Intern als Astra L bezeichnet, gehört der Opel Astra GSe zur sechsten Generation des Astra, der in der Kompaktklasse unter anderem dem Golf als einer der Hauptkonkurrenten paroli bieten muss.
In diesem Test möchten wir dem stärksten Astra, der als Plug-in Hybrid immerhin 225 PS als Systemleistung generieren kann, einmal genauer unter die Haube und auf den Akku schauen.
Immerhin tritt der Astra als GSe ein prestige-trächtiges Erbe an und löst die einstigen GSi-Modelle ab. Unser Testwagen rollte in einem unschuldigen Weiß auf das Testgelände, welches Opel als „Arktis Weiß“ bezeichnet und der als Uni-Lack für 350 Euro Aufpreis den Astra entsprechend kleidet.
Das Wichtigste im Überblick
- Stärkster Antrieb für den Opel Astra zeigt sich kraftvoll, ohne als echter Sportler zu überzeugen.
- Eine umfangreiche Ausstattung und moderne Assistenzsysteme sind serienmäßig an Bord.
- Es gibt wenig Individualisierungsmöglichkeiten bei der Konfiguration des Astra GSe.
- Exterieur & Interieur
- Motor und Fahreigenschaften
- Verbrauch, Aufladen, Reichweite
- Ausstattung, Komfort, Technik
- Varianten und Preise
- Fazit
- Pro & Contra
- Technische Daten
Exterieur & Interieur – Tiefer und markanter
Es sind zwar nur zehn Millimeter, die der Opel Astra GSe dank Sportfahrwerk tiefer über der Fahrbahn lauert, doch diese Zehn sieht man. Dazu kommen diverse Akzente in Schwarz, was beim Außenkleid des Testkandidaten in „Arktis Weiß“ besonders intensiv zur Geltung kommt.
„Opel Vizor & Friends“ nannte einer unserer Testfahrer den Anblick der Fahrzeugfront und verewigte dies auch im Bordbuch. Dazu erhält der Astra als GSe sehr schick anzusehende 18 Zoll-Räder, deren Design auch am e-Manta zu bewundern sind. Am Heck klebt eine GSe-Plakette als kleines Statement – das war es mit den Besonderheiten.
Im Innenraum bleibt es ähnlich dezent, was die Aufmachung des sportivsten Modells aus Rüsselsheim angeht. Abgesehen von den erstklassigen Integral-Sportsitzen mit AGR-Zertifikat und den GSe-Badges in den Kopfstützen, bleibt es beim fahrerorientierten „Pure Panel“-Cockpit und der wertig erscheinenden Verarbeitung eines gut kombinierten Materialmixes.
Schön wäre noch eine GSe-Intarsie im Lenkrad und auf der Instrumententafel, was etwas mehr Abgrenzung für das Sportmodell schaffen würde. Doch Opel zelebriert hier offensichtlich „weniger ist mehr“. Nun denn; wohl fühlen kann man sich dennoch auf allen Plätzen und der Kofferraum verspricht mit seinen 352 beziehungsweise 1.268 Litern eine vernünftige Alltagstauglichkeit.
Antrieb und Fahreigenschaften – Von mild bis pikant
Ein bisschen mehr Würze versprechen die Rüsselsheimer bei ihren Modellen mit dem GSe im Modellnamen. Als Antrieb fungiert im Opel Astra GSe ein Plug-in Hybrid, daher steht das „e“ im Buchstabentrio für „electric“. Das Antriebsduo besteht im Einzelnen aus einem 1.6-Liter-Turbobenziner, der aus seinen vier Zylindern 180 PS hervorzaubert. Gemeinsam mit einem 110 PS starken im 8-Gang-Automatikgetriebe integrierten Elektromotor kommt der GSe auf 225 PS Systemleistung.
Das Leistungsplus gegenüber dem herkömmlichen PHEV beträgt zwar 45 PS, doch aufgrund des unveränderten Drehmomentmaximums von 360 Newtonmeter, sind die leistungstechnischen Vorteile eher überschaubar. Beim Sprint aus dem Stand bis 100 km/h vergeht mit 7,5 Sekunden lediglich eine Zehntelsekunde weniger als beim 180 PS-Hybriden. Zumindest in der Höchstgeschwindigkeit kann der GSe mit 235 km/h gleich zehn Stundenkilometer drauflegen.
Dennoch läuft beim GSe einiges sportlicher als beim konventionellen Hybriden. Möglich wird das durch ein sehr gutes Sportfahrwerk, welches neben der Tieferlegung ein deutlich strafferes Setup erfuhr und spezielle Koni-Dämpfer für ein adaptives Ansprechen je nach Gegebenheit erlauben. Echte OPC-Technik also in diesem Astra.
Dazu kommt eine präzisere Lenkung, die exakter und schneller auf Lenkbefehle reagiert, einen stärker ausgeprägten Rückstellmoment besitzt und nie mit Feedback geizt. Dadurch fühlt sich der Opel Astra GSe am Ende doch sportlicher an als alle anderen Astra-Modelle.
