Der VW Tiguan III ist die Weiterführung einer echten Erfolgsstory in dritter Auflage, mit der wir hier in einem Erstkontakt erstmals auf Tuchfühlung gehen konnten.
Mittlerweile hat der Tiguan weltweit den Golf von Platz eins des meistverkauften Volkswagens verdrängt und steht nunmehr als zweifellos erfolgreiches SUV an der Spitze der Verkaufscharts der Wolfsburger.
Umso spannender war es, die neue Generation des Tiguan unter die Lupe zu nehmen und auch die ersten Kilometer bewegen zu können.
Das Wichtigste in Kürze
- Benziner, Diesel und Plug-in Hybriden mit einer Leistungsspanne von 130 bis 272 PS
- PHEV erhält Schnellladefunktion und fährt über 100 km rein elektrisch
- umfangreiche optische und aerodynamische Modifizierungen
- deutlich überarbeitetes Bedienkonzept, bei dem auf Kundenwünsche eingegangen wurde
- neue und verbesserte Assistenzsysteme und Technologien
- größeres Platzangebot, insbesondere im Kofferraum
- der VW Tiguan III kostet ab 36.600 Euro und ist ab sofort verfügbar
- Exterieur
- Interieur
- Motor und Fahreigenschaften
- Ausstattung, Komfort, Technik
- Varianten und Preise
- Fazit
Exterieur – Wie sieht der VW Tiguan III aus?
Böse Zungen mögen behaupten, der neue Tiguan sei „zu rund“ geworden, was nicht unbedingt allzu weit hergeholt ist. Allerdings stehen ihm diese Rundungen sehr gut zu Gesicht, denn trotz aller Rundungen gelingt dem Neuen ein deutlich seriöserer Auftritt und zudem trägt er dadurch auch die neue CI-Konformität. Die Abmessungen sind bis auf rund drei Zentimeter Längenzuwachs gleich geblieben.
Aufgefallen: Als R-Line zeigt sich der neue Tiguan dank vieler kleiner optischer Details deutlich moderner und weit weniger bieder als noch das Vorgängermodell. Insbesondere die Front mit dem neuen Look lässt den Wolfsburger um einiges bulliger wirken.
Zur Wahl stehen drei verschiedene Scheinwerfer, welche bereits als Basis-Leuchten über Linsen verfügen, was bis dato nicht der Fall war und erfahrungsgemäß eine homogenere Ausleuchtung gewährleisten dürfte. Während unseres Erstkontakts waren keine Fahrten bei Dunkelheit möglich und wir konnten in diesem Zusammenhang noch keine der Scheinwerfer testen.
Ein Blick auf die Seitenansicht zeigt ein wohlproportioniertes Kompakt-SUV, welches strammer wirkt als noch der Vorgänger. Die großen Räder und die schwarz lackierten Radkästen bringen neben einer gewissen Offroad-Affinität auch etwas Antizyklisches mit in die Silhouette des Kassenschlagers, was ihm zusätzlich eine Prise mehr Esprit verleiht.
Am Fahrzeugheck verbindet eine fast durchgehende LED-Leiste die neuen 3D-Leuchten, die für einen deutlich seriöseren Look sorgen. Die ehemalige „Klick-Klack“ Signatur ist damit passé. Sichtbare Endrohre gibt es übrigens am Tiguan der dritten Generation keine.
Interieur – Die Kundschaft erhört
Im Innenraum treffen digitale und analoge Elemente aufeinander, die nicht um jeden Preis für Furore sorgen, sondern vielmehr prima miteinander harmonieren. Das Lenkrad liegt gut in der Hand und ist nun endlich die Touch-Tasten los – was einer von diversen Kritikpunkten der geneigten Kundschaft war. Diese wurden durch echte Tasten ersetzt, die mit einem klaren Druckpunkt aufwarten und die Bedienung dadurch nicht nur einfacher, sondern auch sicherer machen.
Der Zentralbildschirm ist ebenfalls neu und deutlich angewachsen; dieser kommt unter anderem auch im neuen ID.7 Tourer zum Einsatz. Mindestens 12,9 oder wie im Testwagen stattliche 15 Zoll misst nun die Bildschirmdiagonale. Die drunterliegenden Touch-Slider sind zwar geblieben, aber diese reagieren nun deutlich weniger sensitiv und – ein enorm wichtiger Punkt – werden nun bei Dunkelheit endlich beleuchtet, sodass die Bedienung auch hier deutlich einfacher und sicherer vonstattengeht. Dies war übrigens einer der schärfsten Kritikpunkte am Vorgänger und es ist erfreulich, dass die Volkswagen-Ingenieure diese Kritik ernst nahmen.
Die ergoActive-Sitze sind vorne außerordentlich bequem und auf Wunsch mannigfaltig verstellbar. Eine Massagefunktion macht diese endgültig zum Wohlfühlort. Das Raumgefühl ist aufgrund der aufgeräumt wirkenden Mittelkonsole sogar gewachsen. Der Wählhebel sitzt nun am Lenkrad. Im Fond gibt es ebenfalls mehr als ausreichend Platz, um mit der ganzen Family auf Reisen zu gehen.
