Das Wolfsburger Flaggschiff musste erneut auf dem Prüfstand, diesmal als VW Touareg V6 TSI und mit dem sportiven R-Line-Paket.
Wie fährt sich das große SUV mit dem Sechszylinder Benziner? Wir testeten dies und ziehen Vergleiche zum VW Touareg 3.0 TDI, der bereits durch unsere Testszenarien fahren musste. Fahrbericht.
Exterieur und Interieur – Absolvent der Sportakademie
Wir sind uns nach wie vor einig: So modern wie in der aktuellen dritten Generation wirkte der Touareg nie zuvor. Der Testwagen rollte in einem Moonlight Blue Perleffekt Blechkleid vor, die dem größten Exemplar aus der Wolfsburger Fertigung eine elegante und gediegene Erscheinung auferlegen konnte.
Doch als eigentliches Highlight kann hier das R-Line-Paket für 3.300 Euro gelten, welches dem SUV fast einen athletischen Touch verleiht. Allein die Front des VW Touareg V6 TSI mit den klavierlack-schwarzen Rahmungen, sorgt für jede Menge charismatischer Ausstrahlungskraft.
Zugegeben, würden diese schwarzen Applikationen auf einem kontrastierenden hellen Lack nochmals mehr Ausstrahlung mit sich bringen, jedoch hat auch diese Kombination aus Dunkel/Schwarz seinen ganz eigenen Reiz.
Perfektioniert wird dieser sportliche Style durch die schwarzen 20-Zoll-Räder für 2.200 Euro extra. „Braga“ wurde dieses zu Volkswagens R-Line-Programm gehörende Design der Felgen benannt.
Erwartungsgemäß wird auch das Interieur von einer Vielzahl der R-Line zugehörigen Merkmale geprägt. Dazu gehören unter anderem auch die hervorragenden ergoComfort-Sitze vorne, die mit dem Lederpaket „Savona“ als R-Line zur Verfügung steht – Kostenpunkt: nochmals 5.000 Euro extra. Die Sitzprobe auf diesem exzellenten Gestühl lässt diesen Aufpreis irgendwie schnell vergessen – man muss das einfach ausprobieren, um diese Aussage nachvollziehen zu können.
Der erste Blick zeigt den Innenraum als hochwertig und sehr edel. Erst beim genaueren Hinsehen entdeckt man weit unter- und außerhalb des normalen Sichtbereichs doch den Einsatz von Plastik, der dann irgendwie gar nicht zu so einem Auto passen will, was in dieser Ausbaustufe deutlich über 100.000 Euro kostet.
Dafür wird man allerdings technologisch wiederum fürstlich entlohnt und alleine der Blick auf das riesige Innovision Cockpit mit seinen exorbitanten Bildschirmdiagonalen – immer noch ein Alleinstellungsmerkmal, welches man so kein zweites Mal in aktuellen Modellen des Wettbewerbs vorfindet – lässt den Betrachter kaum mehr den Unterkiefer nach oben bringen.
Das fürstliche Raumangebot wurde bereits in unseren anderen Testberichten detailliert besprochen und wir möchten uns hier nicht wiederholen, daher machen wir es kurz: Platz gibt’s im aktuellen Touareg überall in XL-Dimensionen.
Motor und Fahreigenschaften – Innere Ruhe trifft Turbo-Power
Der hier in Lohn und Brot stehende Sechszylinder in V-Bauart schöpft dank Abgasturboaufladung 340 PS aus den Brennräumen und stemmt bereits ab unglaublich niedrigen 1.340 Umdrehungen pro Minute sein maximales Drehmoment von 450 Newtonmetern auf die Kurbelwelle.
Dieses Maximum an Drehmoment steht zudem über ein sehr breites Drehzahlband, nämlich bis 5.300 Touren zur Verfügung. Dementsprechend zeigt sich die Leistungsentfaltung dieses V6 als äußerst souverän und derart linear, dass die Charakteristik eher an einen guten Sauger erinnert, allerdings an einen deutlich größeren als mit drei Litern Hubraum.