Allerdings reicht diese Sportlichkeit nicht aus, um Hauptkonkurrenten wie einem Golf GTI oder dem Hyundai i30 N den Staffelstab aus den „Fahrerhänden“ zu schlagen. Dafür reicht trotz sehr gutem, durchaus als pikant zu beschreibenden Fahrwerk am Ende das dagegen eher milde Leistungsvermögen nicht aus. So gesehen, erntet sowohl Fahrer als auch seine Passagiere im GSe vielmehr Gran Turismo als Grand Sport.
Das ist nicht negativ zu sehen, insbesondere dann, wenn diese Fakten bekannt sind. Denn dann generiert der GSe auch nicht unerheblichen Fahrspaß. Doch um die vollen Fahrfreuden genießen zu können, sollte der Hybrid-Akku entsprechend gefüllt sein, sonst fehlt ein spürbares Stück vom Leistungspotenzial.
Verbrauch, Aufladen, Reichweite des Opel Astra GSe
Beim Verbrauch zeigte sich der Astra GSe von einer typischen Hybrid-Charakteristik, vor allem bei leerem Akku. Da wir gern den „worst case“ ausprobieren, haben wir die Durchschnittsverbräuche wie immer auch hier bei leerem Akku ermittelt. Im Drittelmix kamen wir auf 7,6 Liter auf 100 Kilometer – das war bei einem PHEV zu erwarten, denn er schleppt ein nicht unerhebliches Mehrgewicht mit sich. Schlecht ist das Ergebnis aufgrund der Leistungsklasse dennoch nicht zu bewerten.
Auf der Sparrunde fiel der Durchschnitt auf sehr gute 4,2 Liter auf hochgerechnet 100 Kilometer. Beide Werte liegen erwartungsgemäß knapp über denen des konventionellen Plug-in Hybriden mit 180 PS. Bei vollgeladenem Akku benötigte der Rüsselsheimer auf den ersten 100 Kilometern genau 3,1 Liter.
Der Opel Astra GSe besitzt einen Lithium-Akku mit 11,3 kWh nutzbarer Energiemenge. Das Aufladen erfolgt über einen Typ-2-Anschluss. Auch hier lag ein Universal-Ladekabel dabei, welches drei Anschlüsse abdeckt: Typ 2, 16 Ampere Kraftstrom und 230 Volt-Haushaltsstrom. An der Ladesäule dauerte ein kompletter Ladevorgang aufgrund des serienmäßigen 3,7 kW-Onboard-Loaders drei Stunden und 20 Minuten. Ein optionaler 7,4 kW Loader würde die Ladezeit auf rund zwei Stunden verkürzen.
Die elektrische Reichweite nach dem vollständigen Aufladen sollte laut Bordrechner 46 Kilometer betragen. Im Drittelmix – also jeweils 33 Prozent Landstraße, Stadt und Autobahn – kamen wir letztendlich auf 53 Kilometer. Damit lagen wir sogar einen Kilometer über dem Ergebnis mit dem 180 PS-PHEV, was sicherlich auch auf die Außentemperaturen zurückzuführen ist. In diesem Test herrschten mit 23 Grad Außentemperatur annähernd ideale Bedingungen.
Die maximale Geschwindigkeit in vollelektrischer Gangart beträgt laut Hersteller 135 km/h, was wir im Test auch bestätigen konnten. Wer allerdings dauerhaft so schnell elektrisch fährt, reduziert die Reichweite problemlos auf die Hälfte der Werksangabe von 63 Kilometern.
Ausstattung, Komfort, Technik
Als GSe verfügt der Astra ab Werk bereits über diverse Annehmlichkeiten, wie unter anderem einen Keyless-Zugangs- und Startsystem, den AGR-zertifizierten Sportsitzen inklusive homogener und schneller Sitzheizung, einen automatisch abblendenden Außenspiegel, eine kabellose Ladestation, die im Test ohne Auffälligkeiten arbeitete und Parksensoren vorn und hinten inklusive einer 360-Grad-Kamera, deren Bild gut aufgelöst auch bei Dunkelheit die direkte Umgebung zum Auto darstellen konnte.
Herausragend war, wie bei Opel oft erlebt, das IntelliLux Matrix-LED-Scheinwerferlicht. Extrem hell, absolut schnell und zuverlässig in seiner automatischen Ausblendfunktion und mit homogenem Lichtteppich zeigte Opel mit dem Astra GSe wieder einmal, wo das Benchmark dieser Klasse zu finden ist.
Die Bedienung des Infotainments ganz in Opel-Manier ist schnell verinnerlicht; Android Auto und Apple CarPlay funktionieren auch ohne Kabel. Die Routenführung des bordeigenen Navi berücksichtigte im Test alle Verkehrssituationen zuverlässig.
Der adaptive Tempomat hält sanft den gewünschten Abstand zum Vordermann und kann die Geschwindigkeit auch nach erkannten Schildern anpassen.
Was kostet der Opel Astra GSe?