Noch mehr Platz für Gepäck & Co.: Der Kofferraum ist gegenüber dem Vorgänger um 37 Liter auf nun 652 Liter in seiner Standardkonfiguration mit ganz nach vorn geschobener Rückbank angewachsen.
Motoren und Fahreigenschaften – Für jeden Geschmack etwas dabei
Sechs verschiedene Antriebe werden zum aktuellen Zeitpunkt angeboten; darunter Benziner, Diesel und PHEVs. Wir haben uns zwei Exemplare bei unserem Erstkontakt zur Brust genommen.
Der Diesel:
Der 2.0 TDI war und ist noch immer eine Bank, wenn es um souveränen Dauerlauf geht. Und so macht dieses Aggregat auch im neuen Tiguan keine Ausnahme. Der Reihenvierzylinder sorgt mit seinen 150 PS für ausreichend Schub in jeder Lebenslage und dürfte auch hier wieder ein beliebter Dauerbrenner für den Bestseller werden. Insbesondere Vielfahrer und eine Klientel, die sich überwiegend auf der Autobahn aufhält, dürfte mit diesem Diesel ihre helle Freude haben. Festgestellt haben wir zudem, dass sich der Selbstzünder im Inneren nicht als solcher zu erkennen gibt – nicht einmal im kalten Zustand.
Das Drehmoment von maximal 360 Newtonmeter steht bereits ab 1.600 Touren bereit und dem – ab der neuen Generation in allen Motorisierungen serienmäßigen – DSG wurde die altbekannte Gedenksekunde nahezu vollständig abtrainiert. Die Bremsen konnten in unserem Erstkontakt ebenfalls nur Lob einfahren. Das umfassend überarbeitete DCC Pro sorgt nicht nur für eine noch breitere Spreizung der einzelnen Fahrmodi, sondern auch für weniger Karosseriebewegung, was wiederum ein deutlich entspannteres Reisen für Fahrer und Passagiere zur Folge hat. Wer mehr Power und Anhängelast braucht, sollte zum stärkeren Diesel greifen. Dieser leistet 193 PS sowie 400 Newtonmeter und darf bis zu 2,3 Tonnen an den Haken nehmen.
Der Plug-in Hybrid:
Es gibt zwei Leistungsstufen: Die erste leistet 150 kW (204 PS) Systemleistung und die zweite 200 kW (272 PS). Wir fuhren im Erstkontakt die erstgenannte Variante.
Als PHEV mit 150 kW stellt der Tiguan sich als sinnvolle Alternative dar, die von einer Klientel ausgewählt werden sollte, die sich überwiegend urban respektive auf planbaren Strecken, wie beispielsweise beim Pendeln zum Arbeitsplatz bewegt.
Eine der wichtigsten Neuerungen dürfte die hinzugekommene Schnellladefunktion sein. Nun kann der PHEV auch an DC-Schnellladesäulen und da mit bis zu 50 kW Ladestrom seine Reserven deutlich schneller wieder auffüllen. Ein entscheidender Vorteil, wenn die Langstrecke ruft und die Zwischenstopps dadurch deutlich kürzer ausfallen dürften.
Dank einer um stattliche 20 kWh gewachsenen Batterie steigt die elektrische Reichweite laut Volkswagen auf bis zu 120 Kilometern. Damit dürfte das Gros an alltäglichen Strecken zum Großteil elektrisch bewältigt werden. Allerdings weicht dieser Wert natürlich in der Praxis ab – je nach Temperatur, Topographie, Geschwindigkeit und anderen Kriterien. Ein umfangreicher Test durch unser Team wird hier in Kürze detaillierte Daten liefern.
Im direkten Unterschied zum ebenfalls getesteten Diesel spürt man den Gewichtsunterschied vor allem in zügiger gefahrenen Kurven. Das Mehrgewicht beläuft sich auf rund 200 Kilogramm und dies konnten wir bei ebendieser Fahrweise doch spüren.
Insgesamt dürfte der PHEV die meisten Kunden durch seine überdurchschnittlich hohe elektrische Reichweite, das Schnellladen und den Steuervorteil überzeugen.
Ausstattung, Komfort & Technik im VW Tiguan III
Im neuen Tiguan hat sich in diesem Kapitel viel getan. Es gibt gleich mehrere Highlights, von denen wir hier zunächst einige der besonders aufgefallenen Dinge herauspicken möchten.
Eines der im wahrsten Sinne des Wortes echten Highlights dürften die neuen optional angebotenen IQ.Light HD-Matrix-Scheinwerfer sein. Mit 38.400 einzelnen LED-Elementen soll die Ausblendung anderer Verkehrsteilnehmer haarscharf und äußerst feingranular erfolgen. Das System wurde aus dem VW Touareg abgeleitet und in den vergangenen fünf Jahren mehrstufig weiterentwickelt. Wir freuen uns an dieser Stelle bereits auf einen Praxistest bei Dunkelheit.
