Die vierte Generation des Hyundai Tucson ist tatsächlich so etwas wie eine Kehrtwende in dieser Modellgeschichte.
Mainstream war gestern, mit dem aktuellen Tucson zeigt Hyundai, wie unglaublich spacig das Design bei einem solchen Auto gelingen kann. Das gilt sogar noch fast zwei Jahre nach der Generationseinführung.
Für diesen Fahrbericht stand der Hyundai Tucson als Diesel zur Verfügung, den die Außenfarbe Sunset Red kleidete – eine Mineraleffekt-Metalliclackierung, die auf Anhieb gefiel.
- Exterieur
- Interieur
- Motor und Fahreigenschaften
- Ausstattung, Technik & Komfort
- Varianten und Preise
- Fazit
- Pro & Contra
- Technische Daten
Exterieur – Hyundai Tucson mit mächtig Future Vibes
Selbst knapp zwei Jahre nach der Einführung der vierten Generation sieht der Tucson auch heute noch derart futuristisch aus, dass er sich locker und leicht von den meisten seiner Mitbewerber abgrenzen kann.
Mit seinem extrem expressionistischen Design, das so radikal daherkommt, wie kaum eines in der Geschichte von Hyundai, hat der Tucson mit einem großen Schritt die Moderne betreten – inklusive USP, was besonders bei den Kompakt-SUVs kein einfaches Unterfangen ist.
Die Front zeigt sich mit einem großen Kühlergrill, der gut und gerne auch bei deutlich größeren Modellen zum Einsatz kommen könnte. Die Scheinwerfer sind ein Schauspiel für sich: Wie Engelsflügel leuchtet das Tagfahrlicht voraus, verleiht dem Tucson fast etwas Anbetungswürdiges.
Die Fahrzeugseite offenbart eine schicke Silhouette mit ansteigender Gürtellinie und deutlicher Beplankung. Große Räder und ein kleiner Dachkantenspoiler verfeinern die bereits gelungene Basis. Scharfkantige Pointierungen der Radläufe verstärken den futuristischen Eindruck nochmals.
Am Heck gibt’s dann eine flach verbaute Heckscheibe und sehr markante Rückleuchten, die im harten Kontrast zu den Frontscheinwerfern stehen. Eigenständigkeit stand hier wohl ganz oben im Pflichtenheft des neuen Koreaners. Der Heckscheibenwischer versteckt sich übrigens oben im Dachspoiler.
Interieur – Viel Neues und besser verpackt
Der Innenraum erscheint derweil reichlich entspannter und weit weniger polarisierend als das Äußere verspricht. Dennoch: Es bleibt hier zwar reduziert, wurde aber nicht extrem auf Minimalismus getrimmt.
Der Blick fällt zunächst auf ein formschönes Lenkrad, das gut in den Fahrerhänden seinen Platz findet, gern aber auch eine Nummer kleiner ausfallen dürfte. Das Cockpit selbst wurde recht kompakt gehalten, genügt aber völlig und ist unter allen Umständen gut ablesbar. Die Lüftungsdüsen wurden in einem durchgängig verlaufenden Streifen integriert, was designtechnisch ein echter Hingucker ist.
Der Zentralbildschirm des Infotainments ist bündig in die Mittelkonsole integriert, verfügt aber leider nicht mehr über einen physischen Drehregler für die Lautstärke. Auch die Klimaeinheit hat ihr analoges Bedienkonzept gegen Sensoren getauscht. Aber immerhin ist diese Bedieneinheit noch separiert untergebracht und wird eine Etage tiefer über Touch-Buttons bedient – übrigens alles ohne haptisches Feedback, was etwas schade ist.
Auch der Wahlhebel für die Automatik ist entfallen und wurde durch Tasten ersetzt. Das ist anfangs etwas ungewohnt, doch vorteilhafterweise gelangt man nun prima an die hintereinander positionierten Getränkehalter. Die verwendeten Materialien erscheinen überall wertig, deren Verarbeitung dazu tadellos – hier kann man im Vergleich zum bereits wirklich guten Vorgänger gut und gerne vom „next Level“ sprechen.
