Die sechste Generation des VW Polo GTI verkörpert wie auch seine Vorgänger die Kraft der drei Buchstaben, die im Volkswagenkonzern seit Anbeginn für sportliches Fahren stehen.
Seit 2017 in aktueller Baureihe auf dem Markt, haben wir uns hinter das Steuer des performanten Kleinwagens gesetzt und ihn ausgiebig auf Herz und Nieren sowie auf seine Power getestet. Der Fahrbericht.
- Exterieur
- Interieur
- Motor und Fahreigenschaften
- Ausstattung, Komfort, Sicherheit
- Varianten und Preise
- Fazit
- Technische Daten
Exterieur – Von einem der auszog…
…um neben dem Fürchten auch das Erwachsenwerden zu lernen – So könnte man die aktuelle Evolutionsstufe des Polos beschreiben. Denn mit seinen Abmessungen stellt er selbst einen Golf 3 in den Schatten und genau das fällt auch auf.
Von vorne wird der kleine GTI nicht selten mit einem Golf verwechselt und vor allem in den Rückspiegeln der Vorausfahrenden scheint dies entsprechende Wegbereitungsambitionen zu wecken. Überholprestige hat er nämlich nicht weniger, als sein größerer Bruder.
Vor allem die spezielle Lichtsignatur mit ihrem „Framing“-Charakter lässt den Polo GTI so richtig grimmig dreinschauen, was ihm jede Menge Respekt beschert. Das rote GTI-Emblem kündigt zusätzlich die nahende Rennorgel an.
An der Ampel verheißen dem seitlich positionierten Verkehrsteilnehmer zusätzlich die an den vorderen Kotflügeln angebrachten GTI-Plaketten und bildschöne 17-Zoll- Leichtmetallräder die Potenz des Kleinen und natürlich bleibt der Sportler auch am Heck diese Art der Modellverkündung nicht schuldig. Ein Doppelendrohr unterstreicht hier zusätzlich das Potenzial des Wolfsburgers.
Mehr ist es nicht und mehr ist auch nicht notwendig, denn allein das GTI-Emblem ringsum weiß die konkurrierende Zunft bestens über die bestehenden Druckmittel des Kleinwagens zu informieren.
Interieur – Trautes Heim…
…Glück nicht nur allein, sondern auch ein Quantum Nostalgie findet sich im Innenraum des Polo GTI. Denn die Karomuster auf den bequemen und absolut langstreckentauglichen Sportsitzen sind eine klare Hommage an die Urahnen der Wolfsburger Sportriege und sehen zudem auch heute noch todschick aus.
Neben besagtem Sitzkomfort haben die Wolfsburger allerdings nicht vergessen, für genügend Seitenhalt und Beinauflage zu sorgen. All dies gibt es vor allem auf den beiden Vordersitzen zur Genüge.
Im Übrigen schaffen die typischen Bedien- und Materialkonzepte des Volkswagenkonzerns auf Anhieb Vertrautheit und irgendwie auch das Gefühl, zu Hause angekommen zu sein. Klappern, Knistern oder Knarzen kann man hier getrost aus seinem Wortschatz streichen. Alles passt, nirgends gibt es Verarbeitungsdefizite zu finden.
Die Platzverhältnisse gehen für dieses Fahrzeugsegment absolut in Ordnung und 305 Liter Kofferraum, der auf bis zu 1.079 Liter erweitert werden kann, sind für einen Kleinwagen alles andere als gering zu bemessen.
Motor und Fahreigenschaften – Golf in Konfektionsgröße M
Kommen wir gleich zu Beginn zum neuen Herzen des VW Polo GTI, denn anders als im Vorgänger mit 1.8-Liter-Antrieb, schlägt hier erstmals ein 2.0-Liter Benziner im Viertakt. Dank Abgasturbolader leistet der TSI hier 200 PS und stemmt ein maximales Drehmoment von 320 Newtonmetern zum Getriebestrang. Diese sind bereits ab 1.500 Umdrehungen pro Minute verfügbar, was man eindrucksvoll an der Leistungsentwicklung spürt.
