Erst vor einem Jahr kam die Langversion des Kompakt-SUV als SsangYong Tivoli Grand auf den Markt.
So ganz neu ist diese aber nicht, denn es gab eine solche bereits zwischen 2016 und 2019 als SsangYong XLV. Nach der Modellpflege des Tivoli verschwand diese Version, um 2021 als Tivoli Grand – inklusive aller Modellpflegemaßnahmen – erneut auf der Bildfläche Europas zu erscheinen.
Aus diesem Grund rollte der SsangYong Tivoli Grand in der höchsten Ausstattung für einen Test auf unseren Hof. Fahrbericht.
- Exterieur
- Der Innenraum
- Motor und Fahreigenschaften
- Ausstattung, Komfort, Sicherheit
- Varianten und Preise
- Fazit
- Pro & Contra
- Technische Daten
Exterieur – Tivoli mit Rucksack
In Sachen Optik bleibt der SsangYong Tivoli Grand exakt bis zu den C-Säulen zum konventionellen Tivoli identisch. Ab hier aber erfährt das SUV gen achtern eine Expansion, die sich spürbar in der Gesamterscheinung widerspiegelt.
Genau aus diesem Grund lässt der Tivoli Grand sein Publikum zwiegespalten zurück. Die einen mögen ihn, weil er anders ist, die anderen können sich mit seiner Optik so gar nicht anfreunden.
Von vorn betrachtet, bleibt der Grand zunächst dem normalen Tivoli bis ins Detail treu und schaut auch hier durch Voll-LED-Scheinwerfer im Freiformreflektoren-Design.
Doch in der Seitenansicht fällt die um 26 Zentimeter gewachsene Verlängerung deutlich auf. Dabei ist anzumerken, dass der Tivoli Grand erstaunlich eigenständig erscheint, und das trotz des Umstands, dass die Änderungen allein ab der C-Säule beginnen. Er hat also die Extension zwar nur im Heckbereich wie eine Art angelegter Rucksack erhalten, doch wurde diese gekonnt ins Gesamtbild integriert.
Das Heck zeigt ebenso eine ausgeprägte Eigenständigkeit, was offensichtlich an dem sich deutlich unterscheidenden Heckstoßfänger und der neuartigen Lichtsignatur der Rückleuchten liegt.
Interieur – Grand(ioser) Platzgewinn
Im Innenraum gibt es für SsangYong-Kunden keine großen Überraschungen. Der Blick fällt auf ein tolles digitales Cockpit, welches sich nach Belieben individualisieren lässt – das kann SsangYong übrigens besser als so manche deutsche Premium-Konkurrenz. Nicht schön: Leider ist dieses digitale Cockpit nur in der Top-Ausstattung erhältlich.
Der Zentralbildschirm ist genügend groß dimensioniert und lässt sich nach kurzer Eingewöhnungszeit gut bedienen. Flop: Die Bildschirmfläche neigt sehr stark zu Reflektionen; vor allem bei Sonnenschein spiegelt sich das Umfeld gern im Screen. Top: Es gibt noch einen echten Drehregler für die Lautstärke.
Das Lenkrad liegt per se gut in der Hand, könnte aber eine Spur dicker gepolstert sein. Vorne sitzt man auf recht bequemem Gestühl mit moderater Konturierung. Der größte Unterschied zum herkömmlichen Tivoli beginnt nach dem ebenfalls dem normalen Tivoli gleichenden Fondbereich, genauer gesagt im Laderaum. Offeriert der normale Tivoli hier noch 395 Liter, sind es im Tivoli Grand satte 325 Liter mehr – nämlich opulente 720 Liter.
Falls das immer noch nicht reicht, erlaubt die zweigeteilt umklappbare Rückenlehne eine Maximierung des Ladeabteils auf 1.440 Liter. Der Laderaumboden bleibt dabei eben und leicht nach vorn ansteigend.
