Auch wenn es wie ein Generationenwechsel kommuniziert wurde, ist es dann doch ein VW Tiguan Facelift der zweiten Generation, welche es seit fünf Jahren gibt.
Passiert ist bei dieser Modellpflege dennoch einiges – was genau, das wollen wir hier aufzeigen.
Der Bestseller aus Wolfsburg erhielt nämlich einige Updates, die nicht allein optischer Natur sind. Wir beleuchten diese und natürlich auch alles andere in diesem Fahrbericht.
Für unseren Praxistest stand uns der VW Tiguan als „Elegance“ mit 150 PS starkem Diesel sowie dem Allradantrieb 4Motion zur Verfügung und befand sich leistungstechnisch damit im unteren Mittelfeld der Antriebspalette.
- Exterieur
- Interieur
- Motor und Fahreigenschaften
- Ausstattung, Technik und Komfort
- Varianten und Preise
- Fazit
- Technische Daten
Die Außenansicht des VW Tiguan Facelift
Das Facelift ist hier relativ dezent ausgefallen, das SUV bleibt nach wie vor modern und leicht konservativ in seiner Erscheinung. Als markanteste Neuerung darf die Front des SUVs gelten, deren Grill und auch die Scheinwerfer aufgehübscht wurden. Eine vierte Querstrebe verleiht dem Tiguan ein permanent freundlich dreinblickendes Antlitz.
Aus der Seitenperspektive betrachtet, bleibt das SUV nahezu unverändert und besonders bodenständig oder auch klassisch – wie man es nimmt. Dies wird von der gedeckt wirkenden Lackfarbe – ein Braunton – noch verstärkt. Farben sind zwar grundsätzlich Geschmackssache, doch unsere Tester waren sich einig, dass diese Farbgebung das SUV unwillkürlich altern lässt.
Am Heck kommen ebenfalls neue Rückleuchten im Klick-Klack-Look zum Einsatz; dies kennen wir bereits unter anderem vom Touareg und vom Passat. Der Modellschriftzug steht nun unmittelbar unter dem Markenlogo mittig am Heckdeckel.
Der Innenraum im überarbeiteten SUV
In das Interieur zog mit der Modellpflege endgültig die Digitalisierung ein, und zwar in Form eines neuen Zentralbildschirms, den man leider allen physischen Tasten und auch des Drehreglers für die Lautstärke beraubte.
Auch die Schnittstellen kommen nun im USB-C-Format daher – also heißt es: Wer nicht das neueste Equipment sein Eigen nennt, muss ein paar Euro in einen Adapter investieren.
Die Komfortsitze im Testwagen erwiesen sich als überaus bequem und auch auf der zweiten Sitzreihe ist Bein- und Kopffreiheit in ausreichendem Maße vorhanden – so kennt man den Tiguan und an diesen positiven Aspekten wurde selbstverständlich nichts verändert.
Das gilt auch weiterhin für den mindestens 615 Liter fassenden Kofferraum, der typisch Tiguan auch in puncto Variabilität keine Rätsel aufgibt. Maximal passen 1.655 Liter in das SUV, wenn alle Rückenlehnen umgeklappt werden und der dann entstehende Laderaum bis zum Dachhimmel ausgenutzt wird.
Motor und Fahreigenschaften – Eierlegende Wollmilchsau
Mit dem 150 PS leistenden 2.0-Liter TDI steht dem SUV ein grundsolider Motor zur Verfügung, der sich auch in vielen anderen Modellen des Volkswagen-Konzerns einen sehr guten Ruf erarbeitet hat. Seit letztem Herbst wurden alle Selbstzünder – also auch dieser – gründlich überarbeitet und dadurch deutlich sauberer.