Das Infotainment erhielt viele Updates und nutzt nun auch Car2X, bei der Schwarmintelligenz genutzt wird, um bei Gefahren und besonderen Situationen, wie zum Beispiel eine durch andere Fahrzeuge erkannte, ungesicherte Unfallstelle und deren Meldung an alle anderen Fahrzeuge auf dieser Route, schnell und sicher reagieren zu können. Die Sprachfunktion wird derweil um die KI-basierte ChatGPT-Funktion erweitert, wodurch sich der Dialog zwischen Mensch und Maschine längst nicht mehr nur auf die Parameter rund ums Auto beschränkt.
Das Soundsystem aus dem Hause Harman/Kardon wartet auch im Tiguan mit einem natürlichen Klangspektrum auf, welches den Innenraum angemessen beschallt. Als sehr sinnvoll fanden wir übrigens die induktive Ladeschale in der Mittelkonsole, welche ab sofort sogar gekühlt wird, was Überhitzungen von Smartphones unterbinden kann.
Insgesamt erwies sich die Bedienung als intuitiv und für nahezu jeden selbsterklärend – zumindest bei den meisten Funktionen. Nur wer sich tief in die Menüs des Infotainments gräbt, muss ein bisschen suchen, um die ein oder andere Funktion zu entdecken. Aber einmal damit vertraut gemacht, funktioniert dies ausgesprochen gut.
Erfreuliche Traditionen: Es gibt noch immer vier klassische Fensterheber sowie den altbekannten Drehknopf für die Spiegelverstellung. In diesem Fall begrüßen wir das Festhalten an bewährten Bedienelementen.
Der neue riesige Drehregler offeriert gleich mehrere Funktionen, doch die wichtigste ist ganz klar die Regelung der Lautstärke. Der große Regler vermittelt zudem eine haptisch gut spürbare Rasterung beim Drehen, sodass auch während der Fahrt eine Feinjustage kein Problem ist. Damit auch der Spieltrieb bedient wird, gibt dieser Regler auch weitere Funktionen frei; so kann man auf ihm „sliden“ und damit unter anderem auch die „Laune“ des Tiguans der eigenen anpassen.
Ein Parkassistent Pro kann sich an bis zu fünf Adressen die letzten 50 Meter bis zum Park- oder Stellplatz merken und diese selbstständig zurücklegen. Eine Fernsteuerung des Autos per App ist ebenfalls möglich, um den Tiguan beispielsweise im eingeparkten Zustand herauszufahren oder aus einer Pfütze zu manövrieren, um danach trockenen Fußes einsteigen zu können.
Varianten und Preise des VW Tiguan III
- Los geht’s mit dem Basismotor, dem 1.5 eTSI mit 130 PS, ein Reihenvierzylinder-Turbobenziner mit Mildhybrid-Unterstützung ab 36.600 Euro.
- Als 1.5 eTSI mit 150 PS geht es ab der Ausstattung „Life“ bei 41.040 Euro los.
- Der Plug-in Hybrid 1.5 eHybrid mit 204 PS Systemleistung startet ebenfalls in der „Life“ bei 48.655 Euro.
- Der Plug-in Hybrid mit 272 PS Systemleistung wird ab der Ausstattung „Elegance“ für mindestens 55.860 Euro angeboten.
- Der Diesel mit 150 PS wechselt in der Basisversion ab 41.025 Euro den Besitzer
- Der Diesel mit 193 PS und Allradantrieb 4Motion ist ab „Life“ erhältlich und wird für mindestens 49.055 Euro angeboten.
Alle Antriebe außer dem stärksten Diesel fahren mit Vorderradantrieb. Nur der 193 PS-TDI erhält den Allradantrieb 4Motion serienmäßig.
Fazit – Erfolgsstory in der nächsten Runde
Der VW Tiguan III dürfte die Erfolgsgeschichte des seit 2007 angebotenen Kompakt-SUVs mit Bravour fortsetzen. Der Neue ist in sehr vielen Bereichen etwas besser, bleibt dabei aber seinen eigenen und vor allem den Markentugenden treu.
Volkswagen ist Funktion. Und funktional ist der Neue allemal. Er fährt sich wie ein echter Volkswagen: sicher, unkompliziert und verbindlich. Das ist eine der Kernkompetenzen und eine, die bei Kunden überaus beliebt war und ist. Die Digitalisierung wurde derweil bewusst etwas zurückgefahren und zeigt sich nun dort platziert, wo sie auch Sinn ergibt.
Hinzu kommt, dass der Kassenschlager mit einer breiten Antriebspalette angeboten wird – darunter auch konventionelle Benziner und vor allem Diesel. Warum? Weil die Kunden genau das wollen. Ein ausführlicher Test wird zeigen, was der Neue im Detail alles kann.
Text & Fotos: NewCarz
Unser Chefredakteur erstellt seit 2015 schwerpunktmäßig Fahrberichte und testet alle Fahrzeuge akribisch – mit Liebe zum Detail – auf Herz und Nieren. Dabei entgeht ihm nichts. Seine Objektivität bewahrt er dabei kompromisslos. Robertos Spezialgebiete sind neben SUVs und Kombis die alternativen Antriebskonzepte. Sein Herz schlägt aber auch gern im V8-Takt.