Ein volles Dutzend an Generationen gibt es mittlerweile vom „japanischen Golf“, der als aktueller Toyota Corolla Hybrid rund 58 Jahre an gesammelten Erfahrungen in der Kompaktklasse auf vier Räder bringt.
Im letzten Jahr gab es das letzte Facelift, welches umfassender ausfiel als erwartet und nicht nur Kosmetik beinhaltete. Der Testwagen fuhr als klassischer Fünftürer vor, der neben dem Sports Tourer genannten Kombi und der Allwege-Variante Corolla Cross angeboten wird. Zwar wird auch eine Limousine weiterhin gebaut, doch nicht mehr in Europa angeboten.
In der Ausstattung „Comfort“ und einem „Juniper Blue Metallic“ für 740 Euro Aufpreis als Außenkleid testeten wir den Corolla als Hybrid mit 140 PS Systemleistung.
Das Wichtigste im Überblick
- Sehr effizienter und harmonischer Hybridantrieb.
- Gutmütiges, sehr sicheres Fahrverhalten.
- Frischeres Design und modernisierte Technik sorgen für deutlich gestiegenen Preis.
- Exterieur & Interieur
- Motor und Fahreigenschaften
- Ausstattung, Komfort, Technik
- Varianten und Preise
- Fazit
- Pro & Contra
- Technische Daten
Exterieur & Interieur – Antlitz geliftet, innen aufgewertet
Insbesondere an der Front ist das Facelift schnell erkannt. Denn die neugestalteten Scheinwerfer mit ebenso neuer Lichtsignatur werden mit einer komplett neuen Schürze kombiniert. In Summe sieht der Corolla dadurch viel dynamischer aus und wird dem Werbeslogan „No more boring cars“ durchaus gerecht.
Seitlich betrachtet, fallen die ausgeformten Kotflügel auf, die vor allem hinten für einen strammen Stand des Japaners sorgen. Am Heck überzeugen die flachen Rückleuchten, deren Lichtsignatur ein klein wenig an Renault erinnern möchten. Die kleine Heckscheibe ist derweil beim Carola zumindest im Falle des Fünftürers fast schon eine Art Tradition.
Im Innenraum bietet nun auch der Toyota Corolla Hybrid ein digitales Cockpit – die Analoginstrumente sind ab sofort Geschichte. Der Zentralbildschirm wurde auf 10.5 Zoll vergrößert und sitzt mittig auf der Instrumententafel aufgesetzt in Blickhöhe. Schade: Mit dem neuen Bildschirm musste der Drehregler für die Lautstärke weichen, was ein kleiner, aber schmerzender Makel ist.
Dafür hielten die Toyota-Ingenieure an den Kippschaltern für die Sitzheizungen fest, was sich bedientechnisch immer wieder um Welten einfacher entpuppt als das Bemühen irgendwelcher Touchflächen und dem Aufrufen versteckter Untermenüs.
Platztechnisch geht es im Corolla als Fünftürer eher moderat zu. Während die beiden vorderen Plätze genügend Platz und Raumgefühl vermitteln, wird es auf Reihe zwei schnell eng, wenn die Körperhöhe der Insassen mehr als 1,75 Meter beträgt.
Der Kofferraum mit seinen 361 Litern bleibt hinter dem des Golfs zurück. Wer größeren Platzbedarf hat, sollte sich den satte 26 Zentimeter längeren Kombi anschauen, der nicht nur mehr Raum für die Insassen bereithält, sondern auch mit mindestens 596 Litern Kofferraumvolumen glänzt.
Antrieb und Fahreigenschaften – Eindeutig ein Hybridpionier
Im Rahmen des letzten Facelifts hat Toyota auch am Hybridantrieb Hand angelegt. Das treibende Duo, bestehend aus einem 98 PS starken 1.8-Liter-Reihenvierzylinder ohne Turbo & Co. sowie einem E-Motor mit 95 PS, stellt die mittlerweile fünfte Generation des Vollhybridsystems dar.
Die Systemleistung stieg von zuvor 122 PS auf nun 140 PS und dies, weil der E-Motor um 23 PS an Leistung zulegte. Bemerkbar wird dies bereits beim Anfahren und auch bei Zwischenspurts, die mit dem überarbeiteten Antrieb flotter vonstatten gehen. Dennoch darf man keine Energieausbrüche erwarten; der Corolla ist und bleibt eher der Cruiser.
Dafür harmoniert E-Antrieb und Benziner bestens miteinander und der Japaner ist sehr oft rein elektrisch unterwegs. Dabei wird schnell klar, dass Toyota in puncto Hybridtechnik immer noch die Nase vorn hat und in den vergangenen Jahrzehnten zweifellos Pionierarbeit geleistet hat. Die Rekuperationsstärke wird je nach Gegebenheit automatisch angepasst und beispielsweise vor einer Kurve oder Einmündung verstärkt. Innerorts ist es mit diesem Auto kein Hexenwerk, rund die Hälfte der zu bewältigenden Strecke rein elektrisch zu absolvieren – und das ohne extern Nachladen zu müssen.