Die Sitze unseres Testwagens waren sehr bequem und gut konturiert. Lange Strecken vergehen hier stressfrei und praktisch wie im Fluge. Im Fondbereich war man mit Konturierungen etwas knausriger. Dafür gibt es überall sehr viel Platz und im Fond ist das Raumgefühl besser als in fast allen Wettbewerbsmodellen dieser Fahrzeugklasse.
Auch mit dem Kofferraum zeigen die Koreaner stolz die Möglichkeiten in diesem Segment. Dieser bietet mit fast 550 Litern genügend Stauraum und die Heckklappe lässt sich zudem auf Wunsch elektrisch bedienen. Maximiert man das Ladeabteil, passen sogar über 1.700 Liter hinein.
Motor und Fahreigenschaften – Klassischer Bekannter
Angetrieben wurde unser Testwagen vom einzig verfügbaren Diesel – einem 1,6 Liter großen Vierzylinder mit 136 PS. Der Motor ist ein guter Bekannter, erhielt aber in Generation vier ein 48-Volt-Mildhybridsystem, wodurch er insbesondere beim Start/Stopp-Vorgang um Welten schneller und kultivierter arbeitet. Der Riemenstartgenerator speichert obendrein überschüssige Bremsenergie in einem kleinen Akku und unterstützt beim Beschleunigen den Diesel.
Im direkten Vergleich merkt man von dieser Unterstützung subjektiv allerdings nichts. Dafür ist der Support zu gering. Daher bleibt die Leistung wie bereits beim Vorgänger bei 136 PS und 320 Newtonmeter.
Das klingt im ersten Moment nach nicht besonders viel? Nun ja, insbesondere für Leistungs-Freaks sollte klar sein, dass dieser Koreaner kein Sportwagen ist und auch keiner sein will. Aber das hat wohl auch niemand erwartet.
Erwartet hatten wir aber auch nicht, welch spritzigen Eindruck das SUV schon nach den ersten Kilometern hinterlässt. Der Turbodiesel hängt gut am Gas, gibt sein Drehmoment sehr früh ab und dank Allradantrieb HTRAC geht es vom Start aus selbst bei feuchtem Asphalt schnell vom Fleck. Wenn es noch widriger auf den Straßen wird, kann man den Allradantrieb per Lockfunktion mit einer Längssperre versehen, wodurch dieser zum permanenten Allradler wird.
Subjektiv hat man leistungstechnisch übrigens schnell den Eindruck, der Tucson hätte mehr als diese 136 PS. Die meisten Fahrer und Mitfahrer schätzten die Leistung zwischen 150 und 170 PS ein. Auch außerhalb der Stadt lässt sich der Diesel schön schaltfaul fahren – wenn es denn ein Schalter wäre. Wir haben stattdessen das beim Dieselmotor serienmäßige und einzig verfügbare 7-Gang-Doppelkupplungsgetriebe vor die Tür gestellt bekommen, das einen ziemlich guten Job leistete und mit sanften Schaltvorgängen aufwarten konnte.
Ruckeln und Zappeln kam im Vergleich zu manchem VAG-DSG so gut wie nie vor, wobei allerdings die Mildhybridisierung etwaige Schwächen seitens des Getriebes kaschieren könnte. Selbst auf der Autobahn haben wir zu unserem Erstaunen keine nennenswerte Kritik verbuchen können. Erst in höheren Geschwindigkeitsbereichen geht dem Selbstzünder die Puste aus, was sich an einem zäher werdenden Durchzug jenseits von 160 km/h widerspiegelt.
Die Lenkung bleibt stets angenehm leichtgängig, meldet ausreichend und adäquat Feedback. Das Fahrwerk fühlte sich trotz N Line eher komfortorientiert an und niemand würde sich hier über zu harte Federungseigenschaften beschweren können. Dass die Bremsen einwandfreie Arbeit verrichteten, können wir darüber hinaus bestätigen. Dosierbarkeit und Standfestigkeit sind hier vollumfänglich vorhanden.
