Mit dem Ford Mustang Mach-E präsentiert der Hersteller sein erstes eigenes Elektroauto, welches schon im Vorfeld einen recht großen Hype auslöste.
Warum? Nun ja, wer sein E-Fahrzeug an eine V8-Ikone anlehnt, provoziert zwangsläufig und macht sich nicht nur Freunde. Getreu dem Motto: Schwer wiegt das Haupt, das den Namen Mustang trägt.
Dennoch und ungeachtet aller Vorurteile, haben wir den E-Mustang einem ersten Test rund um Berlin unterzogen. Die Ergebnisse liefert der nachfolgende Fahrbericht.
Exterieur & Interieur – Scharf geschnittene Hommage
Beim Blick auf unseren in unschuldigem Weiß lackierten Testwagen fällt zunächst auf, dass Ford hier quasi auf sämtliche Markenlogos verzichtet und dieses Fahrzeug ganz im Stern des Mustang präsentiert. Die Front zeigt sich recht maskulin, die schmalen Scheinwerfer greifen die typischen drei Balken, die man vom klassischen Mustang in der Hecklichtsignatur kennt, als Tagfahrlicht wieder auf.
Etwas weniger schön ist die Tatsache, dass es etwaige Kühlöffnungen hier gänzlich fehlen, wodurch eine fast vollverkleidete Front entsteht. Etwas entschärft wird dieser Eindruck durch den unteren Bereich, an dem geriffelte Blenden ein wenig „Kühlergrill-Flair“ hervorbringen.
Seitlich betrachtet, wird der Blick freigegeben auf eine durch und durch eigenständige Crossover-Silhouette, die sich auf Anhieb nicht so richtig zuordnen lässt. Ein bisschen Kompakter, ein guter Schuss SUV und das alles mit einer Prise Coupé abgeschmeckt – so oder so ähnlich könnte man die Aufmachung des Ford Mustang Mach-E bezeichnen.
Spannend: Die Türen werden nur über berührungsempfindliche Sensoren geöffnet. Und: Wer sein Schlüssel mal vergessen hat, kann den E-Mustang über ein digitales Touch-PIN-Feld öffnen und schließen. Dies kennen wir (in nicht digitaler Form) bereits vom Ford F-150.
Am Heck gibt es ebenfalls Aufschluss über die Zugehörigkeit zum Stall sowie über den vorhandenen Allradantrieb. Ansonsten greift der E-Mustang frech die Lichtsignatur seines V8-Bruders auf und kredenzt – und das sieht wirklich nicht schlecht aus – eine Art „Fastback-Heck“. Die scharfe Abrisskante runden den sportlichen Auftritt dann noch ab.
Im Innenraum hat der Ford Mustang Mach-E mit seinem Namensgeber dann jedoch nichts mehr gemeinsam. Volldigitalisiert und mit einem riesigen Zentralbildschirm ausgestattet, nimmt der Fahrer Platz auf bequemen, gut konturierten Sitzen. Nachdem die Tür ins Schloss fällt, wandert der Blick auf ein kleines Display, welches als Tachoeinheit fungiert, während die Hände ein formschönes, dick gepolstertes Lenkrad umgreifen.
Der bereits angesprochene Zentralbildschirm ist Dreh- und Angelpunkt des neuen Ford Sync 4 Infotainments, das riesige Display misst 15,5 Zoll in der Diagonale. Eine Etage tiefer findet das Smartphone Platz und wird induktiv geladen, zwei USB-Slots sorgen für die altmodische Art der Verbindung. Wie wir bereits im neuen Kuga erleben durften, wartet auch der Mach-E mit dem Automatik-Drehrad in der Mittelkonsole auf.
Besonders interessant – nicht nur für Ästheten – sind die mit Stoff bespannten Lautsprecher des Bang & Olufsen Soundsystems. Besonders der über die komplette Beifahrerseite verlaufende Speaker ähnelt in seiner Aufmachung der einer Soundbar im Home-Entertainment-Bereich.
Aus Sicht der Redaktion empfehlen wir zudem das riesige Panorama-Glasdach, welches zwar nicht zu Öffnen ist, jedoch den Innenraum des E-Mustangs mit ordentlich Licht flutet.
Im Fond geht es derweil zwar enger, jedoch nicht wirklich beengt zu. Wenngleich wir keine 2-Meter-Menschen an der Hand hatten, um sie zur Sitzprobe zu bewegen, so gehen wir davon aus, dass es sich bis mindestens 1,85 Meter problemlos sitzen lässt.