Einen Drehmomentnachteil gegenüber dem 3.0 TDI konnten wir somit nicht spürbar feststellen und leistungstechnisch überflügelt der Benziner den Selbstzünder auch merklich. Der V6 zeigte sich dabei überwiegend extrem laufruhig, konnte aber im Kaltstart einen kernigen, nahezu emotionalen Klang vorweisen, der teilweise an echte Sportgeräte erinnerte.
Der Komfortlevel in diesem Touareg ist sehr hoch und dies war vor allem der hier verbauten Luftfederung zu verdanken. Dieses Adaptivfahrwerk mit aktiver Wankstabilisierung – es kostet übrigens 5.900 Euro extra – macht das große SUV fahrtechnisch fast so handlich, wie eine Mittelklasselimousine.
Vor allem die Wankstabilisierung trägt hier eine entscheidende Wirkung bei, die den Touareg weder in flott durchfahrenen Kurven zur Seite neigen, noch beim schnellen und schrägen Überfahren von Längsrinnen aus der Contenance bringen lässt. Kurzum fühlt sich das SUV allein dadurch deutlich kompakter an, als es die Abmessungen und das Gewicht vermuten lassen.
Diesen Löwenanteil an Fahrstabilität teilt sich das Fahrwerk mit der ebenfalls sehr souverän agierenden Vierradlenkung, welche mit der zusätzlich lenkenden Hinterachse den Radstand virtuell verkürzt und die Wendigkeit des großen SUVs signifikant erhöht. Der permanente Allradantrieb sorgte zudem für eine lückenlose Traktion während unserer Testfahrten auf nahezu jedem Untergrund.
Die Dämmung des Innenraums erwies sich erstklassig, sodass Fahrgeräusche weitestgehend ausgesperrt bleiben – auch bei Höchstgeschwindigkeit, welche bei 250 km/h erreicht ist. Aus dem Stand sind die gut zwei Tonnen nach 5,9 Sekunden auf 100 km/h beschleunigt – das ist zwei Zehntelsekunden weniger, als der 3.0 TDI benötigt.
Die 8-Gang-Automatik verwaltet die Fahrstufen sehr komfortorientiert, wodurch eine sehr angenehme Fahrcharakteristik entsteht. Diese bleibt auch im wählbaren Sportmodus erhalten und verhindert dadurch besonders zackige Gangwechsel, wie man sie aus anderen SUV-Modellen kennt, welche die Sportlichkeit noch mehr im Fokus haben. Hier steht die Ausgewogenheit im Vordergrund und dies ist aus unserer Sicht den Wolfsburgern absolut gelungen.
Am Ende ist der Verbrauch mit Sicherheit ein interessantes Kapitel. Mehr Leistung als der Diesel, welcher verbrennungsspezifisch effizienter arbeitet, lässt einen Mehrverbrauch vermuten, den wir am Ende auch bestätigen müssen.
Doch ist dieser längst nicht so exorbitant, wie man vielleicht vermuten würde. Im Drittelmix genehmigte sich der VW Touareg V6 TSI genau 10,8 Liter auf 100 Kilometer – das sind 200 Milliliter mehr, als die Werksangabe verspricht und 2,6 Liter mehr, als der V6 TDI konsumiert.
Wer das Gaspedal des Wolfsburgers nur streichelt, schafft sogar eine acht vor dem Komma und in unserem Praxistest mussten wir uns hierfür nicht sonderlich anstrengen, waren dabei noch längst kein Verkehrshindernis für andere. Bleifußindianer müssen dagegen mit gut 14 Litern rechnen, wenn sie dem SUV durchgehend die Sporen geben.
