Für rund 40 Euro sind wir mit dem Seat Mii Ecofuel rund 800 km gefahren und sind überzeugt, dass die Alternative, die viel mehr als eine solche ist, einen Imageboost verdient.
Unser Test-Kleinstwagen ist ein Seat Mii Chic 1.0 Ecofuel Start & Stop mit 68 PS Leistung. Im Fokus dieses Fahrberichts steht der Mii-Erdgasantrieb in all seinen Facetten: dem Tanken, der Fahrzeugleistung und dem Preis.
Apropos Preis: Der Seat Mii Ecofuel startet als Chic in der Basis bei 14.790 Euro und unser üppig ausgestattetes Testfahrzeug schlägt mit 18.339 Euro zu Buche. Dass sich die Anschaffung an der Zapfsäule wieder amortisiert, können wir an dieser Stelle bereits spoilern.
Ob die spanische Seat-DNA, gepaart mit einem alternativen Antriebskonzept auch im Kleinsten adäquat zur Geltung kommt, zeigt unser Fahrbericht. Let´s drive.
Design – Seat DNA im Mini-Format
Äußerlich zeigt sich der Kleinstwagen markanter als seine Modellgeschwister VW up! und Skoda Citigo. Zackig-kantig skizzierte Scheinwerfer und Heckleuchten würzen das Layout des City-Knirpses und verleihen eine Prise feurigen Temperaments. By the Way ist die Lichtanlage dank der Wahl des Licht- und Sichtpaketes mit einem LED-Tagfahrlicht samt Leaving-Home-Funktion aufgewertet worden.
Dieses ist in seiner Position auf Höhe der Nebelscheinwerfer unserer Ansicht nach etwas deplatziert. Als feingliedrige LED-Leiste innerhalb der Lichtanlage würde die so entstehende Signatur unsere Präferenz nach perfekter Sichtbarkeit und Erkennbarkeit besser erfüllen. Im Gegenzug muss angemerkt werden, dass die Dioden extrem hell und sehr gut sichtbar sind. Eine Lichtautomatik reagiert so feinfühlig wie ein Musiker, der sein Instrument stimmt und aktiviert bereits bei beginnender Dämmerung das Abblendlicht – sehr gut.
Unser Testkandidat fährt als Fünftürer vor, wobei diese lohnende Option mit 490 Euro zu Buche schlägt. In gediegener Zurückhaltung übt sich die stahlgraue Metallic-Lacknuance Tungsten Silber, welche für überschaubare 310 Euro den City Style-Look prägt. Der Lack harmoniert sehr gut mit dem „Chic“ betitelten, weißen Interieurdesign und der in „Diamond“-Weiß lackierten Armaturtafel. Abgerundet wird die Verbindung von außen und innen mittels eines optionalen, schwarzen Dachhimmels. Die dunkle Nuance zitiert schwarze Akzente der Spiegelkappen und der dynamisch designten 15-Zoll-Felgen „Enjoy II“.
Im Inneren herrschen vorne erfahrungsgemäß gute Platzverhältnisse, um selbst dem groß gewachsenen Kleinstwagenpiloten ein angenehmes Daily Business hinter dem Steuer zu offerieren. Hinten fühlen sich auch Erwachsene wohl, da die kantig, steile Grundform genügend Kopffreiheit offeriert. Letztere bedingt darüber hinaus eine optimale Rundumsicht und die optionale Wahl von getönten, hinteren Scheiben erhöht den Stylefaktor um ein vielfaches.
Leider gibt es vorne und hinten nur jeweils einen Getränkehalter, was wohl dem nur bedingt zur Verfügung stehenden Platz zuzuschreiben ist. Ein weiterer kleiner Kritikpunkt ist die fehlende Innenbeleuchtung für die Fondplätze, was wir auch bereits beim Seat Ibiza kritisieren mussten.
Der Kofferraum des kleinen Spaniers ist mit 213 Litern absolut citytauglich und bietet zwei Kisten Wasser ein Kurzzeithabitat. Die Rücksitzlehnen können asymmetrisch umgeklappt werden. Weiteres Feature ist die Climatronic mit elektronischer Temperaturregelung für 300 Euro Aufpreis, welche den Innenraum in den Hundstagen im Sommer 2018 verlässlich temperierte.
