Nicht von ungefähr kommt unsere Überschrift für den BMW 128ti, denn die Münchner nennen ihn tatsächlich den Rebellen unter den 1er BMWs.
Ob dies eine zutreffende Behauptung ist oder nicht, haben wir den erstmals im letzten Herbst angekündigten BMW in diesem Test überprüft und den jungen Hot Hatch diversen Prüfungen unterzogen.
Beim Testobjekt handelte es ich um einen BMW 128ti in einer alpinweißen Unilackierung.
- Exterieur
- Interieur
- Motor und Fahreigenschaften
- Ausstattung, Technik, Komfort
- Varianten und Preise
- Fazit
- Technische Daten
Der BMW 128ti von außen
Achtung, jetzt wird’s sportlich – so in etwa könnte die optische Warnung des Anblicks eines 128ti im Rückspiegel des Vordermanns lauten. Klare Erkennungsmerkmale an diesem Hot Hatch sind diverse M Performance Anbauteile, die ihn sofort vom Rest der 1er-Riege abgrenzen. Weiß steht dem Kleinen bestens, doch unschuldig wirkt er damit ganz und gar nicht.
Sehr auffällig wirken nämlich besonders beim hier strahlend weißen Karosseriekleid die rot eingefassten Lufteinlässe links und rechts in der Frontschürze. Die schwarze Doppelniere wird von ernst dreinschauenden und leicht abgedunkelten LED-Scheinwerfern flankiert und beides verleiht dem Bavaren eine martialische Optik, die für ein wenig überraschend hohes Überholprestige sorgt.
Die Seitenansicht wird von den extrem coolen 18-Zoll-Rädern mit anthrazitfarbenen M-Felgen beherrscht, während rote Bremszangen sowie die ebenso roten Streifen auf den Seitenschwellern alles mit einem Überschuss Dynamik akzentuieren. Am Ende der Schweller wird beidseitig mit einem „ti“-Schriftzug selbstbewusst die Sonderstellung dieses BMWs herausposaunt.
Weiter geht es am Heck, welches neben den – hier nur angedeuteten – rot umrahmten Luftauslässen in der Heckschürze, vor allem mit einem dicken Heckdiffusor in Klavierlackschwarz sowie zwei dicken Endrohren für helle Aufregung im direkten Umfeld sorgt.
Ein nicht zu groß dimensionierter Dachheckspoiler mit einem leichten Schwung nach oben macht die Sache rund und der BMW 128ti teilt aus jeder Perspektive seine Ambition mit: Ich bin ein Sportler.
Und was bietet der Innenraum?
Wir spoilern gleich zu Beginn: Genauso sportliche Details wie außen. M-Symbole und -Farben finden sich überall im Innenraum verteilt. Die Sportsitze sorgen mit ihrer Kontur für einen Halt wie ein im Spezialgeschäft angefertigter Turnschuh.
Das feine perforierte Leder ist samtweich und kostet extra. Wer etwas korpulenter gebaut ist, könnte mit den Seitenwangen allerdings schnell auf Kriegsfuß stehen, da man in dem Fall nicht ohne weiteres in die Lehnenmulde kommt.
Doch gleichgültig, welche Art an Beschleunigung auftritt, in diesen beiden Vordersitzen bleiben Fahrer und Beifahrer wie angenagelt an Ort und Stelle. Überall duftet es übrigens nach BMW – ja, der typische Duft eines BMW-Innenraums ist auch hier omnipräsent.
Dazu verwöhnen die Bavaren die Augen mit einem Mix aus feinen Materialien, die überall tadellos miteinander kombiniert wurden. Doch auch haptisch wird gehalten, was bereits den Augen versprochen wurde. Dazu gibt es ein herrlich dick gepolstertes Lenkrad, was es so nur selten in Serienfahrzeugen gibt und definitiv mit zu den besten Sportvolants zählen darf.
Feurig rote Akzentnähte finden sich überall und kontrastieren bravourös mit dem schwarzen Interieur. Das gestickte Modellkürzel auf der Armauflage stellt entsprechend das „ti“-Tüpfelchen dar und verwandelt den ansonsten typischen BMW-Innenraum in eine Dynamic-Lounge. Fahrerorientiertes Cockpit, I-Drive – hier finden sich BMW-Fahrer sofort zurecht, Neulinge benötigen nur wenige Augenblicke, um eine erste Vertrautheit zu entwickeln.
