Letzte Woche konnten wir erstmals mit dem neuen Topmodell der ID-Familie, dem VW ID.7, auf Tuchfühlung gehen.
Zu diesem Zweck besuchten wir ein Event im südfranzösischen Marseille, wo Volkswagen den Pressemedien ihr neustes Mitglied aus der vollelektrischen ID-Reihe erstmals live und in Farbe vor- und für erste Probefahrten bereitstellte.
Warum nennen wir den ID.7 Über-Passat? Ganz einfach: Weil das vollelektrische Topmodell eine Klasse über dem Passat positioniert wurde und daher der bereits so oft bemühte Vergleich nur bedingt erfolgen kann. Nachfolgend werden wir unsere ersten Eindrücke zum ID.7 wiedergeben.
Die optische Erscheinung des neuen VW ID.7
Der ID.7 erweckt nicht unbedingt den Eindruck, eine Limousine zu sein, auch wenn er das per Definition ist. Allerdings hat der Stromer nicht wenig von einem Crossover an sich, das im Vergleich zu klassischen Limousinen optisch die Oberhand ergreift.
Die Front blickt durch CI-konforme LED-Scheinwerfer, die sich nahtlos in die ID.-Familie integrieren. Das gilt generell für die Front – Verwechslungsgefahr mit Verbrennermodellen besteht hier jedenfalls nicht. Ein geschlossener Frontgrill und eine leicht konturierte Motorhaube runden das Gesicht des größten ID-Modells ab.
Ein Blick auf die Seite schürt dann benannten Crossover-Eindruck: Der ID.7 trägt hier leichte SUV-Anleihen und wartet außerdem mit einem recht langen Radstand auf. Insgesamt ist das Fahrzeug mit seinen knapp fünf Metern Länge ein echtes Dickschiff, doch diesen Eindruck hinterlässt es tatsächlich erst beim Betrachten der Seitenperspektive. Hier werden zwar durchaus auch Erinnerungen respektive Analogien zum Passat wach, der seit Jahrzehnten als Wolfsburger Raumwunder galt. Der VW ID.7 gehört allerdings laut Wolfsburg zur oberen Mittelklasse und positioniert sich damit eine Stufe über dem Passat.
Am Heck gibt es fast vollständig durchgezogene LED-Leuchten, welche lediglich vom VW-Logo unterbrochen werden. Der Ordnung halber gibt es noch den Modellnamen mittig auf dem Heckdeckel platziert und fertig ist der ID.7.
Der Innenraum des VW ID.7
Der Innenraum zeigt sich uns derweil aufgeräumt. Dreh- und Angelpunkt ist auch hier das große Infotainment, das auf den Namen Discover Pro Max hört und wahrlich riesig erscheint. Man könnte fast meinen, es wäre fast zu überdimensioniert für das Fahrzeug. Was im Touareg wirklich gut passt, ist hier unserer Meinung nach ein bisschen drüber – bleibt aber im ID.7 alternativlos.
Der Fahrer schaut dabei im völligen Kontrast auf ein im Vergleich zu ebendiesem Center Screen nahezu miniaturisiert erscheinendes Cockpit, das auf kleinstem Raum seine Informationen bereitstellt. Dennoch können hier ziemlich viele Parameter abgelesen werden. Die Ingenieure haben hier für die Größe des Displays erstaunlich viele Infos untergebracht, ohne das Ganze überfrachtet wirken zu lassen.
Doch der eigentliche Clou ist das neue Augmented Head-up Display, welches erstmals so in einem ID eingesetzt wird und in der Praxis auch richtig gut funktionierte.
Was wir dagegen nicht verstehen können: Erst kürzlich wurde das Lenkrad mit Touch-Bedienung aus den Modellen Passat und Tiguan gänzlich verbannt, und nun zieht es tatsächlich in den neuen ID.7 ein – mit genau der gleichen Aufmachung und damit auch den Nachteilen wie bisher. Lieben die ID-Kunden vielleicht dieses Feature? Wir wissen es nicht und lassen diese Frage daher offen.