Motor und Fahreigenschaften des Seat Mii Ecofuel
Angetrieben wird der Seat Mii EcoFuel von einem 1.0-Liter großen Dreizylinder mit 68 Pferdestärken. Sein maximales Drehmoment beträgt immerhin 90 Newtonmeter. Auf dem Papier klingen diese Zahlen zunächst nicht unbedingt kraftvoll. Bedenkt man jedoch das Leergewicht von nur gut einer Tonne, so relativiert sich dieser Eindruck doch ein wenig. Zeit für eine erste Ausfahrt.
Beginnen wir mit dem präferierten Metier des kleinen Spaniers – der Stadt. Hier fühlt sich der rund 3,55 Meter kurze Flitzer am wohlsten und hat im Alltag zwischen Häuserschluchten die wohl besten Karten. Spontan Umdrehen? Die nächstbeste Einfahrt genügt für jede Kehrtwende. Parken? Ein kurzes, manuelles Absenken des Spiegels, ein Zug, ein zufriedenes Motorabstellen. Gleichgültig, ob enge Baustellen oder Parkhäuser, in denen selbst ein aktueller Mittelklassewagen um seine Felgen fürchten muss – den Mii-Fahrer kümmert all dies nicht. Ein Mii ist als Teil des Zwergenkollektivs mit Up! und Citygo von jeher ein Sorglos-Garant für urbane Spielfelder.
Auf der Landstraße angekommen, beschleunigen wir den Mii auf die zulässigen 100 km/h. Auf dem Papier geschieht das aus dem Stand in 16,3 Sekunden. Rein subjektiv spurtet der Kleine das Programm bedeutend schneller ab, sofern man den kleinen Sauger hoch ausdrehen lässt. Insbesondere bei Überholmanövern empfiehlt es sich zurückzuschalten, um die Leistung über die Drehzahl abzurufen.
Beim Cruisen übt sich das Fahrzeug mit einer sehr angenehmen Zurückhaltung. Keine bösen Überraschungen, kein Turbopunch und von Allüren keine Spur. Contenance im Kleinstformat. Dies macht den sympathischen Charakter des Mii aus. Übrigens: Bei landstraßenkonformen 100 km/h liegen im fünften Gang rund 2.900 Umdrehungen an, wohingegen bei 130 km/h bereits 4.000 anliegen.
Die Autobahn ist auch mit rund 70 PS frustfrei zu bewältigen, wobei man sich auf einen soliden Vortrieb bis ungefähr 140 km/h verlassen kann. Dabei zeigt sich der Seat Mii Ecofuel insgesamt akzeptabel stabil, präzise in der Lenkung und ziemlich windunanfällig.
Kontrolliert bis bissig verzögern die Bremsen den Mii, ohne Anzeichen von Fading zu offenbaren. Bis zur Höchstgeschwindigkeit von 164 km/h wird das Vorankommen sehr bemüht, sodass wir uns immer für das Mitschwimmen mit Richtgeschwindigkeit entscheiden. Wir genießen dabei den Blick auf die Tanknadeln und erfreuen uns an einem solch sparsamen Langstrecken-Kumpan in Zeiten von horrend hohen Kraftstoffpreisen.
Die nächste CNG-Tankstelle ist direkt an der Autobahn – wir fahren ab.
The easy Way – Der Erdgasbetrieb und die Betankung
Die Maxime des Erdgas-Mii scheint zu lauten: „Nur so viel wie nötig, niemals mehr!“ In der Praxis konsumiert der Seat in der Tat nahezu homöopathische Dosen an Treibstoff – aber von vorne.
Zuallererst ist eine Erdgas-Tankstellen-App für iOS und Android unsere wichtigste Empfehlung, wenn es darum geht, eine größere Reise anzutreten. So gewappnet kann man an fast 900 Erdgastankstellen deutschlandweit tanken. CNG-Tankstellen sind deutlich seltener als die geläufigeren LPG-Autogas-Tankstellen und auch der Tankvorgang unterscheidet sich. Sowohl Benzin als auch Erdgas werden mit den beiden Tankstutzen befüllt, welche sich direkt nebeneinander befinden.
Die Tankklappe wird geöffnet, der Schutz abgezogen und die Tankvorrichtung angebracht. Alte Modelle müssen per Hebel arretiert werden, was leider ein wenig umständlich ist. Moderne Anlagen offerieren eine Standard-Tankvorrichtung mit Haltegriff, wie man sie kennt. Diese garantieren für saubere Hände ohne Dieseldunst und für ein Anbringen ohne Druck- und Kraftaufwendung.
