Wer bei einem Cadillac an eine urtypische Amikiste denkt, mit großvolumigen V8 und einem butterweichen Fahrwerk, das an heimische Couchgarnituren erinnert, liegt mit dem Cadillac ATS-V derart falsch, dass sich ein Erstkontakt in einer Art Schocktherapie offenbaren könnte.
Die US-amerikanische Mittelklasse setzte als ATS vor fünf Jahren erstmals Fuß auf dem europäischen Markt. Damals noch weniger selbstbewusst und mit wenig Akzeptanz in der potenziellen Käuferschaft.
Doch dies änderte sich mit einer Erweiterung der Motoren- und Ausstattungspalette zu den Performance-V-Modellen deutlich.
Spätestens mit dem Cadillac ATS-V wird das eigentliche Ziel des amerikanischen Herstellers, nämlich den europäischen Performance-Konkurrenten wie BMW M3 oder Audi RS4 Paroli bieten zu können, auch echte Realität. Doch dazu kommen wir noch.
Wir haben die ATS-V Limousine, deren Wiege im US-amerikanischen Michigan steht, einem detaillierten Test unterzogen. Nachfolgend unsere Ergebnisse als Fahrbericht.
- Exterieur
- Interieur
- Motor und Fahreigenschaften
- Assistenz, Technik, Sicherheit
- Ausstattung und Komfort
- Varianten und Preise
- Garantie und Service
- Fazit
- Technische Daten
Exterieur – vertikale Akzente versus Mainstream
Wer diesen Cadillac erstmalig in freier Wildbahn sichtet, kommt nicht daran vorbei, ohne einen zweiten oder dritten Blick zu wagen. Die extrem geduckte Haltung der Limo wird von senkrechtstehenden Lichtsignaturen derart antagonistisch kontrastiert, dass man seine Augen einfach nicht lösen möchte.
Die Front versprüht mittels zweigeteiltem Frontgrill, zueinander in invertierter Trapezform angelegt, eine unbändige Willenskraft, welche auch einen halbtransparenten Blick auf die Eingeweide der Limousine erlauben. Der Blick der weit in die Seitenlinie verlaufenden Scheinwerfer ist dem des großen Bruders Cadillac CTS-V nicht unähnlich, aber noch etwas größer, spitzer, schärfer.
Als Freiluftfetischist erhielt der ATS-V eine karbongefütterte Hutze auf dem Powerdome der Motorhaube, über der nach einem „Kampfeinsatz“ gehörig die Luft flimmert. Doch wir wollen nicht vorgreifen.
Ein dem optionalen Sportpaket zugehöriges Aerodynamik-Kit zeigt sich an diversen Fahrtwindoptimierern, meist aus dem edlen kohlefaserverstärkten Kunststoff Karbon gefertigt – nur mit einer mehrschichtigen Klarlackhülle versehen, um dies auch stolz zeigen zu können.
In der Seitenansicht zeigt sich der Cadillac ATS-V im Vergleich schon fast wieder brav. Keine Kiemen, keine Flaps, nur die hohe, weiter ansteigende Gürtellinie und die Silhouette des Heckspoilers künden verhalten von den Ambitionen der Sportlimousine. Die geschmiedeten 18-Zoll-Aluminiumräder füllen die Radhäuser gut, ohne unterdimensioniert zu wirken.
Am Heck erwarten den Betrachter auch besagte vertikal angelegten Lichtsignaturen der Heckleuchten und ein Vierrohr-Abgassystem, dessen Anordnung und Form schon nah an denen des Münchner Konkurrenten mit dem 13. Buchstaben des Alphabets als Modellbezeichnung ähnelt.
Der mittig vertikal verlaufende Knick in der Karosserie sorgt bei entsprechenden Lichteinfällen für spannende Reflexionen und verleiht den Cadillacmodellen einen hohen Wiedererkennungswert.
Interieur – Wertstoffe als Werkstoffe
Willkommen im Karbonzeitalter, in denen sich Alcantarafälle über Flanken und Bögen ergießen sowie fixatorische Verweilelemente aus dem Recaroland für den notwendigen Halt der Insassen sorgen.
