Der Skoda Enyaq iV ist das erste vollelektrische Auto der böhmischen Automobilmarke und praktisch fast noch ofenfrisch.
Das E-Auto, welches seine technische Basis mit dem VW ID.4 teilt, wird seit rund einem Jahr ausgeliefert und erobert seither vollelektrisch angetrieben die hiesigen Straßen.
Für diesen Fahrbericht fuhren wir den Skoda Enyaq iV mit der größten Batterie – die aktuell einzig verfügbare Variante des E-Autos. Diese Version wird 80x genannt – der Name wird von der Batteriekapazität abgeleitet, die hier 82 Kilowattstunden beträgt.
- Der Enyaq iV von Außen
- Innenraum und Gepäckabteil
- Antrieb und Fahreigenschaften
- Verbrauch, Aufladen, Reichweite
- Ausstattung, Komfort, Sicherheit
- Varianten und Preise
- Fazit
- Pro & Contra
- Technische Daten
Der Skoda Enyaq iV von außen – Der eloquente Separatist
Optisch ist der Enyaq von außen eine Erscheinung, die sich nicht sofort einsortieren lassen möchte. Er scheint seine Gene irgendwo zwischen SUV und Van positioniert zu haben, wobei auch eine klitzekleine Nuance Coupé mitschwingt. Also handelt es sich eher um einen Crossover als eine eindeutige Fahrzeugklasse.
Von vorn betrachtet, gibt’s eine bullige und ernst dreinblickende Front, die mit einem schwarzen und dabei stets geschlossenen Grill – dieser ist hier dank des vollelektrischen Antriebs nur eine Attrappe – und weiteren schwarzen Applikationen daherkommt. Als Sportline verschönern diese serienmäßig das Außenkleid des Skoda.
Die vertikalen Lamellen werden dabei illuminiert, was bei Skoda „Crystal Face“ genannt wird und dem Enyaq besonders bei Dunkelheit eine besondere Note verleiht. Weniger schön ist die Tatsache, dass der Kunststoff des Grills sehr kratzempfindlich ist und wir nicht wissen möchten, wie dieser nach einem Jahr im Alltag aussehen soll.
Die Seitenansicht lässt dann doch recht schnell die Markenzugehörigkeit erkennen. Ein bisschen Kodiaq und ein bisschen Octavia zeigen sich im hinteren Drittel – hier hat Skoda definitiv Wert auf eine gewisse Form der CI-Konformität gelegt. Schwarze Felgen und ein schwarz umrahmtes Greenhouse sind ebenfalls Bestandteile der Sportline. Der Enyaq ist sieben Zentimeter länger als ein ID.4. Hat man diesen Tschechen direkt vor den Augen, wirkt er sogar noch länger.
Am Heck zeigt sich wieder mehr Van, beispielsweise in Form einer riesigen Heckklappe. Auf dieser steht in dicken Lettern der Markenname sowie die Hinweise auf Modell und Antrieb – diese sind hier wie auch weitere Elemente in Schwarz gehalten. Sie kontrastieren besonders gut mit der Metalliclackierung in Velvet-Rot, die wir bereits am neuen Fabia für gut befunden haben.
Der Innenraum – Typisch Skoda und doch anders
Bevor wir zu den Details kommen, gleich zu Beginn ein Wort zum Platzangebot. Hier ist der Enyaq zu 100 Prozent Skoda, was heißen will, dass Platz bei keinem der Modelle aus Tschechien Mangelware ist. So auch bei diesem Modell, bei dem es sich eindeutig um einen vollwertigen Fünfsitzer handelt.
Selbst im Fond herrschen nämlich nahezu fürstliche Platzverhältnisse und wenn man es nicht besser wüsste, könnte man meinen, die Rückbank ist auch zum Nächtigen konzipiert worden. Zumindest könnte man diese problemlos dafür nutzen. Immerhin liefert Skoda auf Wunsch gleich Kissen und Decken mit.
Der Kofferraum ist trotz des opulent ausfallenden Passagierraums alles andere als klein. Mindestens 585 Liter lassen sich verstauen und über 1.700 Liter als Maximum bei umgeklappten Rückenlehnen sind sogar baumarktfreundlich. Simply clever: Die Tasche für das Typ-2-Ladekabel passt genau in die Nische auf der linken Seite des Kofferraums.