Da vorne kein V8 schlummert, offeriert der Ford Mustang Mach-E gleich zwei Kofferräume. Den vorderen nennt Ford liebevoll „Frunk“ – eine Mischung aus „Front“ und „Trunk“, was zu deutsch nichts anderes bedeutet als „vorderer Kofferraum“. Hier passen 81 Liter rein und – das kennen wir bereits vom neuen Puma – es gibt ein Wasser-Ablaufventil, sodass sich dieses Fach leicht reinigen lässt.
Hinten werden dann solide 402 Liter dargeboten, die auch gut nutzbar sind, da eine Zerklüftung ausbleibt. Bei umgeklappten Rückenlehnen werden bis zu 1.420 Liter freigegeben.
Motor & Fahreigenschaften – Spritzige Ionen
Auf den ersten Metern gleicht der Ford Mustang Mach-E den meisten Elektroautos – man hört nichts und erschleicht sich die ersten Meter. Nach kurzer Zeit beginnen dann die Eindrücke.
Der Mach-E gibt sich straff gefedert, wirkt aber nicht ungehobelt oder gar schroff. Eine Mischung aus Mondeo und Focus ST-Line könnte man also sagen.
Im innerstädtische Betrieb bleibt der elektrische Crossover überwiegend unaufgeregt und lässt sich angenehm dirigieren. Zudem fällt das Rangieren leicht, der Wendekreis ist für ein Fahrzeug dieser Größe recht klein.
Etwas forscher geht es zu, wenn man den Fahrmodus von „Zahm“ auf „Aktiv“ oder gar „Temperamentvoll“ stellt. Besonders in letzterem zeigt das Fahrzeug dann, dass die Genmischung nicht dem Zufall überlassen wurde und so sprintet das Crossover-SUV putzmunter voran – bis circa Tempo 130. Ab dann wird es erwartungsgemäß etwas zäher, doch der Vortrieb endet erst bei 180 km/h. Übrigens: Wer wirklich dauerhaft schnell fahren will – was bei E-Autos grundsätzlich keine gute Idee ist – kann mit dem Mustang problemlos circa eine halbe Stunde lang 170 Sachen schnell sein; das ist ein Vorteil gegenüber anderen E-Fahrzeugen.
Die Lenkung wartet im Übrigen mit ordentlich Feedback auf und lässt auch sportlich ambitionierte Fahrer auf ihre Kosten kommen. Auch die Bremsen erwiesen sich als überaus standfest und konnten das schwere SUV artgerecht verzögern.
Und die Ruhe im Innenraum möchten wir nicht unerwähnt lassen; sie hat uns wieder und wieder sehr gut gefallen und wurde nur vom Surren des E-Antriebs oder den angenehmen Klängen der B&O-Anlage aufgebrochen.
Bleibt am Ende noch das Thema Verbrauch. Wir konnten im Rahmen unserer ersten Testfahrten einen Verbrauch zwischen 19 und 23 kWh pro 100 Kilometer ermitteln – der Durchschnitt liegt somit bei glatt 21 Kilowattstunden, was nicht allzu stark von der Herstellerangabe abweicht.
Technik & Assistenz – Safe & Sound
Unser sehr gut ausgestatteter Testwagen brachte alles mit, was das Herz begehrt. Nachfolgend nennen wir die relevantesten Optionen, die uns das E-Pony offerierte.
Ein großes Lob verdient das Soundsystem aus dem Hause Bang & Olufsen, welches im Ford Mustang Mach-E mit zehn Lautsprechern aufwartete. Klanglich spielt das System ziemlich glamourös auf, insbesondere die Mitten kommen sehr gut zur Geltung, was in diesem Segment nicht allzu häufig vorkommt. Ford hat es sich zudem nicht nehmen lassen, über die umfangreiche Zusammenarbeit mit Bang & Olufsen mittels Video zu informieren.
Der Sound kann derweil nicht nur über externe Geräte genossen werden, auch über DAB+ kommt das Klangerlebnis nicht zu kurz. Das bereis angesprochen Ford Sync 4 Infotainment wies im ersten Test keine nennenswerten Schwächen in der Bedienung auf und darf als intuitiv gelten.
Doch während der Fahrt sollte der große Bildschirm dennoch nicht übermäßig oft bedient werden, eine Ablenkung ist hier nicht zu leugnen.
Darüber hinaus wartete unser Testwagen mit adaptiven LED-Scheinwerfern auf, die wir jedoch nicht testen konnten.
Weitere Assistenten, wie beispielsweise ein Abstandsregeltempomat, ein Spurführungs- und Kollisionsassistent sind ebenfalls an Bord der höchsten Ausstattungslinie.
