In diesem Test geht es um die Speerspitze des italienischen SUV-Modells, welches mit brachialer Leistung und rennsportlicher Performance das Flaggschiff darstellt: der Alfa Romeo Stelvio Quadrifoglio.
Quadrifoglio – das bedeutet vierblättriges Kleeblatt und dieses steht neben dem allseits bekannten Glück, welches einem widerfährt, wenn man ein solches findet, auch für die besonders sportlichen Derivate der Marke Alfa Romeo. Also vergleichbar mit dem M bei BMW oder dem RS bei Audi.
Für diesen Fahrbericht fuhren wir den Quadrifoglio in einem emotional feurigen Rot, ein Uni-Lack namens Rosso Alfa.
- Der äußere Eindruck
- Das Interieur im Quadrifoglio
- Motor und Fahreigenschaften
- Ausstattung, Komfort, Sicherheit
- Varianten und Preise
- Fazit
- Pro & Contra
- Technische Daten
Exterieur – Alfa in Reinkultur
Der Stelvio zeigt sich nach wie vor frisch und durch seine zeitlose Eleganz nicht in die Jahre gekommen. Wenngleich die Basis bereits seit 2017 existiert, so darf mit Fug und Recht behauptet werden, dass dieser italienische Stil auch nach fünf Jahren keinen Deut von seinem Esprit verloren hat.
Selbst SUV-Hasser müssen es zugeben: Der Stelvio besitzt vollumfänglich, weil überall verteilt, jede Menge der typischen Alfa-DNA. Dabei hat auch das Power-SUV im Zuge der letzten Modellüberarbeitung kleine Modifikationen geerbt und in Summe nichts von seiner Eleganz verloren.
Die Front trägt den markentypischen Kühlergrill und darunter beginnen die Unterschiede zu den moderater im Temperament beseelten Geschwistern. Die Frontschürze erlaubt hier eine stärkere Luftzufuhr, vor allem für die vorderen Bremsen. Die Motorhaube besitzt neben den typischen Konturen kiemenartige Lufthutzen, durch welche die Abwärme des Triebwerks besser abgeführt werden kann.
Seitlich trägt der Über-Stelvio das vierblättrige grüne Kleeblatt, welches dem Kenner seine Zugehörigkeit zur Power-Riege signalisiert. Am Heck erwartet den Betrachter dann eine Vierrohr-Anlage, die auf Wunsch – so wie im Falle dieses Testfahrzeugs – auch von Akrapovic stammt.
Interieur – Ready to Race
Folgendes geschieht nach dem Öffnen der Tür: Der Sehsinn erfasst zuerst das kleine Kleeblatt auf den Einstiegsleisten, und sogleich wird der nächste Sinn angesprochen – der Innenraum schnuppert erst einmal nach Maserati. Der angenehme Geruch des Leders strömt in die Nase und so wird zumindest olfaktorisch schnell die Zugehörigkeit zum FCA-Konzern deutlich – ja, mittlerweile gehört das alles unter die Haube von Stellantis, aber die Italiener haben dennoch ihre eigene Note bewahren können.
Nach dem Exkurs in die Geruchswelt übernimmt wieder der Sehsinn und entdeckt markant konturierte SPARCO Sportschalensitze und einen fast verschwenderischen Einsatz von Carbon, Leder, Alcantara – alles zusammen elegant mit weißen und grünen, ins Türkis abdriftenen Kontrastnähten akzentuiert. Dieses Bezugspaket kostet 2.500 Euro extra und ersetzt das serienmäßige schwarze Leder.
Dieser türkisgrüne Farbton wurde auch den Sicherheitsgurten zuteil und das Kleeblatt findet sich als Emblem zusätzlich im analog ausgeführten Cockpit und als Intarsie am Lenkrad wieder. Apropos Lenkrad: Als Tastsinn kommt der nächste Sinn hier voll auf seine Kosten, denn dieses liegt satt und angenehm dick in den Fahrerhänden.