Im Detail sind wir im Fall des Enyaq dann teilweise geteilter Meinung. Zwar ist die Verarbeitung überall tadellos und auch die Materialauswahl zeigt sich als anspruchsvoll und wertig. Allerdings ist das kleine Cockpit definitiv Gewöhnungssache und auch der Verzicht auf jede Menge physische Bedienelemente ist nicht immer von Vorteil – vor allem, was die Bedienung während der Fahrt anbelangt.
Im Gegenzug gibt es mit 13 Zoll Diagonale einen Zentralbildschirm, der bereits Laptop-Dimensionen vorweist, sehr gut ablesbar ist und die Bedienung per Touchbefehle zulässt. Noch besser finden wir das grandiose Head-up Display mit seinen zusätzlichen dreidimensionalen Anzeigen, die augenscheinlich noch ein Stückchen vor den klassischen Infos eingeblendet werden. Dazu später mehr.
Das Lenkrad zeigt sich Skoda-typisch im Design und bleibt auch haptisch auf hohem Niveau. Diverse Ablagen bieten viel Platz. Wer zum Beispiel große Flaschen mitführt, kann diese in die Türablagen verfrachten, die locker auch 1,5-Liter-Flaschen aufnehmen.
Antrieb und Fahreigenschaften – Auf Komfort getrimmt
Dank zwei E-Motoren – je Achse einen – gibt es beim Skoda Enyaq 80X einen elektrischen Allradantrieb, der auch als solcher überzeugt. Traktionsverluste gab es im Test keine. Diese sind auch nur sehr schwer zu provozieren – hier hat man den Fokus eindeutig auf Sicherheit gelegt und die ausgeklügelte Elektronik hat die Kraftverteilung bestens im Griff.
Die 265 PS Systemleistung fühlen sich kraftvoll an, der Enyaq beschleunigt die Masse sofort souverän und von Anbeginn mit Nachdruck. Dies funktioniert mit nur leicht abnehmender Tendenz, bis Tempo 160. Wer mehr möchte, muss auf die RS-Version setzen, die erst ab 180 km/h abgeregelt wird. Bei diesem Modell hier wird man trotz oftmals mehr Leistung am Ende von jedem Volvo überholt.
Das Fahrverhalten als solches ähnelt dem des VW ID.5. Es ist gutmütig und berechenbar, was auch für den Grenzbereich gilt. Kurzum lässt sich der Tscheche sehr einfach ums Eck bewegen. Das Fahrwerk wurde ausgewogen abgestimmt und trotz Sportline kommt der Komfortlevel keineswegs zu kurz. Das hohe Gewicht wird dank der im Fahrzeugboden platzierten Batterie bestmöglich kaschiert.
Die Lenkung erwies sich als sehr direkt und vermittelte ausreichend Feedback über die Fahrbahnbeschaffenheit. Die Bremsanlage hatte das immerhin knapp 2,2 Tonnen schwere Gefährt jederzeit im Griff. An der Hinterachse waren statt Scheiben Trommelbremsen verbaut, was in Anbetracht der maximalen Geschwindigkeit von 160 km/h auch ausreicht.
Besonders hervorzuheben ist der nicht spürbare Wechsel zwischen Bremsen und Rekuperieren, was den Ingenieuren wirklich gut gelungen ist. Obendrein lässt sich die Rekuperationsstärke einstellen. In der Stufe „Automatik“ passt sie sich den jeweiligen Gegebenheiten an und berücksichtigt beispielsweise Geschwindigkeitsbegrenzungen proaktiv.
Verbrauch, Aufladen, Reichweite
Der Verbrauch des Skoda Enyaq iV ist stark abhängig von der Fahrweise. Auf der Autobahn bei Dauervollgas war der Akku nach 227 Kilometern von 99 auf 2 Prozent geleert. Dies entspricht einem Verbrauch von knapp 33 kWh auf 100 Kilometer.
Anders verlief es im Drittelmix, wobei wir das Drittel Autobahn mit maximal 120 km/h fuhren. Hierbei blieb es insgesamt bei 20,8 kWh pro 100 Kilometer. Die Sparrunde absolvierte der vollelektrische Enyaq mit 15,6 kWh auf hochgerechnet 100 Kilometer. Die Außentemperatur betrug bei der Vollgasfahrt 15 Grad Celsius, während der anderen beiden Verbrauchstests 24 Grad Celsius, weshalb die Klimaanlage gut mitmachen musste und als hauptsächlicher Nebenverbraucher die Reichweite sicherlich auch um einige Kilometer schmälerte.
