Mit dem Kia e-Soul wird der polarisierende Crossover in seiner dritten Generation in Europa ausschließlich als E-Fahrzeug angeboten.
Die Reaktionen hierauf waren gespalten. Kann der Trendsetter aus Korea die Erwartungen erfüllen? Oder muss seine Kundschaft in Zukunft in urbanen Gefilden beheimatet sein? Fahrbericht!
Design – Hat der noch Soul?
Die optischen Änderungen des neuen Kia e-Soul fallen dem geneigten Betrachter unmittelbar ins Auge. Schon von weitem machen schmale Scheinwerfer in Voll-LED-Technik unmissverständlich klar, dass der Crossover kein verspieltes Versuchsobjekt ist, sondern ein ernstzunehmender Konkurrent für Stilliebhaber und Trendsetter mit einem Faible für Extravaganz.
Die Front zeigt extrem schmale Scheinwerfer, welche durch eine Zierleiste verbunden werden und irgendwie futuristisch wirken. Zwei Etagen tiefer kommt ein silberner Rahmen als Zierelement zum Einsatz, während rechts und links Nebelscheinwerfer und Blinker eine eigene Einheit zugeteilt bekommen haben.
Von der Seite betrachtet, bleibt der Kia e-Soul seiner Tradition treu. Nirgends wirklich einsortierbar und somit stetig polarisierend, offeriert der Van-artige Soul auch in seiner neusten Generation das typische Querdenker-Flair. Das an unserem Testwagen schwarz abgesetzte Dach und die massive C- beziehungsweise D-Säule betont derweil die hoch abschließenden Türen, die wiederum mit auffälligen, verchromten Türgriffen aufwarten. Eine dezente Beplankung sorgt indes für eine leicht maskuline Note.
Das Heck des Stromers wurde ebenfalls überarbeitet und die Heckscheibe wird nun von den LED-Heckleuchten „gerahmt“. Ein kleiner angedeuteter Unterfahrschutz soll zeigen, dass auch ex-urbane Gefilde kein Hindernis für den Koreaner sind. Für Freunde der Ästhetik ist der Soul-Schriftzug am Kofferraumdeckel Ton-in-Ton gehalten.
Im Übrigen werden insgesamt sieben Einfarb- sowie sieben Zwei-Farb-Kombinationen für den Kia e-Soul angeboten.
Im Inneren des Kia e-Soul geht es trotz der extravaganten Außenhülle recht nüchtern zu. Das Highlight bietet der 10,25 Zoll große Touchscreen, der gestochen scharf und selbst bei starker Sonneneinstrahlung gut ablesbar ist.
Die Sitze im Kia e-Soul bieten auf den vorderen beiden Plätzen ausreichend Platz und Seitenhalt. Auf Wunsch sind diese zusätzlich beheizt und belüftet.
Auf den hinteren Plätzen geht es derweil platztechnisch nicht wirklich knapper zu. Die Kopffreiheit ist auch hier enorm und sofern kein Zwei-Meter-Riese auf dem vorderen Platz beheimatet ist, genießen auch größer gewachsene Menschen hinten ordentlich Beinfreiheit. Lediglich der Seitenhalt dürfte hinten etwas besser sein.
Der Kofferraum offeriert im Normalzustand 315 Liter, was für die täglichen Bedürfnisse als ausreichend deklariert werden darf. Bei umgeklappten Rücksitzen stehen maximal 1.339 Liter zur Verfügung.
Motor & Fahreigenschaften – Soul goes Electro
Wie bereits eingangs angesprochen, ist der neue Kia e-Soul — wie bereits der Name vermuten lässt — ausschließlich mit einem Elektroantrieb zu bekommen. Dafür stehen dem Kunden zwei verschiedene Batteriegrößen zu Verfügung — einmal mit 39,2 kWh und einmal mit 64 kWh.
Hieran gekoppelt sind auch unterschiedliche Leistungswerte. Während die kleine Batterie 136 PS offeriert und eine Reichweite von 276 Kilometern verspricht, bietet das 64 kWh Paket 204 PS und lässt den e-Soul bis zu 452 Kilometer weit rollen.
Im sogenannten City-Zyklus — ein Messzyklus, der hauptsächlich Fahrten im innerstädtischen Bereich zugrunde legt — sind es sogar bis zu 648 Kilometer.
Wir fuhren ebenfalls den 204 PS starken Crossover über Land, durch die Stadt und auf der Autobahn. Das Fahrverhalten ließ bereits nach wenigen Kilometern ein erstes Resümee zu: Gutmütig, aber mit viel Leistung und einer sehr neutralen Fahrwerksabstimmung.
