In seiner zehnten Generation präsentiert sich der einst so kompakte Japaner so facettenreich wie nie zuvor, sodass wir dies zum Anlass nahmen, den Honda Civic Diesel einem Einzeltest zu unterziehen.
Leider ist der Diesel im neuen Modelljahr 2020 nicht mehr erhältlich, weshalb wir uns nachfolgend mit dem Modelljahr 2019 beschäftigen.
Wir baten bereits den 182 PS starken Benziner zu uns und können nun entsprechende Vergleiche zum Selbstzünder aufzeigen. Fahrbericht.
Exterieur & Interieur – Martialisch und cool
Äußerlich zeigt der Civic noch immer sein – besonders für Europäer – extrem martialisch gezeichnetes Blechkleid. Die Front unseres tiefblau lackierten Kompakten wartet mit vielen schwarzen Anbauteilen auf und sorgt so neben einer gehörigen Portion Dynamik auch für einen sportlichen Kontrast. Hinzu kommen kantig, aber schmal gezeichnete Scheinwerfer mit LED-, aber ohne Linsentechnik und werden von den schwarzen Ausläufern des Kühlergrills quasi teil-umrahmt. Batman würde diese Front lieben.
Seitlich betrachtet, wirkt der Honda Civic Diesel zwar länger als beispielsweise ein aktueller Golf, doch lassen seine recht kurzen Überhänge vorne wie hinten keinen allzu klassenfremden Eindruck zu. Die sich nach hinten verjüngende Fensterfront geht indes einher mit einer nicht zu harsch abfallenden Dachlinie, sodass etwas Ruhe in die Silhouette gebracht wird.
Am Heck des Selbstzünder-Japaners lässt sich der gravierendste Unterschied zum Benziner recht schnell ausmachen. Während der 182-PS-Civic mit einem mittig platzierten Doppelendrohr aufwartet, sucht man etwaige Alternativen hier vergeblich. Die zerklüftete Architektur samt „Doppel-Spoiler“ bleibt zwar erhalten, nur schien man hier nicht mit pseudo-krawalliger Abgasführung aufwarten zu wollen.
Im Innenraum des Honda Civic Diesel nehmen Fahrer und Beifahrer Platz auf recht breit geschnittenen Stoffsitzen, welche durch Ihre Seitenwangen nicht wenig Halt in zügiger gefahrenen Kurven versprechen. Im Interieur ist sonst alles beim Alten, der Fokus liegt noch immer ganz klar auf dem Fahrer.
Wirklich viel Platz wird hier zwar geboten, aber nicht verschwendet. So lassen sich sämtliche Tasten und Knöpfe, wie auch der Zentralbildschirm ohne jedwede Verrenkungen bedienen. Ebenfalls wird diese These beim Blick auf die Rückbank gestützt. Hier herrschen wirklich sehr großzügige Platzverhältnisse, die von nahezu keinem Konkurrenten so abgebildet werden können. Einzig der Skoda Octavia dürfte annähernd viel Kopf- und Beinfreiheit offerieren.
Der größte Kritikpunkt ist derweil der Umstand, dass es auch beim Honda Civic Diesel aktuell keine „Magic Seats“ gibt. Wir kennen dieses Konzept bereits unter anderem aus dem Honda Jazz und dem Honda HR-V und konnten diesem eine erstklassige Variabilität bescheinigen.
Der Kofferraum schluckt nach wie vor 420 Liter. Die Rücksitze lassen sich natürlich umklappen und so offeriert das Gepäckabteil maximal 1.187 Liter Stauvolumen.
Motor & Fahreigenschaften – Gelassener Begleiter
Den Vortrieb im Honda Civic Diesel übernimmt ein 1,6 Liter großer Vierzylinder mit 120 Pferdestärken. Der Selbstzünder ist für uns kein Unbekannter, wartete doch bereits das Vorgängermodell mit diesem Aggregat auf.
Im neuen Modell wurde er jedoch gründlich überarbeitet und erfüllt nun die strenge Abgasnorm Euro 6d-Temp. Neben der Leistung ist auch das Drehmoment gleich geblieben, ab 2.000 Umdrehungen stehen die vollen 300 Newtonmeter bereit. Etwas spät? Stimmt, doch auch unterhalb dieser Drehzahl geht es souverän voran.
Im dichten Stadtverkehr fuhren wir die ersten Runden und können zunächst ein Lob an das knackige Sechsgang-Schaltgetriebe aussprechen. Der kurze Schalthebel flutscht prima durch die Gassen, die Schaltwege sind relativ kurz und auch schaltfaule Fahrer können sogar knapp unterhalb von 1.000 Umdrehungen pro Minute noch – wenn auch unter Knurren des Antriebs – vom Fleck kommen.
Ziemlich präzise ist derweil auch die Lenkung, die in urbanen Gefilden ausreichend Feedback vermittelt, während das dick gepolsterte Lenkrad gut in den Händen liegt.