Einmal angesetzt und betätigt, entsteht sofort ohne Zutuen ein Unterdruck. Nun kann man einen Startknopf drücken und warten. Innerhalb von Sekunden ist der Tankvorgang erledigt und mittels Lösen des Griffes löst sich die Vorrichtung. Was man von LPG-Tankvorgängen nachgerüsteter Autos kennt, fällt bei CNG alles weg: Kein Adapter, kein schlagartig austretendes Gas beim Lösen, kein Schrauben, Schleppen schwerer Vorrichtungen und massiver Kabel, kein dauerhaftes Drücken eines Knopfes. Kurzum: sehr bequem und komfortabel.
Der Seat Mii Ecofuel verfügt über zwei Tanks, wobei die CNG-Reichweite rund 300 km und die Reichweite mit Benzinantrieb 170 km beträgt. Einen CNG-Tank, welcher das Erdgas fasst und einen 10-Liter-Tank für handelsübliches Benzin. Bei normaler Fahrt bedient sich der CNG-Mii immer zunächst nur der Erdgas-Vorräte.
Gehen diese zur Neige, wird automatisch auf Benzinbetrieb umgeschaltet. Aus Effizienzgründen ist daher der CNG-Tank bedeutend größer als der Speicherplatz für Superbenzin. Letzterer stellt quasi eine Art Reserve dar und kann vor allem immer dann genutzt werden, wenn aktuell gerade keine CNG-Tankstelle in der Nähe ist. Somit ist trotz der derzeit noch etwas suboptimalen Erdgas-Infrastruktur ständige Mobilität gewährleistet.
Darüber hinaus ist der Erdgasbetrieb für Fahrer und Passagiere nicht spürbar. Seat sieht die CNG-Technologie als einen möglichen Schlüssel zur Senkung der CO2-Emissionen, denn mit Erdgas werden nach Herstellerangabe 85 Prozent weniger Stickoxid und 25 Prozent weniger CO2 ausgestoßen. Dass man für eine Tankfüllung maximal rund 15 Euro bezahlt und dann entsprechend bei optimalen Bedingungen rund 300 Kilometer absolvieren kann, spricht definitiv für die Investition in CNG.
Zu guter Letzt: In Anbetracht der Tatsache, dass 2017 der Absatz von Erdgas-Fahrzeugen um 18 Prozent anstieg, ist der Ausbau der Infrastruktur nur noch eine Frage der Zeit.
Technik und Assistenz – Smartphone on top
Dreh- und Angelpunkt der Infotainmentzentrale ist der kleine, intuitiv zu bedienende Farbbildschirm des Seat Mii Ecofuel, über welchen die meisten Menüpunkte angewählt werden. Kleiner Lifestyle-Clou: Der Nutzer kann hier verschiedene Farben für die Hintergrundbeleuchtung wählen. Zur Verfügung stehen Fashion Purple, Pech Blue, Sunset Orange, Sky Blue, Eco Green, Apple Green, Calm Yellow und Intense Red.
Eine Geschwindigkeitsregelanlage und eine sehr nützliche und präzise Ultraschall-Einparkhilfe für hinten sind Teil des Serienportfolios. Als kleine Highlights fungiert die optionale Sitzheizung für 235 Euro und DAB-Radio für 190 Euro. Die zweistufige Sitzheizung hat mit dem Stoffbezug der Sitze leichtes Spiel und erwärmt angenehm gleichmäßig Sitzfläche und -lehne.
Wir nutzten primär die You & Mii-Smartphone-Integration samt Mii-App. Der You & Mii-Smartphone-Adapter kostet 110 Euro, wobei bereits die Serienausstattung einen USB-Anschluss, AUX-In und 4 Lautsprecher umfasst. Wer gerne voll vernetzt ist, kann sich die DriveMii App kostenlos runterladen – Ein baugleiches Pendant zur App VW maps + more, deren Test alle relevanten Vor-und Nachteile aufdeckt.
Auffällig ist, dass der Preis des Docks mit 110 Euro deutlich unter dem von VW liegt. Letzteres fuhr, im Gegensatz zum Dock des Mii, seine untere Halteeinrichtung vollständig aus – im Mii klemmte diese Funktion, sodass hier eine Nachbesserung beziehungsweise Reparatur vonnöten gewesen wäre, wenn das kleine Smartphone nicht gerade so hineingepasst hätte.