Ansonsten gibt es im Topmodell der ID-Reihe hervorragendes Gestühl – ergoActive-Sitze werden optional angeboten – die vorne keinen Grund für etwaige Kritiken geben. Zudem sind sie vollklimatisiert und auch eine Lenkradheizung ist dabei. Die Sitzprobe im Fond beweist, dass Passagiere hier ebenfalls gut platziert werden. Reisen zu viert können garantiert absolut stressfrei absolviert werden. Das riesige Panorama-Glasdach ist ebenfalls optional und füllt den Innenraum mit Helligkeit und unterstützt dadurch das Raumgefühl – eine komfortfördernde Option, wie wir finden.
Der Kofferraum erscheint mit seinen 532 Litern als angemessen für ein Fahrzeug der oberen Mittelklasse. Zumal nach dem Umklappen der Rückenlehnen bis zu 1.586 Liter genutzt werden können. Variabler Boden und elektrisch betriebene Heckklappe sind übrigens Serie.
Erste Fahreindrücke
Der ID.7 soll laut Volkswagen die Elektromobilität „komfortabel und langstreckentauglich“ machen – so der Claim des Herstellers. Auf unseren ersten Fahrten in und um Marseille können wir festhalten, dass der ID.7 wirklich gelungen ist. Insbesondere das Fahrwerk leistet ganz hervorragende Arbeit und erwies sich als das beste, welches jemals in einem ID getestet wurde.
Dazu kommt der Umstand, dass wir für einen Erstkontakt erstaunlich viel mit dem Fahrzeug fahren konnten – am Ende waren es rund 300 Kilometer. Dies wiederum führt uns zu der Conclusio, dass das Thema Langstreckentauglichkeit durchaus gegeben ist, zumindest was das Fahrwerk betrifft.
Im Übrigen legen wir jedem Kunden die adaptiven Dämpfer DCC ans Herz, wodurch eine enorme Spreizung zwischen sehr gutem Komfort und solider Sportlichkeit erreicht wird. Im Sportmodus zeigt der ID.7 tatsächlich auch die Zähne, erwies sich sogar rein subjektiv erlebt, als potenter, als es die Zahlen auf dem Datenblatt vermuten lassen. Die offenbaren 210 kW beziehungsweise 286 PS als Maximalleistung. Dazu gibt es 545 Newtonmeter und die Kraft wird über die Hinterachse auf die Straße gebracht.
Sogar ein wenig Kurvenräubern ist mit der „Limousine“ problemlos möglich, was wir so nicht unbedingt erwartet hätten. Zwar greift die Regelelektronik vor Erreichen des Grenzbereichs recht barsch ein, aber wir sprechen hier auch nicht von einem Sportwagen, also ist das vollkommen in Ordnung und der Sicherheit sehr zuträglich.
Die Lenkung konnte in diesem ersten Test ebenfalls keine Kritik verbuchen. Von leichtgängig im Comfort-Modus bis griffig-direkt im Sportmodus zeigte sie stets gut Rückmeldung, wofür wir an dieser Stelle ein Lob aussprechen möchten.
Das gilt auch für die Bremsen, deren Ansprechverhalten durchweg einen Daumen nach oben verdiente. Auch der Wechsel zwischen Bremsen und Rekuperieren war nur selten spürbar und wenn, dann auch nur für den Fahrer.
An den Haken darf der ID.7 entweder 750 kg ungebremst oder 1.000 kg als gebremsten Hänger nehmen.
Der Verbrauch lag auf unseren Fahrten bei rund 18 kWh pro 100 Kilometer. Dabei ist zu erwähnen, dass unsere Testwagen vollausgestattet waren, was den Verbrauch grundsätzlich schon mal erhöht. Valide Verbrauchsangaben liefern wir im Rahmen eines ausführlichen Einzeltests nach.