Doch auch abseits der Stadt konnte der Selbstzünder nicht zu verachtenden Vortrieb generieren. Sicherlich reißen die 120 Pferdchen keine Bäume aus, doch rein subjektiv hätten unsere Redakteure dem Aggregat auch 20 PS mehr abgenommen.
Das Einlenken in Kurven macht mit dem Civic – auch ohne „Sport“ Zusatz im Namen – richtig Spaß. Trotz Frontantrieb haben auch die leistungstechnisch zivileren Derivate vom Type R gelernt und so wartet das Fahrwerk dank der adaptiven Dämpfer mit einer gesunden Härte auf, die auch preisbewussten Sportfahrern in die Karten spielen dürfte. Dieses adaptive Dämpfersystem – kurz ADS – ist allerdings erst ab der dritthöchsten Ausstattungslinie „Executive“ erhältlich.
Ab auf die Autobahn geht beim Diesel-Civic nicht mit etwaigem Fahrspaßverlust einher. Was auf dem Beschleunigungsstreifen noch etwas unterdrückt wirkt, ändert sich rasch, sobald der Kompakte einmal in Fahrt ist. Dann sprintet das Fahrzeug auch jenseits der Richtgeschwindigkeit willig voran und erreichte bei uns laut Tacho maximal 224 km/h.
Besonders auffällig ist nicht nur der zurückhaltende Motor sondern auch die recht gute Dämmung. Erst überhalb von 180 Sachen nehmen Windgeräusche drastisch zu, während der Selbstzünder akustisch weiterhin im Hintergrund bleibt.
Übrigens: Verharren sollten die adaptiven Dämpfer auf langen Strecken in der Komfortstellung, dann zeigt sich das Fahrwerk angenehm austariert und fördert nur leicht straffe Nuancen zutage.
Ebenfalls erwähnenswert sind die standfesten Bremsen des japanischen Kompakten. Diese packen bei Bedarf ordentlich zu, zeigten während unserer Testfahrten keine Anzeichen von Fading und überzeugen zudem durch einen klar definierten Druckpunkt.
Auch, wenn es um das Thema Verbrauch geht, braucht sich der Honda Civic Diesel nicht verstecken. Zwar konnten wir die Herstellerangabe nicht erreichen, mit rund 5,8 Litern im Schnitt geht der Wert jedoch in Ordnung. Unter Zuhilfenahme des ECON-Modus absolvierte der Japaner unsere Sparrunde mit beachtlichen 4,4 Litern. Sportfahrer müssen hingegen mit knapp sieben Litern rechnen, während Vollgasfahrten auf der Autobahn auch eine vorne stehende Acht zur Folge haben können.
Technik & Assistenz – Üppig bestückt
Die Ausstattungslinie unseres Testwagens hieß „Executive“ und verfügte über eine ganze Bandbreite an Optionen, von denen wir nachfolgend die Wichtigsten behandeln. Übrigens: Noch im Vorgängermodell war der „Executive“ Trimm die höchste für den Civic erhältliche Ausstattungslinie.
Wir beginnen mit dem Inotainment des Honda Civic Diesel, welches nach wie vor ein wenig angestaubt wirkt. Routenberechnung und -führung sind jedoch ohne Fehl und Tadel und auch die optische Anzeige wartet wieder einmal auf Wunsch mit Comic-Allüren auf.
Die generelle Bedienung erfordert jedoch etwas Eingewöhnung, wirklich intuitiv ist das System wahrlich nicht. Doch Honda-Fahrer und solche, die es noch werden, sollten nach einiger Zeit auch hiermit ihren Frieden finden. Leider gibt es darüber hinaus keinen Poti zur Lautstärkeregulierung. Wir hatten anfangs fälschlicherweise angenommen, dass doch einer vorhanden wäre, änderten jedoch nur die Temperatur der Klimaanlage. Immerhin: Am Lenkrad gibt es eine entsprechend große „Wippe“, mit der diese Aufgabe bewältigt werden kann.
Übrigens: Im neuen Modelljahr 2020 wurden die Kundenwünsche erhört und es gibt wieder einen Drehknopf für die Lautstärke. Die akustische Untermalung übernimmt im Honda Civic Diesel wieder einmal ein No-Name Soundsystem. Dieses sorgte mit seichtem Bass und angenehm klaren Höhen bei allen Redakteuren für helle Freude.
Dem Komfort weiterhin zuträglich sind eine zugfrei arbeitende Klimaautomatik sowie dreistufige Sitzheizungen für die vorderen Plätze.
Ein weiteres Lob verdienen die Voll-LED-Scheinwerfer des Honda Civic Diesel. Das Abblendlicht zeigte sich absolut fleckenfrei und weitreichend, bot zudem eine sanfte Hell-Dunkel-Grenze. Lediglich das Fernlicht wies eine etwas fleckige Charakteristik auf, was jedoch in Anbetracht des hellen Abblendlichts beinahe zu vernachlässigen ist.