Als Verbrauch des Turbodiesels notierten wir 7,3 Liter auf 100 Kilometer – ermittelt im Drittelmix. Das sind 1,5 Liter über dem von Hyundai angegebenen Wert. Die Sparrunde schaffte das Kompakt-SUV allerdings mit nur 4,9 Litern auf 100 Kilometer. Vollgas über die Autobahn bestrafte der Diesel mit maximal 11,2 Litern, was in Anbetracht der Größe und Geschwindigkeit – maximal sind übrigens 180 km/h möglich – noch akzeptabel erscheint.
Ausstattung, Komfort, Technik im Hyundai Tucson
Als N-Line besaß unser Test-SUV die zweithöchste Ausstattungsstufe. Gemeinsam mit einigen Optionen offenbarte sich der Koreaner als gut bestückt.
Zu dieser Ausstattung gehörten unter anderem gute LED-Scheinwerfer, welche allerdings in ihrer Homogenität etwas besser sein könnten. Die Flecken im Lichtteppich waren unübersehbar. Helligkeit und Reichweite waren dagegen gut.
Das bekannte und überaus geschätzte Navigationssystem aus dem Hause Hyundai/Kia mit bester Routenführung und Kartendarstellung im Segment überzeugte auch hier. Verkehrsprobleme zeigte die Karte sehr schnell und bei aktiver Routenführung wurden sogleich Alternativen angeboten.
Wirklich unterschätzt wird das Soundsystem aus dem Hause Krell, das in unserem Test sehr gut abschnitt und problemlos beispielsweise mit dem Harman/Kardon System aus dem Tiguan mithalten kann.
Sehr gut, weil schnell und flächendeckend arbeitend, entpuppten sich die Sitz- und Lenkradheizungen im Tucson. Die meist zugfrei arbeitende Klimaautomatik sorgte sogar mit drei Zonen für gut temperierte Verhältnisse im Innenraum.
Sehr gut für urbane Einsatzgebiete: Der Hyundai Tucson klappt beim Verriegeln die Außenspiegel an. Das Keyless-System ist hier ebenfalls ein großer Komfort-Zuwachs und auf Wunsch gibt es sogar Sitzbelüftung.
Insgesamt überzeugten die Assistenzsysteme mit einem guten Job. Ausnahme: Der Spurhalteassistent, der ständig ohne echten Grund mittels Pieptönen das Verlassen der Spur anzeigt. Großartig finden wir derweil den Einsatz des Totwinkelwarners mittels Außenkamera, der beim Blinkersetzen das jeweilige Bild des rückwärtigen Areals direkt in das volldigitale Cockpit übertrug. Diese innovative Lösung hat uns bereits im Kia Sorento und im Kia Stinger überzeugen können.
Was uns allerdings gestört hat, sind die vielen akustischen Bestätigungen per Piepton – vom Öffnen und Schließen der Heckklappe über das Spur verlassen bis zum Erkennen vorausfahrender Fahrzeuge; das ist einfach zu viel des Guten und nervt mitunter auch schon mal.
Varianten und Preise des Hyundai Tucson
Aktuell wird der Tucson in fünf Ausstattungslinien angeboten: „Pure“, „Select“, „Trend“, „N-Line“ und “Prime”, wobei die Einstiegsversion beim Hybridmodell nicht bei „Pure“, sondern eine Stufe darüber, bei „Select“ startet.
Der Einstiegspreis als „Pure“ liegt bei 27.440 Euro. Als Hybrid startet das SUV ab 36.190 Euro und als Plug-in Hybrid werden mindestens 42.350 Euro fällig.
Die Antriebsmöglichkeiten umfassen zwei 1.6-Liter Turbobenziner mit 150 PS und 180 PS, ein Turbodiesel mit 136 PS inklusive dem 48-Volt-Mildhybridsystem und zwei Hybridvarianten – einen Vollhybriden mit 230 PS Systemleistung und einen PHEV mit 265 PS Systemleistung.
Außer beim PHEV-Modell, bei dem Allradantrieb serienmäßig ist, fahren alle anderen nur optional mit Allrad. Außer dem kleinsten Benziner, den es ausschließlich mit Vorderradantrieb FWD gibt.