Der Kleine hängt gierig am Gas und lässt per Gasbefehl einen gehörigen Vortrieb erwecken. Das knackige Handschaltgetriebe passt dabei exzellent zu diesem Motor und fördert kiloweise zusätzlichen Fahrspaß bei jedem Gangwechsel.
Neben einer sehr feinfühligen Lenkung, welche mit perfektem Rückstellmoment und sauberem Feedbackverhalten eine Extraportion Sicherheit vermittelt, zeigt sich das Federungsverhalten straff und sportlich. Ein enormer Vorteil stellt das serienmäßige Sperrdifferenzial XDS dar, was zum einen die immerzu günstigste Kraftverteilung auf beide Räder der Vorderachse sichert und dadurch zum anderen etwaige Antriebsübertragungen in das Lenkverhalten ausgezeichnet unterbinden kann.
Das straffe Federungskonzept wird beim Wechsel in den Sportmodus nochmals forciert und spätestens jetzt kann man in diesem GTI von echter Härte sprechen. Bereits bei leichten Verwerfungen der Fahrbahn stakst der Wolfsburger nun störrisch darüber – bleibt dabei allerdings akribisch auf Kurs. Untermalt wird dies alles von einem kernigen Sound, der bis zum roten Bereich das Szenario mit satt klingender und sportlicher Akustik untermalt.
Das Fahrverhalten zeigte sich überaus unkompliziert, neutral, ja nahezu narrensicher. Im vergleichbaren Segment fällt uns da zuallererst der Fiesta ST mit identischer Leistung ein, der in seinen Fahreigenschaften überall eine Spur dramatischer wirkt, noch bissiger und böser. Außer wenn es schneller als ungefähr 180 km/h werden soll, zeigt sich der Polo klar im Vorteil, wirkt spürbar handlicher und beeindruckt hier mit besserem Geradeauslauf und insgesamt deutlich satterer Straßenlage.
Nur im absoluten Grenzbereich beginnt der VW Polo GTI untersteuernd über die Vorderachse zu schieben. Auch bei Geschwindigkeiten jenseits der 220 km/h – in diesem GTI kein Problem – wird der Kleinwagen manchmal hibbelig, was vor allem bei Windböen und leichten Unebenheiten auf der Strecke passieren kann.
In dem Fall muss man sich voll auf den Polo konzentrieren, was aber dem Fahrspaß nur marginal Abbruch tut. Zumindest teilweise abträglich ist dagegen das Fahrverhalten bei abrupten Bremsmanövern aus hohen Geschwindigkeiten. Denn wenn man aus Tempo 200 und mehr den Anker wirft, taucht die Front des Polos unerwartet stark ein und das nun entlastete Heck verleitet den Giftzwerg mitunter zum Schwänzeln mit Selbigem.
Die ansonsten hervorragend dosierbaren Bremsen mit ihrem exakt bestimmbaren Druckpunkt und einer stoischen Zuverlässigkeit gesegnet, standen ansonsten immer absolut souverän zu ihrer Verantwortung. Bevor die Zangen sich erbarmungslos um die Scheiben klammern legt der Polo einen Sprint aus dem Stand bis Tempo 100 in 6,7 Sekunden hin. Das Maximum an Speed ist bei 240 km/h erreicht – der Tacho zeigt hier 245 km/h.
Bei all dem Enthusiasmus mithilfe zweihundert Pferdestärken waren wir natürlich auf die Verbrauchswerte gespannt. Und hier überraschte der VW Polo GTI mit einem Facettenreichtum, der so nicht erwartet wurde. Denn neben dem Drittelmix von 8,1 Litern, bei denen wir den GTI auch nicht selten artgerecht bewegten, konsumierte der Wolfsburger bei durchgängiger Volllast bis zu knapp 14 Litern. Dies funktioniert aber nur, wenn man wirklich – und wir meinen wirklich – durchgehend Vollgas fährt.
Da dies fast nirgendwo mehr dauerhaft möglich ist, hatten wir einen reellen Durchschnitt bei extrem sportlicher Fahrweise über die Autobahn – inklusive Baustellen und einiger Abschnitte mit Geschwindigkeitsbeschränkungen – von 9,2 Litern. Und jetzt kommt es noch dicker: Wer den Eco-Modus aktiviert und das Gaspedal so liebkost, wie ein Kind sein Lieblingsplüschtier, dann bleibt der Verbrauch sogar ganz knapp unter sechs Litern auf 100 Kilometer. Es kommt eben auch hier einmal mehr darauf an, wie man mit dem GTI umgeht.