Dieser Eindruck wurde auch im weiteren Testverlauf bestätigt, der Kia e-Soul bot keinen Anlass für Kritik und verrichtete alle ihm anvertrauten Aufgaben zu unserer Zufriedenheit. Kurze Unebenheiten wurden ordentlich geschluckt, während die leichtgängige Lenkung dem Fahrer besonders im urbanen Bereich viel Arbeit abnimmt.
Besonders erwähnenswert sind die verschiedenen Fahrmodi des Kia e-Soul. Vier an der Zahl stehen zur Verfügung und diese verändern den Charakter des Stromers erheblich. Im Sportmodus sprintet der knapp 1,8 Tonnen schwere Soul wie eine junge Gazelle voran, nach 7,9 Sekunden stehen 100 Stundenkilometer auf der Uhr. Maximal sind übrigens 167 km/h möglich, wir fuhren während unseres kurzen Tests allerdings nur 154 km/h, die subjektiv schnell erreicht wurden.
Ein Wechsel in den Normalmodus zeigt eine weitere Facette des Fahrzeugs. Hier verrichtet der Stromer seine Arbeit unaufgeregt, das Fahrpedal reagiert etwas besonnener auf Beschleunigungsbefehle und der Verbrauch sinkt ebenfalls. Dafür zeigt sich das Fahrwerk in diesem Modus sehr ausgeglichen, wenn nicht sogar komfortabel. Legt man zudem die mögliche Reichweite zugrunde, sollte der große e-Soul auch für längere Strecken einen guten Begleiter abgeben.
Zuletzt widmen wir uns den beiden Sparprogrammen Eco und Eco+. Im Eco-Modus wird das E-Mobil zum Sparfuchs und belohnt eine defensive Fahrweise mit zunehmender Reichweite. Aus unserer Sicht ist dieses Fahrprogramm ideal für die Stadt, im Stop&Go-Verkehr darf der e-Soul ständig rekuperieren und schnelle Sprints sind hier ohnehin überflüssig.
Der Eco+-Modus hingegen ist die extremere Form des letztgenannten Programm und schaltet in erster Instanz alle nicht benötigten Verbraucher wie beispielsweise die Klimaanlage aus. Darüber hinaus wird die Höchstgeschwindigkeit auf 90 km/h begrenzt — komme, was wolle. Dieser Modus ist aus Sicht der Redaktion vor allem dann interessant, wenn sich die Reichweite dem Ende neigt und ein paar Bonuskilometer entscheidend sein können. Ansonsten lassen sich auch mit dem herkömmlichen Eco-Modus beachtliche Verbrauchswerte realisieren, ohne auf die Komfort-Features im Fahrzeug verzichten zu müssen.
Apropos: Kia gibt den durchschnittlichen Verbrauch mit 15,7 kWh pro 100 Kilometer an. Während unseres Testes, in dem wir natürlich auch die Sprintqualitäten des 204-PS-Fahrzeugs erprobt haben, ergab sich ein Wert von 17,4 kWh. Interessant ist, dass dieser Wert binnen kürzester Zeit sinkt, sobald man beispielsweise im Eco-Modus unterwegs ist. Dann standen bei uns lediglich 16,5 kWh auf der Uhr. Diese Beobachtung führt uns zu der Vermutung, dass die Reichweite in der Praxis nicht nur in Abhängigkeit zur Fahrweise, sondern auch zum gewählten Fahrprogramm steht. Daher empfehlen wir, insbesondere den Sportmodus nur kurzzeitig aktiviert zu lassen.
Technik & Assistenz – Premium für den Styler
Der neue Kia e-Soul wird in drei Ausstattungslinien angeboten. Bereits in der kleinsten Version Edition 7 bietet der Stromer eine umfangreiche Serienausstattung, die unter anderem Voll-LED-Scheinwerfer, Smart-Key, ein Audiosystem mit 7-Zoll-Touchscreen sowie eine Smartphone-Integration und eine Klimaautomatik umfasst.
Besonders hervorheben möchten wir zudem das optionale Harman Kardon Soundsystem, welches wir bereits aus dem Kia Stinger kennen und welches uns bereits dort überzeugen konnte. Auch im Kia e-Soul bietet die Musikanlage einen sehr guten Klang mit klaren Höhen und angenehm tiefen, aber nicht aufdringlichen Bässen.
Hierzu passt im Übrigen die sogenannten impulsgesteuerte Ambientebeleuchtung. Diese lässt das Ambientelicht auf Wunsch im Takt der Musik pulsieren, was den Stromer im übertragenen Sinne in eine rollende Disco verwandelt, was wiederum dem speziellen Wesen des Soul gerecht wird und vor allem einer jüngeren Klientel gefallen dürfte. Das Ambientelicht umfasst übrigens acht Farben und sechs sogenannte Themen.