Ausstattung, Technik und Sicherheit im VW Touareg V6 TSI
Unser Test-Touareg rollte im Grunde fast voll ausgestattet auf unser Testgelände und lies dadurch fraglos kaum Wünsche offen. Angefangen von dem IQ.Light genannten LED-Matrix-Licht für 1.870 gut investierte Euro, welches nach wie vor das Maß der Dinge in puncto Fahrzeugbeleuchtung darstellt, besaß dieser Touareg auch eine Anhängerkupplung – elektrisch ein- und ausfahrbar und inklusive dem Trailer Assist, den wir bereits hier ausprobierten. Kostenpunkt hierfür sind 1.300 Euro.
Die Scheinwerferreinigungsanlage tat ihren Dienst im Test übrigens mit überzeugender Gründlichkeit. Diese ist, sofern man das IQ.Light wählt, ein zwingender Ausstattungspunkt für rund 180 Euro.
Das Head-up-Display besitzt neben einer gestochen scharfen Darstellung eine hohe Informationsdichte und gehört aktuell zu den besten HUD-Systemen auf dem Markt. Besonders lobenswert ist auch der Nachtsichtassistent zu erwähnen. Dieser erkennt bei Dämmerung und Dunkelheit absolut zuverlässig andere Verkehrsteilnehmer, wozu auch Radfahrer oder Fußgänger gehören und markiert diese aufmerksamkeitsstark.
Das System kann mühelos mit dem aus der S-Klasse mithalten und besitzt auch eine Warneinrichtung, die den Fußgänger oder Radfahrer, sobald er sich in den Gefahrenbereich begeben will, mittels LED-Spot anblitzt. Im Test erfolgte dies unübersehbar und zog sogleich die Aufmerksamkeit des jeweiligen Verkehrsteilnehmers auf sich. Das Wärmebild ist auch tagsüber abrufbar, allerdings ohne Erkennfunktion von Verkehrsteilnehmern.
Die bereits erwähnten ergoComfort-Sitze verwöhnen Fahrer und Beifahrer mit einem umfangreichen Massageprogramm, das in seiner Art und Weise viele andere Massagesysteme – auch die in der Luxusklasse – in den Schatten stellt. Zudem können die jeweils dreistufigen Sitz- und Lenkradheizungen und Sitzbelüftungen durch ihre Schnelligkeit, ihre Homogenität beim Heizen sowie ihre Intensität überzeugen.
Ein Offroad-Paket hatte unser Testwagen ebenfalls an Bord. Für 650 Euro erhält man hier die zwei zusätzlichen Fahrprogramme „Schotter“ und „Sand“, einen Unterfahrschutz für den Motor und einen auf 90 Liter Fassungsvermögen vergrößerten Tank.
Die Standheizung des Testwagens überzeugte mit einer sehr guten und schnellen Vorheizung. Im Sommer kann damit der Innenraum auch belüftet werden, was Hitzestaus vermeidet. Übrigens kann die Standheizung neben der klassischen Fernbedienung auch per Smartphone-App bedient werden. Voraussetzung ist hierfür das Car-N-Paket „Security & Service Plus“.
Beim Parken probierten wir mehrfach den Parklenkassistenten aus, der das große SUV sicher und exakt in die jeweilige Parklücke manövrierte. Nur vereinzelt verwechselte das System beim Auffinden der Parklücke Längs- mit Querparklücken.
Für den Klang im Touareg zeichnete sich ein Dynaudio Soundsystem verantwortlich. Das „DYNAUDIO CONSEQUENCE“ verfügte über einen 16-Kanal-Verstärker und 13 Lautsprecher mit einer Gesamtleistung bis zu 730 Watt. Das gebotene Klangfeld erwies sich als sehr natürlich und warm.
Im Tieftonbereich fehlte etwas Kraft und ebenso fehlten die feinen Nuancen bei Live-Musik oder bei von großen Orchestern gespielten Stücken, die beispielsweise bei einer Bowers & Wilkins oder einer Burmester so feingranular wiedergegeben werden, dass die Dynaudio an dieser Stelle dann passen muss. Doch halb so wild, denn im Großen und Ganzen zählt das System zu der Top five für mobile Audiosysteme.
