bundesländern praktisch „an jeder Ecke“ eine CNG-Tankstelle – mit Ausnahme der Bundesländer Mecklenburg Vorpommern und Sachsen, da vor allem Ostsachsen. In diesen Regionen sind die Tanken so selten wie Strom-Ladestationen Anfang der 2000er.
Dier größte Überraschung widerfuhr uns allerdings beim Preisvergleich für das CNG, wo wir zunächst Deutschland als teuersten Part vermuteten. Mitnichten! Während deutsche Tanken das CNG aktuell für durchschnittlich 1,17 Euro pro Kilogramm verkaufen, mussten wir in Österreich knapp zwei Euro für die gleiche Menge bezahlen. Noch exorbitanter wurde es in Tschechien: Hier lag der Schnitt bei 2,50 Euro pro Kilogramm und am teuersten tankten wir im Speckgürtel von Prag in der Nähe der Autobahn für sage und schreibe 2,86 Euro für ein Kilogramm CNG.
Das ist weit über das Doppelte gegenüber dem deutschen Preis. Dennoch: Im Vergleich zum tschechischen Benzinpreis für E10 von 1,67 Euro und dem höheren Verbrauch des gleichstarken Benziners von rund 6,8 Litern, fallen die Kosten beim TGI innerhalb Tschechien immer noch geringfügig niedriger aus.
Richtig interessant wird der Vergleich in Deutschland: 4,50 Euro Kraftstoffkosten des CNG konsumierenden 1.5 TGI gegen 11,90 Euro beim 1.5 TSI Benziner. Klarer kann der Unterschied kaum ausfallen.
Wir empfehlen zudem die Nutzung von Apps zum Auffinden von CNG-Tankstellen. Bei unserem Praxistest haben wir gleich mehrere ausprobiert und haben eine App besonders gut befunden. Diese heißt „CNG Stations Map“ und bietet neben einer Kartenübersicht auch eine Auflistung aller CNG-Tanken im Umkreis von rund 100 Kilometern inklusive aktuellem Preis und Routenführung.
Ausstattung, Komfort, Technik
Als FR verfügte unser Testwagen über eine gute Ausstattung. Neben einer 3-Zonen-Klimaautomatik, die wirksam aber mitunter nicht völlig zugfrei arbeitete, besaß der Spanier ab Werk unter anderem auch elektrisch einklappbare Außenspiegel und ein volldigitales Cockpit mit diversen Einstellmöglichkeiten.
Für 990 Euro extra erhält man Voll-LED-Scheinwerfer namens „Infinite Light“ mit einer guten Reichweite und homogenem Lichtkegel. Diese Scheinwerfer mussten allerdings ohne Adaptivfunktionen auskommen.
Das Infotainment ist bedientechnisch nicht intuitiv strukturiert und neigt dazu, den Fahrer beim Bedienen abzulenken. Das Navigationssystem lieferte dafür eine klar verständliche Routenführung, konnte aber Verkehrsbeeinträchtigungen leider nicht verlässlich miteinbeziehen.
Aus diesem Grund haben wir uns überwiegend auf die Navigationslösungen von Android Auto und Apple CarPlay verlassen, wodurch kein einziger Stau unser Vorankommen trüben konnte. Die beiden Konnektivitätslösungen arbeiteten dauerhaft einwandfrei.
Die im Winterpaket beinhalteten Lenkrad- und Sitzheizungen arbeiteten zügig und wirkungsvoll. Das Soundsystem gehörte keiner bekannten Marke an, klang aber insgesamt überzeugend gut.
Von den Assistenten wäre der sehr aufmerksame und zuverlässige Frontkollisionswarner zu nennen und die andere Seite der Medaille wurde vom Spurhalteassistenten Lane Assist beansprucht. Dieser nervte andauernd mit Fehlinterpretationen von Fahrspurmarkierungen, wo es keine gab. Resultat: Wir deaktivierten nach einer Weile bereits immer beim Fahrtantritt.
Die größte Achillesferse für diesen Kombi ist aber der Fakt, dass es ihn als TGI nicht mit Anhängerkupplung gibt. Dadurch wird die Variabilität ein ganzes Stück beschnitten und für alle, die einen Wohnwagen oder wenigstens einen Fahrradträger mitführen möchten, sieht es dahingehend schlecht aus.
Varianten und Preise des Seat Leon ST TGI
Wer den kompakten spanischen Kombi mit Erdgas fahren möchte, kann das ab 30.960 Euro realisieren. So beginnt das TGI-Angebot in der zweitniedrigsten Ausstattung „Style“.
Als Xcellence startet der TGI ab 32.810 Euro, als Xcellence Plus geht es ab 34.460 Euro los, als FR ruft Seat 32.610 Euro auf und als FR Plus müssen mindestens 34.460 Euro über den Händlertisch.