Die mit 225 PS stärkste Astra-Variante startet als klassischer 5-Türer wie hier getestet bei 47.260 Euro. Wer lieber den Kombi „Sports Tourer“ als GSe fahren möchte, muss mindestens 48.760 Euro – also exakt 1.500 Euro mehr – aufbringen.
Der GSe ist nahezu voll ausgestattet; dem Käufer bleibt nur noch die Wahl aus sieben Außenfarben, von denen das Kardio Rot kostenfrei bleibt und die anderen zwischen 350 und 850 Euro an Extrakosten generieren. Weiterhin kann für zusätzliche 1.310 Euro das Alcantara als Sitzbezug gegen Leder getauscht werden – das wars an individueller Sonderausstattung vom Hersteller.
Fazit – Grand Sport statt Pure Sport
Der Opel Astra GSe ist aktuell zweifellos der stärkste Astra und zeigt dies auch durch seine guten Fahrleistungen. Waschechte Sportstimmung will dabei allerdings zu keinem Zeitpunkt aufkommen, wenngleich das Fahrwerk des Kompakten aus Rüsselsheim am ehesten in diese Richtung geht.
Vielmehr zeigte sich dieser Opel als kräftig motorisierter Allrounder mit dynamischer Note, der eher als ein Grand Tourer durchgeht. Das ist keinesfalls als Kritik zu verstehen, doch echte Sportfahrer werden hier das gewisse Etwas eines Sportderivats vermissen und wehmütig an die Zeiten echter GSI-Modelle zurückdenken.
Dafür überzeugt der Astra mit seiner ausgeprägte Alltagstauglichkeit und mit Leistungsreserven, die weit über das hinaus gehen, was für den alltäglichen Einsatz nötig wäre. Dadurch kann man im GSe also genug Spaß haben. Dazu kommen ein sehr gut abgestimmtes Fahrwerk, modernste Assistenzsysteme und das klassenbeste Licht, was ihn in Summe zu einem sehr sicheren Begleiter macht.
Text & Fotos: NewCarz
Pro & Contra
Pro:
- gute Fahrleistungen
- erstklassiges Matrix-LED-Licht
- harmonisch arbeitender Hybridantrieb
- dynamisch abgestimmtes Fahrwerk
- umfangreiche Ausstattung ab Werk
- für ein PHEV akzeptable elektrische Reichweite
Contra:
- sehr lange Ladezeiten
- nicht sonderlich sportlicher Fahreindruck
- wenig Individualisierungsmöglichkeiten
Konkurrenz: VW Golf GTI, Cupra Leon, Hyundai i30 N, Peugeot 308 Hybrid 225
Technische Daten: Opel Astra GSe
- Farbe: Arktis Weiß Uni
- Fahrzeugklasse: Kompaktklasse / Schrägheck 5-Türer
- Länge x Breite x Höhe (m): 4,37 x 1,86 (2,06 mit Außenspiegeln) x 1,43
- Radstand (mm): 2.675
- Antrieb: Vierzylinder-Ottomotor mit Abgas-Turbolader und OPF plus E-Motor
- Hubraum (ccm): 1.598
- Hybridart: Plug-in Hybrid
- Systemleistung: 165 kW (225 PS)
- max. Drehmoment (Nm): 360
- Getriebe: 8-Gang-Automatik
- Antriebsart: Vorderachse
- Durchschnittsverbrauch (WLTP): 1,3 l/100 km
- Durchschnittsverbrauch (NewCarz): 7,6 l/100 km (mit leerem Akku)
- CO2-Emissionen (Werksangabe): 30 g/km
- Abgasnorm (WLTP): 6d-ISC-FCM
- Höchstgeschwindigkeit: 235 km/h
- Höchstgeschwindigkeit elektrisch: 135 km/h
- Beschleunigung von 0 auf 100 km/h (sec): 7,5
- Hybrid-Akku: Lithium-Ionen
- Akku-Kapazität brutto/netto (kWh): 12,4/11,3
- Ladeanschluss: Typ 2 hinten links
- Ladezeiten AC 3,7 kW (Werksangabe/gemessen (min): 230/200
- Wendekreis (m): 10,4
- Bodenfreiheit (mm): k. A.
- Kofferraumvolumen (l): 352 bis 1.268
- Leergewicht (kg): 1.703
- Zuladung (kg): 447
- max. Anhängelast ungebremst/gebremst (kg): 750/1.450
- max. Stützlast (kg): 75
- max. Dachlast (kg): 80
- Tankgröße (l): 42
- Kraftstoffart: Benzin E5/E10 mind. 95 Oktan
- Neupreis des Testwagens: 47.610 Euro (Basispreis GSe: 47.260 Euro)
Unser Chefredakteur erstellt seit 2015 schwerpunktmäßig Fahrberichte und testet alle Fahrzeuge akribisch – mit Liebe zum Detail – auf Herz und Nieren. Dabei entgeht ihm nichts. Seine Objektivität bewahrt er dabei kompromisslos. Robertos Spezialgebiete sind neben SUVs und Kombis die alternativen Antriebskonzepte. Sein Herz schlägt aber auch gern im V8-Takt.