Motor und Fahreigenschaften – Solide Hausmannskost
Angetrieben wird der Tivoli Grand von einem 1,5 Liter großen Vierzylinder mit 163 PS und einem maximalen Drehmoment von 260 Newtonmetern. Dieser Motor ist auch die einzige Option für den Tivoli Grand – es gibt aktuell weder einen Diesel oder Hybride, noch einen 4WD-Antrieb. Die einzige Option besteht in der Wahl des Getriebes – Automatik oder Handschaltung mit je sechs Fahrstufen sind im Angebot.
Die ersten Fahreindrücke ähneln denen des klassischen Tivoli – lediglich auf der Autobahn liegt der Grand etwas ruhiger, was ihn auch für den Langstreckeneinsatz mit der Familie prädestiniert.
Die Lenkung ist prinzipiell sehr leichtgängig und liefert moderates Feedback. Das Bremsverhalten ist dank feiner Dosiermöglichkeit viel Sicherheit vermittelnd, ein Nachlassen der Bremsleistung bei hoher Belastung haben wir zudem im Test nicht feststellen können. Der Motor hängt gut am Gas und entpuppte sich als solides Treibmittel für dieses SUV.
Das Fahrwerk ist grundsätzlich auf Komfort getrimmt, lässt aber eine gewisse Straffheit nicht vermissen. Das ist vor allem in solchen Situationen gut, in denen man mal die ein oder andere Kurve schneller nimmt oder auf der Autobahn schneller als mit 150 km/h unterwegs ist. Unterm Strich wurde der Tivoli als Grand spürbar komfortabler abgestimmt.
Apropos Autobahn: Hier macht der SsangYong Tivoli Grand eine gute Figur, hält sich aber akustisch oberhalb der Richtgeschwindigkeit weniger zurück und auch die Dämmung ist nicht auf Premium-Niveau. Allerdings beherrscht er das sichere Fahren und verkneift sich auch bei höheren Geschwindigkeiten in Verbindung mit schnellen Fahrspurwechseln ein zu heftiges Aufschaukeln.
In der Stadt ist die Automatik nicht die erste Wahl und benötigt mitunter die ein oder andere Gedenksekunde, um in Fahrt zu kommen. Das gilt insbesondere beim Wechsel zwischen Vorwärts- und Rückwärtsgang, sodass bei Parkvorgängen mitunter lästige Rangierverzögerungen entstehen. Doch auch beim Heranrollen an einen Kreisverkehr bleibt nach dem Druck aufs Gaspedal der Vortrieb noch einen Moment aus. Ist die Lücke nur klein zum Einfahren, kann das für schweißtreibende Situationen sorgen.
Ebenso träge zeigte sich immer wieder die Start/Stop-Automatik, die in nicht wenigen Situationen einfach zu lange benötigt hat, um den Motor nach dem Stillstand neu zu starten.
Beim Spritkonsum gehört der Tivoli Grand nicht zu den Vorzeigederivaten, konnte sich aber dennoch gut verkaufen. Er verbrauchte im Test durchschnittlich 7,5 Liter – immerhin einen halben Liter weniger als sein kürzerer Bruder in unserem Test konsumierte und sogar 0,3 Liter unter der Werksangabe. Auch auf der Sparrunde machte er mit 5,8 Litern auf 100 Kilometer eine etwas bessere Figur – 0,2 Liter beträgt hier die Verbesserung. Bei Vollgasfahrten über die freie Autobahn stieg der Verbrauch des Koreaners auf maximal 13,3 Liter.
Ausstattung, Komfort, Technik
Als Sapphire – die höchste Ausstattungslinie – war der durch uns gestestete SsangYong Tivoli Grand nahezu voll ausgestattet.
Die LED-Scheinwerfer mit Freiflächenreflektoren arbeiten deutlich effizienter als die im Vorgängermodell und leuchten mit hoher Helligkeit und vernünftiger Reichweite. An der Homogenität müssen die Koreaner aber noch arbeiten. Das fleckige Lichtbild ist nicht schön anzusehen und offenbart hier Verbesserungspotenzial. Leider gibt’s diese LED-Scheinwerfer nur in Kombination mit der höchsten Ausstattungsvariante.