Ausstattung, Komfort und Sicherheit im VW Polo GTI
Im neuen Polo hat sich zum Vorgänger einiges getan. Da findet man nun beispielsweise das hochauflösende, volldigitale Cockpitdisplay, welches in seiner Darstellung auch konfigurierbar ist und je nach Geschmack die entsprechenden Parameter anzeigen kann. Einzig bei der Anzeige der Navigationskarte muss man sich entscheiden, ob man sie auf dem zentralen Touchscreen in der Mitte des Armaturenträgers angezeigt haben möchte, oder im digitalen Active Info Display. Beides funktioniert hier nicht gleichzeitig, wie es etwa bei den ganz großen Geschwistern, wie dem Touareg der Fall ist.
Fast bereits erwartet, konnten die Voll-LED-Scheinwerfer all unsere Erwartungen im Test erfüllen. Das homogene und helle Licht kreiert einen breiten und weitreichenden Lichtkegel, der jede Nachtfahrt zum einfachen Unterfangen degradiert. Wir hatten dieses LED-Licht bereits genau unter die Lupe genommen, was man hier entsprechend nachlesen kann.
Bezüglich Konnektivität gab es im Praxistest keinerlei Probleme im VW Polo GTI. Ob Bluetooth, Apple CarPlay, Android Auto oder andere Schnittstellen – alles funktionierte fehlerfrei und ließ sich schnell verbinden. Doch die induktive Ladestation konnte im Test nie einen durchgängigen Ladevorgang vollziehen.
Aufgrund der großen Fläche rutschen Mobilgeräte immer hin und her, wodurch das Laden immer wieder unterbrochen und per Popup-Message auf dem Bildschirm verkündet wird. Diese muss immer manuell bestätigt werden, verschwindet nicht automatisch – beides ist ziemlich nervig.
Die Klimaautomatik hatte während unseres Tests bei teilweise 40 Grad Außentemperatur ordentlich zu tun, hatte aber zu keinem Zeitpunkt Schwächen gezeigt und konnte auch bei diesen Extremen vollends überzeugen.
Die akustische Untermalung beherrschte in unserem Testflitzer das 500 Euro teure Soundsystem Beats Audio mit 300 Watt, die auf sechs Lautsprecher plus Woofer verteilt wurden. Der Klang lässt sich als voluminös und bassbetont beschreiben. Vor allem die aktuellen Charts sowie bassträchtige Stücke werden extrem druckvoll mit viel Dynamik wiedergegeben.
Wem die 17 Zoll als Felgendurchmesser übrigens nicht ausreichen, kann auch für 450 Euro zusätzlich auf 18 Zoll aufrüsten.
Preise für den VW Polo GTI
Der Wolfsburger Wirbelwind beginnt preislich ab 23.350 Euro. Das ist zwar fast doppelt so viel, wie für den Basis-Polo, wie wir bereits bei der Weltpremiere des aktuellen Modells feststellen konnten, doch allein die exorbitante Leistung des GTI relativiert den Preis zum Großteil.
Zur Serienausstattung gehören neben den glanzgedrehten 17-Zoll-Rädern eine Wärmeschutzverglasung ringsum, Rückleuchten und Kennzeichenbeleuchtung in LED-Technik, das Sport-Lederlenkrad mit Multifunktion, Ambientebeleuchtung, Sitzheizungen vorne, die Differenzialsperre XDS, LED-Tagfahrlicht, Klimaanlage, Berganfahrassistent, Fensterheber komplett elektrisch, Fahrprofilauswahl, Front Assist mit Fußgängererkennung, VW Connect und einiges mehr.
Doch die Aufpreisliste ist endlos und ein Kritikpunkt, denn Dinge wie Blind Spot als Totwinkelassistent oder das LED-Hauptlicht sollten in der Top-Version des Polos sich aus unserer Sicht serienmäßig an Bord befinden.