Wir nutzten ein iPhone SE und die Amazon Music App, um unsere Reise zu untermalen, was im Großen und Ganzen zufriedenstellend funktionierte. Einziges, bereits vielfach bekanntes Manko: Gleichzeitiges Laden und Streamen via MusikApp funktioniert nicht im Sinne eines Apple Carplay-Prinzips, sodass man beim Aufladen des Handys nur das Radio nutzen kann.
Anfangs funktionierte die Mii-App nicht und musste neu installiert werden. Beim zweiten Anlauf lief alles einwandfrei und flüssig. Die Navigation ist detailreich in der Abbildung, offeriert eine recht präzise Verkehrszeichenanzeige und navigiert mitsamt Zoomfunktion eindeutig. Mitunter könnte sie aber beim Herauszoomen zu überladen wirken.
Die Mii-App präsentiert relevante Infos wie die Motortemperatur, die Drehzahl und unseren Durchschnittsverbrauch von 3.4 Litern Erdgas auf 100 Kilometern, wobei auch die Restreichweite mit der Angabe im Cockpit übereinstimmt.
Das Soundsystem im Seat Mii Ecofuel sollte für den täglichen Gebrauch allemal ausreichen. Die Bässe werden erst bei hohen Lautstärken etwas verzerrt, die Höhen haben hier einen höheren Grenzbereich. Wer gerne laut Musik hört, dem sei ein Blick auf das optionale Beats Soundsystem angeraten, dass in der Lage ist, die Sitze auch noch um eine Bass-Massagefunktion zu erweitern, wie wir es im VW Up! GTI erleben durften.
Fazit – Niño de las ciudades
Der Seat Mii Ecofuel präsentierte sich uns als gelungenes, sparsames City-Mobil mit nicht zu verachtendem Sympathiefaktor. Seinem gutmütigen Wesen und seinem ehrlichen, bodenständigen Antrieb geschuldet, eignet sich der kleine Spanier gleichermaßen für Jung und Alt, für Fahranfänger und Wiedereinsteiger.
Wer in der Stadt auf ein Auto nicht verzichten, aber dessen Unterhaltskosten so gering wie möglich halten möchte, sollte sich den Seat Mii Ecofuel genauer anschauen. Der CNG-Antrieb ist nicht nur extrem sparsam, sondern auch zukunftsweisend und eine echte Alternative zu Hybridfahrzeugen.
Als einzigen Kritikpunkt haben wir den recht hohen Anschaffungspreis im Bordbuch vermerkt, der sich jedoch in Anbetracht der geringen Unterhalts- und Wartungskosten nach einiger Zeit amortisieren sollte. Wem die mindestens 14.790 Euro für den Erdgas-Mii dennoch zu viel sind, der bekommt den Mii mit konventionellem Benzinantrieb bereits ab 11.290 Euro.
Text/ Bilder: NewCarz
Kamera: Canon EOS 6D
Skoda Citygo, VW Up!, Mitsubishi Spacestar, Kia Picanto, Ford Ka, Renault Twingo, Citroen C1
Technische Daten Seat Mii Chic 1.0 Ecofuel Start & Stop
Länge x Breite x Höhe (m): 3,55 x 1,64 x 1,47
Motor: Reihen-Dreizylindermotor
Leistung: 50 kW ( 68 PS)
Hubraum: 999 ccm
Max. Drehmoment: 90 Nm bei 3.000 rpm
Getriebe: manuelles Fünfgang-Schaltgetriebe
Antrieb: Frontantrieb
Durchschnittsverbrauch: 2.9 L/100 km
CO2-Emissionen (Herstellerangabe): 82 g/km
Abgasnorm: Euro 6
Höchstgeschwindigkeit: 164 km/h
Beschleunigung von 0 auf 100 km/h: 16.3 Sekunden
Leergewicht: 1029 kg
Laderaumvolumen: 213 Liter ( 913 Liter bei umgeklappten Rückenlehnen)
Erdgastank: 11 kg
Kraftstofftank: 10 Liter
Neupreis des Testwagens in der Basisausstattung als Chic: 14.790 Euro
Neupreis des Testwagens inklusive Sonderausstattung 18.339 Euro
Guter Bericht. Danke! Ergänzung: Der Aufpreis vom Mii EcoFuel zum vergleichbaren Benziner liegt bei 1.900 €. Im ADAC Autokosten-(TCO) Rechner bei einer Haltedauer von 5 Jahren ist der CNGler bei einer jährlichen Laufleistung von 10.000 km, 15.000 km, 20.000 km und 30.000 km IMMER günstiger als der Benziner. Somit auch für Wenig-Km-Fahrer ab 10.000 km sehr interessant.