Poesie beiseite, auch wenn man dieser schnell beim Betrachten der beeindruckenden Innenraumgestaltung verfallen könnte. Besagtes Alcantara findet sich nicht nur auf den Sitzflächen und dem wunderbar in den Händen liegenden Multifunktionslenkrad, sondern wird auch überall stilsicher als Dekor verwendet – kontrastiert mit dem Einsatz von Karbon und Leder. Ein Wohlfühlfaktor existiert von Anbeginn permanent.
Es gibt eine sehr passende Umschreibung für das Platznehmen auf dem Fahrersitz: „Der passt wie ein Turnschuh“. Und genau so fühlt es sich an. Nichts drückt, nirgends kneift es, man fühlt sich wie umhüllt vom Sitz plus Interieur, welches mittig von einer recht hoch verlaufenden Mittelkonsole in Back- und Steuerbord aufgeteilt wird.
Den fast durchweg hochwertigen Materialien gerecht werdend, erweist sich auch deren Verarbeitung als vorbildlich, ohne jegliche Beanstandung. Wir konnten auch nach akribischer Durchsicht keinen einzigen Fehler finden. Nähte, Spaltmaße, Passungen und Kanten – all dies verdient im Cadillace ATS-V die Note eins.
Die Bedienelemente gibt es in nicht unbeträchtlicher Anzahl, wobei einige davon als berührungsempfindliche Sensoren ausgelegt wurden, was bei blinder Bedienung zu fehlender Rückmeldung führt. Außerdem erweist sich eine Kombination aus Sensortasten und einem Hochglanzdekor – was bei Cadillac Jet-Black heißt und dem von Klavierlack entspricht – als fast schon grotesk. Fingerprints ohne Ende sind bereits nach wenigen Minuten des Herumprobierens das Resultat.
Die Multifunktionstasten am Lenkrad geben ihre Zugehörigkeit erst nach eingeschalteter Zündung zu erkennen – vorher bleiben sie ohne Beschriftung beziehungsweise Beleuchtung.
Vorne residiert man in zwar begrenzten, aber dennoch ausreichenden Platzverhältnissen. Die Recaro-Sportsitze namens RECARO Mulan legen sich wie Zangen um den Körper, ohne dabei unkultiviert zu wirken.
Die Schalenform reduziert allerdings die Beinfreiheit auf der zweiten Reihe erheblich. Da müssen Passagiere auf der 2+1 Sitzreihe auch leichte Abstriche bei der Kopffreiheit hinnehmen, welche aufgrund der abfallenden Dachlinie vor allem größere Personen einschränken. Auch der Zustieg erweist sich aus diesem Grund etwas umständlich. Aber das ist schlussendlich auch kein Sharan, den wir hier testen.
Auch der Laderaum mit 295 Liter Volumen ist sicherlich nicht familienoptimiert, aber zumindest gibt es eine Durchlademöglichkeit, um etwas sperrigere Gegenstände zu transportieren. Ein Kurzurlaub zu Dritt ist gepäcktechnisch absolut kein Problem.
Die Rundumsicht im Sportler mit Sportdress in VectorBlue-Metallic erweist sich als gut, mit massiven Einschränkungen nach hinten, was den extrem breiten C-Säulen und der kleinen Heckscheibe geschuldet ist, wobei dies durch eine Rückfahrkamera allerdings erfolgreich entschärft wird.
Motorisierung und Fahreigenschaften – Burn Baby, Burn!
Rufen wir zunächst die Leistungsdaten auf und lassen sie wirken. Ein 3.6-Liter-Biturbo-V6 leistet 470 PS und ein maximales Drehmoment von 603 Newtonmetern bei 3.500 Umdrehungen pro Minute. Übertragen wird diese Kraft von einer 8-Stufen-Automatik auf die Hinterachse. Sacken lassen.
Finger auf den Startknopf und los. Der Sechszylinder erwacht recht unspektakulär zum Leben. Kein übermäßiges Röhren oder Donnern und im Leerlauf so brav wie Mamas Einkaufskombi. Nun gut, wir verändern vorerst keinen Fahrmodus, schalten den in wunderschönem Alcantara gekleideten Wahlhebel auf „D“ und lassen das Bremspedal los. Dann der erste Kontakt mit dem Gaspedal.
Was ist denn das? Es scheint, als wäre das Gaspedal der Auslöser an einer Haubitze der Artillerie, so ultraschnell fühlt sich die Umsetzzeit zwischen Gasfuß und Leistungsabgabe des Motors an. Moment! Wie war das gleich? Ein Turbomotor? Da erwartet man doch immer dieses – wenn bei sportlichen Modellen auch sehr kleine – Luftholen vor dem Turbopunch, oder?