Im VW Tiguan Facelift bleibt der metallische Erbe eines Rudolf Diesels ein entspannter Vertreter und lässt sich nicht wirklich aus der Ruhe bringen. Ein echter Allrounder, der Leistung mit Effizienz verbinden kann. Letzteres hat nun nochmals deutlich aufgeholt, denn alle Selbstzünder von VW arbeiten nun mit dem Twin-Dosing-Verfahren, wodurch der Ausstoß von Stickoxiden auf ein extrem niedriges Niveau gesenkt werden konnte.
Das 7-Gang-Doppelkupplungsgetriebe braucht hin und wieder eine kleine Gedenksekunde, um nach Last- oder Richtungswechseln in Fahrt zu kommen. Insgesamt gesehen aber, ist das Schaltverhalten gut. Der Allradantrieb 4Motion sorgt auch bei widrigen Verhältnissen für ausreichend Traktion.
Auch ein leichter Geländeeinsatz ist dank entsprechender Fahrwerkseinstellungen möglich – zwei Offroadmodi stehen hierfür zur Verfügung. Übertreiben sollte man es dennoch nicht, denn die geringen Böschungswinkel und fehlende Sperren setzen hier klare Grenzen.
Fahrtechnisch ist der Tiguan sehr neutral abgestimmt und versucht aus jeder Situation stets das Optimum an Fahrkomfort herauszuholen. Als Ergebnis gibt es ein ausgewogenes und unaufgeregtes Vorankommen, währenddessen der Komfortlevel hoch angesiedelt bleibt – insbesondere im Comfort-Modus des optional angebotenen adaptiven Fahrwerks DCC.
Mit aktiviertem Sportmodus – hier sollte man den Begriff „Sport“ nicht allzu wörtlich nehmen – erreicht der Volkswagen nach gut neun Sekunden Tempo 100, wenn dieser Sprint aus dem Stand gestartet wurde. Der Luftwiderstand gewinnt gegen die aus Leichtöl gewonnene Antriebskraft bei ziemlich exakt 200 km/h. Dies alles ist im Alltag mehr als ausreichend, um jederzeit adäquat voran zu kommen.
Die Lenkung zeigte sich teilweise sehr leichtgängig, wird aber in höheren Geschwindigkeiten durch die ebenfalls optionale – und sehr empfehlenswerte – Progressivlenkung schwergängiger und auch direkter. Das Bremssystem passte gut zum Fahrzeug, zeigte sich gut dosierbar und auch bei stärkeren Anforderungen souverän zupackend.
Zur guten Alltagsmotorisierung gesellte sich beim Thema Verbrauch ein hohes Maß an Effizienz. Denn im Drittelmix flossen lediglich 6,3 Liter auf 100 Kilometer durch die Brennräume des TDI-Motors. Permanente Autobahnhatz bei Volllast quittierte das SUV mit maximal 9,5 Litern und auf der Sparrunde reduzierte sich der Appetit nach fossilen Leistungsträgern auf nur unglaubliche 3,8 Liter auf 100 Kilometer – für ein SUV dieser Größe ist das großartig.
Ausstattung, Technik und Komfort
Die sehr guten Matrix-LED-Scheinwerfer, die in puncto Homogenität, Reichweite und Helligkeit keine Wünsche offenlassen, gehören zum IQ.Light, welches seit der Modellpflege zum Einsatz kommt und auch die Rückleuchten mit kompletter LED-Technologie versorgt.
Mit Einzug des komplett digitalisierten Bedienkonzepts und Infotainments verschwanden viele haptisch einfacher bedienbare physische Schalter. Das betrifft auch die Bedienung der Klimatisierung, die sich während der Fahrt deutlich aufwändiger und ablenkender gestaltet als mittels herkömmlichen Drehreglern oder Schiebereglern. Nicht immer ist der Schritt zu Sensoren- und Gestensteuerung der bessere.
Ebenfalls neu seit der Modellpflege ist das nun kabellos nutzbare Android Auto und Apple CarPlay – in den höheren Ausstattungen wie der „Elegance“ des Testwagens, ist dies serienmäßig an Bord – und wir haben beides ausprobiert: es funktioniert bestens.