Damit auch bei widrigen Bedingungen stets klare Sicht herrscht, verfügt der Civic über eine aufgesetzte und sehr kräftige Scheinwerferreinigungsanlage. Diese kann sogar separat über eine Taste links vom Lenkrad aktiviert werden.
Auf der Habenseite in Bezug auf Assistenzsysteme konnte der Honda Civic Diesel unter anderem ein Kollisionswarnsystem samt Bremsassistenten, einen Totwinkel-Warner, einen sanft agierenden Spurhalteassistenten sowie eine Verkehrszeichenerkennung vorweisen. Darüber hinaus bietet das Potpourri des Civic einen adaptiven Tempomaten und einen Fernlichtassistenten.
Als überaus sinnvoll erwiesen sich die Parksensoren vorne und hinten sowie die Rückfahrkamera, die auch bei Nacht mit einem scharfen Bild punkten konnte. Da die Sicht nach hinten durch die breite C-Säule ziemlich eingeschränkt ist, dürfen diese Features als nahezu unabdingbar – jedenfalls im innerstädtischen Betrieb – angesehen werden.
Dort ist noch eine weitere Funktion überaus praktisch: Die Außenspiegel sind hier auf Wunsch elektrisch anklappbar – wahlweise per Taste im Innenraum oder per Fernbedienung, mit derer das Fahrzeug jedoch zweimal verriegelt werden muss, um die Klappfunktion zu aktivieren.
Als Panorama-Glasdach deklariert, aber nur ein wenig größer als ein herkömmliches Glasdach, erwies sich selbiges als angenehm, da es auch geöffnet werden kann.
Ebenfalls Bestandteil der „Executive“-Ausstattung ist ein Keyless-System mit gummierten Tasten an den vorderen Türen und an der Heckklappe. Ein Startknopf im Innenraum macht derweil mit glutrotem Leuchten auf sich aufmerksam.
Als höchste Linie „Executive Premium“ steht zudem eine Lederausstattung auf der Liste der Sonderausstattungen. Ab der Linie „Elegance“ wird für Fahrer und Beifahrer hingegen immer eine elektrisch einstellbare Lendenwirbelstütze angeboten. Weitere Optionen der höchsten Linie sind beheizbare Sitze hinten sowie eine kabellose Ladestation.
Fazit zum Honda Civic Diesel
Der Honda Civic Diesel konnte sich innerhalb unserer Testszenarien solide schlagen und es überwogen positive Eindrücke. Sein Fokus liegt auf komfortablem Vorankommen und sein Wesen ist entgegen seiner Optik auch bei der Selbstzünder-Version eher zurückhaltend.
Spaßig kann er auch, dafür muss der Fahrer einfach die Drehzahl hoch halten. Doch wirklich schön wird es erst auf der langen Strecke, wo der Diesel seine Vorzüge in Bezug auf den Verbrauch und das Fahrwerk seine Reisequalitäten ausspielen kann.
In Summe eignet sich der Civic als Diesel nicht nur für Fans martialischer Ästhetik sondern auch für eine Klientel, die sich nur optisch vom Einheitsbrei abheben will, unterm Blech jedoch auf solide Selbstzündertugenden Wert legt.
Text / Fotos: NewCarz
Kamera: Canon EOS 6D
Technische Daten: Honda Civic Diesel 1.6 i-DTEC
- Farbe: Brilliant Sporty Blue Metallic
- Länge x Breite x Höhe (m): 4,52 x 1,80 x 1,43
- Radstand (mm): 2.700
- Motor: Vierzylinder-Reihen-Dieselmotor
- Leistung: 88 kW (120 PS) bei 4.000 rpm
- Hubraum: 1.597 ccm
- Max. Drehmoment: 300 Nm bei 2.000 rpm
- Getriebe: 6-Gang-Schaltgetriebe
- Antrieb: Frontantrieb
- Durchschnittsverbrauch (NEFZ): 3,5 L/100 km
- Durchschnittsverbrauch (NewCarz): 5,8 L/100 km
- CO2-Emissionen (Herstellerangabe): 93 g/km
- Abgasnorm: Euro 6d-TEMP
- Höchstgeschwindigkeit: 201 km/h
- Beschleunigung von 0 auf 100 km/h: 9,8 Sekunden
- Leergewicht (kg): 1.287
- Zuladung (kg): 423
- Kraftstofftank Benzin (l): 46
- Kraftstoffart: Diesel
- Neupreis des Testwagens: ca. 29.790 Euro (Grundpreis Civic Diesel: 21.390 Euro)
Sorgt seit 2015 stets für den „Nachschub“ an automobilen Neuigkeiten, ob als Modellpremieren, Modellpflege oder strategische Neuausrichtung von Herstellern – um nur einige zu nennen. Sein enger Draht zu den Herstellern ist ein Garant für brandneue Informationen und Autonews aus erster Hand. Seine automobile Vorliebe gehört vor allem den gut motorisierten Cabrios und Coupés dieser Welt.