Die Integral-Sportsitze mit ihrem Alcantara-Leder-Mix gefallen ebenso haptisch, sind zudem straff gepolstert, aber dabei uneingeschränkt langstreckentauglich. Der Seitenhalt ist enorm – was auch dringend nötig ist, wie wir später noch bemerken werden. Das Sitzpaket kostet nochmals 4.500 Euro und ist Bestandteil, um das vorherig benannte Bezugspaket ordern zu können.
Der 8,8-Zoll-Bildschirm ist im Vergleich zur Konkurrenz zwar recht klein, allerdings kann dieser nun auch per Touch bedient werden und ist bei allen Lichtverhältnissen – auch bei direkter Sonneneinstrahlung – problemlos ablesbar.
Das Raumgefühl ist vorne sehr gut und auch im Fond gibt’s nichts zu meckern. Bei diesem Kriterium gibt es im Grunde keine Unterschiede zu seinen Modellgeschwistern. Der Kofferraum bietet ordentliche 525 Liter, die sich auf Wunsch auf bis zu 1.600 Liter erweitern lassen.
Motor und Fahreigenschaften – Kleeblatt unter Feuer
Das Herz des Alfa Romeo Stelvio Quadrifoglio ist nach wie vor ein Sechszylinder mit knapp drei Litern Hubraum, der auch nach der Modellpflege von seinem Temperament nichts eingebüßt hat, dafür nun aber die Euro-6d-Norm erfüllt.
Dieser V6 mit Bi-Turbo-Aufladung ist ein Sahnestück und stammt aus einer Kooperation mit dem Hause Ferrari. Entsprechend enorm verströmt dieser Motor die italienische Leidenschaft, leistet weiterhin 510 PS und wuchtet brachiale 600 Newtonmeter auf die Kurbelwelle.
Zum Glück wird im Stelvio in dieser Ausführung serienmäßig Allradantrieb verbaut, wodurch es trotz immenser Leistung kaum zu Traktionsproblemen kommt. Die 8-Stufen-Automatik offenbart dabei eine nahezu hellseherisch exakte Vorahnung, welcher Gang zur jeweiligen Anforderung passt. Doch wir möchten versichern: Auch das manuelle Gangwechseln per Schaltwippen macht immensen Spaß.
Diese Exaktheit der von ZF stammenden Automatik gilt für alle Fahrprogramme, zu denen sich additional eines namens „Race“ hinzugesellt. Dazu kommen wir gleich. Vorab schon ein Spoiler: Der Alfa Romeo Stelvio Quadrifoglio hat den zivilen Charakter der Modellreihe komplett abgelegt – hier ist alles auf Performance getrimmt und entsprechend straff ist bereits die Grundabstimmung dieses SUVs.
Belässt man es beim normalen Fahrprogramm „n“ oder das auf Effizienz getrimmte „a“ und geht mit dem Italiener gemächlich zur Sache, so bekommt man ein ausgeglichenes, allerdings permanent sehr kraftvolles und bereits hier soundtechnisch potentes Wesen zur Schau gestellt.
Die Lenkung vermittelt Go-Kart-Feeling, gibt Feedback in Reinform und lässt damit den Alfa so exakt wie ein Skalpell führen – das konnten wir bereits bei der Giulia beobachten. Das Setup ist straff, aber nicht ungehobelt, kann sogar mit adäquater Langstreckentauglichkeit dienen. Das adaptive Fahrwerk liefert hierbei eine angenehme Spreizung.
Der Sportsgeist wird auf die Spitze getrieben, sobald man in den Modus „d“ – steht für „Dynamic“ – oder gleich in den „Race“-Modus wechselt. Jetzt wird der Stelvio zu einem brutalen Sportler, der dank Akrapovic sein Potenzial mit unverblümter Brachialität seinem Umfeld kundtut. Posaunenartig und verdächtig an Ferrari erinnernd, donnert das SUV voran, filetiert jede Kurve mit einer Exaktheit und Leichtigkeit, dass man sich grinsend von Lastwechsel zu Lastwechsel katapultiert – laut, bissig emotional einem Feuerwerk gleich.