Bei der Batterie wird Skoda wiederholt dem „Simply Clever“-Slogan gerecht. Denn diese besteht aus zwölf einzelnen Modulen, die im Falle von Fehlern oder Defekten beim Servicehändler auch einzeln ausgetauscht werden können. Von den 82 Kilowattstunden brutto bleiben 77 als nutzbare Kapazität übrig. Nochmals simply clever: Skoda gibt übrigens acht Jahre Garantie auf den Akku.
Das Aufladen erfolgt über den CCS-Anschluss vorzugsweise an einer DC-Schnellladesäule. Der Enyaq kann bis zu 135 kW Ladestrom vertragen. Erwischt man eine Ladesäule, an der es mit maximaler Power funktioniert, ist der Akku von zehn Prozent bis auf 80 Prozent in gut einer halben Stunde geladen.
Während unseres Tests gab es Probleme an manchen Ladesäulen, die leider nicht die versprochene Maximalleistung von 160 kW bereitstellen konnten und wir nur mit maximal 60 kW laden konnten. In dem Fall dauert beispielsweise ein Aufladen von 32 Prozent auf 100 Prozent rund 1,5 Stunden.
Wer per Typ-2-Kabel an der 11-kW-AC-Wallbox nachtankt, benötigt knapp acht Stunden, um den Akku komplett aufzuladen. Hier sollte man unbedingt die Blockiergebühr berücksichtigen, die viele Anbieter an ihren öffentlichen Ladestationen nach vier Stunden ununterbrochener Ladezeit erheben.
Die Reichweite betrug 369 Kilometer mit einer Akkufüllung und nur einem kleinen Stück Autobahn, auf der wir nicht schneller als 120 km/h fuhren. Erstaunlich: Das entsprach haargenau der vom System angegebenen Reichweite bei vollem Akku.
Wer permanent mit Bleifuß auf der Autobahn unterwegs ist, kommt maximal 230 Kilometer weit. Behutsamer Umgang mit dem Gaspedal und gleichzeitiges Auslassen von Autobahn und Schnellstraßen ermöglicht dagegen durchaus Reichweiten von bis zu 500 Kilometern und leicht darüber.
Ausstattung, Komfort, Technik
Unser Test-Protagonist offenbarte während unseres Tests einige sehr interessante Annehmlichkeiten, zu denen nicht nur, aber dennoch unbedingt erwähnenswerte, weil sehr gute Matrix-LED-Scheinwerfer gehören. In puncto Reichweite und Homogenität gibt es hier keine Beanstandungen. Noch überzeugender war allerdings die blitzschnelle und überaus zuverlässig arbeitende Ausblendfunktion anderer Verkehrsteilnehmer.
Noch spannender erwies sich das Head-up Display, welches mit Augmented Reality als Bonus aufwartete. So erschienen bei unbeabsichtigtem Verlassen der Fahrspur im Blickfeld plötzlich orangegelbe Schlangen, die sich um die Fahrbahnmarkierungen schlängelten, um zu zeigen, wo der genaue Verlauf der Fahrbahn zu finden ist.
Außerdem zeigt diese AR bei aktivierter Routenführung jeden Abbiegevorgang per Pfeile exakt an der Stelle an, wo es passieren soll. Am Ziel angekommen, erscheint dann die Zielflagge und ein Hinweis, auf welcher Seite sich das Ziel befindet. Diese AR-Symbole werden dreidimensional so positioniert, dass sie weit vor den eigentlichen Anzeigen auftauchen – sehr gut gemacht.
Das Infotainment ist durchdacht, bootet aber überdurchschnittlich lange und birgt durch seine komplexe und vereinzelt verwirrende Menüführung – aus manchen Untermenüs gibt es kein Zurück-Befehl – die Gefahr der Ablenkung, wenn man diese während der Fahrt bedienen möchte. Hier wird dringend empfohlen, sich vorab genauestens mit dem Bedienkonzept vertraut zu machen.
Die Klimaautomatik arbeitet bestens, solange man nicht im Eco-Modus fährt. Denn ist dieser aktiv, wird zugunsten der Reichweitenmaximierung die Klimatisierung stark beschnitten und die Heiz- und Kühlleistung ist gelinde gesagt unterirdisch. Sehr gute Sitz- und Lenkradheizungen, die zügig und dauerhaft heizen, ergänzen das Klimatisierungsportfolio aus diesem Grund sinnvoll. Auf Wunsch werden sogar hinten die äußeren Sitze beheizt.
Die hochauflösende 360-Grad-Kamera sichert die Rundumsicht um das heilige Blechle ab und die 950 Euro für das große und zu öffnende Panorama-Glasdach sind eine Empfehlung für alle, die lichtgeflutete Innenräume mögen. Positiv aufgefallen ist außerdem die extrem leise, elektrisch betätigte Heckklappe.