Wer die Optionsliste komplett abgrast, Dinge wie Veloursitzbezüge, 18-Zoll-Räder, Active Info Display – nur in Verbindung mit Radio Composition Media – oder App Connect sowie ein Panorama-Ausstell-/Schiebedach, diverse Assistenzsysteme, BeatsAudio, Sprachsteuerung plus LED-Scheinwerfer und vieles mehr hinzufügt, landet bei ungefähr 35.000 Euro.
Das sind über 10.000 Euro Aufpreis, bei einem Kleinwagen ist dies eine echte Ansage. Wir haben hier Garantieerweiterungen und das reichhaltige Zubehör nicht einmal mit eingerechnet.
Als Motor steht übrigens ausschließlich der 2.0 TSI mit Ottopartikelfilter zur Wahl. Das 7-Gang-DSG ist optional verfügbar. Wir finden jedoch das Schaltgetriebe so gut, dass wir in diesem Fall darauf verzichten würden.
Fazit – Golfsblut in Hot-Hatch-Adern
Der VW Polo GTI ist ein waschechter Hot Hatch. Berechenbar und vernünftig, wie ein Volkswagen sein kann, muss man das Temperament des kleinen GTI zunächst entfachen, bevor er dann auch mit Vehemenz zeigt, was ihm für ein Potenzial innewohnt.
Dafür bleibt er über seine gesamten Fahrspektren typisch Volkswagen – berechenbar, gutmütig und vielseitig. Selbst bei kritischen Fahrsituationen bleibt der GTI beherrschbar und ist dadurch offenbar mit einer der am einfachsten zu fahrenden Performance-Kleinwagen für Jedermann.
Überrascht hat der Kleine uns mit einer ausgeprägten Langstreckentauglichkeit, an denen vor allem die hervorragenden Sitze und das dynamisch verstellbare Fahrwerk ihren Teil beitragen. So reicht sein Facettenreichtum vom „Kuh fliegen“ lassen über die Urlaubsreise bis hin zum flotten Pendler. Der Polo kann all dies sehr gut abdecken. Dabei reicht er nah, aber nicht zu nah an den großen Bruder, den Golf heran.
Ganz günstig ist dieser Top-Polo zwar nicht, doch als Schnäppchen bekommt man auch die Hot Hatches des Wettbewerbs nicht kredenzt. Technologisch ist der Wolfsburger zudem up to date und lässt ausstattungstechnisch kaum Wünsche offen, sofern man die Geldbörse entsprechend lupft.
Kamera: Canon EOS 6D
Farbe: Flash Rot
Länge x Breite x Höhe (m): 4,07 x 1,75 x 1,44
Radstand in mm: 2.549
Antrieb: Reihenvierzylinder Ottomotor mit Abgasturbolader und OPF
Leistung: 147 kW (200 PS) bei 4.400 rpm
Hubraum: 1.984 ccm
Max. Drehmoment: 320 Nm bei 1.500 rpm
Getriebe: manuelle 6-Gang-Schaltung
Antrieb: Front mit XDS-Differenzial
Verbrauch kombiniert (WLTP- Norm): 6,9 L/100 km
Durchschnittsverbrauch (NewCarz): 8,1 L/100 km
CO2-Emissionen (Herstellerangabe): 155 g/km
Abgasnorm: Euro 6d-TEMP
Höchstgeschwindigkeit: 240 km/h
Beschleunigung von 0 auf 100 km/h: 6,7 sec
Kofferraum: 305 bis 1.079 Liter
Leergewicht: 1.325 kg
Wendekreis: 10,6 m
Kraftstofftank: 40 Liter
Kraftstoffart: Super E5/E10 (95 Oktan)
Neupreis des Testwagens: ca. 31.000 Euro (Einstiegspreis ab 23.350 Euro)
Unser Chefredakteur erstellt seit 2015 schwerpunktmäßig Fahrberichte und testet alle Fahrzeuge akribisch – mit Liebe zum Detail – auf Herz und Nieren. Dabei entgeht ihm nichts. Seine Objektivität bewahrt er dabei kompromisslos. Robertos Spezialgebiete sind neben SUVs und Kombis die alternativen Antriebskonzepte. Sein Herz schlägt aber auch gern im V8-Takt.