Weiterhin nennenswert ist das zuverlässig funktionierende Keyless-System und die recht leise und überwiegend zugfrei arbeitende Klimaautomatik. Auch die Sitz- und Lenkradheizung arbeiteten trotz Ledersitzbezüge flott und homogen.
Die Navigationsfunktion warf im Test keine Fragen auf, sondern glänzte mit vernünftiger Routenführung, die auch Verkehrsstörungen berücksichtigte – diese aber nicht immer zeitnah, sodass es mitunter passierte, dass man in einen zu spät erkannten Stau gelangte.
Alternativ dazu kann man auch Apple CarPlay oder Android Auto mit ihrer jeweiligen erstklassigen Navigationsfunktion benutzen.
In puncto Assistenzsysteme ist der Tivoli Grand gut aufgestellt. Allerdings piept auch der SsangYong Tivoli Grand gemäß Markencredo permanent, wie ein junger Spatz. Ganz gleich, was man falsch macht, vergisst oder entgegen den Anweisungen tut, es wird mit Piepen und Tuten gestraft. Ja selbst, wenn man sich korrekt verhält, wird dieses Verhalten oftmals mit einem dankbaren Ton belohnt. Das nervt selbst gelassene Zeitgenossen nach einiger Zeit. Der Quittierton des Blinkers kann mitunter sogar für Aggressionen sorgen.
Mal abgesehen von den variierbaren akustischen Ein- und Ausstiegszeremonien, die auch im Korea-Stil den Fahrer entweder bezaubern oder verschrecken. Zugegeben, darüber kann man streiten und die einen mögen es vielleicht, doch die anderen – und das war im Test der Großteil – würden den Tivoli aufgrund diesem Gedudel am liebsten stehen lassen und den Bus nehmen. Zwar gibt es auch andere Klangzeremonien wie „Modern“ oder „Classic“, die nicht ganz so intensiv wirken, besser wäre aber die Möglichkeit, dem Besitzer zu erlauben, diese und auch alle anderen Töne abzustellen, wenn man diese nicht möchte.
Varianten und Preise des SsangYong Tivoli Grand
Die Langversion des Tivoli wird in sechs Ausstattungen angeboten:
- CRYSTAL – Als Einstiegsversion für mindestens 18.990 Euro erhält man den Tivoli Grand ab Werk mit LED-Tagfahrlicht, elektrische Fensterheber ringsum, Frontkollisionswarner, Spurverlassenswarner und einigem mehr.
- AMBER – Eine Stufe darüber geht es ab 22.990 Euro los und mit dabei sind unter anderem Apple CarPlay und Android Auto, 16-Zoll-Räder, eine manuelle Klimaanlage, DAB+, eine Rückfahrkamera und vieles mehr.
- QUARTZ – Ab 24.490 Euro gesellen sich zur Serienausstattung noch ein Navigationssystem mit 9.2-Zoll-Bildschirm, Sitzheizungen vorne, Licht- und Regensensoren sowie LED-Blinker in den Außenspiegeln, um nur einige der Features zu benennen.
- FIZZ – Mindestens 25.990 Euro kostet diese Ausstattung, die on top noch ein beheiztes Lederlenkrad und eine Zweifarblackierung mitbringt.
- ONYX – Noch mehr Annehmlichkeiten gibt’s ab 26.990 Euro, zu denen auch eine 2-Zonen-Klimaautomatik, 18-Zoll-Räder, Keyless und Parksensoren gehören.
- SAPPHIRE – Die Topausstattung beginnt bei 28.990 Euro und bringt obendrein die Voll-LED-Scheinwerfer, einen Totwinkelassistenten und Querverkehrswarner sowie das tolle volldigitale Cockpit mit.
Als Motorisierung ist nur der hier getestete 1.5-Liter-Turbovierzylinder Benzinmotor im Angebot. Allrad wird aktuell nicht angeboten, alle SsangYong Tivoli Grand besitzen Frontantrieb.