Wenn man die Leistung des Alfa Romeo Stelvio Quadrifoglio eruptiv ausbrechen lässt, stürmt der Bolide begleitet von einem infernalem Knall aus den Endrohren bei jedem Gangwechsel in 3,7 Sekunden von null auf 100 km/h und wenn der Fuß auf dem Gaspedal bleibt, beschleunigt das SUV weiter, erreicht nach nur 13,5 Sekunden Tempo 200 – als SUV! – und zieht vehement bis zur Endgeschwindigkeit von 283 km/h durch – der Tacho zeigt dabei 294 km/h.
Die Leistungsentfaltung setzt dabei Maßstäbe und das Kleeblatt fährt seiner Konkurrenz in dieser Klasse dabei gehörig um die Ohren. Die Gelassenheit, die das SUV selbst bei Höchstgeschwindigkeit an den Tag legen kann, ist sonst nur in Größen wie einem Panamera Turbo zu erleben – großartig!
Bei besonders brachialen Lastwechseln kann man sogar den ein oder anderen – wenn auch nur ganz kurzen – Traktionsverlust provozieren. Übrigens: Dieser Kleeblatt-Stelvio ist eines der wenigen Power-SUVs, das man sogar zum Driften überreden kann – und da braucht man erstens nicht lange zu verhandeln sondern einfach den Race-Mode aktivieren und zweitens sprechen wir dann nicht über kleine Slider, sondern über ausgeprägte Driftwinkel.
Die Bremsen kommen auf Wunsch als Keramik-Stopper daher, was beim Testwagen der Fall war. Diese überzeugten bei betriebswarmer Gangart auf ganzer Linie. Als Keramikbremsen besaßen sie zwar bereits im kalten Zustand eine ordentliche Bissigkeit, waren hier allerdings noch nicht so exakt dosierbar. Für derartige Hochperformance-Bremsen ist diese Charakteristik in fast allen Fällen exakt so zu beschreiben.
Im warmen Zustand können sie dann allerdings wahrlich Topwerte erreichen und Bremswege werden so kurz, dass empfindliche Zeitgenossen bei derart brachialer Verzögerung unsanft an ihren sensiblen Verdauungstrakt erinnert werden.
Der Verbrauch des SUVs lag im Drittelmix bei 11,6 Litern auf 100 Kilometer, was rund anderthalb Liter über der Werksangabe entspricht. Die Sparrunde machte der Alfa Romeo Stelvio Quadrifoglio auf ganz brav und beschränkte sich auf 7,8 Liter pro 100 Kilometer. Vollgas ohne Pause resultiert dagegen in exorbitanten Verbräuchen jenseits der 27 Liter.
Ausstattung, Komfort, Technik
In diesem Kapitel gibt es einige Upgrades, auf die wir beim Test des Stelvio nach der Modellpflege bereits genauer eingegangen sind. Aus diesem Grund hier nur ein kurzer Abriss über die wichtigsten Gegebenheiten.
Auch das Fahrzeug ist nun teilautonom unterwegs und offeriert diverse Assistenzsysteme, die auch in diesem Test keinen nennenswerten Anlass für Kritik boten. Das Soundsystem aus dem Hause Harman/Kardon klingt angenehm satt und beschallt den Innenraum des SUV voluminös.
Die Bi-Xenon-Scheinwerfer scheinen mittlerweile fast als antiquiert, generieren aber immer noch einen hellen und homogenen Lichtteppich, von denen sich manch ein LED-Scheinwerfer eine Scheibe abschneiden kann. Eine Scheinwerfer-Reinigungsanlage gehört hier im Übrigen dazu.
Die Rückfahrkamera bietet eine gute Auflösung und beim Verriegeln werden die Außenspiegel automatisch angeklappt. Die Sitzheizung – auch das stellten wir bereits in vorherigen Stelvio-Tests fest – könnte gern etwas schneller Wärme spenden.
Das Infotainment lässt sich recht intuitiv bedienen – eine kurze Eingewöhnung vorausgesetzt. Allerdings reicht die Einfachheit nicht an süddeutsche Systeme heran.
Der Preis des Alfa Romeo Stelvio Quadrifoglio
Der Geschwindigkeitsrausch beginnt bei 93.500 Euro, das sind 39.000 Euro mehr als für den Einstiegs-Stelvio. Dafür erhält man aber bis auf Gemeinsamkeiten der optischen Natur, ein gänzlich anderes Auto, welches so nicht mehr ansatzweise mit dem konventionellen SUV aus Turin vergleichbar ist.