Alle Preise sind Startpreise und beziehen sich auf die Kombination mit einem 6-Gang-Handschaltgetriebe. Mit DSG werden jeweils 1.800 Euro mehr fällig.
Stattet man die höchste Linie FR Plus mit allem aus, was die Optionsliste hergibt, kommt man ohne Garantieerweiterungen und Zubehör aktuell auf rund 48.500 Euro.
Fazit – Sparwunder und Reisekombi mit leichten Einschränkungen
Der Seat Leon Sportstourer TGI ist ein extrem sparsamer und angenehmer Kombi, der sich im Rahmen unserer ausgiebigen Testfahrten so gut wie keine Schwächen leistete. Der CNG-Antrieb ist momentan jedem E-Auto um Lichtjahre voraus – das Tanken dauert nicht länger als bei herkömmlichen Benzinern oder Dieseln, die Emissionswerte sind dagegen deutlich niedriger und die Fertigungskosten vor allem gegenüber E-Autos nicht nur konkurrenzlos günstig sondern auch deutlich emissionsärmer.
Lediglich die Infrastruktur von CNG-Tankstellen sollte insbesondere bei Fahrten ins Ausland im Vorfeld geprüft werden, sodass keine ungewollten Verzögerungen entstehen. Zwangsstopps stünden aber nicht an, immerhin verfügt der TGI über einen kleinen zusätzlichen Benzintank.
Dazu ist vor allem hierzulande CNG vergleichsweise extrem günstig. Wie sich das Preisgefüge aufgrund der aktuellen Situation noch ändert, können wir natürlich nicht vorhersagen. Doch feststeht, dass die Preise mit Sicherheit nicht allein beim CNG ansteigen werden, sondern umso mehr auch bei den fossilen Kraftstoffen. Selbst Strom ist von Preiserhöhungen nicht ausgenommen, wie die jüngste Vergangenheit gezeigt hat.
In Summe können wir dieses Auto daher als echte Empfehlung präsentieren – sei es für Familien oder für das Pärchen mit Platzbedarf. Sparen kann damit am Ende jeder.
Kamera: Canon EOS 5D Mark III
Pro und Contra
Pro:
- extrem sparsam
- gutmütiges Fahrverhalten
- als FR gut ausgestattet
Contra:
VW Golf Variant, Opel Astra Sports Tourer, Peugeot 308 SW, Kia Ceed Sportswagon, Skoda Octavia Combi Hyundai i30 Kombi, Ford Focus Turnier, Toyota Corolla Touring Sports, Suzuki Swace, Renault Megane Grandtour, Fiat Tipo Kombi
Technische Daten: Seat Leon ST 1.5 TGI FR DSG
- Farbe: Magnetic Grau Metallic
- Fahrzeugklasse: Kompaktklasse Kombi
- Länge x Breite x Höhe (m): 4,64 x 1,80 (1,99 mit Außenspiegeln) x 1,44
- Radstand (mm): 2.684
- Antrieb: Reihenvierzylinder Ottomotor mit Turbolader und OPF
- Hybridart: –
- max. Leistung: 96 kW (130 PS) bei 5.000 rpm
- max. Drehmoment (Nm): 200 bei 1.400 bis 4.000 rpm
- Hubraum: 1.498 ccm
- Getriebe: 7-Stufen-Doppelkupplungsautomatik DSG
- Antriebsart: Vorderachse
- Durchschnittsverbrauch (WLTP): 4,0 kg/100 km
- Durchschnittsverbrauch (NewCarz): 3,8 kg/100 km
- CO2-Emissionen (Werksangabe): 111 g/km
- Abgasnorm: Euro 6d-ISC-FCM
- Höchstgeschwindigkeit: 203 km/h
- Beschleunigung von 0 auf 100 km/h (sec): 10,0
- Reichweite CNG gemessen (km): 442
- Wendekreis (m): 10,5
- Bodenfreiheit (mm): k.A.
- Kofferraumvolumen (l): 480 bis 1.460
- Leergewicht (kg): 1.463
- Zuladung (kg): 517
- Anhängelast ungebremst/gebremst (kg): –
- max. Stützlast (kg): –
- max. Dachlast (kg): 75
- Tankinhalt CNG (kg): 17,3
- Tankinhalt Benzin (l): 9
- Kraftstoffart: CNG und Benzin E5/E10 mind. 95 Oktan
- Neupreis des Testwagens: 38.280 Euro (Basispreis: 30.960 Euro)
Unser Chefredakteur erstellt seit 2015 schwerpunktmäßig Fahrberichte und testet alle Fahrzeuge akribisch – mit Liebe zum Detail – auf Herz und Nieren. Dabei entgeht ihm nichts. Seine Objektivität bewahrt er dabei kompromisslos. Robertos Spezialgebiete sind neben SUVs und Kombis die alternativen Antriebskonzepte. Sein Herz schlägt aber auch gern im V8-Takt.