Dem Komfort zuträglich sind unter anderem eine Sitz- und Lenkradheizung sowie eine Sitzbelüftung. Eine induktive Ladestation sorgt dafür, dass auch dem Smartphone nie der Saft ausgeht.
Im Kia e-Soul kommt darüber hinaus ein volldigitales Cockpit sowie ein Head-Up-Display zum Einsatz. Letzteres projiziert alle wichtigen Fahrinformationen auf eine ausfahrende Plexiglas-Scheibe.
Das optionale Infotainment bietet dem Kunden derweil einen 10,25-Zoll-Touchscreen sowie ein DAB+-Radio und Streamingmöglichkeiten via Bluetooth, Apple CarPlay oder Android Auto. Die Bedienung ging im Rahmen unseres kurzen Testes problemlos vonstatten und zeigte sich weitgehend intuitiv. Lediglich ein paar Tasten wie zum Beispiel die VESS-Taste gaben uns anfangs Rätsel auf. Letztere steht im Übrigen für den Soundgenerator, der bei unter 30 km/h dafür sorgt, dass der leise e-Soul von Fußgängern und Radfahrern nicht überhört wird.
Darüber hinaus gibt es eine ganze Armader von Assistenten im neuen Kia e-Soul. Neben den klassischen Helferlein wie Rückfahrkamera, Fernlichtassistent und Müdigkeitserkennung, bietet der koreanische Stromer zusätzlich unter anderem einen Querverkehrswarner samt Notbremsfunktion, einen erweiterten Totwinkel-Warner mit Seitenkollisionsschutz, einen Notbremsassistent samt Fußgängererkennung sowie einen adaptiven Tempomat mit Staufolgefunktion.
Über eine spezielle App kann der Besitzer eines Kia e-Soul aus der Ferne den Ladezustand seines Fahrzeugs abfragen sowie die Klimatisierung steuern. Außerdem können beispielsweise Ziele vom Smartphone aus auf das In-Car-Navi geschickt werden.
Fazit – Großes Update, viel Fahrspaß
Mit dem Kia e-Soul offerieren die Koreaner einen markanten, unverwechselbaren Crossover, der sich wahrlich in keine Schublade stecken lässt. Egal, ob junge oder jung gebliebene Trendsetter, ex-urbane Querdenker oder diejenigen, die im übersättigten Potpourri des Neuwagenmarktes einfach nicht fündig werden — der e-Soul begeistert mit Abwechslung, wirkt antizyklisch und rollt zudem emissionsfrei über Flaniermeile und Feldweg.
Aus Sicht der Redaktion ist der E-Antrieb keine Fehlentscheidung, sondern ein bewusstes Statement, welches auch für die Zukunft viel Potential bietet und bereits jetzt mit absolut konkurrenzfähigen Reichweiten aufwartet.
Text / Fotos: NewCarz
Kamera: Canon EOS 6D
Konkurrenz:
Technische Daten: Kia e-Soul 204 (64 kWh Batterie)
Länge x Breite x Höhe (m): 4,20 x 1,80 x 1,60
Motor: Permanentmagnet-Synchron-Elektromotor
Leistung: 150 kW (204 PS)
Max. Drehmoment: 395 Nm
Getriebe: Automatisches Reduktionsgetriebe
Antrieb: Frontantrieb
Durchschnittsverbrauch (WLTP): 15,7 kWh/100 km
Reichweite (WLTP): 452 km
CO2-Emissionen: 0 g/km
Höchstgeschwindigkeit: 167 km/h
Beschleunigung von 0 auf 100 km/h: 7,9 Sekunden
Leergewicht: 1.757 kg
Laderaumvolumen: 315 Liter (1.339 Liter bei umgeklappten Rückenlehnen)
Batteriekapazität: 64 kWh
Ladezeit (0-100%, 230-Volt-Haussteckdose): 31 Stunden
Ladezeit (0-100%, Wechselstrom, 4,6 kW): 15 Stunden
Ladezeit (0-100%, Wechselstrom, 7,2 kW): 9:35 Stunden
Ladezeit (0-80%, Gleichstrom, 50 kW): 1:15 Stunden
Ladezeit (0-80%, Gleichstrom, 100 kW): 54 Minuten
Neupreis des Testwagens inklusive Sonderausstattung: ca. 43.190 Euro (Kia e-Soul ab 33.990 Euro)
Sorgt seit 2015 stets für den „Nachschub“ an automobilen Neuigkeiten, ob als Modellpremieren, Modellpflege oder strategische Neuausrichtung von Herstellern – um nur einige zu nennen. Sein enger Draht zu den Herstellern ist ein Garant für brandneue Informationen und Autonews aus erster Hand. Seine automobile Vorliebe gehört vor allem den gut motorisierten Cabrios und Coupés dieser Welt.