Schlussendlich erfreuten uns Sensoren für das Keyless-System an allen vier Türen plus Heckklappe, die übrigens auch einfach und zuverlässig per Fußschwenk bedient werden konnte. Ebenfalls sinnvoll ist die Softclose-Automatik, die alle Türen inklusive Heckklappe nach dem Anlehnen elektrisch ins Schloss zieht.
Fazit – Innovation auf vier Rädern
Auch der VW Touareg V6 TSI konnte im Test als innovatives Luxus-SUV mit allem Drum und Dran überzeugen. Die aufgerufenen 108.000 Euro machen ihn sicher nicht zum Schnäppchen, allerdings bringt er technisch eine Vielzahl an Vorreiterfunktionen mit sich und lässt hierbei teilweise selbst Platzhirsche hintenanstellen. Auch bei der Performance kann das Modell mit der Kraft des Sechszylinder-Benziners überzeugen und bildet in Summe ein stimmiges Gesamtpaket mit der narrensicheren Abstimmung eines Volkswagens.
Zusammengefasst eignet sich der Touareg – nicht zuletzt aufgrund seiner breiten Spreizung bei den Antrieben und den Preisen – für eine breite, SUV-interessierte Zielgruppe. Der Benziner ist überdies eine gute Wahl für Personen, die hauptsächlich auf Kurz- und Mittelstrecken unterwegs sind und deren präferierter Geschwindigkeitsbereich nicht im High-Speed-Sektor freigegebener Autobahnen liegt.
Bedenkt man zudem die Geschwindigkeitsbegrenzungen im europäischen Ausland sowie die günstigen Benzinkosten in Übersee, so dürfte der V6 TSI auch international von nicht geringer Bedeutung sein.
Text / Fotos: NewCarz
Kamera: Canon EOS 6D
Technische Daten: VW Touareg V6 TSI
- Farbe: Moonlight Blue Perleffekt
- Länge x Breite x Höhe (m): 4,88 x 1,98 (2,19 mit Außenspiegel) x 1,72
- Radstand (mm): 2.904
- Antrieb: Sechszylinder V-Ottomotor mit Abgasturbolader und OPF
- Leistung: 250 kW (340 PS) bei 5.300 bis 6.400 rpm
- Max. Drehmoment: 450 Nm bei 1.340 bis 5.300 rpm
- Hubraum: 2.995 ccm
- Getriebe: 8-Stunfen-Automatik
- Antrieb: Allrad
- Durchschnittsverbrauch (WLTP): 10,6 L/100 km
- Durchschnittsverbrauch (NewCarz): 10,8 L/100 km
- CO2-Emissionen (Herstellerangabe): 240 g/km
- Abgasnorm: Euro 6
- Höchstgeschwindigkeit: 250 km/h
- Beschleunigung von 0 auf 100 km/h: 5,9 Sekunden
- Wendekreis (m): 12,2
- Böschungswinkel vorn/hinten: 23,3°/17,2°
- Rampenwinkel: 13,5°
- Leergewicht (kg): 2.020
- Zuladung (kg): 770
- Kofferraumvolumen (l): 810 bis 1.800
- Anhängelast ungebremst/gebremst bis 12 % (kg): 750/3.500
- Stützlast (kg): 140
- Dachlast (kg): 75
- Kraftstofftank (l): 90 (Serie 75)
- Kraftstoffart: Benzin E5/E10 mind. 95 Oktan
- Neupreis des Testwagens: ca. 108.191 Euro (Einstiegspreis V6 TSI ab 61.950 Euro)
Unser Chefredakteur erstellt seit 2015 schwerpunktmäßig Fahrberichte und testet alle Fahrzeuge akribisch – mit Liebe zum Detail – auf Herz und Nieren. Dabei entgeht ihm nichts. Seine Objektivität bewahrt er dabei kompromisslos. Robertos Spezialgebiete sind neben SUVs und Kombis die alternativen Antriebskonzepte. Sein Herz schlägt aber auch gern im V8-Takt.