Gleiches gilt für die 360-Grad-Kamera, die ein wirklich gestochen scharfes Bild an den Zentralbildschirm liefert.
Wie bereits erwähnt, legen wir allen Sonnenanbetern das große Panorama-Glasdach nahe, da es den Innenraum signifikant aufhellt.
Für urbane Gefilde sinnvoll sind die elektrisch einklappbaren Außenspiegel, die mit der Zentralverriegelung gekoppelt sind.
Varianten & Preise des Ford Mustang Mach-E
Insgesamt steht der Ford Mustang Mach-E in vier verschiedenen Varianten zur Verfügung, jeweils zwei Batteriegrößen und wahlweise Heck- oder Allradantrieb. Letzterer wird mittels Dual-Elektromotor realisiert.
- E Standard – Die Basisversion kommt mit Heckantrieb und offeriert einen 68 kWh Akku. Der „kleinste“ E-Mustang leistet 269 PS sowie ein maximales Drehmoment von 430 Newtonmetern. Die kombinierte Reichweite beträgt nach WLTP 440 Kilometer. Los geht es ab 46.900 Euro;
- E Extended Range – Diese ebenfalls heckgetriebene Version kommt mit einem größeren Akku, der 88 Kilowattstunden bereitstellt. Die Leistung steigt auf 294 PS, das Drehmoment bleibt bei 430 Newtonmetern. Als Reichweite gibt Ford hier beachtliche 610 Kilometer an. Hierfür werden mindestens 54.475 Euro aufgerufen;
- Dual E Standard Range – Dank Doppel-Motor-Technik rollt dieser Crossover mit Allradantrieb vom Band, kommt mit dem gleichen 68-kWh-Akku wie die Basisversion und leistet unverändert 269 Pferdestärken. Das Drehmoment hingegen klettert auf 580 Newtonmeter. Als kombinierte WLTP-Reichweite stehen 400 Kilometer auf dem Datenblatt. Mindestens 54.000 Euro verlangt Ford für den E-Allradler;
- Dual E Extended Range – Dieses Fahrzeug wurde von uns gefahren und ist die aktuell höchste Ausbaustufe der Ford Mustang Mach-E Baureihe. Dank 88-kWh-Akku stehen 351 PS und 580 Newtonmeter bereits, die stets an alle vier Räder geleitet werden. Die kombinierte Reichweite beträgt 540 Kilometer. Für mindestens 62.900 Euro wechselt das Pferd seinen Besitzer.
Darüber hinaus ist bestätigt, dass auch eine Sportversion des Elektro-Ponys nach Deutschland kommt. Der Ford Mustang Mach-E GT bildet dann die Speersitze und leistet immerhin 487 PS. Das maximale Drehmoment wird bei 860 Newtonmetern liegen. Derart motorisiert, sprintet der E-GT in 3,7 Sekunden aus dem Stand auf 100 km/h, die Höchstgeschwindigkeit ist hier auf 200 km/h begrenzt. Alle anderen Mach-E sind derweil bei 180 km/h abgeregelt.
Fazit zum Ford Mustang Mach-E
Mit dem Ford Mustang Mach-E haben die Kölner alles richtig gemacht – mit einer Ausnahme. Das E-Auto konnte in unserem ersten Test auf breiter Front überzeugen, knausert nicht mit Vortrieb und bleibt auch preislich in einem Rahmen, den wir für angemessen halten. Gleiches gilt für den Verbrauch. Zwar sind die Fahrleistungen nicht auf Taycan-Niveau, doch in der Praxis ist der Crossover absolut ausreichend motorisiert.
Darüber hinaus wird er frischer und stylischer als ein Tesla und weniger Mainstream als beispielsweise ein VW ID.4. In Summe bildet er eine angenehme Einstimmung auf das, was von Ford in der nächsten Zeit zu erwarten ist.
Nur hoffen wir, dass der Name Mustang nicht weiter für die E-Sparte verwendet wird. Manchmal ist es besser, Legenden nicht krampfhaft beerben zu wollen. Denn emotional betrachtet, schafft es der Mustang Mach-E logischerweise nicht an sein achtzylindriges Pendant heran.
Text / Fotos: NewCarz
Kamera: Canon EOS 6D Mark II
Sorgt seit 2015 stets für den „Nachschub“ an automobilen Neuigkeiten, ob als Modellpremieren, Modellpflege oder strategische Neuausrichtung von Herstellern – um nur einige zu nennen. Sein enger Draht zu den Herstellern ist ein Garant für brandneue Informationen und Autonews aus erster Hand. Seine automobile Vorliebe gehört vor allem den gut motorisierten Cabrios und Coupés dieser Welt.