Platztechnisch bleibt es so, wie man es von einem BMW 1er kennt und das heißt, für diese Klasse ist das Raumgefühl überdurchschnittlich gut, der Kofferraum ähnelt von der Größe dem des Golf GTI. Auf zweiter Sitzreihe kann man bis 1,80 Meter Körpergröße ganz passabel sitzen. Dass man als 2-Meter-Mensch in einem Kompaktwagen-Fond nicht unbedingt 1.000 Kilometer am Stück mitfahren sollte, dürfte eh einleuchten.
Motor und Fahreigenschaften – Lass mal die Kuh fliegen
Jetzt wird es interessant, denn neben Leistung und Co. ist wohl vor allem ein Umstand ein Novum: Der BMW 128ti ist ein Fronttriebler und damit in dieser Leistungsklasse eine echte Premiere der Münchner.
Ein Turbobenziner fördert dank endothermer Reaktion in vier Brennräumen bis zu 265 PS sowie 400 Newtonmeter maximales Drehmoment – letzteres auf einem lang anhaltenden Plateau von 1.750 bis 4.500 Touren. Damit dieses Temperament auch ordentlich auf die Straße kommt, hat man dem 128ti eine im Getriebe integrierte, mechanische Sperre an der Vorderachse verpasst.
Diese macht ihre Aufgabe gut, doch bei forscher Gangart – wir geben zu, das scheint das bevorzugte Metier dieses Autos zu sein – muss man mit Antriebseinflüssen in der Lenkung leben lernen. Wie eine Sogwirkung oder ein Hund, der eine Fährte aufgenommen hat, nestelt die Lenkung bei starker Beschleunigung jeder kleinen Verwerfung auf der Straße nach.
Daher heißt es immer beide Hände ans Steuer und Obacht, wenn man in die zackige Gangart wechselt. Das Fahrwerk selbst ist dagegen sportive Gediegenheit der härteren Art. Unerschütterlich klebt dadurch der Kompakte auf dem Asphalt und zieht die vorgegebene Bahn wie auf Schienen, lässt sich auch bei abrupten Richtungswechseln nicht so leicht aus dem Konzept bringen und befeuert die Endorphinausschüttung des Fahrers mit einem feinen Einlenkverhalten.
Rein in die Kurve – bei zu viel Schwung schwänzelt dabei freudig das Heck – den Scheitelpunkt filetiert und fix wieder raus – es ist bemerkenswert, wie viel Spaß das alles mit diesem 1er bringt. Ein GTI ist hier stets eine Nuance sauberer und exakter – damit am Ende auch schneller ums Eck. Doch beim Fahrspaß hat der BMW die Nase vorn.
Die fahrwerkstechnische Neutralität, die der BMW bis zum Grenzbereich und darüber hinaus mit kontrollierbarem Untersteuern an den Tag legt, ist am Ende fast schon eine Idee zu synthetisch wirkend. Extrem sicher zwar, aber ein Quäntchen mehr Aufregung würde dem Bayern noch besser stehen.
Dämpfer und Federn des adaptiven Fahrwerks wurden in erster Linie auf hart getrimmt, im Sportmodus sogar bretthart. Das Ganze wird durch ein hellwaches Ansprechverhalten des Motors untermauert, der zudem gierig das Drehzahlband mit viel Drehmoment flutet, aber jenseits der 5.000 Touren schnell in den nächsten Gang will.
Gäbe es am roten Bereich eine Extrawurst, scheint dieser Motor dann eher der Vegetarier. Das ist aber vernachlässigbar und würde maximal auf der Rennstrecke eine Rolle spielen. Da, wo ein Civic Type R nahezu ekstatisch bis in den roten Bereich orgelt, würde der BMW-Vierzylinder passen müssen.
Dafür glänzt die Sportautomatik mit einer erstklassigen, immer irgendwie genau passenden Kraftverteilung und macht das Auto in erster Linie im Sportmodus zu einem echten Dynamikpaket.
Herr über die Vernichtung kinetischer Energie ist die M Sportbremse und diese hat es gut drauf. Exakt, wie mit einer Pipette dosierbar, macht sie bei Bedarf die Scheiben auch so heiß, dass man bei sensiblen Verdauungssystemen in arge Not gerät, die vorherige Mahlzeit drin zu behalten.
Macht man diese Prozedur mehrmals hintereinander, wird der Druckpunkt allerdings etwas diffus, die Bremskraft blieb aber immer vollständig erhalten. Diesen Effekt hatten wir nach der dritten Bremsung aus Tempo 150 auf null beobachtet.