Fazit – Geräumiger Lückenfüller
Mit dem SsangYong Tivoli Grand haben die Koreaner ein pragmatisches wie praktisches Crossover-SUV auf die Räder gestellt, welches gekonnt die Lücke zwischen Tivoli und Korando schließt. Für einen sehr überschaubaren Aufpreis zum herkömmlichen Tivoli – rund 1.500 Euro – erhält der Kunde einen soliden Fünfsitzer mit großem Laderaum, der sich nicht viel aus Prestige macht, dafür aber mit Praktikabilität und technischen Raffinessen überzeugen kann.
Kritik gibt’s für das nicht abstellbare Dauer-Piepkonzert und die doch recht eigenwillige Aufpreispolitik. Möchte man nämlich beispielsweise LED-Scheinwerfer an Bord haben, muss zwangsläufig auf die höchste Ausstattungslinie Sapphire zurückgegriffen werden, die mindestens 28.990 Euro kostet. Wer es lieber pragmatisch und einfach liebt, erhält die Basisversion bereits ab 18.990 Euro – das sind glatte 10.000 Euro weniger.
Rational gesehen, ist der SsangYong Tivoli Grand ein ideales Familienauto, bei dem weder Image noch Premium zählen, dafür aber das Budget des Käufers überdurchschnittlich gut geschont bleibt.
Kamera: Canon EOS 5D Mark III
Pro und Contra
Pro:
- riesiger Kofferraum
- gutmütiges Fahrverhalten
- vielseitige Ausstattung (höhere Varianten)
- 5 Jahre Herstellergarantie
Contra:
Technische Daten: SsangYong Tivoli Grand 1.5 GDI-T Sapphire 2WD
- Farbe: Grand White
- Fahrzeugklasse: Kompaktklasse SUV
- Länge x Breite x Höhe (m): 4,48 x 1,81 (2,02 mit Außenspiegel) x 1,65
- Radstand (mm): 2.600
- Antrieb: Vierzylinder Ottomotor mit Turbolader und OPF
- Hybridart: –
- max. Leistung: 120 kW (163 PS) bei 5.000 rpm
- max. Drehmoment (Nm): 260 bei 1.500 bis 4.000 rpm
- Hubraum: 1.497
- Getriebe: 6-Stufen-Automatik
- Antriebsart: Front
- Durchschnittsverbrauch (WLTP): 7,8 l/100 km
- Durchschnittsverbrauch (NewCarz): 7,5 l/100 km
- CO2-Emissionen (Werksangabe): 175 g/km
- Schadstoffklasse: Euro 6d-ISC-FCM
- Höchstgeschwindigkeit: 175 km/h
- Beschleunigung von 0 auf 100 km/h (sec): k.A.
- Wendekreis (m): 10,6
- Bodenfreiheit (mm): 167
- Böschungswinkel vorn/hinten: 18°/22,5°
- Rampenwinkel: 16,3°
- Kofferraumvolumen (l): 720 bis 1.440
- Leergewicht (kg): 1.425
- Zuladung (kg): 455
- Anhängelast ungebremst/gebremst (kg): 500/1.000
- max. Stützlast (kg): k.A.
- max. Dachlast (kg): 75
- Tankinhalt (l): 50
- Kraftstoffart: Benzin E5/E10 mind. 95 Oktan
- Neupreis des Testwagens: 31.990 Euro (Basispreis: 18.990 Euro)
Unser Chefredakteur erstellt seit 2015 schwerpunktmäßig Fahrberichte und testet alle Fahrzeuge akribisch – mit Liebe zum Detail – auf Herz und Nieren. Dabei entgeht ihm nichts. Seine Objektivität bewahrt er dabei kompromisslos. Robertos Spezialgebiete sind neben SUVs und Kombis die alternativen Antriebskonzepte. Sein Herz schlägt aber auch gern im V8-Takt.