Dies ist beim Cadillac ATS-V scheinbar nicht vorhanden. Die Reaktionszeit dieser Maschine liegt irgendwo zwischen Samurai und Ninja im Kampfeinsatz – sie ist gefühlt kaum vorhanden. Zu verdanken ist dieses roadrunnergleiche Ansprechverhalten wohl unter anderem den superleichten Turbinenrädern aus Titan-Aluminid sowie Pleuelstangen aus Titan. Weniger Gewicht bewegender Teile resultieren hier in einem echten Vorteil.
Wir fahren den Motor zunächst behutsam warm, warten geduldig bis alle Betriebstemperaturen erreicht sind.
Und der Vortrieb, der jetzt kommt, ist enorm. So enorm, dass die Drehzahlnadel in exorbitanter Geschwindigkeit Richtung roten Bereich katapultiert wird – auch wenn das letzte Viertel im Vergleich zum Beginn der Leistungsentfaltung etwas pappig wirkt. Ein Stück bevor der Drehzahlmesser rotsieht, schaltet der Wandler in den nächsten Gang. Leider nicht mit der Geschwindigkeit eines Doppelkupplungsgetriebes, aber mit einem für eine Wandlerautomatik sehr beachtlichen Tempo.
Im ersten und zweiten Gang kämpfen die Sport-Pneus bemüht um Traktion – die Performancebereifung mit Michelin Pilot Super Sport benötigt auch eine gewisse Betriebstemperatur. Ist diese erreicht, bauen sie einen wirklich beeindruckenden Grip auf, der Kurvengeschwindigkeiten jenseits von Gut und Böse zulässt.
Ein insgesamt straff abgestimmtes Fahrwerk kommt dem Sportsgeist in jeder Hinsicht zugute. Auch wenn die knapp über dem Asphalt duckende Haltung der Karosserie die Alltagstauglichkeit geringfügig einschränkt, was insbesondere Bordsteine, Verkehrsberuhigungsschwellen oder steile Ein- und Ausfahrten betrifft.
Dank Magnetic Ride Control reagiert das Fahrwerk blitzschnell auf jede Änderung – neben der Temperatur wird der Fahrbahnzustand bis zu 1.000-mal pro Sekunde analysiert. Das elektronische Differential mit Schlupfbegrenzung sorgt zudem dafür, dass die Kraft jederzeit über beide Räder der Hinterachse verteilt wird.
Dennoch kann man mit dem Cadillac ATS-V auch vollkommen problemlos große Strecken von über 500 Kilometern fahren, ohne sich zu fühlen, eben am einem 24-Stunden-Rennen teilgenommen zu haben. Selbst ruhiges Dahingleiten ist absolut kein Problem. Bei 100 km/h liegen fast schallisolierend wirkende 1.400 Touren an, bei 150 km/h sind es immer noch nervenschonende 2.200 Touren. Eine Ausgewogenheit, die ihresgleichen sucht.
Wir wollen jedoch mehr, den Sportsgeist vollends entfachen und schalten den Fahrmodus auf Sport. Und siehe da, das Zusammenspiel geschärfter Kennfelder und Abstimmungen lassen den ATS-V nochmals deutlich giftiger agieren. Noch zackiger wirkt die ohnehin bereits damastklingenscharfe Lenkung, noch tiefer in die Fahrbahn verkrallt sich das Fahrwerk. Das Kurvenverhalten des Cadillac ATS-V kann im wahrsten Sinne des Wortes atemberaubend bezeichnet werden.
Der Motorensound des ATS-V bleibt dabei kernig, aber überwiegend zurückhaltend, erst bei Drehzahlen jenseits der 4.000 beginnt der V6 einen röhrig-rauchigen Tenor zu mimen. Dabei bleibt er aber weitaus unspektakulärer und damit durchaus authentischer als andere Konkurrenzmodelle. Power statt Krawall heißt hier die Devise – oder noch besser: Weniger ist mehr.
