Mit dem stärksten Diesel bestückt, fuhren wir für diesen Fahrbericht den BMW 223d xDrive Active Tourer.
Dieser gehört zur zweiten Generation, welche seit einem Jahr auf den hiesigen Straßen zu Hause ist. Mit diesem Generationswechsel wurden dem Kompaktvan diverse Neuerungen zuteil. Diese zu beleuchten, ist unsere Aufgabe im Rahmen eines detaillierten Tests.
Unser Testwagen besaß das M Sportpaket und wurde in der Außenfarbe M Portimao Blau geliefert.
- Die Außenansicht
- Der Innenraum des Active Tourer
- Motor und Fahreigenschaften
- Ausstattung, Komfort, Sicherheit
- Varianten und Preise
- Fazit
- Pro & Contra
- Technische Daten
Wie sieht der BMW 223d xDrive Active Tourer aus?
Mehr als nur aufgefrischt, möchten wir meinen. Die Überarbeitung sieht man sofort und trotz nahezu identischer Abmessungen zum Vorgänger wirkt der Active Tourer mit der internen Bezeichnung „U06“ optisch größer und gereifter.
Ein Grand Tourer mit verlängertem Radstand wurde aufgrund mangelnden Interesses nicht neu aufgelegt. Der Active Tourer erhielt im Rahmen des Generationswechsels ganz markenkonform eine große, sehr dominante Doppelniere, die zwar nicht so groß ausfällt wie bei anderen Modellen aus München, aber dennoch unübersehbar an der modernisierten Fahrzeugfront thront.
Die Frontschürze wurde schärfer designt und die Karosserie verlor viele Kanten und Falten, wodurch die zweite Generation etwas rundlicher, ja beruhigter und am Ende gefälliger wirkt. Frische Lichtsignaturen streng nach der bayrischen Corporate Identity zieren den Kompaktvan vorn und hinten.
Die seitliche Verglasung endet an den C-Säulen jeweils in einem BMW-typischen Hofmeister-Knick und die Türgriffe wurden bündig integriert. Am Hack gibt’s keine Endrohre zu bestaunen, stattdessen fallen schwarze Applikationen und die Andeutung eines Diffusors ins Auge.
Der Innenraum – Hochwertig, praktisch, variabel
Der Innenraum offeriert zuallererst ein Curved Display, bestehend aus einem volldigitalen Cockpit und dem Zentralbildschirm; dies wird so auch im BMW iX verwendet. Die fulminanten Sportsitze des M Sportpakets mit einer Kombination aus Alcantara und Sensatec-Lederersatz als Bezug bieten jede Menge Seitenhalt und eine verstellbare Beinauflage. Bereits beim Platznehmen wird schnell klar, dass man auf diesem Gestühl gut und gerne auch mehrere Stunden ohne Ermüdungserscheinungen für Sitzfleisch und Rücken verweilen kann.
Das M Sportlenkrad kommt wie gewohnt ohne abgeflachte Unterseite des Kranzes aus, gefällt aber ungemein durch dessen dicke Polsterung. Die Platzverhältnisse sind auf den vorderen Plätzen als großzügig zu beschreiben – es gibt davon eine Idee mehr als im Vorgänger.
Auf der zweiten, etwas zu knausrig gepolsterten Sitzreihe fiel dafür eine Nuance an Beinfreiheit zum Opfer, was aber nur Personen mit Gardemaßen ab 1,85 Metern zu spüren bekommen. Wirklich grandios ist dafür die Variabilität, denn die Rücksitzlehnen der dreigeteilten Rückbank lassen sich in der Schräge verstellen und als Option – dies war im Testwagen der Fall – bietet BMW für 300 Euro eine Längsverstellmöglichkeit der Rücksitze an. Die so variabel einstellbaren 13 Zentimeter verändern wie gewünscht den Platz für die Insassen und den Kofferraum.
Letztgenannter bietet mindestens 415 Liter Ladevolumen und kann wie eben beschrieben bis auf maximal 1.405 Liter erweitert werden. Ebenso sehr praktisch: Der gesamte Kofferraum ist nahezu frei von jedweder Zerklüftung.