Zudem ist der Quadrifoglio sehr gut ausgestattet. Doch nach oben geht noch einiges zu ordern: Neben der Keramikbremse für 9.000 Euro als teuersten Part, können noch zwei Pakete wie im Kapitel Innenraum beschrieben, ein Panoramaglasdach, eine Alarmanlage, 21-Zoll-Räder, eine Sonderfarbe und ein Assistenzpaket mit sieben zusätzlichen elektronischen Helfern hinzugebucht werden, wodurch der Endpreis auf reichlich 116.000 Euro klettert.
Fazit – Performance-SUV in Höchstform
Der Alfa Romeo Stelvio Quadrifoglio erwies sich im Test als echte Sportskanone mit jeder Menge italienischem Charme und Temperament. Der Antrieb ist eine Wucht, das Zusammenspiel aus Motor und Getriebe eine an Genialität grenzende Symbiose. Wen der hohe Verbrauch nicht stört, der erlebt mit Mr. Q eine Erfahrung, die in der heutigen Zeit (leider) selten geworden ist.
Klanglich überragend, hoch performant und irrwitzig brutal – das sind einige Attribute, die dem Über-Stelvio nachgesagt werden – und sie werden von unseren Testern im Tenor bestätigt.
Auf der anderen Seite lässt sich das SUV auch recht handzahm von A nach B bewegen. Ob es dann der 510-PS-V6 sein muss, sei dahingestellt, auf jeden Fall liegen zwischen dem ausreichend motorisierten 280-PS-SUV und dem hier getesteten Protagonisten Welten.
Kamera: Canon EOS 5D Mark III
Pro und Contra
Pro:
- bärenstarker Antrieb
- überaus exaktes und sicheres Handling
- emotionales Fahrerlebnis
- überraschend alltagstauglich
Contra:
Porsche Cayenne Turbo GT, Range Rover Sport SVR, Jaguar F-Pace SVR, Bentley Bentayga Speed, Mercedes-AMG GLC 63
Technische Daten: Alfa Romeo Stelvio Quadrifoglio
- Farbe: Rosso Alfa
- Länge x Breite x Höhe (m): 4,70 x 1,96 (2,16 mit Außenspiegeln) x 1,69
- Radstand (mm): 2.818
- Antrieb: V6 90° Bi-Turbo mit OPF
- Hybridart: –
- Leistung: 375 kW (510 PS) bei 6.500 rpm
- max. Drehmoment (Nm): 600 bei 2.500 bis 3.000 rpm
- Hubraum: 2.891 ccm
- Getriebe: 8-Gang-Automatik von ZF
- Antriebsart: Allrad
- Durchschnittsverbrauch (NEFZ): 10,0 l/100 km
- Durchschnittsverbrauch (NewCarz): 11,6 l/100 km
- CO2-Emissionen (Werksangabe): 267 g/km
- Abgasnorm: Euro 6d-ISC-FCM
- Höchstgeschwindigkeit: 283 km/h
- Beschleunigung von 0 auf 100 km/h Werksangabe/gemessen (sec): 3,8/3,7
- Wendekreis (m): 11,8
- Kofferraum (l)): 525 bis 1.600
- Leergewicht (kg): 1.905
- Zuladung (kg): 555
- max. Dachlast (kg): 75
- Tankinhalt (l): 64
- Kraftstoffart: Benzin E5/E10 mind. 95 Oktan
- Neupreis des Testwagens: 111.750 Euro (Basispreis: 93.500 Euro)
Unser Chefredakteur erstellt seit 2015 schwerpunktmäßig Fahrberichte und testet alle Fahrzeuge akribisch – mit Liebe zum Detail – auf Herz und Nieren. Dabei entgeht ihm nichts. Seine Objektivität bewahrt er dabei kompromisslos. Robertos Spezialgebiete sind neben SUVs und Kombis die alternativen Antriebskonzepte. Sein Herz schlägt aber auch gern im V8-Takt.