Jetzt wollen wir es aber wissen und gehen auf eine abgesperrte Strecke. Das Superlativ als Fahrmodus steht nämlich noch aus: Rennstrecke. Hier nutzen wir die Schaltpaddels am Lenkrad und geben dem Cadillac ATS-V die Sporen. Das resultierende Feuerwerk ist Freude und Genuss zugleich. Sauber reißt der Sechszylinder die Drehzahlbänder der einzelnen Gänge wie Kalenderblätter ab und marschiert scheinbar unaufhaltsam nach vorn.
Hier werden jedoch die Grenzen der Automatik noch deutlicher. Was im Automatikmodus noch einigermaßen zusammenpasst – wenn bereits mit deutlich spürbarem Zeitverzug – lässt den manuellen Schaltwippenfetischisten immer wieder in den roten Bereich tapsen, weil das Getriebe einfach nicht schnell genug reagieren kann. Doch nach wenigen Schaltvorgängen sollte sich ein einigermaßen versierter Fahrer an diese Charakteristik gewöhnt haben und die Schaltwippen entsprechend eine Zacke früher bedienen.
Unsere Stoppuhr zeigt nach dem dritten Versuch 3,97 Sekunden beim Erreichen von Tempo 100 – unter vier Sekunden geschafft! Übrigens sind wir uns einig, dass der ATS-V im Zusammenspiel mit einem Doppelkupplungsgetriebe diesen Wert definitiv nochmals unterbieten könnte. Eine Wandlerautomatik besitzt nun mal einen konstruktionsbedingten – wenn in diesem Fall auch minimal gehaltenen – Drang zur Verzögerung beim Schalten.
In Kurven krallen sich die betriebswarmen Michelin bissig in den Asphalt und sichern hier bestmögliche Traktion für den Hecktriebler. Wehe dem, der versucht, dies mit kalten Reifen zu fabrizieren. Das Heck befindet sich dabei nämlich bereits beim leicht straffen Anfahren im Sambamodus und die Antischlupfkontrollleuchte blinkt im Takt zum Lambadarhythmus des Fahrzeughecks.
Erleichternd dabei wirkt der sich bereits am Horizont mit wedelnder Fahne zu Erkennen gebende Grenzbereich. Dadurch lässt sich der Cadillac ATS-V auch in solchen Situationen meisterhaft beherrschen und sorgt ganz nebenbei für exorbitante Mengen an Fahrspaß.
Wenn es sein soll, rennt die Sportlimo über 300 Sachen. Der Hersteller gibt 304 km/h an, der Tacho meint, es wären 313 und das GPS verrät uns 307 km/h, welche der ATS-V im vorletzten Gang erreicht. In jedem Fall ein Auto für den „Klub >300“. Doch wir mussten dabei beobachten, dass der Cadillac ATS-V bei hohen Geschwindigkeiten – ungefähr jenseits der 260 – einen deutlichen Hang zur Nervosität an den Tag legte.
In diesen Bereichen fordert das Auto vollste Konzentration und verlangt dem Fahrer maximale Aufmerksamkeit ab. Doch wer fährt über 300 nicht voll konzentriert? Dennoch, in anderen Autos wie beispielsweise dem Panamera Turbo S gelingt dies bedeutend entspannter. Zugegeben, der ist eine ganz andere Liga, doch der Aspekt sollte zumindest einmal erwähnt sein.
Was uns mindestens genauso beeindruckt hat wie die Kraftentfaltung des Biturbo, war die Negativbeschleunigung durch eine Brembo-Bremsanlage. Hervorragend dosierbar vernichteten Sechskolben-Bremszangen die kinetische Energie bei Bedarf mit derart brachialer Natur, dass den Insassen ungefragt die Zunge aus dem Hals fuhr. Einziger kleiner Störfaktor ist ein bei behutsamen Bremsvorgängen – beispielsweise im Stopp-and-Go-Betrieb – ständig auftretendes Quietschgeräusch.
Das ESP regelt von Haus aus recht spät, aber greift im Fall der Fälle zunächst sanft, bei harschen Verfehlungen aber vehement ins Geschehnis ein. Vor allem im Modus „Sport“ und ganz besonders im Modus „Rennstrecke“ scheint das ESP in einer Art Standby zu schlummern und lässt dadurch auch Drifts im deutlich zweistelligen Gradbereich zu.