Ins Auge fiel beim Test auch wortwörtlich die ausgesprochen scharfe Darstellung des Bildes von der 360-Grad-Kamera, welche auch nachts für eine sehr gute Rundumsicht sorgte. Das Head-up Display blieb hingegen als kostensparende Lösung erhalten und projiziert die Anzeige weiterhin auf eine kleine Plexiglas-Scheibe vor dem Steuer und nicht direkt auf die Windschutzscheibe, wie es beispielsweise im Touareg der Fall ist.
Als optionales Soundsystem kommt eine Lösung aus dem Hause Harman/Kardon zum Einsatz. Diese löst die Systeme von Dynaudio ab, klingt ausgesprochen voluminös und weist einen extrem geringen Klirrfaktor auf. Der Aufpreis von 860 Euro ist aufgrund dieser Gegebenheiten aus Sicht der Redaktion gerechtfertigt.
Ein weiteres Novum im VW Tiguan Facelift ist der optionale Travel Assist – ein Assistenzverbund, bestehend aus einem Spurhalteassistenten und einem Abstandstempomat, die in Zusammenarbeit vom Anfahren bis 210 km/h das Lenken, Bremsen und Beschleunigen in Abhängigkeit des Verkehrsgeschehens vor dem Fahrzeug und des Fahrspurverlaufs übernehmen. Ein Geschwindigkeitsassistent gehört auch dazu, welcher die örtlichen Gegebenheiten berücksichtigt und so beispielsweise vor Kurven oder in geschwindigkeitsbegrenzten Zonen das Auto entsprechend abbremst.
In der Praxis klappte das sehr gut und besonders bemerkenswert fanden wir, wie das beteiligte Spurhaltesystem bei vielen Nebenstraßen über Land mit fehlenden Seitenstreifen zurechtkam und die Fahrbahnkante anhand des Randstreifens erkannte und korrekt interpretierte.
Varianten und Preise des VW Tiguan Facelift
- Den überarbeiteten Tiguan gibt es bereits ab 29.310 Euro. Da fährt man das SUV mit einem 130 PS starken Benziner, Frontantrieb und Handschaltung. LED-Scheinwerfer, Front Assist und 17-Zoll-Räder sind ab Werk dabei.
- Als Life werden mindestens 31.150 Euro fällig; dafür gibt’s zusätzlich eine 3-Zonen-Klimaautomatik, Parksensoren vorn und hinten, eine schwarze Dachreling und Komfortsitze vorne.
- Elegance kostet ab 38.375 Euro und beinhaltet serienmäßig unter anderem die Matrix-LED-Scheinwerfer, das digitale Cockpit, 18-Zoll-Räder und eine elektrische Heckklappe.
- R-Line stellt die Topausstattung dar, ist ab 40.850 Euro zu haben und bietet ab Werk on top den typischen R-Line-Style, Alcantara auf den Sitzen, eine 30-farbige Ambientebeleuchtung, einen schwarzen Dachhimmel und 19-Zoll-Räder an – um nur einige Dinge zu benennen.
Weiterhin gibt es drei Sondermodelle:
- Tiguan R – Das 320 PS starke Performance-SUV besitzt eine umfangreiche Ausstattung, zu der auch 20-Zoll-Räder, die Progressivlenkung oder das DCC gehören. Der Startpreis beträgt 59.335 Euro.
- Urban Sport – 33.125 Euro kostet das Sondermodell, welches jede Menge spezielle Ausstattungen wie beispielsweise einen Dachheckspoiler vorweist.
- Active – Volkswagen verspricht hier mehr Spielraum für Teamplayer und verlangt für das Sondermodell mindestens 33.575 Euro.
Als Motoren stehen neun Varianten zur Auswahl: Fünf Benziner mit Leistungswerten von 130, 150, 190, 245 und 320 PS im Tiguan R, drei Diesel mit 122, 150 und 200 PS sowie ein Plug-in Hybrid mit 245 PS.