Die Kraft wird durch ein CVT-Getriebe stufenlos an die Vorderachse weitergegeben. Im Sportmodus benötigt der Fünftürer 9,2 Sekunden von null bis Tempo 100 und bei 180 km/h (Tacho zeigte 186 km/h) war die elektronische Barriere erreicht. Im alltäglichen Einsatz und ohne sportive Fahrallüren bleibt der Benziner angenehm zurückhaltend und wird nur bei erhöhtem Leistungsabruf in höhere Drehzahlen gezwungen. In diesen Fällen fiel auf, dass der Motor dann doch gut vernehmbar wird und hier ein bisschen mehr Dämmung Wunder wirken könnte.
Das Fahrwerk zeigt eine leicht sportiv orientierte Abstimmung und machte den getesteten Toyota Corolla Hybrid zu einem handlich wirkenden, sich stets sicher anfühlenden Begleiter. Dazu passt die präzise und viel Feedback liefernde Lenkung wie die Faust aufs Auge.
Die Bremsen lieferten eine solide Vorstellung und ließen sich gut dosieren. Zwar ist der Wechsel zwischen Rekuperation und echtem Bremsen kaum zu spüren, doch verwässert dieser diffuse Wechsel den Eindruck am Bremspedal und wirkte vereinzelt ein wenig synthetisch.
Dass die harmonische Zusammenarbeit der Hybridkomponenten auch noch andere Früchte trägt, haben wir im Vorfeld bereits vermutet und wurden auch nicht enttäuscht. Mit 5,2 Litern auf 100 Kilometer als Durchschnittswert im Drittelmix kann sich der Japaner absolut sehen lassen. Auch wenn wir damit die Werksangabe um einen guten halben Liter übertrafen.
Auf der Sparrunde konnten wir den Verbrauch auf unfassbare 2,6 Liter reduzieren, was den aktuellen Rekord vom Civic um nur 0,1 Liter überboten hat.
Ausstattung, Komfort, Technik
In der Ausstattung „Comfort“ gehörte unser Testwagen zur niedrigsten von insgesamt fünf Ausstattungslinien. Dennoch gehören nicht wenige Annehmlichkeiten bereits bei dieser Basisvariante zum Serienumfang. Dazu zählen unter anderem das 10.5-Zoll-Infotainment, welches dem der aktuellen Lexusmodelle verdächtig ähnelt und nun auch „Over the Air“-Software-Updates vollziehen kann.
Eine Cloud-basierte Navigation gehört ebenso dazu wie diverse Online-Dienste, denn der Toyota ist permanent mit dem Internet verbunden. Die Routenführung per weiblicher Stimme brachte mit ihrem fast schon erotisch klingenden Tonfall so manchen Schmunzler in die Gesichter der Testfahrer. Die Sprachsteuerung selbst reagierte etwas hakelig und verstand nicht immer die gesprochenen Befehle.
Das Bedienkonzept ist teilweise etwas umständlich. Beispielsweise müssen nicht wenige Einstellungen statt über den Zentralbildschirm über das neue digitale Cockpit vorgenommen werden.
Weiterhin besitzt die Basisvariante „Comfort“ 16-Zoll-Räder und LED-Scheinwerfer mit Parabol-Reflektoren. Die Lichtausbeute dieser ist okay, aber der Lichtkegel bleibt relativ fleckig und dadurch kann diese Lichtlösung mit vielen Konkurrenzsystemen nicht mithalten. Aus diesem Grund möchten wir fast die optionalen Matrix-LED-Scheinwerfer empfehlen, auch ohne diese getestet zu haben.
Das digitale Cockpit zeigt seine Inhalte gut aufgelöst und blendungsfrei und die Rückfahrkamera lieferte ein vernünftiges Bild auch bei Dunkelheit. Eine 2-Zonen-Klimaautomatik hatte die Innenraumtemperaturen jederzeit locker im Griff.
Aufpreispflichtig war das Businesspaket, welches für 990 Euro einen automatisch abblenden Innenspiegel, automatisch elektrisch einklappbare Außenspiegel, eine elektrische Lordosenstütze im Fahrersitz und Sitzheizungen für die Vordersitze mitbringt. Letztgenannte zeigten zweistufig enormen Eifer und erwärmten die Flächen homogen. Ein Regensensor rundet das Businesspaket ab.
Varianten und Preise des Toyota Corolla Hybrid
Die Aufteilung der Möglichkeiten für den aktuellen Corolla beschränkt sich auf zwei Antriebe und fünf Ausstattungen. Die beiden Antriebsoptionen sind je nach Ausstattung verfügbar.
- Comfort – Die hier getestete Einstiegsversion mit der im vorigen Kapitel beschriebenen Serienausstattung startet bei 33.340 Euro und kann nur mit dem 140 PS starken Vollhybrid kombiniert werden.
- Business Edition – Eine Stufe darüber ist ebenfalls nur mit diesem Antrieb kombinierbar und startet bei 34.000 Euro; LED-Nebelleuchten und eine Smartphone-Integration kommen zusätzlich in die Serienausstattung.