Sprechen wir noch über den Sound? Machen wir, doch so brachial, wie sich dieses Auto im Fahrverhalten gibt, ist der Klang aus den beiden Endrohren nicht mal ansatzweise. Obwohl es sich um einen Klappenauspuff handelt, ist der Klang im besten Fall als kernig zu bezeichnen.
Stets zurückhaltend und daher mit Sicherheit der Liebling sensitiver Nachbarn, die ihre Zeit größtenteils mit dem Studieren von Paragraphen verschwenden, um ihren gut motorisierten Mitbürgern eins auszuwischen.
Keine Sorge, das klappt hier zumindest unter akustischen Betrachtungswinkeln nicht. Ein Hyundai i30 N ist klangtechnisch da viel hemmungsloser. Doch auf der Straße – idealerweise mit vielen Kurven – macht der 128ti dies wieder wett und braucht sich vor Konkurrenten nicht zu verstecken.
Und wie sieht es mit den Trinkgewohnheiten aus? In Bayern, wo das Bier angeblich zu den Grundnahrungsmitteln gehört, muss man ja eigentlich trinkfest sein? Nun, das gilt aber nicht für die Motoren aus München, die in der Vergangenheit bereits mehrfach bewiesen haben, was Efficient Dynamics bedeutet. Nämlich viel mehr als ein Marketingversprechen.
Doch gilt das auch für einen Heißblüter wie den BMW 128ti? Kurze Antwort: ja. Im Drittelmix liefen trotz lebhafter Fahrweise nur rund neun Liter pro 100 gefahrener Kilometer durch die Brennkammern. Bei dem Gebotenen ist das anerkennenswert. Auf der Sparrunde setzt der Kleine noch eins drauf und glänzte mit nur 5,3 Litern auf 100 Kilometer.
Ausstattung, Komfort, Technik
Als Mitglied der M-Familie kann der Kompaktwagen eine ganze Reihe serienmäßiger Highlights vorweisen. Dazu gehören unter anderem das digitale Cockpit, welches so ähnlich auch in anderen – größeren – BMW-Modellen zu finden ist.
Ebenso serienmäßig an Bord des BMW 128ti ist das große Zentraldisplay mit dem Navigationssystem, welches neben einer erstklassigen und zuverlässigen Routenführung auch eine übersichtliche Kartendarstellung vorweisen kann – auch hier zeigt sich der kleine Haudegen also ganz im Sinne der größeren Geschwister.
Das LED-Scheinwerferlicht wird ab Werk integriert und macht auch schnelle Nachtfahrten zum sicheren Unterfangen, was die Ausleuchtung der Fahrbahn angeht. Unser Testfahrzeug besaß obendrein die zuverlässig und schnell arbeitende adaptive Ausblendfunktion, die für 500 Euro extra eine echte Empfehlung ist.
Und dennoch – es wäre kein echter BMW, wenn es keine umfangreiche Ausstattungsliste gäbe, mit der man den Preis deutlich nach oben korrigieren kann. Dann darf man sich aber auch über Dinge, wie ein Panoramaglasdach, Sitzheizungen vorne, eine Klimaautomatik, eine Lenkradheizung oder die mitunter etwas zu sensitive Gestiksteuerung freuen.
In unserem Testwagen gab es zudem den adaptiven Tempomaten, der auch die Stop&Go-Funktion bestens im Praxistest zelebrierte. Akustisch spielte im Testwagen eine gut 900 Euro extra aufrufende Harman/Kardon Surround-Soundanlage auf. Den Klang beschreiben wir als angenehm neutral, sehr natürlich und auf Wunsch mit ebendiesem Surround-Raumeffekt.
Richtig gut erwies sich auch die Ladefunktion der kabellosen Ladestation. Da das Mobilgerät schräg in das Ladefach eingelegt wird, bleibt es auch bei forcierter Fahrweisen Ort und Stelle belassen und der Ladevorgang blieb über den gesamten Testzeitraum stets zuverlässig sowie ohne Unterbrechungen.
Empfehlenswertes Extra: Die elektrische Heckklappe bewegt sich in beide Richtungen schnell und der Fußschwenk funktionierte während der gesamten Testzeit ohne Ausnahme absolut zuverlässig.
Varianten und Preise des BMW 128ti
Der Einstieg in die M-Familie der 1er-Riege beginnt ab 44.600 Euro und damit liegt der Bavare preislich deutlich über seinen Konkurrenten, wie dem Golf GTI, der einen gut 8.000 Euro niedrigeren Einstiegspreis vorlegt. Noch eklatanter wird der Unterschied zum 250 PS starken Hyundai i30 N, der sogar für 11.500 Euro weniger den Besitzer wechselt.