Fazit – Stylisch, geräumig, modern
Der neue Hyundai Tucson ist in seiner vierten Generation nicht mehr wiederzuerkennen. Optisch ein Leckerbissen, fährt er sich verdammt europäisch, bietet jede Menge Technik – nicht weniges davon auch innovativ – die zudem auch fehlerfrei funktioniert. Stichwort: Software. Der Tucson zeigt sich so als stimmiges Gesamtpaket.
Als Diesel kostet der Tucson mit absoluter Vollausstattung ziemlich nahe der 50.000 Euro. Das ist ein mittlerweile recht stolzer Preis. Der neue Kia Sportage ist als Konzernbruder dem Tucson damit dicht auf den Fersen und sieht nicht nur optisch alles andere als von gestern aus.
Vergleicht man den Hyundai Tucson dagegen mit den europäischen oder gar deutschen Konkurrenten, ist der Koreaner plötzlich wieder dick im Geschäft. Zwar bekommt man auch einen Tiguan für diesen Preis, allerdings mit deutlich weniger Ausstattung und fünf Jahre Garantie sind dann ebenfalls nicht drin.
In jedem Fall erhält der neue Tucson von uns das Prädikat „Empfehlenswert“. Wer auf der Suche nach einem stylisch designten Kompakt-SUV mit solider Technik ist und sich nicht um Markenprestige schert, sollte eine Probefahrt mit dem Koreaner dringend in Erwägung ziehen.
Kamera: Canon EOS 5D Mark III
Pro und Contra
Pro:
- Expressive Optik
- geräumiger Innenraum
- innovative Assistenzsysteme
- 5-Jahres-Garantie
Contra:
Technische Daten: Hyundai Tucson 1.6 CRDi 48-V-Mildhybrid N-Line
- Farbe: Sunset Red Mineraleffekt Metallic
- Fahrzeugklasse: Kompaktklasse/Kompakt-SUV
- Länge x Breite x Höhe (m): 4,51 x 1,87 (2,13 mit Außenspiegel) x 1,65
- Radstand (mm): 2.680
- Antrieb: Vierzylinder Commonrail Turbodiesel mit DPF und SCR-Kat
- Hybridart: 48-Volt-Mildhybrid
- max. Leistung: 100 kW (136 PS) bei 4.000 rpm
- max. Drehmoment (Nm): 320 bei 2.000 bis 2.250 rpm
- Hubraum: 1.598 ccm
- Getriebe: 7-Gang-Doppelkupplungsgetriebe
- Antriebsart: Allrad HTRAC
- Durchschnittsverbrauch (WLTP): 5,9 l/100 km
- Durchschnittsverbrauch (NewCarz): 7,4 l/100 km
- CO2-Emissionen (Werksangabe): 154 g/km
- Abgasnorm: Euro 6d-ISC-FCM
- Höchstgeschwindigkeit: 180 km/h
- Beschleunigung von 0 auf 100 km/h (sec): 11,6
- Wendekreis (m): 10,9
- max. Bodenfreiheit (mm): 170
- Böschungswinkel vorn/hinten: 17,4°/25,7°
- Rampenwinkel: 17,3°
- Kofferraumvolumen (l): 546 bis 1.725
- Leergewicht (kg): 1.665
- Zuladung (kg): 535
- Anhängelast ungebremst/gebremst (kg): 750/1.650
- max. Stützlast (kg): 100
- max. Dachlast (kg): 100
- Tankinhalt (l): 54
- Kraftstoffart: Diesel
- Neupreis des Testwagens: 48.500 Euro (Basispreis: 27.440 Euro)
Unser Chefredakteur erstellt seit 2015 schwerpunktmäßig Fahrberichte und testet alle Fahrzeuge akribisch – mit Liebe zum Detail – auf Herz und Nieren. Dabei entgeht ihm nichts. Seine Objektivität bewahrt er dabei kompromisslos. Robertos Spezialgebiete sind neben SUVs und Kombis die alternativen Antriebskonzepte. Sein Herz schlägt aber auch gern im V8-Takt.