- Team Deutschland – Ab 35.990 Euro startet diese Variante mit dem 140 PS starken Vollhybrid. Alternativ ist auch ein 2.0-Liter Vollhybrid mit 196 PS Systemleistung erhältlich, der ab 37.890 Euro startet. Diese Variante erhält ab Werk on top eine Lenkradheizung, Keyless, eine Privacy-Verglasung und vieles mehr.
- GR Sport – Eine besonders sportliche Optik erhält diese Variante, die ausschließlich mit dem 196 PS-Hybrid angeboten wird und bei 39.190 Euro den Besitzer wechselt. Zusätzlich in die Serienausstattung wandern unter anderem die Bi-LED-Scheinwerfer mit Linsenprojektion, spezielle Leichtmetallräder und eine sportive Optik.
- Lounge – Die Topausstattung startet bei 40.740 Euro und wird ebenfalls nur mit dem stärksten Hybridantrieb kombiniert. Neben dem Matrix-LED-Scheinwerfern erfreut sich der geneigte Besitzer auch über ein Head-up Display, 18-Zoll-Räder, Sporsitze vorne und einen intelligenten Bremsassistenten – um nur die wichtigsten Dinge zu benennen.
Alle Corolla fahren ausnahmslos mit Vorderradantrieb.
Fazit – Kompakter Hybrid-Profi
Nie mehr langweilige Autos heißt das Motto von Toyota. Nach dem Facelift können wir dies für den Corolla unterschreiben. Langweilig ist dieser Kompakte weder optisch noch technologisch. Dafür ist er ungemein effizient, universell einsetzbar und fährt sich äußerst sicher, weil verbindlich.
Mit der Modellpflege gab es sinnvolle technologische Modernisierungen, die aber nie übers Ziel hinausschießen und Dinge wie die Bedienfreundlichkeit besser erhalten können als bei einigen Wettbewerbern. Dazu erscheint er optisch deutlich jünger – kein Wunder, hiermit will Toyota insbesondere eine jüngere Klientel ansprechen.
Das könnte auch funktionieren, denn seine biedere Zeit hat der Corolla längst hinter sich gelassen und bekam mit dem letzten Schliff noch eine gute Prise peppige Frische mit auf den Weg. Damit ist der aufgefrischte Corolla Nummer zwölf definitiv auf einem richtig guten Weg. Auch wenn der Preis mit dem Facelift heftig (rund 4.000 Euro) gestiegen ist, bleibt der Japaner monetär noch ein günstiges Exemplar seiner Klasse.
Text & Fotos: NewCarz
Pro & Contra
Pro:
- harmonisch arbeitender, sehr effizienter Hybridantrieb
- maßvolle Digitalisierung
- sicheres und neutrales Fahrverhalten
- dank fünf Ausstattungen große Vielfalt
Contra:
- deutlich teurer als der Vorgänger
- geringe Anhängelast
- teilweise ungewöhnliches Bedienkonzept
Konkurrenz: Mazda3, VW Golf, Hyundai i30, Kia Ceed, Honda Civic, Skoda Scala
Technische Daten: Toyota Corolla 1.8 Hybrid Comfort
- Farbe: Juniper Blue Metallic
- Fahrzeugklasse: Kompaktklasse / Fünftürer
- Länge x Breite x Höhe (m): 4,37 x 1,79 (2,09 mit Außenspiegeln) x 1,44
- Radstand (mm): 2.640
- Antrieb: Reihenvierzylinder-Ottomotor mit OPF plus E-Motor
- Hybridart: Voll-Hybrid
- Hubraum (ccm): 1.798
- max. Systemleistung: 103 kW (140 PS)
- max. Drehmoment Verbrenner/E-Motor (Nm): 142/185
- Getriebe: stufenlose Automatik CVT
- Antriebsart: Vorderachse
- Durchschnittsverbrauch (WLTP): 4,6 l/100 km
- Durchschnittsverbrauch (NewCarz): 5,2 l/100 km
- CO2-Emissionen (Werksangabe): 100 g/km
- Abgasnorm (WLTP): 6d-ISC-FCM
- Höchstgeschwindigkeit: 180 km/h (abgeregelt)
- Beschleunigung von 0 auf 100 km/h (sec): 9,2
- Wendekreis (m): 10,2
- max. Bodenfreiheit (mm): 135
- Kofferraumvolumen (l): 361 bis 1.052
- Leergewicht (kg): 1.420
- Zuladung (kg): 400
- max. Anhängelast ungebremst/gebremst (kg): 450/7.50
- max. Stützlast (kg): 75
- max. Dachlast (kg): 75
- Tankgröße (l): 43
- Kraftstoffart: Benzin E5/E10 mind. 95 Oktan
- Neupreis des Testwagens: 35.870 Euro (Basispreis: 33.340 Euro)
Unser Chefredakteur erstellt seit 2015 schwerpunktmäßig Fahrberichte und testet alle Fahrzeuge akribisch – mit Liebe zum Detail – auf Herz und Nieren. Dabei entgeht ihm nichts. Seine Objektivität bewahrt er dabei kompromisslos. Robertos Spezialgebiete sind neben SUVs und Kombis die alternativen Antriebskonzepte. Sein Herz schlägt aber auch gern im V8-Takt.