Dafür ist der Premiumanspruch des Münchners nicht nur auf dem Papier zu finden, sondern in jeder Hinsicht und in allen Details. Das ist nun mal ein kostenintensiver Faktor und wer es ausstattungstechnisch auf die Spitze treibt und alles mitnimmt, was im Optionenkatalog ankreuzbar ist, landet bei über 55.000 Euro für seinen 128ti.
Fazit – Ein Hot-Hatch-Buster im feinen Zwirn
Der BMW 128ti zeigte sich im Test als Premium-GTI-Gegner mit dem Hang zu gefallen. Allerdings ist er weniger kompromissbereit als die Pendants aus Wolfsburg und Ingolstadt. Rein vom Komfortfaktor rangiert der „Turismo Internazionale“ – dafür steht das Kürzel „ti“ – ungefähr auf dem Level eines Hyundai i30 N und ist damit als bretthart einzustufen.
Der BMW 128ti fällt auf und besitzt bereits in seiner Optik ordentlich Feuer. Auf der Bahn kann er Vorausfahrende dadurch ziemlich schnell einschüchtern, wie wir in so mancher Situation während unserer Testfahrten feststellen durften.
Noch mehr Fahrspaß gibt’s mit diesem Hot Hatch – oder besser Hot-Hatch-Jäger? – auf kurvigen Strecken, auf denen er sein Potenzial entfaltet. Seine etwas harsche Vorderachssperre muss man akzeptieren, dann gibt es im Grunde nur noch Einklang zwischen Fahrer und Maschine.
Die Fahrfreude ist bei Sportfahrern in diesem Auto jedenfalls auf Topniveau und seine sportive und zugleich edel wirkende Ausstattung unterstreicht den Premiumanspruch immens. All das zeichnet den Bavaren aus und zeigt, dass er nicht für den Track gemacht wurde, aber auf der Straße ein Spaßgarant ist.
Er ist kein Radaubruder, sondern vielmehr ist der 128ti der athletisch durchtrainierte Gentleman mit Manieren, oder der Sportler im Designer-Sportdress. Das hat leider auch seinen Preis. Wer mehr davon ausgeben will und mehr Komfort bei noch mehr Power wünscht, für den steht der M135i xDrive bereit, der neben Allradantrieb auch die 300-PS-Marke knackt und damit in den Gefilden eines VW Golf R oder Honda Civic Type R wildert.
Kamera: Canon EOS 5D Mark III
Technische Daten: BMW 128ti
- Farbe: Alpinweiß Uni
- Länge x Breite x Höhe (m): 4,32 x 1,80 (2,08 mit Außenspiegeln x 1,43
- Radstand (mm): 2.670
- Antrieb: Vierzylinder Turbo-Ottomotor mit OPF
- Leistung: 195 kW (265 PS) bei 4.750 bis 6.500 rpm
- Max. Drehmoment (Nm): 400 bei 1.750 bis 4.500 rpm
- Hubraum: 1.998 ccm
- Getriebe: 8-Gang-Automatik Steptronic
- Antriebsart: Front
- Durchschnittsverbrauch (WLTP): 6,9 l/100 km
- Durchschnittsverbrauch (NewCarz): 9,1 l/100 km
- CO2-Emissionen (Werksangabe): 157 g/km
- Abgasnorm: Euro 6d-ISC-FCM
- Höchstgeschwindigkeit: 250 km/h (elektronisch begrenzt)
- Beschleunigung von 0 auf 100 km/h: 6,1 Sekunden
- Wendekreis (m): 11,4
- Bodenfreiheit (mm): 153
- Kofferraum (l): 380 bis 1.200
- Leergewicht (kg): 1.520
- Zuladung (kg): 480
- max. Anhängelast ungebremst/gebremst bis 12% (kg): -/-
- max. Stützlast (kg): –
- max. Dachlast (kg): 75
- Tankinhalt (l): 50
- Kraftstoffart: Benzin E5/E10 mind. 95 Oktan (98 empfohlen)
- Neupreis des Testwagens: 54.210 Euro (Basispreis: 44.600 Euro)
Unser Chefredakteur erstellt seit 2015 schwerpunktmäßig Fahrberichte und testet alle Fahrzeuge akribisch – mit Liebe zum Detail – auf Herz und Nieren. Dabei entgeht ihm nichts. Seine Objektivität bewahrt er dabei kompromisslos. Robertos Spezialgebiete sind neben SUVs und Kombis die alternativen Antriebskonzepte. Sein Herz schlägt aber auch gern im V8-Takt.