Motor und Fahreigenschaften – Klarer Fall von Fahrfreude
Beim Herz unter der Haube des Bavaren handelt es sich um einen Reihenvierzylinder mit zwei Litern Hubraum. Der Turbodiesel leistet 211 PS und stemmt kräftige 400 Newtonmeter maximales Drehmoment auf die Kurbelwelle. Dieses liegt bereits ab 1.750 Umdrehungen pro Minute an, wodurch der Vorschub sehr zeitig und mit Nachdruck einsetzt.
Die Laufkultur kann sich für einen Vierzylinder mehr als sehen lassen. Sie liegt eindeutig höher angesiedelt als bei Pendants aus Wolfsburg, kann aber die unglaubliche Laufruhe der Vierzylinder-Aggregate aus dem Hause Land Rover nicht gänzlich erreichen.
Übersetzt wird die Motorkraft durch ein 7-Gang-Doppelkupplungsgetriebe, welches nicht an die seidenweiche und überaus exakte Schaltkultur der verblichenen 8-Gang-Automatik herankommt, aber dennoch einen akzeptablen Job verrichtet. Wenngleich eine Gedenksekunde beim Wechsel von Vorwärts- in Rückwärtsfahrt und umgekehrt auch hier zu spüren ist, wenn auch nicht so intensiv wie bei Derivaten aus dem Volkswagen-Konzern. Seit dem Generationswechsel ist diese Lösung die einzig verfügbare Getriebeart – auch die Handschaltung wurde aus dem Programm genommen.
Der Motor liefert in jeder Lebenslage ordentlich Power, sodass zu keinem Zeitpunkt Leistungsdefizite auch nur im Ansatz erkennbar wären. In der Kombination mit dem Sportfahrwerk und der erstklassigen, weil sehr präzisen und viel Feedback liefernden Lenkung, generiert der Bavare Fahrfreude im Überfluss. „Freude am Fahren“ ist also auch in diesem Kompaktvan das geltende Credo.
Das Allradsystem xDrive gewährleistet obendrein, dass die Kraft auch ohne Traktionsverluste auf die Straße gelangt. Das Fahrwerk bietet trotz gesunder sportorientierter Abstimmung genügend Restkomfort, mit dem man auch Fernreisen problemlos absolvieren kann. Die Fahrmodi ermöglichen dabei eine spürbare Bandbreite an Federungscharakteristik und die automatische Abstimmung überzeugte im Test.
Was uns bisher viel Fahrfreude bescherte, setzte sich als „Freude beim Tanken“ fort. Denn ein Gesamtdurchschnitt von 5,8 Litern auf 100 Kilometer kann sich mehr als sehen lassen. Zumal wir hier auch das eine oder andere zackige Überholmanöver einfließen ließen. Richtig schwäbisch zeigte sich der Bayer dann auf der Sparrunde; das erreichte Ergebnis von 3,7 Litern generierte Anerkennung und Lob durch unsere Testfahrer.
Das Einzige, was wir dem 2er Active Tourer ankreiden müssen, ist der bei kalten Außentemperaturen oft im Innenraum wahrnehmbare Gestank des Zuheizers. Irgendwie scheint die Abgasführung von diesem nicht weit genug vom Lüftungssystem zu liegen, wodurch es immer wieder vor allem in der Kaltstartphase zu Geruchsbelästigungen kam.
Ausstattung, Komfort, Technik
Der BMW 223d xDrive Active Tourer erhielt wie alle Modelle des Kompaktvans ein überarbeitetes Infotainment mit neuem Bedienkonzept. Der altbekannte Dreh- und Drückregler „i-Drive“ auf der Mittelkonsole wurde ausrangiert und machte Platz für eine Touch- und Gestenbedienung sowie eine deutlich überarbeitete Sprachsteuerung. Diese stellt nun auch die Sitz- und Raumklimatisierung ein oder steuert die sehr gute Massagefunktion der vorderen Sitze sowie die elektrischen Fensterheber.
Das funktioniert bis auf kleine Ausnahmen sehr gut. Und falls mal Langeweile aufkommt, erzählt die Sprachassistentin nach Aufforderung auch Witze. Kleiner Tipp: Einfach mal fragen, was sie denn zur deutschen Konkurrenz aus Stuttgart oder Ingolstadt meint. Hier haben die Softwareentwickler Humor gezeigt. Wenn man auf die Sprachsteuerung verzichtet, ist die Bedienung unterm Strich mit dem i-Drive doch leichter von der Hand gegangen als per neuer Touch- und Gestenfunktion.