Allradantrieb gibt es erst ab der Ausstattung Life und nur beim 150-PS-Diesel als Option sowie bei den drei stärksten Benzinern und dem stärksten Diesel als Serienausstattung.
Fazit – Beware the Running System
Mit dem VW Tiguan Facelift offerieren die Wolfsburger ein pfiffiges Update für ihren Kassenschlager und halten das SUV damit am Puls der Zeit. Pragmatisch positioniert und mit der Mentalität eines „Everbody´s Darling“ ausgestattet, leistete sich unser Testwagen keine nennenswerten Schwächen – wenn man mal vom Bedienkonzept mittels Sensoren & Co. absieht. Er bleibt unterm Strich allerdings sich und seinem Charakter vollends treu und so bleibt alles auch irgendwie so, wie man es von einem Tiguan erwarten möchte.
Mit rund 53.000 Euro ist der Tiguan jedoch bei weitem kein Schnäppchen mehr. Schon lange ist die Konkurrenz hellwach und so muss sich der Niedersachse auch fortlaufend gegen Tucson und Co. schlagen.
Für ihn spricht in jedem Fall sein unkompliziertes Handling, das gute Platzangebot und die – wenn auch bei einem nicht unerheblichen Anteil nur gegen Aufpreis – vernünftige Ausstattung. Seine Fans und nicht nur die, werden ihn lieben.
Kameras: Canon EOS 5D Mark III + Canon EOS 250D
Seat Tarraco, Skoda Kodiaq, Mazda CX-5, Peugeot 5008, Opel Grandland, Hyundai Tucson, Volvo XC60
Technische Daten: VW Tiguan 2.0 TDI 4Drive 7-DSG Elegance
- Farbe: Ginger Brown Metallic
- Länge x Breite x Höhe (m): 4,51 x 1,84 (2,10 mit Außenspiegeln) x 1,68
- Radstand (mm): 2.679
- Antrieb: Vierzylinder Commonrail Turbodiesel mit Twin Dosing SCR-Kats
- Systemleistung: 110 kW (150 PS) bei 3.500 rpm
- Max. Drehmoment (Nm): 360 bei 1.600 bis 2.750 rpm
- Hubraum: 1.968 ccm
- Getriebe: 7-Gang-Doppelkupplungsautomatik DSG
- Antriebsart: Allrad 4Motion
- Durchschnittsverbrauch (WLTP): 6,2 l/100 km
- Durchschnittsverbrauch (NewCarz): 6,3 l/100 km
- CO2-Emissionen (Werksangabe): 170 g/km
- Abgasnorm: Euro 6d-ISC-FCM
- Höchstgeschwindigkeit: 210 km/h
- Beschleunigung von 0 auf 100 km/h: 7,8 Sekunden
- Wendekreis (m): 11,5
- Bodenfreiheit (mm): 201.
- Böschungswinkel v/h: 17,9°/17,9°
- Rampenwinkel: 16,0°
- Kofferraumvolumen (l): 615 bis 1.655
- Leergewicht (kg): 1.715
- Zuladung (kg): 545
- max. Anhängelast ungebremst/gebremst bis 12% (kg): 750/2.500
- max. Stützlast (kg): 100
- max. Dachlast (kg): 75
- Tankinhalt (l): 58
- AdBlue Tank (l): 12,0
- Kraftstoffart: Diesel
- Neupreis des Testwagens: ca. 53.360 Euro (Basispreis: 29.310 Euro)
Unser Chefredakteur erstellt seit 2015 schwerpunktmäßig Fahrberichte und testet alle Fahrzeuge akribisch – mit Liebe zum Detail – auf Herz und Nieren. Dabei entgeht ihm nichts. Seine Objektivität bewahrt er dabei kompromisslos. Robertos Spezialgebiete sind neben SUVs und Kombis die alternativen Antriebskonzepte. Sein Herz schlägt aber auch gern im V8-Takt.