Beim Thema Verbrauch gab es die nächste Überraschung. Wir können uns sicher darauf einigen, dass der Cadillac ATS-V kein Vorzeigeobjekt für effizientes, ökologisch korrektes Fortbewegen sein soll. Dennoch geht ein während unseres Tests gefahrener Durchschnitt von 11,8 Liter für die erbrachte Leistung vollkommen in Ordnung. Wenn man dabei bedenkt, dass wir hier nur 0,4 Liter über der Werksangabe lagen, ist dies durchaus bemerkenswert.
Besonders feinfühlige Streicheleinheiten für das Gaspedal belohnt der ATS-V sogar mit deutlich einstelligen Werten. Aber das macht weder Spaß, noch ist es im Sinne des Erfinders des schnellen „V“.
Bleifußfanatiker und Nur-Stadt-Fahrer müssen sich allerdings mit drei bis fünf Litern über dem erreichten Durchschnitt arrangieren. In Anbetracht der aufgerufenen Performance ist auch das noch absolut respektabel. Dazu kommt, dass zwar Super Plus empfohlen wird, aber auch herkömmliches Super mit Oktanzahl 95 anstandslos konsumiert wird. Der geringfügige damit einhergehende Mehrverbrauch geht in der fahrabhängigen Bandbreite des Alltags komplett unter.
Assistenz, Technik, Sicherheit
Auch bei diesen Themen präsentiert sich der Cadillac ATS-V mit einem reichhaltigen Angebot.
Die wichtigsten Assistenzsysteme erhält man im Rahmen des mit 6.500 Euro auf den ersten Blick nicht unbedingt günstigen Sportpaket. Doch dieses hat es in sich. Neben den ganzen aerodynamischen Modifikationen – zumeist aus Karbon – findet nämlich auch ein Driver-Awareness-Paket den Weg in den Sportler.
Dieses besteht im Einzelnen aus einer Abstandsanzeige, einer sauber agierenden Verkehrszeichenerkennung, einem Fernlichtassistenten, einer dezent gegenlenkenden, aber wirksamen Spurhalteunterstützung und einem Toter-Winkel-Assistent inklusive Querverkehrswarnung.
Angezeigt und eingestellt wird dies alles über die digitale und mehrfarbige 5,7-Zoll-Instrumentengruppe, welche als Cockpitinstrument dient und dem zentrierten 8-Zoll-Farbdisplay mit Touchfunktion. Letztgenannter gehört zum CUE Informations- und Mediensystem – CUE steht für Cadillac User Experience – zu dem auch das Navigationspaket gehört.
Dieses besticht durch exakte und klar verständliche Routenführung in Bild und Ton, sowie schnelle Rechnerarbeit beim Finden der entsprechend gewünschten Route. Auch die Sprachsteuerung erkannte prompt und zuverlässig den gewünschten Zielort.
Auch via Headup-Display lassen sich Routenführungen per Pfeil und Entfernungsangaben an die Windschutzscheibe projizieren. Das HUD ist ein alter Bekannter aus dem GM-Konzern und konnte bereits in Modellen von Opel und Chevrolet überzeugen.
Auch in puncto Connectivity glänzt der Cadillac ATS-V durch alles, was man sich heutzutage wünscht. Bluetooth, Android Auto, Apple Car Play oder USB-Schnittstellen plus AUX-In – alles da. Was uns allerdings während unseres Tests nicht gelang, war die Nutzung eines USB-Speichers als Musikquelle. Verschiedene Modelle, von 2 – 16 GB wurden allesamt nicht erkannt.
Eine mitunter hektische Betriebsamkeit entwickelte der Frontkollisionswarner, der auch schon mal bei vollkommen harmlosen Situationen die Alarmglocken läuten lies. Doch lieber einmal zu viel gewarnt, als ein einziges Mal zu wenig.
Das Hauptlicht wird von Xenon-Gasentladungslampen übernommen, deren Reichweite und Helligkeit dem guten Durchschnitt entspricht. Im Vergleich mit modernen LED-Scheinwerfern und auch manchen Xenonbeleuchtungen kann der ATS-V jedoch nicht ganz mithalten. Vor allem die inhomogene Ausleuchtung mit vielen Schattenbereichen im Sichtfeld hat uns weniger imponiert.
Auf der Autobahn wird bei Dunkelheit das eigene Leuchtfeld permanent von anderen Verkehrsteilnehmern überleuchtet. Dieses Ergebnis hat uns sehr überrascht, so konnte doch der große Bruder Cadillac CTS-V in diesem Kapitel deutlich besser abschneiden.