Wir können allerdings bereits nach diesem Erstkontakt sagen, dass die versprochenen 621 Kilometer eher utopisch anmuten. Allein bei den während unseres Tests herrschenden widrigen Bedingungen – wir hatten 6 Grad Celsius Außentemperaturen und Dauerregen; also waren Scheibenwischer, Abblendlicht, Sitzheizung, Lenkradheizung und Lüftung permanent aktiviert – prognostizierte uns der ID.7 bei 70 Prozent Akku eine Reichweite von 270 Kilometern, bevor der 77 kWh große Akku wieder aufgeladen werden muss.
Das Aufladen soll mit bis zu 175 kW erfolgen, wodurch – so Volkswagen – innerhalb von zehn Minuten genug Strom im Akku landet, um weitere 204 Kilometer fahren zu können. Auch das sowie die maximal 24 Minuten, um von zehn auf 80 Prozent Akku zu kommen, werden wir in einem Einzeltest überprüfen.
Die Ausstattung des VW ID.7
Aktuell wird der ID.7 ausschließlich als „Pro“ Version angeboten. Später folgt noch eine „Pro S“ Version sowie der Sportableger „GTX“. Bereits ab Werk rollt der Stromer mit einer reichhaltigen Ausstattung zu den Kunden. Dazu gehören unter anderem das Navigationssystem Discover Pro Max, schicke 19-Zoll-Räder, diverse Fahrassistenten, eine 260-Grad-Umgebungsansicht sowie ein schlüsselloses Zugangs- und Startsystem – um nur einige der serienmäßigen Features zu benennen.
Besonders hervorzuheben ist das gut klingende Harman/Kardon Soundsystem sowie die schnelle und homogene Sitz- und Lenkradheizung im Wolfsburger Neuzugang. Auch das bereits angesprochene HUD ist ein cooles Feature mit vielen Infos direkt im Fahrerblick. Das Infotainment ist per se ebenfalls positiv zu bewerten; allerdings ist die Masse an Menüs und Untermenüs nicht binnen Sekunden verinnerlicht. Dadurch sollten künftige ID.7-Piloten sich im Vorfeld ausreichend mit dem Infotainment beschäftigen, um Ablenkungen während der Fahrt zu vermeiden.
Fazit – Das beste aus der ID-Reihe
Mit dem VW ID.7 zeigen die Wolfsburger ihre elektrische Interpretation der oberen Mittelklasse. Ob und wie gut diese bei den Kunden ankommt, wird die Zeit zeigen. Vermutlich werden hier nicht wenige auf den „Tourer“ genannten Kombi warten. Doch auch dieser wird sich in Anbetracht des neuen Passats seine Kunden mit ebendiesem teilen müssen. Auch wenn es sich um zwei verschiedene Fahrzeugklassen handelt, ist eine praktikable Ähnlichkeit nicht von der Hand zu weisen.
Für begnadete Vielfahrer bleibt der Diesel wohl weiterhin die erste Wahl. Für alle mit einem überschaubaren Fahrprofil dürfte jedoch der ID.7 eine interessante Alternative sein und genau bei diesem Einsatz ist der ID.7 derjenige, der mit dem Passat tanzen kann. Insbesondere jetzt, wo es die Förderung vom Bund noch gibt.
Das Auto als solches ist aus Sicht der Redaktion sehr gelungen. Die Optik ist wie immer Geschmacksache, doch zeitgemäß und modern erscheint der ID.7 definitiv. Sein Fahrwerk ist zudem erste Sahne und auch der Antrieb muss sich nicht verstecken. Eingepreist ist der Wolfsburger jedoch ebenfalls selbstbewusst. Für unseren vollausgestatteten Testwagen werden immerhin über 70.000 Euro fällig.
Text/Fotos: NewCarz
Kamera: Canon EOS 6D