Varianten und Preise des Skoda Enyaq iV
Ab 44.750 Euro fängt der Spaß mit dem Skoda Enyaq iV 80 an, der mit Heckantrieb und 204 PS den Einstieg in die vollelektrische Skoda-Welt darstellt. Der hier gefahrene iV 80x mit 265 PS und Allradantrieb wird aktuell nicht angeboten, steht aber zu einem Preis ab 50.650 Euro in der Liste.
Ganz neu im Portfolio ist der Skoda Enyaq Coupe iV RS, der ab 57.700 Euro angeboten wird und mit 300 PS plus Allrad sowie sportiver Note a la RS ein dynamisches SUV-Coupé darstellt.
Fazit – Effizienter und komfortabler E-Crossover
Der Skoda Enyaq 80x erwies sich im Test als vernünftiger Stromer mit anständiger Reichweite und einem preislich fairen Gesamtpaket. Er ist cleverer als sein Konzernbruder ID.4 und bietet zudem mehr Platz bei einem günstigeren Preis.
Ab reichlich 50.000 Euro vor Prämienabzug eignet er sich für eine recht breite Zielgruppe. Von der Vorstadtfamilie bis zum Geschäftsreisenden mit E-Faible gibt es kaum jemanden, der mit dem Enyaq nichts anfangen kann. Lediglich die sportlichen Ambitionen halten sich arg in Grenzen. Hier dürfte dann das Enyaq Coupé RS die noch fehlenden Nischen erschließen.
Wer seinen Fokus eher auf Sparsamkeit und Komfort sowie eine gute Portion Gelassenheit legt und obendrein einen hohen Platzbedarf benötigt, ist mit dem Skoda Enyaq iV 80x sehr gut bedient.
Kamera: Canon EOS 5D Mark III
Pro und Contra
Pro:
- großzügige Platzverhältnisse
- innovative Technologien
- komfortables Fahrwerk
- kräftiger Antrieb
- adäquate Reichweite
Contra:
Technische Daten: Skoda Enyaq iV 80x Sportline
- Farbe: Velvet-Rot Premium Metallic
- Fahrzeugklasse: Mittelklasse SUV/Kombilimousine
- Länge x Breite x Höhe (m): 4,65 x 1,88 (2,15 mit Außenspiegel) x 1,62
- Radstand (mm): 2.765
- Antrieb: 2 E-Motoren
- Hybridart: –
- max. Leistung: 195 kW (265 PS)
- max. Drehmoment (Nm): 425
- Hubraum: –
- Getriebe: 1-Gang-Automatik
- Antriebsart: Allrad (pro Achse ein E-Motor)
- Durchschnittsverbrauch (WLTP): 17,0 kWh/100 km
- Durchschnittsverbrauch (NewCarz): 20,8 kWh/100 km
- CO2-Emissionen (Werksangabe): 0 g/km
- Schadstoffklasse: Elektroauto
- Höchstgeschwindigkeit: 160 km/h (elektronisch begrenzt)
- Beschleunigung von 0 auf 100 km/h (sec): 6,9
- Reichweite Werksangabe/gemessen (km): 510/369
- Batterie Kapazität brutto/netto (kW): 82/77
- Ladeanschluss: CCS und Typ 2
- Ladezeiten bis 80 % DC max 135 kW/ bis 100 % AC max. 11 kW (min): 35/450
- Wendekreis (m): 10,8
- max. Bodenfreiheit (mm): 187
- Böschungswinkel vorn/hinten: 15,4°/16,7°
- Kofferraumvolumen (l): 585 bis 1.710
- Leergewicht (kg): 2.195
- Zuladung (kg): 555
- Anhängelast ungebremst/gebremst (kg): 750/1.200
- max. Stützlast (kg): 75
- max. Dachlast (kg): 75
- Kraftstoffart: elektrische Energie
- Neupreis des Testwagens: 64.149 Euro (Basispreis 80x: 50.650 Euro)
Unser Chefredakteur erstellt seit 2015 schwerpunktmäßig Fahrberichte und testet alle Fahrzeuge akribisch – mit Liebe zum Detail – auf Herz und Nieren. Dabei entgeht ihm nichts. Seine Objektivität bewahrt er dabei kompromisslos. Robertos Spezialgebiete sind neben SUVs und Kombis die alternativen Antriebskonzepte. Sein Herz schlägt aber auch gern im V8-Takt.