Das M Sportpaket ruft zwar 3.550 Euro auf, beinhaltet aber neben bereits genanntem Sportfahrwerk, den Sportsitzen und dem Sportlenkrad auch spezielle M-Leichtmetallräder sowie viele Akzente innen wie außen. Neben den klassischen Ansichten des Cockpits plus des Zentralbildschirms bietet der Kompaktvan auch einige überaus farbenfrohe Designspielereien, die mit dem heutigen farblich Machbarem in der Displaydarstellung auch künstlerischen Ansprüchen gerecht werden sollten.
Eine ganze Heerschar an Assistenzsystemen unterstützen den Fahrer zum Großteil sehr zuverlässig und ermöglichen auch teilautonomes Fahren. Vom adaptiven Tempomaten, der auch geografische und verkehrstechnische Belange berücksichtigt, bis zum Parkassistenten, der die letzten gefahrenen 100 Meter im Rückwärtsgang exakt auf gleichem Wege zurücklegen kann, gehören außerdem eine Verkehrszeichenerkennung, Spurhalte- und Spurwechselassistenten und vieles mehr zum Repertoire.
Ein nette, aber eher als Spielerei geltende Selfie-Innenraumkamera macht Fotos von den Insassen, die man dann direkt auch online teilen kann. Viel interessanter ist die Dashcam-Funktion, mit der die vier Außenkameras das Umfeld des BMW aufzeichnen – im Falle eines Unfalls auf Wunsch auch automatisch. Dies kann zur Ursachenforschung sehr hilfreich sein.
Die Wireless-Charging-Ablage verlangt ein exakt gebettetes Mobilgerät, um dieses dann aber auch zuverlässig wieder aufzuladen. Android Auto funktionierte im Praxistest kabellos und ohne Fehler. Das Head-up Display wird hier auf einer dunkel getönten Plexiglasscheibe realisiert, da eine Projizierung auf der sehr schrägen Windschutzscheibe technisch nicht machbar ist.
Das Harman/Kardon Soundsystem beschallt die Insassen mit einem warmen, sehr natürlichen Klang und kostet entweder allein 620 Euro oder im Comfort Paket gemeinsam mit elektrischer Sitzverstellung plus Memory und Massagefunktion sowie Lordosenstütze 1.300 Euro extra.
Sehr gutes Licht lieferten die adaptiven LED-Scheinwerfer, die allerdings nur mit dem knapp 2.300 Euro teuren Premiumpaket erhältlich sind.
Varianten und Preise des BMW 223d xDrive Active Tourer
Der BMW 223d xDrive Active Tourer ist der stärkste Diesel im Programm und startet bei 48.250 Euro. Damit liegt er rund 13.500 Euro über dem Einstiegsmodell der Kompaktvan-Baureihe, dem BMW 216i Active Tourer, der ab 35.300 Euro angeboten wird.
Für den getesteten Diesel werden drei Ausstattungslinien angeboten:
- Serie ab 48.250 Euro
- Luxury Line ab 50.560 Euro
- M Sportpaket ab 51.800 Euro
Mit seinen 211 PS liegt der BMW 223d xDrive Active Tourer an vierter Stelle von insgesamt acht Motorisierungen, die sich wie folgt aufteilen:
- 216i – 1.5-Liter-Dreizylinder Turbobenziner mit 112 PS
- 218i – 1.5-Liter-Dreizylinder Turbobenziner mit 136 PS
- 220i – 1.5-Liter-Dreizylinder Turbobenziner mit 170 PS
- 223i – 2.0-Liter-Vierzylinder Turbobenziner mit 218 PS
- 218d – 2.0-Liter-Vierzylinder Turbodiesel mit 136 PS
- 223d – 2.0-Liter-Vierzylinder Turbodiesel mit 211 PS
- 225e – 1.5-Liter-Dreizylinder Turbobenziner plus E-Motor; Systemleistung 245 PS
- 230e – 1.5-Liter-Dreizylinder Turbobenziner plus E-Motor; Systemleistung 326 PS
Den Allradantrieb xDrive erhalten der hier getestete Diesel sowie die beiden Plug-in Hybriden serienmäßig und der stärkste Benziner 223i als Option. Alle anderen Modelle fahren mit Vorderradantrieb.