Die 5,7-Zoll-Instrumentengruppe hinter dem Lenkrad wurde in drei Bereiche unterteilt und jede für sich kann entsprechend der Inhalte individuell konfiguriert werden. Neben konventionellen Dingen wie dem Durchschnittsverbrauch oder der verbleibenden Reichweite kann man sich auch die einer Sportlimousine würdigen Informationen aufrufen lassen, wie zum Beispiel die Reifentemperatur oder den Turboladerdruck. Dadurch findet jeder seinen bevorzugten Informationsgehalt.
Einen Euro-NCAP Crashtest wurde mit dem Cadillac ATS-V nicht durchgeführt. Doch ein NHTSA-Crashtest ergab ein Vier-Sterne-Ergebnis für den Sportler.
Die NHTSA – die National Highway Traffic Safety Administration testet unter anderem regelmäßig Fahrzeuge unter etwas anderen Bedingungen als die NCAP auf ihre Crashsicherheit.
Ausstattung und Komfort – Rennkabine und Chill-out-Area
Im Cadillac ATS-V kommt trotz intensiver Anwendung von Sportgenen der Komfort nicht zu kurz. Wenn Alcantara und Carbon die perfekte Liaison zum sportlichen Ambiente eingehen, müssen komfortorientierte Insassen nicht gleich die Hände über den Kopf zusammenschlagen.
Neben maximaler Längs- und Querfixierung findet man auf den Recaros nämlich auch ein unerwartet bequemes Sitzgefühl. Das Memorypaket besitzen beide Vordersitze, der Fahrersitz merkt sich neben den 16-fachen Einstellwegen auch die Einstellung der Außenspiegel und Lenksäule. Was will man mehr? Okay, Sitzheizungen, auch die gibt es auf den vorderen Plätzen und heizen bei Bedarf schnell und mehrstufig ein.
Motorsport-Enthusiasten mit Auswertungsbedarf können optional den Performance-Data-Recorder ordern. Das aus der Corvette C7 bekannte System zeichnet Videos von der Rennstrecke inklusive Audio aus dem Innenraum auf. Komplett macht dies das Hinzufügen von entsprechenden Telemetriedaten wie Rundenzeiten, g-Kräfte und Beschleunigungswerte. Somit ist man in der Lage seine Fahrerlebnisse zu analysieren oder – was wohl sicher so manchem Selbstwertgefühl helfen soll – mit anderen teilen.
Das Smartphone kann während dieser Zeit sicher im induktiven Ladefeld der drahtlosen Ladestation am vorderen Ende der Mittelkonsole verweilen und dabei aufgeladen werden.
Aufgrund des stark zurückhaltenden Motorensounds empfiehlt sich zudem die Nutzung des serienmäßigen Bose-Centerpoint-Surround-Soundsystems, welches über zehn Premiumlautsprecher die Insassen mit der entsprechenden akustischen Untermalung versorgt. Der Klang des Systems lässt sich als warm und dynamisch bezeichnen. Das Bassgefüge kommt dabei leicht dominant und prädestiniert sich dadurch besonders zu dazu passenden Musikstilen wie Drum & Bass oder Rock.
Das schlüssellose Zugangs- und Startsystem vervollständigt das Komfortangebot im Cadillac ATS-V.
Varianten und Preise Cadillac ATS-V
Die sportliche V-Variante wird ausschließlich mit dem Sechszylinder-Biturbo-V-Benzinmotor angeboten. Der 2.0-Liter-Turbobenziner mit 276 PS aus der ATS-Limousine bleibt hier außen vor.
Auch bei der Kraftübertragung gibt es aktuell keine Auswahlmöglichkeit – die 8-Gang-Automatik gilt als gesetzt.
Einzig bei der Karosseriewahl hat der geneigte Kunde die Möglichkeit einer Wahl zwischen Limousine ab 69.900 Euro oder dem 2.600 Euro teureren Coupé für mindestens 72.500 Euro.
Voll ausgestattet kostet der Zweitürer 88.100 Euro.
Garantieleistungen und Service
Auf den ATS-V gewährt Cadillac eine dreijährige Neuwagengarantie bis zu 100.000 Kilometer – je nachdem was zuerst eintritt. Die Lackgarantie gilt für drei, die Garantie gegen Durchrostung für sechs Jahre – jeweils ohne Kilometerbegrenzung.