Fazit – Ein echter Kompaktvan, ein echter BMW
Der BMW 2er Active Tourer hatte es anfangs vor mittlerweile fast zehn Jahren nicht leicht, wurde als Blasphemie angesehen, da er als erster Fronttriebler die sonst stets mit Heck- oder Allradantrieb beseelten Bavaren als neue Art hinter sich ließ.
Doch die Zeit hat gezeigt, dass das Konzept aufging. Und die aktuelle Generation beweist einmal mehr, dass der Kompaktvan ein waschechter BMW ist, mit allem, was man von einem solchen erwartet. Und vorneweg: Freude am Fahren – die man hier definitiv in hohem Maße erfährt. Zugegeben, unser Testfahrzeug war ein Allradler, und die gibt es nur für die stärksten Modelle. Aber es gibt sie eben überhaupt.
Seine hohe Variabilität macht ihn obendrein zum Lade- und Transportkünstler und das alles unter der Prämisse, auch immer die typischen BMW-Tugenden genießen zu dürfen. Technisch hoch gerüstet und mit vielen Assistenten bestückt, ist zusätzlich sowohl Komfort als auch Sicherheit im Fokus dieses Active Tourers.
Vor allem als stärkster Diesel etabliert er sich als erste Wahl für alle Vielfahrer, die überwiegend weite Strecken absolvieren. Viel Power und dazu vorbildlich effizient – so bleiben die laufenden Kosten angenehm überschaubar. Da kann man vielleicht auch den hohen Anschaffungspreis am Ende tolerieren. Denn auch preislich ist der Active Tourer ein echter BMW: für unseren Testwagen waren über 62.000 Euro fällig. Schnäppchen gibt’s in München aber bekanntlich eh keine.
Text/Fotos: NewCarz
Pro und Contra
Pro:
- kultivierter, kräftiger und sehr sparsamer Dieselmotor
- knackiges Fahrwerk
- hohe Variabilität
- viele sehr gute Assistenzsysteme
- viele Antriebsarten auswählbar
Contra:
Technische Daten: BMW 223d xDrive Active Tourer M Sportpaket
- Farbe: M Portimao Blau Metallic
- Fahrzeugklasse: Kompaktklasse / Van
- Länge x Breite x Höhe (m): 4,39 x 1,82 (2,10 mit Außenspiegeln) x 1,58
- Radstand (mm): 2.670
- Antrieb: Vierzylinder Turbodiesel mit SCR-Kat und DPF
- Hybridart: Mild Hybrid
- max. Leistung: 155 kW (211 PS) bei 4.000 rpm
- max. Drehmoment (Nm): 400 bei 1.750 bis 2.750 rpm
- Hubraum: 1.995
- Getriebe: 7-Gang-Doppelkupplungsautomatik
- Antriebsart: Allrad xDrive
- Durchschnittsverbrauch (WLTP): 4,6 l/100 km
- Durchschnittsverbrauch (NewCarz): 5,8 l/100 km
- CO2-Emissionen (Werksangabe): 121 g/km
- Schadstoffklasse: Euro 6d-ISC-FCM
- Höchstgeschwindigkeit: 233 km/h
- Beschleunigung von 0 auf 100 km/h (sec): 7,3
- Wendekreis (m): 11,4
- Bodenfreiheit (mm): 171
- Kofferraumvolumen (l): 415 bis 1.405
- Leergewicht (kg): 1.730
- Zuladung (kg): 480
- Anhängelast ungebremst/gebremst (kg): 750/1.500
- max Stützlast (kg): 75
- max Dachlast (kg): 75
- Tankinhalt (l): 45 (optional 54)
- AdBlue Tank (l): 12,5
- Kraftstoffart: Diesel
- Neupreis des Testwagens: 63.250 Euro (Basispreis 223d: 48.250 Euro)
Unser Chefredakteur erstellt seit 2015 schwerpunktmäßig Fahrberichte und testet alle Fahrzeuge akribisch – mit Liebe zum Detail – auf Herz und Nieren. Dabei entgeht ihm nichts. Seine Objektivität bewahrt er dabei kompromisslos. Robertos Spezialgebiete sind neben SUVs und Kombis die alternativen Antriebskonzepte. Sein Herz schlägt aber auch gern im V8-Takt.