Eine Mobilitätsgarantie gibt es für die ersten drei Jahre, die Cadillac als kostenlose Mitgliedschaft im Pannenhilfe-Programm bezeichnet. Wie der Name schon sagt, ist eine über diesen Zeitraum hinausgehende Mitgliedschaft kostenpflichtig.
Eine Art Flatrate für die Inspektions- und Wartungskosten sieht Cadillac nicht vor und bietet nichts Entsprechendes an.
Zusammenfassend sind die angebotenen Garantie- und Serviceleistungen von durchschnittlicher Natur.
Fazit – Troublemaker aus Michigan
Fassen wir zusammen. Wir haben eine jung-dynamisch wirkende, sehr gut ausgestattete und verarbeitete Sportlimousine mit 470 PS und über 600 Newtonmeter Drehmoment, die ihr Fanggebiet klipp und klar in das Einzugsgebiet von Platzhirschen wie BMW M3, Mercedes AMG C63 oder Audi RS4 ausschreibt. Selbstbewusst ist diese Herausforderung, aber nach unserem Test sind wir uns einig, dass sie auch absolut berechtigt ist.
Nichts, aber auch gar nichts erinnert mit diesem Cadillac an monströse, großvolumige, bärenstarke und dennoch schwermütige Amischlitten vergangener Jahrzehnte. Ganz im Gegenteil. Der Cadillac ATS-V versprüht Agilität und Temperament aus einem Feuerwehrschlauch im C-Format. Die Konkurrenz darf sich warm anziehen.
Ist der Amerikaner mit allen Sinnen auf Betriebstemperatur, können die süddeutschen Konkurrenten auf Kurvenhatz auch nur hinterherdonnern – mit keiner wirklichen Option aufs Überholen. Nur auf der Geraden fehlt der V-Limo die letzte Ecke an Ausdrehfreudigkeit und vor allem an Schaltgeschwindigkeit. Aber das sind Nuancen, die im Alltag so gut wie nie entscheidend sein dürften.
Entscheidend ist allerdings, dass der Cadillac ATS-V bedeutend günstiger als der Wettbewerb ist und dass er eine durchweg einnehmende Fahrcharakteristik besitzt, die an Ausgewogenheit kaum zu überbieten ist.
Eine Spaßmaschine mit Alltagstauglichkeitszertifikat und dem in heutiger Zeit so wichtig gewordenen Faktor Individualität, mit dem er sich mit charakterstarker und eigenwilliger Signatur vom Mainstream abzuheben weiß. Das erkennen auch immer mehr motorsportbegeisterte Individualisten – zugunsten von Cadillac.
Text und Bilder: NewCarz / Video: NHTSA
Kamera: Canon EOS 6D
Technische Daten: Cadillac ATS-V Sedan (Limousine)
Farbe: Vector Blue Metallic
Länge x Breite x Höhe (m): 4,64 x 1,81 x 1,42
Radstand in mm: 2.775
Motor: V6-Benzinmotor mit Twinturboaufladung
Leistung: 346 kW (470 PS) bei 5.850 rpm
Hubraum: 3.564 ccm
Max. Drehmoment: 603 Nm bei 3.500 rpm
Getriebe: 8-Gang-Wandlerautomatik Hydra-Matic
Antrieb: Heck
Verbrauch kombiniert (NEFZ-Norm): 11.4 L/100 km
Durchschnittsverbrauch (NewCarz): 11,8 L/100 km
CO2-Emissionen (Herstellerangabe): 265 g/km
Abgasnorm: Euro 6
Höchstgeschwindigkeit: 304 km/h
Beschleunigung von 0 auf 100 km/h: 3,9 Sekunden
Leergewicht: 1.700 kg
Laderaumvolumen: 295 Liter
Kraftstofftank: 61 Liter
Neupreis des Testwagens: 83.450 Euro
Unser Chefredakteur erstellt seit 2015 schwerpunktmäßig Fahrberichte und testet alle Fahrzeuge akribisch – mit Liebe zum Detail – auf Herz und Nieren. Dabei entgeht ihm nichts. Seine Objektivität bewahrt er dabei kompromisslos. Robertos Spezialgebiete sind neben SUVs und Kombis die alternativen Antriebskonzepte. Sein Herz schlägt aber auch gern im V8-Takt.
4 thoughts on “Cadillac ATS-V Test – Berserker mit Manieren”